von Thomas Heck...
Die Bundesrepublik der Gegenwart fühlt sich nicht nur wie eine durch und durch grünversiffte Republik, sie scheint es auch faktisch zu sein. Denn die Themen des Mainstreams sind mit Klimawandel, Diesel und Energiewende durchweg grüne Themen. Und auch in den öffentlich-rechtlichen Medien könnte man meinen, die Grünen seien bereits an der macht, sind es doch mit Volker Habeck und Annalena Baerbock grüne Protagonisten, die in öffentlich-rechtlichen Medien als meistgesehene Gäste auch am Abend dem Bürger grüne Politik eintrichtern.
Ganz schön große Fresse, für eine 8,9%-Partei, die immerhin weniger Stimmen als die AfD hat, die selbst in diesem Zirkus unterrepräsentiert sind. Kein Wunder, dass die Grünen in Umfragen gut abschneiden. Und die Grünen wollen noch mehr. Z.B. der Wirtschaft den Rest geben, wie die FAZ zu berichten weiß...
Offiziell ist es nur ein Zwischenbericht auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm. Doch auf den 74 Seiten mit dem lyrischen Titel „Veränderung in Zuversicht“ geben die Grünen einen ersten Einblick, welche Art von Wirtschaftspolitik sie künftig verfolgen wollen. Es ist, so viel steht fest, eine sehr grüne Wirtschaftspolitik. Alles soll sich dem Leitbild einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ unterordnen. „Die oberste Maxime muss sein: Europa ist spätestens 2050 klimaneutral“, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht. Daran müsse sich eine europäische Industriepolitik ebenso ausrichten wie die Energie-, Verkehrs- und Agrarpolitik.
In den anderen Parteien und in der Wirtschaft dürften Ansagen wie diese aufmerksam beobachtet werden, schließlich stehen die Grünen in den Umfragen so gut da wie lange nicht. Robert Habeck, der die Partei seit Anfang 2018 mit Annalena Baerbock führt, ist im ZDF-Politbarometer erstmals der beliebteste Politiker in Deutschland. In den Umfragen steht die Partei derzeit zwischen 17 und 20 Prozent, in etwa gleichauf mit der SPD. Dass Cem Özdemir, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, kürzlich sagte, das Land brauche endlich einen Verkehrsminister, der sein Ressort ernst nehme, werteten manche Beobachter schon als Bewerbung für dieses Amt.
Im Zwischenbericht für das Grundsatzprogramm, das im Sommer 2020 fertig sein soll, nehmen umweltnahe Themen wie die Bepreisung von CO2-Emissionen („Wir verteuern die Vergangenheit und machen die Zukunft günstiger“), autofreie Innenstädte und das Verbot von Mikroplastik und Pestiziden eine wichtige Rolle ein. Aber auch in der klassischen Wirtschaftspolitik will die Partei Akzente setzen, wie Katharina Dröge, die wettbewerbspolitische Sprecherin der Partei, im Gespräch mit der F.A.Z. deutlich macht. „Die wichtigste wirtschaftspolitische Herausforderung der kommenden Jahrzehnte ist: Wie regulieren wir globale Konzerne?“, sagt sie. „Viele Menschen haben das Gefühl, dass nicht mehr der Staat, sondern die Konzerne die Spielregeln bestimmen."
Die Kritik von Dröge bezieht sich vor allem auf Digitalkonzerne wie Google und Facebook. Die Partei will ihnen zum einen mit einer Digitalsteuer, zum anderen aber auch mit einer schärferen Fusionskontrolle Grenzen setzen. „Die Übernahme von Whatsapp durch Facebook sollte rückabgewickelt werden“, fordert Dröge. Auch Google und Youtube sollten ihrer Meinung nach besser wieder getrennt werden. Handlungsbedarf sieht Dröge aber auch in der analogen Wirtschaft. „Die Fusion von Bayer und Monsanto hätte nicht erlaubt werden dürfen. Es ist nicht akzeptabel, dass vier große internationale Unternehmen sich den Markt für Saatgut aufteilen und so über die Zukunft unserer Ernährung entscheiden.“