Dienstag, 8. Juni 2021

Panik bei der SPD... Jetzt schiesst sie wild um sich...

von Thomas Heck...

Nach dem desaströsen Abschneiden der SPD letztes Wochenende bei der Landtagswahl in Sachen-Anhalt wird natürlich nach Schuldigen gesucht. Und es sind immer die anderen, die schuld sind, während des Führungspersonal alles richtig gemacht hat. Am Ende schiesst die SPD wild um sich. Erst die Grünen, dann Jens Spahn, am Ende die Ökonomen... 




Ausgerechnet am Montag verschickte die SPD einen Leitfaden mit acht Punkten für Fairness im Wahlkampf. „Wir gehen in das Wahljahr 2021 mit dem klaren Bekenntnis zu einem fairen und regelgeleiteten Wahlkampf“, heißt es in darin. Die Zeilen klingen gemessen an den vergangenen Tagen hohl, wie eine Persiflage auf sich selbst. Denn mit Fairness hat der Wahlkampf, den die SPD gerade führt, wenig zu tun.

Am Wochenende wurde Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Maskenaffäre mit Dreck beworfen, nach dem Motto: Irgendwas bleibt schon hängen. Spahn wollte angeblich Behinderte und Hartz-IV-Empfänger mit minderwertigen Masken ausstatten, die er übrig hatte.

Schnell war die SPD dabei, Spahn scharf zu attackieren. „Menschenverachtung“ hielt die SPD-Spitze dem CDU-Minister vor und legte der Union nahe, ihren Minister doch zum Rücktritt zu bewegen. Die SPD wüsste jedenfalls, was zu tun wäre, wenn einer ihrer Minister so eine Nummer wagen würde.

Tatsächlich wäre der Vorgang ein Skandal – wenn er denn stimmen würde. Die SPD selbst beschloss das Infektionsschutzgesetz mit, in dessen Anhang genau jene Masken als zertifiziert aufgeführt werden, die Spahn verteilen wollte. Ob die Masken wirklich untauglich sind, ist zumindest unklar. Auch das SPD-geführte Arbeitsministerium will sich da nicht so ganz festlegen.

Wenn das aber nicht klar ist, sollte man sich erst mal mit solch scharfer Kritik oder gar indirekten Rücktrittsforderungen zurückhalten. Oder den Koalitionspartner nur dann angreifen, wenn es – wie beim Schnecken-Start der Impfkampagne – einen echten Anlass gibt.

Ökonomen können laut Scholz nicht rechnen

Am Dienstag bekamen nun Deutschlands versammelte Top-Ökonomen den heiligen Zorn von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zu spüren. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hatte es gewagt, auf mögliche mittelfristige Löcher in der Rentenkasse hinzuweisen und eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre zu fordern.

„Die Vorschläge dieses sogenannten Expertengremiums sind falsch gerechnet und unsozial. Das sind alles Horrorszenarien, mit denen Rentenkürzungen begründet werden sollen, für die es keinen Anlass gibt“, sagte Scholz. „Ich freue mich auf eine Debatte mit echten Experten.“

Scholz kann natürlich die Auffassung vertreten, er gehe von anderen Szenarien bei der Rentenentwicklung aus und teile die Ergebnisse des Gutachtens nicht. Und er kann selbstverständlich gegen ein höheres Renteneintrittsalter sein.

Es macht aber einen Unterschied, ob er Ökonomen wie Ifo-Chef Clemens Fuest oder IfW-Chef Gabriel Felbermayr mal eben unterstellt, falsch zu rechnen, um damit hinterrücks Rentenkürzungen durchzusetzen.Und ganz nebenbei: Im Beirat des Wirtschaftsministeriums, der das Gutachten erstellt hat, sitzen auch DIW-Chef Marcel Fratzscher und der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum. Wenn das laut Scholz keine echten Experten sind, warum wollte er dann ausgerechnet die beiden auf SPD-Ticket in den Sachverständigenrat berufen? Auch wenn Ökonomen-Bashing in der SPD Tradition hat, sollte sie gerade in diesen Zeiten darauf verzichten.

Kritik an den Grünen als Kritik an eigener Umweltpolitik

Das dritte Beispiel, wo die SPD und Scholz zumindest Verwirrung stifteten, war die Kritik in der Vorwoche an den Grünen und ihren Forderungen nach einem höheren Spritpreis infolge eines höheren CO2-Preises.

Scholz warnte in einer Zeitung mit großen Buchstaben auf Seite 1, die Spritpreise dürften nicht weiter steigen. Nach dem „Klimapakt“-Entwurf seines Finanzministeriums jedoch sollte der CO2-Preis weiter steigen, und daraus ergibt sich zwangsläufig auch ein höherer Benzinpreis. Und Scholz selbst hatte sich nach dem jüngsten spektakulären Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz noch an die Spitze der Umweltbewegung gestellt.

Das Land lechzt nach einem Wettstreit um Inhalte

Wahlkampf ist die Hochzeit der Demokratie. Seit 2009 ist jeder Bundestagswahlkampf jener unseligen „asynchronen Mobilisierung“ Angela Merkels zum Opfer gefallen, bei der sie ihre politischen Gegner so fest umarmte, dass sie diese dabei erdrückte und diese vor Atemnot kaum eine Attacke reiten konnten.

Das Land braucht um unserer aller Zukunft willen deshalb wieder einen echten Wahlkampf, es lechzt förmlich nach einem Wettstreit um Inhalte. Und es gibt so viele Themen: die mangelnde soziale Durchlässigkeit, Bildung, Digitalisierung, den Klimawandel und die einhergehende Verteilungsdebatte.

Dass die SPD und auch ihr vom Naturell eigentlich zurückhaltender Kanzlerkandidat die Auseinandersetzung suchen wollen, ist deshalb nur zu begrüßen. Aber offensichtlich muss die SPD erst wieder lernen, wie das auf faire Weise geht. Und wie sie auch ohne Pöbeleien und fragwürdige Kampagnen ihre Botschaften im Wahlvolk unterbringt.





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