Freitag, 31. Mai 2024

Eine unmoralische Haftpflichtversicherung für Terroristen...

von Christian Hamann...

Palästinensische Flüchtlinge bei Rafah



Am 6. Mai wurde ein von den katarischen und ägyptischen Vermittlern herausgegebenes Papier als „von der Hamas gebilligter Waffenstillstandsvorschlag für Gaza“ vorgestellt. Es wurde schnell klar, dass es sich hierbei um ein völlig einseitiges Pro-Hamas-Pamphlet handelt, das meilenweit von dem entfernt ist, was einen fairen Waffenstillstand ausmacht. Dennoch wurde dieser inakzeptable und daher irrelevante Text von den Mainstream-Medien weltweit in einem Ton verbreitet, als wäre er eine Friedensbotschaft. Die unaufrichtige Erzeugung von Hoffnung stellt einen schweren Schlag gegen Israel dar – als Teil eines komplexen Propagandakrieges. Mit dem unseriösen Vorschlag wird der israelischen Regierung keine Alternative zu der Strategie geboten, weiterhin militärischen Druck auf die Hamas auszuüben.

Doch im Falle der anvisierten Invasion Rafahs würden weite Teile der falsch informierten Weltöffentlichkeit den jüdischen Staat als aggressive Macht wahrnehmen, die einen fälligen Waffenstillstand ablehnt. Aufgrund der einseitigen Information haben westliche Bürger größtenteils keine Ahnung von den unaufhörlichen Hamas-Angriffen auf Israel vor dem Massaker vom 7. Oktober. Bei diesen wurden seit 2001 in jedem Jahr Raketen eingesetzt – insgesamt rund 10.000 Stück mit Spitzen in den Jahren 2024 (4.225) und 2021 (3.631). Während in diesen 22 Jahren etwa 1.400 Israelis durch den Terror starben, entstand ein weiterreichender, riesiger Schaden eher psychischer Natur. Dieser umfasst Depressionen, Angstzustände und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) mit entsprechenden Folgen wie Fehlgeburten. Indem insgesamt das beschützte Ambiente gestört wurde, das sich Eltern zum Aufziehen von Kindern wünschen, haben die Terroristen einen negativen Einfluss auf die Geburtenrate ausgeübt. Man kann nur sehr grob schätzen, dass dadurch im Laufe der Jahrzehnte zwischen 100.000 und mehrere Millionen weniger israelische Kinder geboren wurden.

Etikett benachteiligter und misshandelter Opfer

Eine potenziell noch destruktivere Wirkung betraf die Wahrnehmung des anhaltenden Konflikts durch die Weltöffentlichkeit. In dieser manipulierten Wahrnehmung kämpfen hilflose Palästinenser gegen brutale Israelis. Darauf zugeschnittene Narrative haben den Palästinensern das Etikett benachteiligter und misshandelter Opfer verschafft. Die Verbiegung der israelischen und palästinensischen Geschichte war das Werk vermeintlich “gemeinnütziger” Organisationen, vor allem NGOs. Jahrzehnte systematischer Kultivierung der verfälschten Sichtweise haben eine emotionale Bombe entstehen lassen, die am 7. Oktober 2023 explodiert ist. Genauer gesagt handelte es sich um zwei Bomben gegen Israel, von denen das Massaker selbst die erste war. Bei der zweiten handelte es sich um die weltweite Explosion antiisraelischer und antisemitischer Propaganda sowie organisierter Unruhen, die ausgelöst wurde, als der jüdische Staat legitimerweise versuchte, die Terrorgefahr mit militärischen Mitteln abzustellen.

Wenn man aus den letzten 22 Jahren intensivierten Terrors und insbesondere aus seinem letzten Anstieg im Mai 2021 Lehren gezogen hat, kann man das Massaker vom 7. Oktober 2023 als eine geplante Provokation identifizieren, gedacht, um die Opferrolle der Palästinenser im Gazastreifen in großem Maßstab zu inszenieren. Somit würde die geplante Invasion von Rafah bedeuten, dass Israel noch tiefer in die tödliche Falle tappen würde. Die Grundlage dieser Falle bildet eine surrealen Haftpflichtversicherung, welche arabische Führer seit vielen Jahrzehnten konsequent vor den Folgen ihrer unablässigen Gewalt gegen Israel schützt. Versicherungsbeginn war 1948, nachdem sechs arabische Länder den neu gegründeten jüdischen Staat angegriffen und den Krieg verloren hatten. Anstatt das daraus resultierende Flüchtlingsproblem von den Aggressoren lösen zu lassen, begann die UNO mit dem Bau von etwa 50 Flüchtlingslagern für jene Araber, die ihre Heimat verloren hatten.

Unfaire Parteilichkeit der UN

Nach den Kriegen von 1956, 1967 und 1973 hinderten zahlreiche angeblich gerechte UNO-Resolutionen Israel systematisch daran, eine stabile Situation einzurichten. So musste unter anderem der Sicherheitsgürtel im Südlibanon zum Schutz Galileas gegen Terrorrangriffe auf UN-Druck wieder geräumt werden. Jetzt wird Galilea erneut von dort aus beschossen. Ein ausnahmsweise konstruktives Ergebnis konnte nur dadurch zustande kommen, dass sich Israel nicht einer der kontraproduktiven UN-Resolutionen beugte. Das betraf die von den Briten im Jahr 1967 initiierte Resolution 242, die eine sofortige Räumung des Sinai forderte, nachdem die Halbinsel im Sechstagekrieg besetzt worden war. Das war eine unfaire Forderung; denn unter Gegnern kann man die Ware natürlich nicht aus der Hand geben, bevor man das Geld – in diesem Fall einen verbindlichen Vertrag – hat. Israels Standhaftigkeit wurde 1979 belohnt, als Ägypten einem „Land für Frieden“-Vertrag zustimmte, der bis heute in Kraft ist.

Die unfaire Parteilichkeit der UN zugunsten der Araber verstößt nicht nur gegen Grundprinzipien ihrer eigenen Charta, sie sendet auch ein psychologisch höchst destruktives Signal aus: „Ihr könnt Israel bedrohen, terrorisieren und angreifen, wie und so oft Ihr wollt, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.“ Dieser surreale Vertrag mit der bösen Versicherungsgesellschaft kann allerdings keinen rechtlichen Bestand haben. Denn die dem Kunden zugebilligte Befreiung von jeglicher Verantwortung für Gewaltanwendung gegen einen bestimmten Dritten stellt ein unrechtmäßiges Privileg dar, das die Entrechtung des betreffenden Dritten zur Folge hat. Diese destruktive Strategie bringt die “besten“ Ergebnisse, wenn sie mit einer entsprechend geförderten Demografie kombiniert wird. Die Zahl der heute weltweit verteilten palästinensischen Araber hat sich in den letzten 100 Jahren auf mehr als das Zwanzigfache erhöht. Diese rekordverdächtige Zahl ist das Ergebnis entsprechend manipulierter Lebensbedingungen.

Gefangen zwischen zwei selbstmörderischen Optionen

Im weiteren Kontext war die gesamte israelische Invasion im Gazastreifen mit all ihren Opfern und Schäden aus Sicht der islamistischen Führung ein Erfolg, der mit dem Massaker vom 7. Oktober kalkuliert und provoziert wurde. Die Raketenangriffe im Mai 2021 waren die Generalprobe, bei der bereits die gewünschten israelischen Reaktionen ausgelöst wurden. Das Kalkül der Hamas geht umso mehr auf, als ihre Spitzenführer bequem in Katar leben und kein Problem damit haben, ihre Kämpfer und untergeordneten Kommandeure zu opfern. Das Überleben des bösen Systems wird von der UNO und einigen anderen – hauptsächlich westlichen – Kräften garantiert. Der Erfolg ist der psychologische Auslöser für die Mobilisierung der nächsten Generation extremistischer Kämpfer und Anführer. Ohne wirksame Kontrolle dieses psychologischen Mechanismus wird dieser bald stark genug sein, um das Westjordanland zu infizieren und zu einem umfassenden Krieg gegen Israel zu führen.

Somit ist Israel annähernd gefangen zwischen zwei selbstmörderischen Optionen: Weiteren Angriffen auf die Extremisten in Rafah, oder Beschwichtigung gemäß dem oben erwähnten „von der Hamas gebilligte Waffenstillstandsvorschlag für Gaza“. Doch wie historisch und psychologisch bewiesen ist, stellt jede einseitige Beschwichtigung eine Sackgasse dar und führt zu weiteren Forderungen, bis alles aufgegeben wird. Eine nachhaltige Lösung erfordert stattdessen die Beseitigung der künstlichen Hindernisse, die durch äußere Kräfte errichtet werden.

Tragische Illusion

Der „von der Hamas gebilligte Waffenstillstandsvorschlag für Gaza“ ist das Produkt von Vermittlern aus Ägypten und Katar. Natürlich kann niemand ernsthaft von Arabern erwarten, dass sie in diesem Konflikt als neutrale Vermittler fungieren – viel eher als der Fuchs, der zum Hüter des Hühnerstalls gemacht wird. Die eigentlich relevanten Fragen müssen hingegen lauten: Warum hat die israelische Regierung diese ungeeignete Besetzung als Vermittler akzeptiert? Und warum hat CIA-Direktor William Burns, der auch an den Treffen der Vermittler teilnahm, die Veröffentlichung eines solch kontraproduktiven Papiers nicht verhindert? Wie Herausgeber David Horovitz in der “Times of Israel” richtig analysiert, ist der veröffentlichte Text „mit aufhetzender Raffinesse konstruiert, um sicherzustellen, dass die Hamas den Krieg überlebt und die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen zurückerlangt.“ Das legitime israelische Ziel der Sicherheit vor künftigen gewalttätigen Angriffen ist nicht abgedeckt. Wird dieser destruktive psychologische Hintergrund ignoriert, verfällt die israelische Regierung in die tragische Illusion, sie könnte dadurch politischen Fortschritt erzielen, dass sie, (mehr) militärischen Druck auf die Hamas ausübt. Stattdessen würde eine umfassende Rafah-Invasion unweigerlich zu folgenden Konsequenzen führen:

  • Weltweit zunehmende Propaganda gegen Israel
  • Beteiligung einer unübersehbaren Zahl weiterer Parteien, möglicherweise auch der Palästinenser im Westjordanland und der Hisbollah im Libanon
  • Noch mehr unkalkulierbare Aktivitäten “falscher Freunde”
  • Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa (ein Hauptziel der Islamisten) durch Nutzung des von den USA gebauten Piers
  • Weitere Zunahme antisemitischer Unruhen in den USA
  • Somit wachsende Gefahr eines US-Bürgerkriegs (insbesondere angesichts der besagten unkalkulierbaren Aktivitäten “falscher Freunde”)
Sieg auch ohne Gewalt erreichbar

Terrorismus ist ein Phänomen mit ideologisch-psychologischen Wurzeln und kann niemals allein mit militärischen Mitteln bekämpft werden. Dies wurde durch die desaströsen Ergebnisse des “Krieges gegen den Terror” in Afghanistan (2001-2021) bestätigt. Im Gegenteil: Jede einzelne westliche Einmischung in muslimischen Ländern wie Somalia, Afghanistan und Irak hat just die Atmosphäre geschaffen, in der Terrororganisationen entstanden sind und wachsen konnten – zum Beispiel der IS, Al-Quaida und Al-Shabaab.

Der einzige Weg, den Terrorismus erfolgreich zu bekämpfen, besteht deshalb darin, das Ambiente zu bekämpfen, in dem er gedeiht. Dies ist eine Auseinandersetzung auf der Ebene der Moral, klarer Prinzipien und der entschiedenen Zuweisung von Verantwortung. Aufgrund seiner klaren rechtlichen Position hat Israel den Sieg in dieser intellektuellen Auseinandersetzung nicht nur verdient; es kann ihn auch ohne Gewalt erreichen. Es muss nur diejenigen konsequent zur Rechenschaft ziehen, die diese destruktive, den Frieden verhindernde Atmosphäre verursacht haben und weiterhin verursachen. Dieses Verfahren beginnt mit der einfachen Frage: Wer repräsentiert diese surreale Versicherungsgesellschaft, deren Bedingungen den Kunden von jeglicher Verantwortung für Gewalt gegen einen bestimmten Dritten entbinden? Zweifellos nehmen die UNO und mit ihr verbundene Institutionen unter den dafür in Frage kommenden Kandidaten einen Spitzenplatz ein. Die jüngste Bestätigung erfolgte durch das vermeintlich friedensfördernde, aber erneut einseitige und damit destruktive Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 24. Mai 2024.


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