von Thomas Heck...
Eigentlich hat der Bundespräsident politisch neutral zu sein. Aus der Innenpolitik soll er sich raushalten. Eigentlich. Das Steinmeier da anders agiert, ist bereits zu anderen Gelegenheiten unangenehm aufgefallen. Und dass er eine gewissen Affinität zu linken Machthabern hatte und hat, ist ebenfalls bekannt, steht er doch auf das islamistische Mullah-Regime im Iran. Nun wirbt er für eine Thüringer Koalition von CDU und Linkspartei. Ausgerechnet am 30. Jahrestag des Mauerfalls. Wen interessieren da schon die Opfer der SED-Diktatur, die im Rahmen der diesjährigen Geschichtskitterung schlichtweg vergessen wurden. Schon Merkel erwähnte Mauer- und Stasiopfer schon gar nicht mehr, sondern warnte vor Rassismus und Antisemitismus.
Man stelle sich vor ein deutscher Bundespräsident hätte in der 70er-Jahren eine Koalition aus CDU und NPD befürwortet.
An der Linkspartei in Thüringen kommt offenbar niemand vorbei, so schreibt die FAZ – nicht einmal der Bundespräsident. Frank-Walter Steinmeier hat dem „Tagesspiegel“ eine Kurzanalyse gegeben, die man durchaus teilen kann: „Die Linkspartei stand dort offenbar für die meisten Wähler nicht für radikale Veränderungen, sondern hat auch Bewahrendes verkörpert“. Gemeint ist mit der Verkörperung wohl vor allem der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow, der vergessen macht, woher die Linkspartei kommt und wohin sie will (in Berlin wird das schon deutlicher). Aber warum sagt das der Bundespräsident?
In der aktuellen Debatte um die Thüringer Regierungsbildung liest sich Steinmeiers Einlassung nicht mehr so neutral, wie sie vielleicht gemeint war. Wollte der Bundespräsident damit sagen, dass es sich bei der Thüringer Linkspartei eigentlich um eine bewahrende, also konservative Partei handele, sich die CDU also nicht so haben soll? Die CDU hat es bisher abgelehnt, mit Ramelow zusammenzuarbeiten, auch wenn das nicht in Stein gemeißelt ist. Die Entscheidung liest sich vielmehr wie ein Akt von innerparteilichem Pragmatismus: Die CDU hat schon genug an die AfD verloren, noch eine Bewegung nach links macht sie noch beliebiger. Steinmeiers Äußerung ist dazu die Gegenrede von höchster Stelle.
Die CDU wird darüber nicht erfreut sein. Die SPD wird sich bestätigt fühlen. Erst recht die Linkspartei, die nun ein Zertifikat des Bundespräsidialamts hochhalten kann. Wenn Steinmeier integrierend wirken wollte, dann hat sein Amt unter dieser parteipolitischen Schlagseite gelitten.
2017 opferte sich die SPD – Ist nun die CDU dran?
Die versteckte Aufforderung zur pragmatischen Regierungsbildung erinnert an den Eingriff des Bundespräsidenten in die Regierungsbildung auf Bundesebene. Vor knapp zwei Jahren überzeugte er zwei Wahlverlierer, die zu Neuwahlen entschlossen waren, doch noch eine Koalition einzugehen. In Thüringen wird sich die Frage nach Neuwahlen auch wieder stellen. Denn es sieht nicht nach einer mehrheitsfähigen Regierung aus. Steinmeiers Spitze gegen die CDU ist eine Erinnerung daran, dass sich die SPD damals doch auch „geopfert“ hat. Ist nun also die CDU an der Reihe?
Aber wie gesagt: An der Linkspartei kommt ohnehin niemand vorbei. Bleibt es bei einer rot-rot-grünen Regierung in Erfurt, dieses Mal als Minderheitsregierung, wird sich die CDU immer wieder die Frage stellen müssen, ob eine grundsätzliche Verweigerung sinnvoll ist. Kommt es zur unwahrscheinlichen Minderheitsregierung unter CDU-Führung mit SPD, Grünen und FDP, ist es wiederum nur die Linkspartei, die verhindern kann, dass ein Ministerpräsident Mike Mohring auf die Stimmen der AfD angewiesen ist. Und es ist kaum zu erwarten, dass Steinmeier die AfD gemeint haben könnte, als er seine Linkspartei-Empfehlung mit dem Satz ergänzte: „Dieses Beispiel zeigt doch: Mit bloßen Etiketten kommen wir künftig nicht mehr sehr weit, wenn Parteien ihren Umgang miteinander finden müssen.“
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