Sonntag, 7. Juli 2019

Der Schwachsinn mit den E-Tretrollern...

von Thomas Heck...

Berlin steht jetzt auf E-Tretroller, der "umweltfreundlichen Alternative". Mag ja sein, dass E-Tretroller eine hippe und coole Sache sind, doch umweltfreundlich sind die ganz sicher nicht. Denn wo der Umweltnutzen begründet ist, wenn Nacht für Nacht um die 20 Transporter die Stadt abgrasen, um die 600 E-Tretroller einzusammeln und zum Laden an die Steckdose zu stöpseln, das muss man mir nochmal genauer erklären. Und künftig sollen 2.000 E-Tretroller in der Stadt verteilt sein. Dann werden dann Nacht für Nacht, 365 Tage im Jahr, 60-70 Transporter unterwegs sein, um den schönen Schein der Umweltfreundlichkeit zu wahren, egal wie die CO2-Bilanz tatsächlich ausfällt.


Mittlerweile stehen sie schon fast an jeder Ecke in Berlin: E-Tretroller sind der neueste Mobilitätstrend. Doch für die Anbieter bleibt es nicht beim Aufstellen: Nachts müssen die Roller aufgesammelt und geladen werden. Birgit Raddatz war bei einer solchen Tour dabei.

Es ist ein bisschen so, als suchten Florian Wagner und Constantin Winckler entlaufene Tiere, im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist kurz nach 22 Uhr und die beiden sind in Berlin unterwegs, um die E-Tretroller ihres Unternehmens Tier Mobility einzusammeln. Dem Städter den Großstadtdschungel zurückgeben, inklusive der Tiere, so die Philosophie des Berliner Start-ups. Diese Tiere müssen nachts sozusagen in ihr Gehege zurück. Das ist ein Großlager in Spandau. Dort werden die Roller aufgeladen und auf mögliche Schäden untersucht.

Ein Roller wiegt 20 Kilogramm

Der erste Roller hat sich gut getarnt: Hinter einem schwarzen SUV ist er zunächst von der anderen Seite der Straße nicht zu erkennen. Constantin Winckler weiß sich aber zu helfen. Alles rund um die E-Roller funktioniert nämlich per App. Die zeigt an, wo sich der nächste Roller befindet.

Die Fahrer entsperren das Gefährt und schieben oder fahren es dann zu ihrem Van. Der muss in dieser Zeit in zweiter Reihe halten und kommt zurzeit noch von einem großen Autoverleiher. Rund 35 E-Scooter passen in den Transporter – 20 Kilogramm wiegt jeder einzelne Roller.

20 Fahrer für 600 Roller

In dieser Nacht sind rund 20 Fahrer unterwegs, um die knapp 600 E-Scooter des Verleihers einzusammeln, die im Moment in Berlin verteilt sind. Andere Anbieter wie Lime setzen eher auf folgendes Prinzip: Menschen, die sich etwas dazuverdienen wollen, holen die Roller mit ihren Privatwagen ab und laden sie dann in ihrer Garage oder sogar im Wohnzimmer ab. Die Fahrer von Tier Mobility machen das hauptberuflich.

Heute stehen alle Roller ordnungsgemäß. Wenn ein Roller umgefallen ist, sei es meistens mutwillig gewesen, sagt Florian Wagner. "Einer ist auch schon in der Spree gelandet", erzählt er. "Wir holen die Dinger auch aus Hinterhöfen raus." Wer einen falsch geparkten Roller findet, kann eine Nummer anrufen, dann wird das Gefährt umgeparkt.

Einsammeln, aufladen, verteilen

Gegen halb eins geht es für die Fahrer gewöhnlich Richtung Spandau. Dort stehen in einer Lagerhalle bereits rund 200 mintgrüne Roller brav an den Ladesäulen aufgereiht. Die sind neu und haben am nächsten Tag ihre Jungfernfahrt. Insgesamt will das Start-up irgendwann bis zu 2.000 Roller in Berlin verteilen.

In der hinteren Ecke stehen die Roller, die kaputt sind und repariert werden müssen. Auch Florian Wagner und Constantin Winckler haben so einen eingesammelt. Die Fahrer müssen jeden Roller einzeln testen – natürlich wieder per App.

Nach drei Stunden ist der Akku wieder voll und die Fahrer machen sich auf, um die Roller wieder an den Knotenpunkten in der Stadt zu verteilen. Das machen sie jede Nacht, geplant sind 365 Tage im Jahr. Viel Aufwand sei das, sagen auch die Mitarbeiter. Aber das bringt ein Großstadtdschungel wohl so mit sich.




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