Dienstag, 17. Juli 2018

Trump und Putin... eine neue Achse der Weltordnung?

von Thomas Heck...

Nach dem Treffen von Trump und Putin im finnischen Helsinki dämmert plötzlich den Europäern, dass da etwas im Anrollen ist, was ihre Fähigkeiten des Handlings bei weitem übersteigen wird. Denn mit Erschrecken erkennen die Europäer, dass Trump und Putin sich verstehen. Während gestern Trump fast schon Ambitionen zum Atomkrieg angedichtet wurden, seine Unberechenbarkeit bemängelt wurde, nun die Sorge, dass Trump vor Putin eingeknickt sei. Was denn nun?

Vielleicht ist eher die Sorge Europas, dass Trump realisieren könnte, die Europäer, die in Sachen Verteidigungsausgaben bis heute nicht ihre Hausaufgaben gemacht haben und sich von den USA beschützen lassen, gar nicht gebrauchen zu können. Vielleicht war die erste Aussage von Trump, dass  die NATO obsolet sei, doch gar nicht so absolet, wurde doch die NATO im Kalten Krieg als strategisches Gegengewicht zu einer aggressive auftretenden Sowjetunion ins Leben gerufen.

Doch Russland ist, jedenfalls für die USA, kein gefährlicher Gegner mehr. Militärisch als Atommacht unangreifbar, genau wie die USA, würde niemand einen direkten Angriff wagen können. Daher ist eine direkte Konfrontation zwischen den USA und Russland nahezu ausgeschlossen. Was hält also Trump davon ab, sich von Europa und der NATO abzuwenden, zumal die EU eher strategischer Gegner, denn Verbündeter ist? Das wird so von Trump ganz offen kommuniziert. Da genügt ein Blick auf die Außenhandelsbilanzen und nun folgenden Wirtschaftskrieg durch Strafzölle. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die EU schon immer Zölle z.B. auf importierte US-Autos erhob und Trump eigentlich erst jetzt mit der Erhebung von Strafzöllen darauf reagiert, ein Umstand, der in unseren "Qualitätsmedien" wenig bis gar keine Beachtung fand.

Die Sorge vor einer neuen Achse USA-Russland ist daher nicht gänzlich von der Hand zu weisen, ist aber auch ein weitestgehend hausgemachtes europäisches Problem, die es sich mit Trump verscherzt haben, die Sticheleien und permanente Hinweise auf Deutschland, den ehemals engsten Verbündeten der USA sind da ein weiterer Hinweis. Insofern könnten sich die, sagen wir mal etwas vorsichtig, taktisch unklugen und größtenteils beleidigenden und persönlichen Angriffe gegen Trump bereits während des Wahlkampfs in den USA und kurz nach der Inauguration Trumps durch breite Teile deutscher Politik und ihrer hörigen Medien als fataler erweisen, als uns allen lieb sein könnte. So geht man nicht mit einem Partner um, mit dem man eigentlich über Werte verbunden sein will.

Doch die Welt ist so kompliziert geworden, alte Bündnisse, alte Verbindungen, alte Freundschaften sind nicht mehr als selbstverständlich anzusehen und stehen zunehmend zur Disposition. Umso fataler, dass wir Europäer uns immer noch den Luxus erlauben, unsere drängenden Probleme weiter zu verdrängen. Die Flüchtlingsproblematik ist weiter ungelöst, eine Einigung unter den europäischen Partner in weiter Ferne. Die gemeinsamen Anstrengungen, sich in Verteidigungsfragen nachhaltig von den USA unabhängig zu machen, sind halbherzig und finden faktisch ohne die Beteiligung des wirtschaftlichen stärksten EU-Landes, Deutschland, statt, die weiterhin viel Geld für die Bundeswehr verbrennen, anstatt dieses sinnvoll zu investieren. Und um eine europäische Verteidigung ohne die USA aufbauen zu wollen,  wären 2% des BIP nicht ausreichend, da sind sich alle Experten einig. Wir reden da ehr von 5 oder 6%, die politisch in Deutschland nicht durchsetzbar wären. Bis dahin empfehle ich, sich gegenüber den USA wohlwollend zu verhalten, um auch die nächsten bis 6 Jahre Trump überstehen zu können. Manchmal muss man sich auch in der Politik prostituieren.


Reaktionen auf Helsinki: „Es ist ein trauriger Tag für die Welt“


Donald Trumps gemeinsamer Auftritt mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat in den Vereinigten Staaten Kritik in allen politischen Lagern ausgelöst. Trump hatte sich geweigert, Putin für die Versuche von Russen, die Wahl 2016 zu beeinflussen, in die Verantwortung zu nehmen. Vor Journalisten sagte er außerdem, beide Länder seien für den Zustand der Beziehungen verantwortlich: „Ich denke, wir waren alle dumm, wir haben alle Schuld.“ Trump behauptete abermals, die Ermittlungen zur Einmischung der Russen seien ein „Desaster“.

Am vergangenen Freitag waren zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter wegen des Hackings der Computer der Demokratischen Partei vor der Wahl angeklagt worden. Und am Samstag folgte die Anklage der Russin Mariia Butina, die über die Waffenlobby-Organisation NRA und religiöse Vereinigungen versucht haben soll, die Republikaner zu beeinflussen und vor der Wahl 2016 ein Treffen zwischen Trump und Putin zu arrangieren. Damit sind als Ergebnis der Untersuchung von Sonderermittler Robert Mueller nun allein 26 Russen offizielle Beschuldigte.

Dass die Russen versuchten, das Ergebnis der Wahl 2016 zu beeinflussen, sehen die amerikanischen Geheimdienste als erwiesen an. Trump spielte diesen Vorwurf seit seinem Amtsantritt allerdings immer wieder herunter oder stritt die Erkenntnisse seiner Sicherheitsbehörden ab. Auch in Helsinki sagte er: „Ich habe Präsident Putin hier. Er hat gerade gesagt: Es ist nicht Russland.“

Am Wochenende hatte Trump in Schottland beim Golfspielen darüber sinniert, wie viel mehr er in Zwiegesprächen erreichen könne als bei großen Treffen wie dem Nato-Gipfel. Die „Washington Post“ berichtete, dass die Mitarbeiter Trumps ihn vor der Abreise nach Helsinki auf eine andere, härtere Linie gegenüber dem russischen Amtskollegen vorbereitet hätten – mit mehreren hundert Seiten Material, die der Präsident allerdings wohl nicht sehr ernst genommen habe. Seinen Auftritt habe er, wie so oft, gegen den Rat seiner Leute gestaltet. „Er hat das Treffen mit Kim Jong-un genossen“, sagte ein anonymer Mitarbeiter der Zeitung. „Er glaubt, er kann sich mit diesen Männern hinsetzen, ihnen schmeicheln und einen Deal machen.“

Nach massiver Kritik Trump bemüht sich um Schadensbegrenzung

Geheimdienstdirektor widerspricht Trump

Während Trump nach Hause flog, diskutierten in Washington Politiker und Journalisten darüber, wie groß der angerichtete Schaden sei. Der Nationale Geheimdienstdirektor Dan Coats veröffentlichte eine Erklärung, die bemerkenswert deutlich von der Linie Trumps abwich. „Wir waren deutlich in unserer Einschätzung zu den russischen Versuchen, auf die Wahl 2016 Einfluss zu nehmen und zu ihren anhaltenden, deutlichen Anstrengungen, unsere Demokratie zu untergraben. Und im Interesse der nationalen Sicherheit werden wir auch weiterhin unparteiische und objektive Informationen gewinnen und zur Verfügung stellen.“ Der ehemalige CIA-Chef John Brennan twitterte: „Donald Trumps Pressekonferenz in Helsinki erreicht und überschreitet die Grenze des Verrats und der ‚ernsten Verbrechen und Vergehen‘. Das war nichts anderes als Verrat dem eigenen Land gegenüber. Nicht nur waren Trumps Äußerungen idiotisch, Putin hat ihn auch vollkommen in der Tasche. Republikanische Patrioten: Wo seid ihr???“

Viele Politiker reagierten ähnlich entsetzt. Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat, sagte: „Die Russen sind nicht unsere Freunde. Ich habe das immer wieder gesagt und sage es heute wieder. Und ich habe vollkommenes Vertrauen in unsere Nachrichtendienste und ihre Erkenntnisse.“ Der republikanische Senator John McCain aus Arizona ließ erklären, der Auftritt sei eine Schande: „Kein Präsident hat sich jemals erbärmlicher vor einem Tyrannen erniedrigt.“ Der Republikaner und Ex-Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte: „Es ist ein trauriger Tag für Amerika. Es ist ein trauriger Tag für die Welt.“

Trump habe sein Land im Stich gelassen, sagte Hagel bei CNN. Doch die Republikaner schreckten vor konkreten Forderungen zurück. Der Chef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, verlangte, dass es nach der Anklage der zwölf Russen nun schärfere Sanktionen gegen das Land geben müsse. Trump solle den russischen Präsidenten zur Auslieferung der Beschuldigten auffordern. Die Verantwortlichen für die nationale Sicherheit sollten vor dem Kongress aussagen und die Geheimdienste gegen den Präsidenten verteidigen, so der New Yorker Senator.

Auch in den amerikanischen Medien reagierten Kommentatoren entrüstet: „Er hat die Erklärung des Führers einer uns nicht freundlich gesinnten Regierung den Erkenntnissen seiner eigenen Geheimdienste vorgezogen“, hieß es in der „New York Times“. Der Auftritt markiere einen neuen Negativ-Meilenstein der Präsidentschaft, so die Zeitung – er sei „das außenpolitische Äquivalent zu Charlottesville“. Nach den rechtsradikalen Ausschreitungen in Charlottesville hatte der Präsident im vergangenen Sommer nach Ansicht vieler Beobachter die Neonazis mit den Gegendemonstranten auf eine Stufe gestellt.

Auch im Sender Fox News, den Trump am liebsten schaut und zu dessen Führungskräften er zum Teil enge Beziehungen unterhält, reagierten nicht alle begeistert auf die Pressekonferenz in Helsinki. Mehrere Talk-Gäste sagten, Putin habe Trump ausgespielt – Moderator Neil Cavuto nannte die Äußerungen des Präsidenten „Ekel erregend“. Auch von Rechtsaußen gab es Kritik. Der „Drudge Report“, eines der Medien, die in der „Alt-Right“-Szene gelesen werden, schrieb, Putin habe das Treffen „dominiert“.






Putin und Trump 
Vertrauen und Zusammenarbeit


Ist Trump erpressbar?

Dass Trump Putin nicht mit den Belegen für die russische Einmischung konfrontierte und sich damit gegen die eigenen Behörden und gegen die Erwartungen vieler Republikaner stellte, warf für manche Beobachter die Frage wieder auf, ob Russland etwas gegen den amerikanischen Präsidenten in der Hand haben könnte. Ari Fleischer, ehemals Pressesprecher von George W. Bush, twitterte: „Ich glaube weiterhin, dass es keine Zusammenarbeit zwischen der Trump-Kampagne und Russland gab. Aber wenn Trump es so leicht und naiv akzeptiert, dass Putin alle Einmischung zurückweist, kann ich verstehen, warum die Demokraten glauben, dass Putin etwas gegen Trump in der Hand hat.“ Auch Senats-Minderheitsführer Chuck Schumer sagte: „Die einzige mögliche Erklärung für dieses gefährliche Verhalten ist die Möglichkeit, dass Putin schädliche Informationen gegen Präsident Trump hat.“

Putin hatte das in Helsinki nicht verneint, sondern nur bemerkt, er kenne die Gerüchte – Trump habe Moskau seinerzeit aber als Geschäftsmann besucht. Statt die Frage zu beantworten, ob die Russen Material über Trump sammelten, bemerkte Putin, dass hunderte amerikanische Geschäftsleute das Land jedes Jahr besuchten. Er fragte: „Denken Sie, dass wir belastendes Material über jeden einzelnen von ihnen sammeln?“



Treffen von Putin und Trump 
Unruhe bei Pressekonferenz

Für viele Beobachter war Wladimir Putin der Gewinner des Tages. „Ich denke, er isst jetzt Kaviar“, sagte der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Senat, der Republikaner Bob Corker. Während Trump die vergangene Woche damit verbracht hatte, Verbündete wie Deutschland und Großbritannien zu beschimpfen, wollte er in Helsinki die Russen schließlich nicht öffentlich kritisieren – nicht für die Annexion der Krim und Russlands Rolle in Syrien und im Ukraine-Krieg, nicht für den Umgang mit Oppositionellen. Es war Putin, der auf die Frage, ob der amerikanische Präsident denn den Einmarsch auf der Krim 2014 kritisiert habe, sagte, natürlich habe Trump das getan. Und der Russe machte auch klar, dass er auf den Wahlsieg des republikanischen Kandidaten gehofft hatte: „Ja, das habe ich. Das habe ich, weil er davon sprach, die Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten wieder zu normalisieren.“

Trump meldete sich unterdessen via Twitter: „Ich habe es heute gesagt und viele Male zuvor: ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienst-Leute. Aber ich erkenne auch, dass wir uns, um eine bessere Zukunft aufzubauen, nicht nur auf die Vergangenheit konzentrieren können. Wir sind die beiden größten Atommächte der Welt, wir müssen miteinander auskommen!“

Erschienen in der FAZ...

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