Montag, 22. April 2019

Jetzt geht es an den Spargel...

von Thomas Heck...

Was wie ein verspäteter Aprilscherz daherkommt, scheint durchaus ernst gemeint zu sein. Den Spargel als das Gemüse des alten weißen Mannes anzugehen. Den menschenverachtenden Spargel. Vermutlich hat der Spiegel geschnallt, dass er mit erstunkenen und erlogenen Reportagen im Stile eines Relotius keine Punkte mehr machen kann. Dann tut es dann auch die Kolumne eines linken Schmierfinks, der uns Deutschen erklären will, was wir zu essen haben und was nicht. Danke für nichts, Spiegel.


Margarete Stokowski, die den linken Durchfall hier verfasst hat, ist auch aus der "Migranten erklären Deutschen wie sie sich zu verhalten haben Tschäbli-#NichtvonhierGemeinde". Dummchen erklärt den Deutschen heute, welchen Spargel sie gefälligst zu fressen haben. Selbstverständlich darf das übliche Linksradikale "Ey, ihr einfältigen Deutschen, lasst Euch endlich von unserer linksradikalen Sekte zusammenscheissen, wie Ihr Euch gefälligst in Eurem Land zu benehmen habt" nicht fehlen. Hier eine Kostprobe der linken Blitzbirne: "Während Windkraftwerke als Verschandelung der Natur gelten, hat der gemeine Deutsche kein Problem damit, dass Spargel oft in Monokulturen unter Plastikfolie angebaut wird, die mindestens genau so hässlich aussehen." Verschwinde doch einfach nach 80% Kohlekraftwerk-Polen Stokowski oder kann man da mit linksradikalen Schwachsinn keine Kohle machen?

Plädoyer Der Spargelkult muss enden 

Es ist das privilegierteste Gemüse Deutschlands, der alte weiße Mann der Kulinarik, Dickpic-Ersatz im Netz - auch Markus Söder hat was dazu zu sagen. Ach ja, die Ernte ist übrigens auch menschenverachtend. Eine Abrechnung.

Es tut den Menschen nicht gut, wenn sie Götter erfinden, hat mein Kollege Christian Stöcker gestern geschrieben, und er hat zwar Recht, dabei aber den deutschesten aller Götter ausgelassen: den weißen Spargel. Der Spargelkult ist als parareligiöse Praxis aus Deutschland nicht wegzudenken. Wenn über die Einrichtung neuer Feiertage diskutiert wird, ist immer wieder von Minderheiten und historischen Ereignissen die Rede, aber vermutlich würde keine Kampagne mehr Zustimmung erlangen als eine, die sich für die Huldigung des weißen Spargels ausspricht.

Natürlich schmeckt Spargel sehr gut. So viel vorneweg. Spargel ist lecker und gesund, er entwässert und entgiftet, aber er vergiftet auch. Die sechste Jahreszeit, die sogenannte Spargelsaison, ist eine Zeit, in der der Spargel nicht nur verehrt und verzehrt wird, sondern schlicht allgegenwärtig ist. Jede Pizzeria, möge sie noch so orthodox ausgerichtet sein und einen eigenen Kerker haben für Menschen, die nach Ananas fragen, stellt ein Schild raus mit der Ankündigung, dass es hier jetzt auch Spargelpizza gibt, natürlich, denn der Spargel ist das privilegierteste Gemüse Deutschlands. Er darf überall rein und überall ran, es gibt Spargel vom Grill, Spargel aus dem Ofen und aus dem Wok, Spargel an Nudeln, in Risotto, im Salat, Spargel auch einfach mal pur, Spargelreste als Suppe, Spargeleis.

Spargel ist natürlich ein Superfood, aber auch der Loriot unter den Gemüsen. Er ist okay, aber komplett überbewertet, der alte weiße Mann der Kulinarik. Spargel nicht zu mögen ist auf jeden Fall schlimmer als zum Beispiel den Text der Nationalhymne nicht zu kennen. So wie man auf polnischen Hochzeiten mit einem Liter Wodka pro Person rechnet, rechnet man in Deutschland zur Spargelzeit ungefähr ein Kilo Spargel pro Kopf am Tag, gern in den Sorten "Hannibal" oder "Rambo". Im Internet ist das Spargelposting das Dickpic der Saison. Im Grunde will niemand wirklich ungefragt den Spargel anderer Leute sehen ("schön einfach mit Butter"), aber gefragt wird nicht. Wer angespargelt hat, berichtet davon - ein Sakrament, in dem die Beziehung des Deutschen zum Spargel bekräftigt wird. Seht her, auch ich bin einer von euch, ein einfacher Diener der blassen Stange.

Strotzen, geschwellt sein, übermütig sein 

Der weiße Spargel, der eigentlich und nicht ohne Grund Gemeiner Spargel heißt, trägt im Namen das Griechische "spargáein": strotzen, geschwellt sein, übermütig sein, und das wird dann auch so gemacht. Der Spargel hat in diesem Sinne eine integrierende Funktion, unter den Gemüsen aber eine spaltende.

Denn der Ruhm des Spargels basiert auf Mythen und Widersprüchen. Angeblich ist weißer Spargel der "edlere", hauptsächlich aber der teurere Spargel. Menschen, die sich am Hype des Spargels beteiligen, betonen gerne, dass es so schön sei, was Saisonales zu essen ("Schön ist, dass es Spargel nicht das ganze Jahr gibt", Markus Söder), dabei wird die Spargelfeier bei vielen schon begonnen, wenn der Spargel im Supermarkt noch aus Peru kommt, aber da drückt man gern ein Auge zu.

Wer weißen Spargel kauft, zahlt, oft ohne es zu wissen, nicht allein für den Geschmack, sondern auch für die Farbe. Der Anbau von weißem Spargel ist unter anderem deswegen so aufwendig, weil die Erde um den Spargel immer wieder angehäufelt wird und die Ernte extrem pünktlich und unverschämt früh am Tag geschehen muss. Das lieben Deutsche, aber gerade nur so sehr, dass sie diese Arbeit dann doch lieber nicht selber machen, sondern traditionell gern von Polinnnen und Rumänen erledigen lassen. Seit diese nicht mehr so zahlreich kommen, gehen Deutschland die Erntehelfer*innen aus. "Deutsche wollen diese Arbeit auf jeden Fall nicht machen", klagte ein Spargelbauer 2018 auf SPIEGEL ONLINE, und überlegte, seinen Arbeiter*innen kostenloses W-Lan anzubieten.

Grüner Spargel ist an Ruhm weit unterlegen

Aber zurück zum Spargel und den Kosten des Kults. Wenn die Spitze des Spargels es ans Licht geschafft hat, verfärbt sie sich blau-lila und schmeckt dann zwar nicht schlechter, gilt aber sofort als Wertverlust. Grüner Spargel hat das Problem nicht, weil er über der Erde wächst, außerdem ist er gesünder und muss nicht geschält werden, aber er ist dem bleichen Kollegen an Ruhm weit unterlegen. 

Während Windkraftwerke als Verschandelung der Natur gelten, hat der gemeine Deutsche kein Problem damit, dass Spargel oft in Monokulturen unter Plastikfolie angebaut wird, die mindestens genau so hässlich aussehen. 

Eigentlich gäbe es dabei zwar noch kein Problem damit, ein saisonales Gemüse so zu verehren wie den weißen Spargel, es gibt aber keine guten Gründe dafür, dass mit anderen Gemüsen nicht ebenso verfahren wird. Andere Gemüse- und Obstsorten, die in Deutschland auch nur kurze Zeit frisch verfügbar sind, aber bei Weitem weniger vergöttert werden, sind unter anderem Erdbeeren, Rhabarber, Spinat, Himbeeren, Kirschen, Zucchini, Bohnen, Erbsen, Brombeeren, Bärlauch, Gurken, Sellerie, Portulak, Zuckermais, die meisten Blattsalate und Tomaten. 

Gerade bei Erdbeeren und Tomaten gäbe es reichlich Potenzial. Pascale Mueller und Stefania Prandi haben in einer aufwendigen Recherche für "Buzzfeed" und "Correctiv" mit Erntehelferinnen in Spanien, Marokko und Italien gesprochen: Die Frauen pflücken unter menschenverachtenden Bedingungen Erdbeeren und Tomaten, die in Deutschland teilweise als "sicher und nachhaltig" zertifiziert verkauft werden. Bei ihrer Arbeit werden sie regelmäßig von ihren Vorgesetzten gedemütigt und oft vergewaltigt.

Das interessiert deutsche Konsument*innen aber nicht so sehr wie die Frage, was es denn jetzt eigentlich mit dem Phänomen Spargel-Pipi auf sich hat. Keine Redaktion lässt sich lumpen, wenn es darum geht, das Volk über die Nebeneffekte seiner kultischen Umtriebe zu informieren. Super Tischgespräch auch. Und vielleicht ist das einer der Gründe, warum Spargel es zu so übermäßigem Gottheitsstatus gebracht hat: endlich mal schön über Ausscheidungen reden. Danke für nichts, Spargel.




1 Kommentar:

  1. Ah, hat Sie den Dreh doch noch gekriegt: "Gerade bei Erdbeeren und Tomaten gäbe es reichlich Potenzial. Pascale Mueller und Stefania Prandi haben in einer aufwendigen Recherche für "Buzzfeed" und "Correctiv" mit Erntehelferinnen in Spanien, Marokko und Italien gesprochen: Die Frauen pflücken unter menschenverachtenden Bedingungen Erdbeeren und Tomaten, [...]. Bei ihrer Arbeit werden sie regelmäßig von ihren Vorgesetzten gedemütigt und oft vergewaltigt."
    Wenn Frauen eine Arbeit tun bei der sich die Tätigkeit nach dem "Arbeitsobjekt" richtet (richten muß) und es ihnen nicht von einer Maschine (von einem weißen alten Mann erfunden!) bearbeitungsfertig an den Tisch in Kaffeemaschinenreichweite gebracht wird, dann sind die Bedingungen natürlich menschenverachtend, und obendrein werden die Frauen natürlich gedemütigt und vergewaltigt! Und natürlich haben das Pascale Mueller und Stefania Prandi (die wahrscheinlich eigentlich Mueller-Relotius und Prandi-Relotius heißen) für, ach nee, "Buzzfeed" und "Correctiv" herausgefunden. Glaubwürdig geht anders!
    Aber dennoch ist es verwunderlich das dieser "Artikel" tatsächlich erschien, denn, Frau Stokowski, Sie haben die unabdingbaren Stichworte "Klimawandel" und "Thunberg, Greta, bzw. Fridays for Future" vergessen!

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