von Thomas Heck...
Wenn man beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeitet, ist man in der Regel a) überbezahlt und b) überbewertet. Zumindest scheint man c) zu viel Zeit zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, wenn eine Journalistin die Zeit findet, 95 Thesen zu entwickeln, um diese auf Facebook zu posten.
ZDF-Moderatorin Dunja Hayali nimmt den Reformationstag zum Anlass, „95 neue Thesen“ auf Facebook zu veröffentlichen. Darunter finden sich konkrete politische Forderungen – und spirituelle Lebensratschläge.
Wer sich im Jahr 2017 Gehör verschaffen will, muss seine Thesen nicht mehr des Nachts an die Kirchentür schlagen – wobei ja selbst diese Luther-Legende unter Historikern höchst umstritten ist. Im digitalen Zeitalter gibt es einen einfacheren Weg, seine Meinung kundzutun: die sozialen Netzwerke. Diese nutzte nun auch ZDF-Moderatorin Dunja Hayali für ihre eigenen „95 neuen Thesen“ zum Reformationsjubiläum.
Darunter finden sich Äußerungen zur politischen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland, auch konkrete Forderungen sind dabei. Manche der Thesen hören sich dagegen wie Ratschläge für das Erreichen persönlichen Glücks an.
Die erste These lautet: „Die Angst setzt die Grenzen“. „Furcht ist kein guter Ratgeber“, schreibt Hayali darunter. Eine Anspielung auf die Ängste der Deutschen vor Terror, Flüchtlingen und Überfremdung? Das lässt Hayali im Vagen, wird dafür an anderer Stelle sehr konkret: Sie fordert die Einführung des kostenlosen Nahverkehrs, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und das Recht darauf, selbst den Zeitpunkt seines Todes bestimmen zu dürfen.
Manche Thesen enthalten spirituelle Weisheiten
Auch für den WELT-Korrespondenten Deniz Yücel, der seit Februar in der Türkei im Gefängnis sitzt, hat Hayali eine sehr direkte Forderung parat: „Free Deniz und Mesale“ lautet These 82. „Und alle anderen, an denen nur ein Exempel statuiert werden soll“, schreibt sie darunter.
An anderen Stellen wird es spirituell: „Halte dich selbst aus“ (These acht), „Hör auf dein Herz“ (These zehn) oder „Suche Erfüllung“ (These 88) klingen nach Wandsprüchen in einem Yogastudio oder einer Massagepraxis. Tatsächlich scheint sich Hayali sehr um die psychische Gesundheit ihrer Follower zu sorgen: „Schalte dein Smartphone ab“, rät sie etwa, oder: „Fahr ans Meer.“
Und warum das alles?
Im Vortext zu den Thesen bezieht sich Hayali direkt auf Luther und dessen berühmt gewordene Begründung, er veröffentliche seine Thesen „aus Liebe zur Wahrheit“. Die ZDF-Moderatorin schreibt, mit Luther sei ein neues Zeitalter angebrochen. Auch sie wolle „Thesen für eine bessere Zukunft“ vorstellen.
Zustimmung und Herzen in den Kommentaren
Ist das ein bisschen zu hoch gegriffen? Hayalis Follower scheint das nicht zu stören. Knapp 236.000 Menschen folgen der ZDF-Moderatorin auf Facebook. Nur eine Stunde nach der Veröffentlichung wurde der Post bereits über 360-mal geteilt und 1200-mal gelikt.
In den Kommentaren gibt es viele Herzen und Zustimmung für Hayali. „Ich würde sie alle unterschreiben! Danke dafür, Dunja“, schreibt eine Userin. Eine andere lobt: „Danke, dass Sie das Wichtigste hiermit anregen: Dass die Menschen im Gespräch bleiben.“
Hayali ist für ihre häufigen und oft auch politischen Äußerungen in den sozialen Netzwerken bekannt. So äußerte sie sich etwa vergangene Woche zur Freilassung des Menschenrechtlers Peter Steudtner aus türkischer Haft. Zuletzt machte sie mit einem Tweet über die Unzuverlässigkeit eines DHL-Paketboten auf sich aufmerksam.
Der häufigste Protagonist von Hayalis Social-Media-Aktivitäten dürfte jedoch nicht einmal von seiner Berühmtheit wissen: Es vergeht kaum eine Woche, in der die Moderatorin nicht ein Foto ihrer Hündin Emma postet.
Doch nun zu Ihren Thesen:
Aus Liebe zur Wahrheit - Meine 95 neuen Thesen.
Was macht unser Leben besser? Vor 500 Jahren – am 31. Oktober 1517 – schlug Martin Luther seine weltberühmten Thesen ans Kirchenportal in Wittenberg. „Aus Liebe zur Wahrheit“. Auch wenn der Thesenanschlag wahrscheinlich so gar nicht stattgefunden hat, mit Luthers mutigem Vorstoß begann eine neue Zeit. Das Mittelalter ging zu Ende. Luther stellte die Vernunft des Menschen ins Zentrum allen Handelns. Vorher herrschte Aberglaube und Angst vor der übermächtigen katholischen Kirche. Nun begann die Neuzeit. Martin Luther brachte ein lange währendes gesellschaftliches System zum Einsturz.
Was macht unser Leben besser? 500 Jahre später bringe ich meine eigenen 95 Thesen in die Diskussion ein. Thesen für eine bessere Zukunft. Auch diese entstanden „aus Liebe zur Wahrheit“. Meiner Wahrheit.
dh
1. Die Angst setzt die Grenzen.
Wer Angst hat, ist nicht frei. Furcht ist kein guter Ratgeber.
2. Revanchier dich.
Aus einem Buch von Donald Trump von 2008 (!). "Mein Wegweiser zum Erfolg." Und ich denke, da hat er mal recht. Revanchier dich! Im Guten wie im Schlechten. Man muss sich nicht alles gefallen lassen. (Selbstverständlich ohne Gewalt.)
3. Warte nicht auf bessere Zeiten.
Unsere Zeit ist jetzt!
4. Die Schulen müssen mehr experimentieren.
Bildung. Bildung. Bildung. Irre wichtiges Thema. Was wir bei den Kindern versäumen, kann ein ganzes Leben lang nicht nachgeholt werden. Wir dürfen kein Kind verlieren! Bildung ist das wichtigste Zukunftsthema. Hier müssen die besten Leute ans Ruder und Geld darf keine Rolle spielen. Aufgeklärte Menschen wenden kaum Gewalt an.
5. It’s the economy, stupid.
Der Rubel muss rollen. Wenn die Wirtschaft nicht funktioniert, dann funktioniert auch die Gesellschaft nicht mehr. Jedenfalls nicht in modernen Industriestaaten.
6. Nehmt die Bürger ernst.
Die Leute haben das Gefühl, sie spielen keine Rolle mehr, sind nur noch eine Versicherungsnummer oder sind nur wichtig, wenn es an die Wahlurne geht. Mehr Mitbestimmung und Teilhabe.
7. Glaube an Erneuerungsenergie.
Veränderungen sind nötig. Ohne Wandel gibt es keinen Fortschritt. Erneuerung ist gut. Aber der schnelle Wandel macht vielen Leuten Angst. Das Tempo ist zu hoch. Aber deshalb den Fortschritt auf null zurückzudrehen und zu den alten Grenzen, zur alten Spießbürgerlichkeit zurückzukehren, kann es auch nicht sein.
8. Halte dich selbst aus.
Der Weg zur inneren Freiheit.
9. Weniger Ehe, mehr Familie fördern.
Familie ist, wo man ungefragt in den Kühlschrank greifen darf. Wo Kinder sind, muss Geld sein. Wo Alleinerziehende sind, muss mehr Unterstützung sein. Solidarität für die, die mehr „Last“ tragen als andere.
10. Hör auf dein Herz.
Entscheidungen aus dem Bauch sind am Ende immer die besseren Entscheidungen. (Nicht immer, aber meistens 😊)
11. Fürchte nicht den Tod. Fürchte das schlechte Leben.
Ständig zu verzichten, weil es gesünder ist oder nach außen besser aussieht, bringt nichts. Was haben wir davon, 2 Jahre länger zu leben, wenn man sich davor 20 Jahre um die schönsten Genüsse gebracht hat.
12. Tu was du sagst und sage, was du tust.
Sei zuverlässig, sei glaubwürdig – dann geht es allen besser.
13. Die Polizei darf gerne lustig sein.
Die Polizei ist nicht humorlos. Das lese ich vor allem bei Twitter. Und: Die Polizei ist nicht unser Feind. Wir brauchen eine gute Polizei.
14. Berausche dich.
Jeder Mensch braucht Auszeiten, wo der Verstand mal Pause macht und der Rausch Hirn und Körper flutet. Extremsport, Natur pur, Sex, Cocktails, Seriengucken, die Nacht durchtanzen – das macht glücklich (wenn man’s nicht übertreibt.)
15. Hilf, die Digitalcharta durchzusetzen.
Gute Initiative – ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius – das muss man erklären und dafür eintreten, denn das ist das Grundgesetz 2.0!
16. When they go low we go high.
Da hat Michelle Obama einen sehr guten Satz gesagt, den zu befolgen eine große Kunst ist.
17. Hab Geduld.
Wahrheit braucht Zeit. Und Geduld zahlt sich am Ende immer aus.
18. Versuch nicht, jemand anderes zu sein.
Man reitet sich ins Unglück, wenn man versucht, gegen seine Natur zu leben. Finde heraus, wer du bist und lebe frei. Gut, dass wir in einem Land leben, wo Diskriminierung geächtet ist und diese Freiheit etwas gilt.
19. Alle Menschen sind gleich(wertig).
Bürger erster und zweiter Klasse. Flüchtling = Vieh? Meine Freiheit endet, wo die Freiheit anderer beginnt. Respekt vor allen Menschen. Wie Meryl Streep schon sagte: „Respektlosigkeit sorgt für weitere Respektlosigkeit.“
20. Der Staat ist für den Bürger da und nicht umgekehrt.
Dieses Gefühl, ständig Bittsteller zu sein und an der Verwaltung zu scheitern, macht Menschen mürbe. Dabei wird jedes Gehalt eines „Staatsdieners“ von den Steuern der Bürger bezahlt. So fühlt sich das aber meistens nicht an.
21. Die Elite sind wir.
Alle, die sich an der Gemeinschaft orientieren und einen nennenswerten Beitrag für andere leisten, sind die Elite. Diejenigen, die in abgeschotteten Kreisen verkehren und andere ausgrenzen, sind es eben gerade nicht.
22. Kostenloser Nahverkehr für alle.
Es muss doch möglich sein, in Städten Mobilität gratis anzubieten. Ein Umweltbeitrag der Extraklasse. Und eine Erleichterung für alle.
23. Für das Recht auf selbstbestimmtes Sterben.
Wann es soweit ist, das entscheidet jeder für sich allein. Alles andere ist eine unerträgliche Anmaßung und Grenzübertretung.
24. Die Familie ist die Heimat des Herzens.
Und weil das jeder fühlt und weiß, der schon mal von Trennung oder Tod betroffen war, kann man nur den Kopf darüber schütteln, wie unmenschlich Politik manchmal sein kann.
25. Sei großzügig.
Dann wird dein Leben reich. Funktioniert wirklich.
26. Akzeptiere, oder ändere.
Es ist doch wirklich nervig (auch für alle, die da ständig zuhören müssen), immer nur zu klagen und so zu tun, als wäre man dem Leben wehrlos ausgeliefert.
27. Es gibt kein Ende der „deutschen Schuld“.
Nur wenn wir uns erinnern, können wir auch bessere Menschen sein.
28. Sei ehrlich. Vor allem zu dir selbst.
Ungeheuer schwer. Ich weiß.
29. Kein Plastik bei die Fische.
Die Meere zu vergiften, bedeutet, die Menschheit zu vergiften.
30. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
Noch immer keine Selbstverständlichkeit. Shame on you, Germany. Kann ich mich richtig drüber aufregen. Hier geht es nicht um Gleichheit, sondern um Gerechtigkeit!
31. Reparieren statt Neukaufen.
Nachhaltigkeit fängt im Kleinen an. Das gilt aber auch für Fabrikanten, die Produkte herstellen, die nicht lange halten.
32. Wandel durch Annäherung.
Egon Bahr hatte recht. Abgrenzung macht aggressiv.
33. Achte die Würde der Alten.
Wie wir mit Alten und Kranken umgehen, wie wir sie stützen, ausstatten und pflegen, das zeigt, wie wir wirklich sind.
34. Hör mehr David Bowie.
Er hat mehr für unsere innere Gesundheit getan als manche Krankenkasse.
35. Lebe die Freiheit und genieße die Freiheit.
Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. Das wusste schon Benjamin Franklin.
36. Digitaler Wandel: Es läuft nicht mehr wie früher.
Die Veränderungen sind so tiefgreifend und fundamental, dass wir denjenigen helfen müssen, die den Anschluss nicht halten können. Wir müssen alle mitnehmen. Das ist die neue „soziale Spaltung“.
37. Kauf dir ein Haustier.
Das Leben wird schöner. Und man wird auch richtig allergisch gegen jede Tierquälerei.
38. Respektiere die Kultur der anderen.
Alles andere ist rassistisch.
39. Heimat ist ein Gefühl.
Und braucht keine Definition. Und gehört nicht irgendwelchen Leuten, die sie für sich allein reklamieren wollen.
40. Räume dein Leben auf.
Von Zeit zu Zeit richtig durchfegen, aussortieren und sich auch mal trennen. Vor allem, wenn man negative Gefühle damit verbindet. Auch von Menschen. Nur Mut.
41. Schein und Sein.
Das sollte man für sich selbst auseinanderhalten können, aber auch bei anderen.
42. Riechen, Schmecken, Mittanzen.
Wer immer nur vor dem Fernseher sitzt und sagt, er kennt die Welt, dem sage ich: gehe auf Reisen! Nichts geht über die unmittelbare Erfahrung.
43. Mit den Schmuddelkindern spielen.
Erkenntnisgewinn entsteht auch, wenn man sich mit denen trifft, die als Tabu gelten. „Mit denen“ reden, mit denen niemand etwas zu tun haben will, kann entlarvend sein. Für beide Seiten.
44. Nichts muss so sein, nur weil es immer so gewesen ist.
Liebe Kollegen, ich weiß. Es ist fast unmöglich, an den Abläufen etwas zu ändern. Aber manchmal muss es einfach sein.
45. Sprecht deutsch.
Wir verlangen das zu Recht von allen Zuwanderern, damit sie hier klarkommen. Dann bitte auch von denjenigen, die jung, cool, hip und sonstwie „awesome“ sind und sich hier gerade überhaupt nicht angesprochen fühlen.
46. Du bist, was du isst.
Ja. Echt. Stimmt. Guckst du.
47. Lerne deine Nachbarn kennen.
Dafür musst du aber auch ab und an zu Hause sein.
48. Eine Spende gibt einem ein gutes Gefühl.
Und man hilft damit sogar noch Menschen, die Hilfe nötig haben.
49. Arsch in der Hose kannst du nicht lernen.
Da muss man schon mal einer spontanen Eingebung folgen und nicht sofort wieder über die Folgen nachdenken.
50. Ressourcen schonen.
Recycling, Leute. Benutzt wiederverwendbare Sachen. Verschwendet keine Lebensmittel. Habt ein bisschen Ehrfurcht vor den begrenzten Schätzen unserer Erde.
51. Das Volk gehört niemandem.
Und kann deshalb auch nicht zurückgeholt werden.
52. Mehr Mitgefühl.
Der Perspektivwechsel hilft häufig, die Position der anderen Seite nachzuvollziehen. „In den Schuhen des anderen gehen“, sagt man bei mir zu Hause.
53. Go with the Flow.
Man lebt um einiges entspannter, wenn man sich nicht ständig gegen Entwicklungen stemmt, die man sowieso nicht aufhalten kann.
54. Für sexuelle Selbstbestimmung.
Niemand schreibt niemand irgendwas vor. Es gibt kein „normal“. Man ist, was man ist und liebt wen man liebt.
55. Engagiere Dich.
Der Staat ist kein Selbstzweck oder eine Theater-Vorstellung. Der Staat sind wir alle.
56. Schwäne soll man nicht umbringen und braten.
Wenn die Obdachlosen im Tiergarten Hunger haben und sich offenbar nicht anders zu helfen wissen, dann ist Zivilisation Geschichte.
57. Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Stereotype Schönheitsideale, die schon Kinder in die Spur zwingen, ruinieren das Selbstwertgefühl ganzer Generationen. Wir brauchen andere Vorbilder.
58. Bürokratie ist Mist.
Nicht immer. Aber immer öfter. Vor allem wenn man es wegen einer einmal beschlossenen Richtlinie nicht schafft, die verhasste Sommerzeit abzuschaffen, obwohl alle das wollen.
59. Gib Gummi, Deutsche Bahn.
Lahmes Internet, mieser Telefon-Empfang, geänderte Wagenreihung, stinkende Klos, jahrelanges Warten auf die neuen ICEs, Sylt vom Rest der Welt abgehängt ("syltpendler") und eine desaströse Kunden-Information. Man würde es nicht glauben, wenn man es nicht ständig selbst erlebt. No go.
60. Jeder ist wichtig.
Jeder Mensch verdient, mit seinen Wünschen, Sorgen und Nöten gehört zu werden. Die fehlende Wertschätzung verbittert viel zu viele Bürger. Wir müssen dringend mehr Möglichkeiten zur Teilhabe und Mitbestimmung im täglichen Leben schaffen.
61. Manchmal hängt's am Kaffeebecher.
Aber meistens an uns selbst. Der enorme Verpackungsmüll ist die Pest.
62. Eigentum verpflichtet.
Geld und Gier sollten nicht zusammengehören. Geld und Gemeinwohl schon.
63. Pressefreiheit ist der Grundpfeiler der Demokratie.
Und die Grundlage meiner Arbeit und der meiner Kolleginnen und Kollegen.
64. Fahr ans Meer.
Jeder Mensch sollte mindestens einmal im Leben das Meer sehen und spüren, was das mit einem macht.
65. Zeige Respekt.
Nicht alle können so wie du. Nicht alle wollen so wie du. Nicht alle müssen so wie du.
66. Es gibt keine „gute Gewalt“.
In diesem Fall heiligt der Zweck niemals die Mittel.
67. Im Gespräch bleiben.
Haben wir doch alle schon erlebt. Wenn man nicht redet, verhärten sich die Positionen. Und nur schreiben, führt oft zu Missverständnissen. (Kleiner Gruß an die digitale Kommunikationswelt.)
68. Radfahrer besser schützen.
Irgendwann sollte es auch dem ignorantesten Kommunalpolitiker klar sein: Wir brauchen mehr und bessere Radwege und eine bessere Verkehrs-Infrastruktur.
69. Lebensleistung anerkennen.
Es ist demütigend, wenn man sich rechtfertigen muss für das, was man in einem langen Leben erlitten, erduldet oder auch erreicht hat.
70. Nicht an alles gewöhnen.
An jedem einzelnen Tag kostet der nicht eröffnete Flughafen BER über 1 Millionen Euro. Man sollte sich das auch an jedem einzelnen Tag bewusst machen.
71. Sieh die Welt als Ganzes.
Alles hängt mit allem zusammen. Wir können uns davon nicht losmachen. Deshalb müssen wir das Kleine auch vor dem großen Hintergrund diskutieren.
72. Treibe Sport.
Ein gesunder Geist, lebt in einem gesunden Körper. Das wussten schon die alten Römer.
73. Behandele alle so, wie du auch behandelt werden willst.
Warum das so selten funktioniert, gehört zu den größten Mysterien der modernen Zeit.
74. Unterstütze die Energiewende.
Denn was ist die Alternative?
75. Sei gnädig zu dir selbst.
Du musst nicht perfekt sein.
76. Lass los.
Krampfhaft an Ideen, Menschen, Vorstellungen, Jobs festzuhalten, bringt gar nichts außer Leid und Frust.
77. Teile.
Gib ab von deinem Glück, deiner Not, deinem Wissen.
78. Mehr Vernunft, weniger Absurdistan.
Solange Windräder Energie produzieren, die ungenutzt verpufft, weil keine Leitungen anliegen, darf man öffentlich an der Eignung der Verantwortlichen zweifeln.
79. Ehrenamt stärken.
Mehr als 20 Millionen Deutsche engagieren sich uneigennützig für unsere Gesellschaft. Das wird viel zu selten gewürdigt.
80. Genau hinschauen.
Endlich Ehe für alle. Aber auch steigende Zahlen von Gewaltdelikten gegen Schwule, Lesben und Trans*-Personen. Man darf nicht hinter das Erreichte zurückfallen.
81. Bezahlbare Wohnungen.
Wer kein Heim hat, der kann kein unterstützender Teil der Gesellschaft sein.
82. Free Deniz und Mesale.
Und alle anderen, an denen nur ein Exempel statuiert werden soll. Niemand darf zur Tagesordnung übergehen, wenn Willkür regiert. Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler der Demokratie.
83. Flexible Arbeitszeiten.
Gute Konjunktur. Sprudelnde Steuereinnahmen. Jetzt sollten mehr Menschen frei entscheiden dürfen, wie sie arbeiten wollen. Arbeit soll glücklich machen.
84. Den Kirchen zuhören.
Die müssten sich dann allerdings auch deutlich engagierter in die öffentliche Debatte einmischen.
85. Stelle Forderungen.
Es wird sich nichts ändern, wenn man nicht selbst aktiv wird. Dafür muss man aber wissen, was man will.
86. Schalte dein Smartphone ab.
Lebensqualität entsteht nur in relaxter Atmosphäre, in der man sich auch mal auf andere Dinge konzentrieren kann.
87. Entscheide dich.
Man kann die Dinge lange herauszögern, aber um eine Entscheidung kommt man nicht herum. Auf geht’s!
88. Suche Erfüllung.
Nur wenn man einen Sinn in seinem Tun sieht, kann man wirklich glücklich sein.
89. Vorurteile schaffen Fremdenhass.
Aber ohne Vorurteile könnten wir die Welt nicht verstehen. Wir brauchen ein vergleichendes Kategoriensystem. Aber wir dürfen uns nicht über andere erheben.
90. Du bist verantwortlich auch für das, was du nicht tust.
Verantwortung kann man nicht delegieren. Und die Augen zu schließen, hilft nicht. Im tiefsten Innern weiß man, was zu tun ist. Also dann.
91. Vergangen ist vergangen.
Man kann im Nachhinein nichts mehr ändern. Das ist auch gut so. Sonst kann man nicht abschließen.
92. Den „Wert“ immer neu verhandeln.
Was ist Arbeit „wert“? in sozialen Berufen? In Kinderbetreuung und -förderung, in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen? Auf jeden Fall mehr als jetzt.
93. Die Kunst ist frei.
Geschmacksfragen dürfen keine Rolle spielen. Die Kunst darf weh tun. Sie ist Auseinandersetzung mit philosophischen, gesellschaftlichen und politischen Grundfragen.
94. Vielfalt macht reich.
Unseren kulturellen Reichtum haben wir nur und ausschließlich Menschen zu verdanken. Die übrigens seit Jahrhunderten von überall her zugewandert sind.
95. Liebe ist alles.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke, Rosenstolz.
Dunja Hayali, Reformationstag 2017