von Thomas Heck...
Es war schon ein dickes Ding, was Norbert Röttgen vor Ostern bei „Hart aber Fair“ ankündigte: Wenn die Ministerpräsidenten nicht hinter der Kanzlerin im Gleichschritt im Stechschritt marschieren, werde der Bund nicht nur die Führung sondern auch die Regie bei der Pandemiebekämpfung gänzlich übernehmen. Röttgen erklärte, das Format der Ministerpräsidentenkonferenz funktioniere nicht mehr, weil sie nicht zu angemessenen Entscheidungen komme, nicht erwähnend, dass diese Format gar nicht in der Verfassung Erwähnung findet, mithin rechtlich zumindest fragwürdig ist.
Und ohne dabei rot zu werden, instrumentalisiert Röttgen dabei den Frust vieler Menschen über die Exekutivorgien der letzten Monate für die eigene Agenda. Das ganze soll so wirken, als würde der Bundestag die Hoheit über das politische Geschehen zurückerobern. In Wirklichkeit würde die den Ministerpräsidenten per Gesetz entzogene Macht umgehend ins Kanzleramt delegiert werden. Lockdowns sollen bundeseinheitlich angeordnet und vom Kanzler oder vom Gesundheitsminister verhängt werden. Staatsstreich von oben.
Merkel hatte ja bei „Anne Will“ ähnliche Töne angeschlagen und den Ministerpräsidenten, selbst ihrem nominellen Parteichef Armin Laschet, ganz unverhohlen mit Machtentzug gedroht. Insofern hat Röttgen zumindest mit Wissen, eher aber mit Wollen der Kanzlerin bei "Hart aber Fair" härtere Töne angestimmt. Hier geschieht nichts mit Zufall. Man muss nur genau hinhören, was verlautbart wird.
Während die Deutschen die Nase voll von Lockdown und Totalversagen des Staates haben, hat Merkel vor allem die Nase vom Dissens voll. Deswegen soll der Föderalismus mir nichts, dir nichts, ausgehebelt werden – wo jetzt noch die viel gescholtene Ministerpräsidentenkonferenz steht, könnte bald die Corona-Autokratie der Kanzlerin stehen. Zumindest, wenn es nach ihr und ihren Getreuen geht. Dass dieses Regierungsformat rechtlich ohne Basis ist, wird nun zu seinem Fluch. Die Ministerpräsidenten sollen endgültig zu Befehlsempfängern der Zentralgewalt in Berlin degradiert werden – für jeden Demokraten ein Albtraum! Hitler hatte noch ein Ermächtigungsgesetz für die Machtergreifung. Damit gibt sich Merkel erst gar nicht ab. Merkels DDR-Sozialisierung schlägt jetzt entgültig durch.
Wir stehen vor einer neuen Phase in der Pandemie, die sich, so scheint es, vor allem durch eine vollkommen entgrenzte Kanzlerin auszeichnen wird. In den letzten Monaten der Legislaturperiode gibt es wohl noch mehr Merkel – ohne auch nur einen Hauch von politischem Gegengewicht. Denn abgesehen von der Justiz, die hier und da Corona-Verordnungen vorübergehend kassiert, wäre keiner mehr im Stande, der Kanzlerin Paroli zu bieten. Die Ministerpräsidenten entmachtet, der Bundestag kastriert sich selbst. Und so mancher fragt sich zu recht, und danach? Denn der planmäßige Abgang der Kanzlerin würde damit immer unwahrscheinlicher, egal was aus der Bundesregierung verlautbart wird, egal was Merkel sagt. Sollte das der Ausblick für den Rest des Jahres, mindestens bis September sein?
Falls ja, ist es der Ausblick düster. Denn wo der Bund zuständig war, hat er versagt, ob im Maskendesaster oder bei der Impfstoffbeschaffung, wo er andere sehenden Auges hat versagen lassen, wie bei der Impfstoffbestellung über Brüssel. Was qualifiziert die Kanzlerin und ihr Kabinett eigentlich dazu, jetzt mit noch weniger Kontrolle und Gegenbalance Politik zu machen und uns so entgültig den Rest zu geben?
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