Sonntag, 20. September 2020

EU-Migrantenverteilung - sicher kein Problemlöser...

von Thomas Heck...

Die Migranten von Moria warten immer noch auf ihre Verbringung ins gelobte Land Deutschland. Währenddessen schafft die EU neue Fakten, weitestgehend unbemerkt. Das Credo Uschi von der Leyens lautet: Alles muss rein, was auch nur krauchen kann, der Rest wird eingeflogen. Bezahlt wird das nahezu ausschließlich vom deutschen Steuerzahler.


Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einem neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS), vulgo EU-Asyl- und Migrationspakt. Schon ziemlich lange übrigens und bis dato erfolglos. Die seit Dezember 2019 im Amt befindliche Kommissionschefin Ursula von der Leyen will der Angelegenheit jetzt neuen Schwung verleihen. Am 23. September sollen Details dazu präsentiert werden.

Problem 1: Offene Außengrenzen

Eines kann man jetzt schon sagen: Das Hauptproblem wir dabei nicht angegangen werden. Das sind die offenen EU-Außengrenzen für jeden, der das Wort “Asyl” ausspricht. Man weiß zwar, dass Asylanträge selbst nach den großzügigen Regeln in der EU mehrheitlich abgelehnt werden. Aber man hält daran fest: Jeder, der es bis an die EU-Außengrenze geschafft hat, kann einen Asylantrag stellen. Dann ist er da, muss ein Asylverfahren erhalten und versorgt werden. Selbst dann, wenn er völlig offensichtlich aus einem sicheren Drittstaat kommt – also längst keine Angst mehr vor Verfolgung haben muss. Und selbst dann, wenn – wie 2015 – ein Massenansturm stattfindet.

Offensichtlich wurde das erst im heurigen März wieder, als die Türkei zu Tausenden Migranten an die griechische Grenze gebracht hatte und damit einen neuen Flüchtlingszug in die EU auslösen wollte. Griechenland versuchte zunächst, den Außengrenzschutz ernst zu nehmen und verweigerte die Annahme von Asylanträgen. Es folgte unmittelbar Druck auf Griechenland, das diese Praxis wieder einstellen musste.

So gesehen ist einer der Punkte, um den es bei den Kommissionsvorschlägen auch gehen wird, weit weniger relevant als man annehmen sollte: nämlich die Stärkung der EU-Grenzschutzorganisation Frontex, vermarktet als “Außengrenzschutz”. Geschützt wird hier gar nichts, zumindest dann nicht, wenn man darunter versteht, dass man Personen den Eintritt in die Union auch verweigern kann. Egal wie viele Grenzschützer man aufbietet, können diese die Grenze für Migranten nicht schließen, solange die Regeln nicht geändert werden. Damit ist also in der EU dem Missbrauch des Asylrechts zum Zweck der Zuwanderung Tür und Tor geöffnet – und die neue Kommission wird daran wohl auch nicht rütteln.

Problem 2: Verteilung

Zuständig für einen Asylantrag ist jenes EU-Land, das Migranten als erstes betreten. Das sagt das nach wie vor gültige Dublin-Abkommen. Insofern sinnvoll, als dass damit ein Zusammenhang zwischen Außengrenzschutz und Belastung durch Asylverfahren hergestellt wird: Wer hereinlässt, muss sich auch um die Asylanträge kümmern. Wenn man aber alle, die kommen, über die Außengrenze lassen muss, bleibt demnach eine hohe Belastung für die Länder, die Migranten als erstes betreten. Das waren in den vergangenen Jahren vor allem Griechenland (östliche Mittelmeerroute hauptsächlich aus der Türkei kommend) und Italien (zentrale Mittelmeerroute aus Nordafrika kommend).

Die EU-Kommission wird sich wohl einmal mehr auf die schon in der Vergangenheit gescheiterte Verteilung der Migranten auf alle EU-Länder fokussieren. Migrationskommissar Schinas nennt das beschönigend “System der dauerhaften Solidarität“. Tatsächlich wird es sich um eine Art Zwangsverteilung handeln (die Juncker-Kommission war schon einmal so weit) – eventuell mit der Option bei Nichtteilnahme hohe Strafzahlungen leisten zu müssen. 

Dieser Fokus ist grundfalsch, weil es signalisiert: Wir nehmen weiterhin auf, ja haben jetzt sogar ein noch “leistungsfähigeres” Aufnahmesystem. Bevor illegale Migration in die EU nicht nachweislich und dauerhaft massiv eingedämmt werden kann und ehe Abschiebungen von abgelehnten Asylwerbern nicht in viel größerem Umfang stattfinden, kann man eine Zwangsverteilung nur ablehnen.

Problem 3: Sekundärmigration

Viele Migranten haben sich bisher allerdings quasi von selbst verteilt. Sie sind einmal in der EU angekommen einfach in das Zielland ihrer Wahl weitergezogen. Dank bestehender EU-Regeln völlig unproblematisch. Das Schengen-Abkommen lässt die Kontrolle der Binnengrenzen in der EU nur in Ausnahmefällen, zeitlich befristet und beschränkt zu. Selbst wenn Migranten an der Grenze aufgehalten werden und an einer EU-Binnengrenze logischerweise aus einem sicheren Drittstaat kommen (denn es gibt nur sichere Drittstaaten in der EU), können sie nicht einfach zurückgeschickt werden. 

Ein Asylantrag muss auch hier angenommen und in weiterer Folge in einem Verfahren festgestellt werden, wer nun für diesen Antrag zuständig ist. Nachdem aber weder Migranten noch jene Länder, die als erstes in der EU betreten wurden, ein gesteigertes Interesse an der Rückführung in das Erstaufnahmeland haben, gestalten sich diese Verfahren überaus schwierig. Wohlgemerkt: Wir reden hier von “Schutzsuchenden”, die längst Schutz gefunden hätten. 

Nur so kommt es zustande, dass nicht an einer EU-Außengrenze liegende Länder wie Österreich oder Deutschland zu den am stärksten mit Asylwerbern belasteten Ländern werden konnten. In Österreich etwa wurden – bezogen auf 100.000 Einwohner – zwischen 2015 und 2019 rund 2050 Asylanträge gestellt – fast dreimal so viele wie im “Außengrenzland” Italien und nur rund ein Fünftel weniger als in Migrations-Brennpunkt Griechenland.

Man darf also gespannt sein, was die Kommission in ihren Vorschlägen anbieten wird, um diese Sekundärmigration in den Griff zu bekommen. Schließlich ist die relativ einfache Möglichkeit, sich in der EU das Zielland seiner Wahl (und damit auch die Sozialleistungen seiner Wahl) aussuchen zu können, einer der Pull-Faktoren für Migrationswillige.

Problem 4: Viel zu wenig Abschiebungen

Nächstes Kernproblem ist, dass sich viel zu viele zwar illegal in der EU aufhalten, aber trotzdem nicht abgeschoben werden. Die Zahlen sind mehr als ernüchternd: 2019 haben rund 514.000 in der EU aufhältige Drittstaatsangehörige die Anordnung erhalten, die EU zu verlassen. Getan haben das aber nur rund 162.000. Was heißt: Mehr als zwei Drittel sind einfach da geblieben. Insgesamt haben sich im Vorjahr rund 650.000 Drittstaatsangehörige illegal in der EU aufgehalten (> Daten). So kapituliert ein Rechtsstaat.

Tatsächlich darf man sich in dieser Frage seitens der Kommission zumindest Ansätze erwarten, wie künftig Abschiebungen erstens schnellstmöglich und zweitens in viel, viel größerem Ausmaß auch stattfinden können.

Die Kombination aus jeder kann kommen, die meisten können in ihr Lieblingszielland weiterziehen bei gleichzeitig hoher Chance, dauerhaft bleiben zu können, selbst wenn ein Asylantrag abgelehnt wird, hat sich natürlich in den Herkunftsländern der Migranten längst herumgesprochen. Nicht gerade ein Beitrag dazu, Migrationswillige vom Kommen abzuhalten. 

Problem 5: legale Migrationswege

Noch kein wirklich aktuelles Problem, aber es kann dazu werden. Die EU führt schon seit längerem sogenannte “Resettlements” durch. Dabei werden ausgewählte Schutzbedürftige aus ihren Herkunftsländern direkt in die EU gebracht. Damit fällt die Anreise via Schlepper samt aller Risiken und ein etwaiger illegaler Grenzübertritt weg, weshalb man das als “legale Migrationswege” bezeichnet, ja euphemistisch davon spricht, Migration zu “legalisieren”.

2019 kamen so rund 31.000 Personen, was angesichts von mehr als 720.000 Asylanträgen in der gesamten EU noch einigermaßen überschaubar war. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Mitgliedsländer selber bestimmen, ob und wie viele solcher Umsiedlungen sie akzeptieren wollen.

Seit einiger Zeit aber gibt es Bestrebungen, diese Umsiedlungsprogramme auszuweiten und zentraler zu organisieren. Was dabei potenziell droht ist, dass statt den Menschen in der Region zu helfen diese einfach in großer Zahl in die EU transportiert werden. Hier wird man sehr genau hinschauen müssen, ob etwaige Kommissions-Vorschläge einer Ausweitung dieser Programme – eventuell irgendwann auch gegen den Willen von Mitgliedsstaaten – Vorschub leisten.






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