Samstag, 20. Juni 2020

"Ich kann Sie nicht verstehen, mein Messer in der Hand ist so laut..."

von Thomas Heck...

Stellen Sie sich vor, sie befinden sich in einem Land, dessen Sprache Sie nicht verstehen. Stellen Sie sich weiter vor, Sie kämmen auf die absurde Idee, mit einem Messer auf der Strasse herumzuwedeln. Stellen Sie sich weiter vor, Sie sehen Polizeibeamte, die in einer Sprache auf Sie einbrüllen, die Sie nicht verstehen und Pistolen auf Sie richten. Müssen Sie jetzt wirklich die Sprache das Landes verstehen, um zu erkennen, dass hier was falsch läuft? Und selbst wenn. Müssen sich die Polizisten des Landes wirklich von Ihnen abstechen lassen, selbst wenn Sie nicht alle Latten am Zaun haben?



Genau das will uns die TAZ erzählen, nachdem in Bremen einer messerschwingender Irrer von der Polizei in Notwehr ins Bein geschossen wurde und später im Krankenhaus verstarb. In der Logik des linksradikalen Blattes hätten sich die Polzisten abstechen lassen müssen, um das Leben des Mannes zu schützen. Sie fragt sich ernsthaft, warum ein deutscher Polizist den Neubürger nicht in seiner Muttersprache korrekt ansprechen und ihn fragen konnte, ob er nicht so nett wäre, sein Messer fallenzulassen. So schreibt die TAZ:

Wenn ein Mensch infolge eines Polizeieinsatzes stirbt, ist ein entsetzlicher Fehler passiert. Immer. Wer schuld ist, dass am Donnerstag ein Mann im Gröpelinger Breitenbach-Hof erschossenwurde, spielt dabei eine geringe Rolle. Politisch relevant ist hingegen die Frage: Was im System hat dazu geführt, dass hier geschossen wurde? Ließe sich das künftig vermeiden?

Darauf geben Smartphone-Videos vom Vorfall mehr Hinweise als auf die Frage, wohin der Todesschütze traf: Ob jemand verblutet, weil eine Polizeikugel seine Oberschenkel-Arterie durchtrennt – so starb ebenfalls am Donnerstag ein 23-Jähriger im Kreis Emsland – oder ob ein Vitalorgan beschädigt wurde, ist unwichtig. Gut lässt sich jedoch nachvollziehen, wie die Kommunikation scheitert zwischen den Polizist*innen und dem Mann, der später sterben wird.

Und das macht klar, dass es kein Zufall ist, sondern Folge systeminhärenter Xenophobie, dass mal ein Marokkaner, mal ein Guineer Opfer werden. Denn die sehr erregte Ansprache der Profis verfängt sich sofort in rasendem Leerlauf: „Sie legen das sofort aus der Hand!“ – „Was haben Sie da?“ – „Leg das Messer weg!“ – -„Legen Sie das Messer auf den Boden, dann machen wir die Waffen auch weg!!!“ – „Mit Messer.“ – „Das Messer!“ – „Das Messer!!“ – „Legen Sie das Messer weg!!!“ – „Messer weg!“ – „Mach Pfeffer klar!“ – „Das Messer weg!!!“ – „Das Messer!“

Es fehlt jeder Versuch, zu klären, ob der Umzingelte auch versteht, wozu er da aufgefordert wird. Es fehlt ein Versuch, in eine andere Sprache zu wechseln, Arabisch wäre gut, aber oft reichen schon Englisch, Französisch oder Spanisch, um einen gemeinsamen Kanal zu finden. Sich auf das Gegenüber, das gerade eine psychische Krise erlebt, einstellen zu können, das ist in einem Einwanderungsland oft eine Frage um Leben und Tod; in diesem Fall war es eine. Benötigt wird dafür eine Polizei, die nicht im monolingualen Habitus gefangen bleibt. Denn der ist tödlich.


Was heisst hier soll???




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