Freitag, 18. Juni 2021

Auf dem muslimischen Auge blind...

von Thomas Heck...

Wenn heute antisemitische Straftaten begangen werden, werden diese statistisch auf der Seite der rechtsextremistischen Straftaten erfasst. So trägt jedes geschmiertes Hakenkreuz, jede SS-Rune, jedes Anpöbeln von Juden und natürlich auch jeder körperliche Angriff dazu bei, die Zahl der Straftaten von Rechts zu erhöhen. Dabei braucht man die Juden einfach selbst zu befragen, von wo die Gefahr ausgeht. Dies negieren keinesfalls die Gefahr von Rechts, der weiter aufmerksam begegnet werden muss, doch die Gefahr von Links und noch viel mehr die Gefahr des politischen Islams ist um ein Vielfaches höher. Zeit, statistisch genauer zu erfassen, welchen Ursprung antisemitische Vorfälle haben. Das scheinen mittlerweile auch die Innenpolitiker Deutschlands begriffen zu haben.


Auf dem muslimischen Auge blind? Deutschlands Innenminister wollen antisemitische Taten genauer erfassen

An der Innenministerkonferenz gaben Horst Seehofer und seine Amtskollegen der Bundesländer einen Ausblick, wie sie die innere Sicherheit Deutschlands verbessern wollen. Zur Sprache kam auch die Aktion von Greenpeace beim Spiel der Nationalmannschaft.



Wer eine Innenministerkonferenz in einem Vergnügungspark stattfinden lässt, muss sich auf entsprechende Witze gefasst machen. So wurde vor dem Treffen der Innenminister von Bund und Ländern im Europapark Rust die metaphorisch gemeinte Frage gestellt, wer hier wohl mit wem Achterbahn fahren würde. Die anschliessende Pressekonferenz am Freitagmittag hatte dann tatsächlich etwas von einer Achterbahnfahrt: Gemächlich ging es los, doch später äusserten sich der deutsche Innenminister Horst Seehofer und seine Amtskollegen aus den Bundesländern bisweilen sehr schwungvoll.

So brach zum Beispiel bei Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann Ärger durch, als er auf den Vorfall angesprochen wurde, der sich am Dienstagabend in München vor dem EM-Spiel zwischen Deutschland und Frankreich ereignet hatte. Ein Gleitschirmflieger wollte dort angeblich über das Stadion fliegen und einen Ball abwerfen. Der Mann stürzte ab und verletzte zwei Menschen. Verantwortlich für die Protestaktion ist die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die sich mit einer Entschuldigung schwertat und stattdessen mehr oder weniger glaubhafte Rechtfertigungen verbreitete.

Unbestätigte Berichte, Greenpeace habe die Polizei kurz vor der Aktion telefonisch informieren wollen und niemanden erreicht, bezeichnete Herrmann als «dummes Zeug». Ihm sei davon nichts bekannt. Er wies darauf hin, dass auch Terroristen einen solchen Anruf fingieren könnten, um nicht von der Polizei gestoppt zu werden. Herrmann warf Greenpeace vor, den Vorfall im Nachhinein beschönigen zu wollen. Unter den deutschen Innenministern herrsche Einigkeit, dass die Aktion «extrem unverantwortlich» gewesen sei.

Seehofer stellt Forderung an Greenpeace

Mit dem permanentem Einsatz einer Helikopterstaffel wolle man den Luftraum über München während der kommenden Spiele der Europameisterschaft deshalb noch besser überwachen. Herrmann und Seehofer waren am Dienstag beide im Stadion und erlebten die Bruchlandung des Gleitschirmfliegers. Seehofer sprach ebenfalls von einer «total idiotischen Aktion, die durch nichts entschuldigt werden kann». Man sei nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Greenpeace müsse der deutschen Öffentlichkeit versichern, «dass solche oder ähnliche Aktionen künftig nicht mehr stattfinden».

Ein planmässiger Schwerpunkt des Treffens lag aber auch auf dem Kampf gegen den zunehmenden Judenhass. Antisemitismus beginne mit Wegschauen und Schweigen, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl von der CDU. Um das Problem in den Griff zu bekommen, möchten die Innenminister zusätzliche Massnahmen ergreifen: Bundesweit wolle man künftig einheitliche Richtlinien schaffen, damit die lokalen Behörden antiisraelische Demonstrationen im Umfeld von Synagogen beschränken oder verbieten können. Aufmärsche, wie jener in Gelsenkirchen, könnten künftig wohl untersagt werden. Vor der dortigen Synagoge hatten junge Menschen im Mai judenfeindliche Parolen skandiert.

Als Zeichen der Wertschätzung des jüdischen Lebens in Deutschland wolle man zur nächsten Innenministerkonferenz Josef Schuster einladen, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland. Zudem solle das Strafmass für antisemitische Delikte deutlich erhöht werden. Bei deren Erfassung wollen die Innenminister eine seit Jahren bekannte Absurdität der Polizeilichen Kriminalstatistik beseitigen. Nach wie vor werden in manchen Bundesländern antisemitische Delikte automatisch dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet, sofern die Täter unbekannt sind. Der rechte Antisemitismus ist damit auf dem Papier wohl grösser als in der Realität, denn Juden berichten, Übergriffe gegen sie gingen oft von Muslimen aus. 

Baden-Württemberg als Vorreiter

Strobl sagte, die Erfassung antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg sei bereits präzisiert worden. Man sei in diesem Punkt Vorreiter gewesen. Die Innenminister müssen sich die Frage gefallen lassen, warum die Straftaten in Deutschland – laut Kriminalstatistik – insgesamt rückläufig seien, antisemitische Delikte aber zunähmen. Seehofer sieht darin auch eine Folge der Pandemie. Im Kreis der verschwörungsideologischen Kritiker der Corona-Massnahmen kam es tatsächlich immer wieder zu antisemitischen Aussagen und Beleidigungen.

Am Thema Corona kamen die Innenminister natürlich nicht vorbei. Hier sei ein Durchbruch gelungen, sagte Strobl. Man habe vereinbart, ein gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern einzurichten, um besser auf unvorhersehbare Bedrohungen reagieren zu können. Das Konzept dafür soll bis zum Herbst stehen. Strobl will dabei keine Kompetenzverlagerungen an den Bund. Er lehne eine Debatte über die Zukunft des Föderalismus ab, da Deutschland gut durch die Pandemie gekommen sei. Das überzogene Selbstlob gehört genauso zur deutschen Innenpolitik wie routinemässige Schwüre, sich dem Antisemitismus entgegenzustellen. Umso drängender ist die Frage, ob sich für die Juden in Deutschland mit den jüngsten Beschlüssen tatsächlich etwas ändern wird.




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