Montag, 12. Oktober 2020

SPIEGEL... das hat er jetzt nicht wirklich geschrieben. Doch...

von Thomas Heck...

Manchmal überrascht einen auch der SPIEGEL. Dass er ein linkes hetzerisches Drecksblatt ist, welches aus seiner Abneigung zu Donald Trump keinen Hehl machen, sehen Sie hier, entarteter Journalismus pur. Sie werden auch keine Freunde mehr werden, dafür ist dem antisemitischen SPIEGEL Trumps Israel-Politik einfach zu judenfreundlich, halt schwer zu ertragen. Doch die US-Amerikaner werden Trump wiederwählen, dessen bin ich mir absolut sicher. Und auch der SPIEGEL scheint das jetzt begriffen zu haben und greift zu seiner letzten Waffe: Er greift nicht mehr Trump an, sondern das amerikanische Wahlvolk, die Trump-Wähler, der zu blöde ist, Trump abzuwählen. Hierbei vermischt der Autor gewagte Thesen mit seiner Weltsicht, vermischt diese und verkauft sie dem Leser als Wahrheit. Was für ein Demokratieverständnis. Denn der Skandal ist sicher nicht das US-amerikanische Wahlvolk, sondern der Fakt, dass Merkel seit 15 Jahren Kanzlerin ist. Etwas, was in den USA unmöglich wäre. Davon, jedoch kein Wort im SPIEGEL... Augstein würde sich um Grabe umdrehen. Und der Leser wendet sich angewidert ab. 



Donald Trump beschädigt auch unsere Demokratie - Kolumne - DER SPIEGEL

Trump-Unterstützer in Manchester, New Hampshire: Niemand kann sagen, er habe von nichts gewusst

Trump-Unterstützer in Manchester, New Hampshire: Niemand kann sagen, er habe von nichts gewusst

Foto: Spencer Platt / Getty Images

Eigentlich müsste die Präsidentschaftswahl in den USA längst entschieden sein. Und zwar völlig unabhängig davon, auf welcher Seite man in einzelnen politischen Fragen steht. Darum geht es längst nicht mehr. Es geht jetzt um Grundsätzliches. Wer Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ernst nimmt, kann diesen Amtsinhaber eigentlich nicht wählen.

Doch die aktuellen Umfragen zeigen, dass Donald Trump zwar weit hinter Joe Biden zurückliegt - aktuell sind es im Durchschnitt rund zehn Prozentpunkte, rund 42 Prozent der Befragten sind aber nach wie vor mit Trumps Amtsführung zufrieden. In den verbleibenden drei Wochen bis zur Wahl wird es in den entscheidenden Bundesstaaten wohl noch deutlich knapper werden. Trump hat also immer noch Chancen, wiedergewählt zu werden. Wie kann das sein?

Das wirklich Beunruhigende dieses Wahlkampfs ist nicht Trumps Amtsgebaren, sondern die mögliche Unfähigkeit des Souveräns - also des Volkes -, einen untragbaren Präsidenten aus dem Amt zu entfernen. Und all das spielt sich ab in jenem großen Land, das, bei allen Fehlern, über Generationen der westlichen Welt ein strahlendes Vorbild war. Ein Befund, der die Demokratie selbst als Regierungssystem ins Zwielicht rückt - und damit auch uns ganz direkt angeht.

Skrupel sind für Schwächlinge

Zwei Enthüllungen der vergangenen Wochen sollten genügen, Trump unwählbar zu machen: sein Eingeständnis, die amerikanische Öffentlichkeit über die Gefahren der Corona-Pandemie - wissentlich und kalkuliert - in die Irre geführt zu haben, wie er dem Reporter Bob Woodward im Frühjahr ins Aufnahmegerät plauderte. Und die Veröffentlichungen der "New York Times" über Trumps Steuererklärungen, die einen Abgrund an Steuervermeidung und Korrumpierbarkeit offenbaren.

Es liegt alles da, für jede und jeden nachles- und nachhörbar. Der Präsident ist für Hunderttausende vermeidbare Corona-Infektionen mitverantwortlich. Über Jahre hat er keinerlei Steuern gezahlt und auch noch im Amt Millioneneinnahmen verbucht, die sich als politische Gefälligkeiten aus dem In- und Ausland interpretieren lassen. Niemand kann sagen, er habe von nichts gewusst. Selbst wer die schwindelerregende Reihe von Verfehlungen und Skandalen der vergangenen Jahre vergessen hat, sollte angesichts der aktuellen Enthüllungen ein klares Urteil fällen können: Hauptsache keine zweite Amtszeit.

Unter diesen Umständen sollte es völlig unerheblich sein, ob nach der Absage des ursprünglich für die bevorstehende Woche geplanten Fernsehduells noch ein weiteres Aufeinandertreffen der Kandidaten stattfindet. Ein Streit über Sachthemen wird dieser Präsidentschaft nicht gerecht. Das eigentliche Thema ist die Funktionsfähigkeit der Demokratie.

Demokratie, sagte einst Abraham Lincoln, sei "government of the people, for the people, by the people". Das klingt gut, einfach und einleuchtend. Doch dahinter steckt ein komplexes Konstrukt. Damit die Demokratie eine Regierungsform desVolkes sein kann, die für das Volk arbeitet und durch das Volk ausgeübt wird, wie es der 16. US-Präsident in seiner "Gettysburg Address" 1863 formulierte, müssen einige Bedingungen erfüllt sein.

  • Des Volkes heißt: Die erste und letzte Instanz sind die Bürger - ohne das Vertrauen des Volkes bricht das System zusammen. Es wählt seine Repräsentanten und delegiert seine Macht an die Staatsgewalt. Aber was, wenn das Volk seine Macht nicht effektiv ausübt, weil es abgelenkt, verblendet oder hoffnungslos polarisiert ist?

  • Durch das Volk heißt: Über die Institutionen herrscht keine Aristokratie (ererbte Vorrechte) oder Oligarchie (auf unfaire Weise angeeignete Vorrechte), sondern eine durch Verfassung und Gesetze gebundene Meritokratie (jeder Bürger, der über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, kann in die Funktionseliten aufsteigen). 

  • Für das Volk heißt: Die Resultate der Regierungsführung müssen breiten Mehrheiten nützen, sie müssen das Leben der allermeisten besser und sicherer machen und nicht nur kleinen Minderheiten zugutekommen. Und sie sollten dauerhaft tragfähig sein; eine Politik à la Trump, die sich in effekthascherischen Ad-hoc-Maßnahmen erschöpft, langfristig aber teure Folge- und Nebenwirkungen zeitigt, widerspricht dieser Forderung.

Holz- und andere Irrwege

Demokratie ist eine fragile Veranstaltung. Die Volksherrschaft muss Entscheidungen in einer Weise fällen, die dem Anspruch gerecht wird, dass sich jeder Bürger in gleichem Maße daran beteiligen kann. Anders ausgedrückt: Der prozedurale Input soll dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen. Die Institutionen, die diese Entscheidungen umsetzen, sollten verlässlich und nachvollziehbar arbeiten. Und was an Resultaten dabei herauskommt, der Output, sollte vernünftig sein und dem Volk nachhaltig nützen.

Wenn die Demokratie in diesen Disziplinen versagt, wird sie instabil. Dann leidet ihre Legitimation, und andere, weniger freiheitliche Herrschaftsformen erscheinen in vorteilhafterem Licht.

Derzeit läuft die liberale Demokratie Gefahr, ihre Rechtfertigungsgrundlage zu verlieren. Das betrifft zum einen den Output: Die Aus-und Unfälle des westlichen Systems - von der Finanz- und Eurokrise über die andauernde Brexit-Hängepartie bis zur Präsidentschaft Trumps – unterminieren die Glaubwürdigkeit. Bröckelnder Wohlstand, steigende Unsicherheit und Millionen Corona-Infektionen fallen nicht unbedingt Populisten wie Trump selbst auf die Füße, sondern beschädigen das System insgesamt, weil es überhaupt erst derart selbstschädigende Resultate ermöglicht.

Offenkundig bemisst sich der Erfolg einer Regierung - mindestens für Teile der Bevölkerung - nicht mehr unbedingt an ihren Leistungen, sondern an ihrem Unterhaltungswert.

Die verbreitete Skepsis darüber, ob wir auf dem richtigen Weg sind, die sich in diversen Umfragen zeigt, lässt sich als mangelnde Output-Legitimation verstehen. So auch in den USA: Vier Wochen vor der Wahl sagten zwei Drittel der US-Bürger, ihr Land sei "on the wrong track". Aber welche Schlüsse ziehen sie daraus? Eine Wiederwahl des Amtsinhabers ist immer noch möglich. What?!

Input? Output? Bullshit!

Der Zerfall der Öffentlichkeit spielt bei diesen Entwicklungen eine zentrale Rolle. In einem idealen System stabilisieren sich demokratische Prozesse, indem sie eingebettet sind in einen freien öffentlichen Diskurs. Pathetisch ausgedrückt: in eine kollektive Suche nach Wahrheit.

Wenn die wesentlichen, die drängenden Fragen offen debattiert werden, wenn Missstände aufgedeckt und die negativen Folgen aktueller Entwicklungen thematisiert werden, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Repräsentanten des Volkes sie in Gesetze gießen (Input), die tatsächlich die Lebenswirklichkeit positiv beeinflussen (Output).

Damit die Demokratie funktionstüchtig sein kann, bedarf es einer aufgeklärten Bevölkerung. Wenn allerdings nicht mehr das Relevante in wahrhaftiger Form thematisiert wird, wenn falsche Nachrichten, Triviales und sonstiger Bullshit die Debattenräume verstopfen, wenn sich Nischen und Echokammern abschotten und das Dröhnen der Lärmspiralen ohrenbetäubend wird, dann ist nicht mehr unbedingt gewährleistet, dass die Wahrheit für alle sichtbar ans Licht kommt. Wie es um die Qualität der Regierung bestellt ist, lässt sich unter diesen Bedingungen nicht mehr so einfach erkennen.

Die Aufmerksamkeitsspannen sind kurz geworden. Das spielt den Populisten in die Hände. Im Wettbewerb um Aufmerksamkeit wendet sich das Publikum gelangweilt ab, wenn nicht ständig Überraschendes passiert. Donald Trump, das muss man ihm lassen, hat dafür den perfekten Stil entwickelt. Er schreibt seine Story tagtäglich fort, und zwar mit den Mitteln des Reality-TV. Gefühlsausbrüche, erbitterte Konflikte, überraschende Versöhnungen, Cliffhanger, öffentliche Castings, Suspense, inszenierte Höhepunkte - um Trump herum ist immer was los. Deshalb ist er in der Lage, über Jahre weite Teile der Öffentlichkeit zu dominieren - und mit allerlei Nebensächlichem zuzumüllen, sodass seine wahren Skandale verwischt werden.

"You can't fool all the people all the time?" Vielleicht doch!

Während des Corona-Shutdowns habe ich an dieser Stelle die Hoffnung geäußert, dass die Covid-19-Krise zum Offenbarungseid der Populisten werden könnte. Schließlich sei ihr Scheitern allzu offensichtlich. Ich war zu optimistisch. Das Pandemie-Missmanagement von Boris Johnson (Großbritannien), Jair Bolsonaro (Brasilien) und Trump war so ungenügend, dass sich jeder von ihnen am Ende selbst infizierte. Trotzdem genießen sie allesamt nach wie vor beachtliche Zustimmungswerte. Offenkundig bemisst sich der Erfolg einer Regierung - mindestens für Teile der Bevölkerung - nicht mehr unbedingt an ihren Leistungen, sondern an ihrem Unterhaltungswert.

Derzeit läuft die liberale Demokratie Gefahr, ihre Rechtfertigungsgrundlage zu verlieren.

Ein Prozess ist im Gang, bei dem der Grundkonsens verlorenzugehen droht. Die Veränderungen der Medienlandschaften - das Aufkommen von Social Media, die schwächere Durchdringung mit seriösem Journalismus - begünstigen einen Zerfall der Öffentlichkeit. Gesellschaften spalten sich in immer kleinere Resonanzräume auf, wo jeweils eigene Erzählungen über den Zustand der Welt vorherrschen. Diese Erzählungen brauchen nicht unbedingt eine belastbare Faktenbasis, um der jeweiligen Anhängerschaft glaubwürdig zu erscheinen. Gegenseitige Bestätigung innerhalb der jeweiligen Gruppe genügt.

So kann Trump ungestraft über Desinfektionsmittelinjektionen als Corona-Therapie fabulieren, während deutsche Aluhutträger sich davor fürchten, dass Bill Gates, der "Deep State" oder Gott weiß wer ihr Gehirn ausliest. Ganz klar, ohne gemeinsame Faktenbasis lassen sich real existierende Probleme kaum noch von eingebildeten unterscheiden.

Um noch einmal Lincoln zu zitieren: "You can fool all the people some of the time and some of the people all the time, but you cannot fool all the people all the time." Einen Teil der Leute die ganze Zeit zum Narren halten? Trump und seine treue Anhängerschaft machen es jedenfalls vor.

Henrik Müller ist Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus an der Technischen Universität Dortmund. Zuvor arbeitete der promovierte Volkswirt als Vizechefredakteur des manager magazin. Außerdem ist Müller Autor zahlreicher Bücher zu wirtschafts- und währungspolitischen Themen. Für den SPIEGEL gibt er jede Woche einen pointierten Ausblick auf die wichtigsten Wirtschaftsereignisse der Woche.



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