von Hans S. Mundi
Die ganze Trostlosigkeit der Abendunterhaltung korrespondiert mit dem Zustand der Politik in diesem Land
Die Kausalkette sollte (!) für gestandene Journalisten eigentlich intellektuell zu schaffen sein: Für die Moderatorin einer Talkshow wären lediglich zwei pflegeleichte Gesprächsteilnehmer, die coram publico ihre intellektuellen Offenbarungseide ablegen, normalerweise ein willkommener Anlass, sämtliche Finger in frische Wunden legen. Sollte. Wären. Auch eine intakte Öffentlichkeit in einer freien Bürgergesellschaft müsste eigentlich laut und empört aufschreien, wenn die zwei erwähnten Gestalten, lakonisch und eher larmoyant, ganz dreist und ungeniert offen eingestehen, dass sie, als Vertreter der rot-grünen Regierungsparteien, die Bevölkerung und ihre Wähler drei Jahre lang wie kleine Kinder behandelt und qua Amt ein ganzes Volk als unmündige Trottel betrachtet haben. Müsste. Deutschland ist aber leider nicht mehr ganz real, was Wahrnehmungen und geistige Reflektionen betrifft – und so liegt das Problem offen da: Deutschland kennt keine kritische Kausalität mehr, Wahrnehmung ist selektiv und wird von üppig gewachsener Staatsmacht über dessen Kuschelmedien gelenkt.
Und mittlerweile fühlt sich das politische Personal dabei so dermaßen fest im Sattel, es weiß so selbstbewusst und sicher, dass ihm von Seiten der öffentlich-rechtlichen Wohlfühlmedien kein Ungemach, keine kritische Konfrontation droht, dass es jegliche Maskierungen ablegt und der Heiligenschein politisch allerhöchster Moral immer seltener getragen wird. Deshalb Im Plauderton resümierten am Sonntagabend in der ARD nun zwei Spitzenpolitiker im Plauderton ihr eigenes Versagen, ihre Handlungsunfähigkeit, aber natürlich bar jeder Selbstkritik. Im Gegenteil: Frech offenbarten sie dabei ihre fast schon feudalistische Gesinnung – wohl wissend, dass eh niemand sie zur Verantwortung ziehen wird und keiner diese Macht eines bestimmten Milieus zu beenden droht.
Lehrstunde in Dumpfpropaganda
Allen Ernstes lautete die Sendung im anschwellenden Wahlkampf dieser Tage deshalb auch: “Wie gewinnt die Politik das Vertrauen der Bevölkerung zurück?” Die Fragestellerin ist keine Geringere als die Bauchrednerin des rotgrünen Staatsmilieus in all ihrer Dreistigkeit, Caren Miosga. Die sinistre Fragestellung der Sendung in all ihrer dämlichen Pauschalität war denn auch Programm. Denn es handelt sich, bei voller Verachtung des Volkswillens, um eine Brandschutzfrage vor dem Hintergrund einer diskriminierenden politischen “Mauer”. Der Sonntagabend im Zwangsgebühren-Ersten geriet für die, die sich dies antaten, damit abermals zu einer Lehrstunde in Sachen medialer Irrlauf und parteiliche Dumpfpropaganda. Als die beiden erwähnten Milieu-Gäste Miosgas waren Peer Steinbrück (Rot) und Ricarda Lang (Grün) geladen, und beide füllten an diesem Abend das Fass mit der erwünschten und bestellten “Wahrheit” massiv auf.
Wie heruntergekommen diese deutsche “unsere Demokratie” inzwischen ist, offenbart ja gerade Miosgas Propagandatafel über dieser scheußlichen TV-Veranstaltung: “Was kann die Politik gegen das Misstrauen der Bevölkerung tun?” – und man fragt sich unweigerlicher: Wer, zur Hölle, ist hier wohl “die Politik”…?! Gemeint (und einzig geistig zugelassen) ist atürlich ist das ins Studio geladene rot-grüne Milieu, welches diesen Staat längst als sein Eigentum betrachtet (und die Bevölkerung als seine Zahlesel, Heloten und Zubringer gleich mit). Diesen Untertanen soll nun also lediglich das “Misstrauen” ausgetrieben werden, damit es endlich wieder aus dem Trog der Altparteien frisst. Es ist wie mit den selbstbetrügerischen Ampelmärchen, die eigene Politik sei eigentlich grandios, bloß sei es halt nicht gelungen, die Erfolge jedem zu vermitteln: Nicht die, die das Vertrauen verspielt haben, sind das Problem, sondern die Bürger, die das Vertrauen verloren und verlernt haben!
Sendung ohne Sinn und Verstand
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Der stellvertretende “Welt”-Chefredakteur Robin Alexander war auch noch da – wie üblich als gut funktionierendes Alibi, als inhaltliche Leerstelle und verbindlich-gemäßigter Allzweck-Grüßaugust in allen Talkshows, der dem jeweiligen Moderator quasi als systemkonformer, nie über die Stränge schlagender Sidekick dient. Dieser saß auch diesmal wieder dabei – neben Ricarda Lang, der Ex-Grünen-Vorsitzenden, die angehalten war, hier über ihre Zeit als Parteichefin zu schwadronieren, sowie Peer Steinbrück, dem ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten, der bei NGOs und staatsnahen Stiftungen bis heute seine weitgehend sinnfreien Redner- und Beraterhonorare mitnimmt. Dieser Steinbrück saß nun wegen irgendeiner Studie, die die Welt nicht braucht, in der Runde – weil diese in einem Jahr “Antworten” auf die Frage geben soll, warum Politik sich “mit Reformen schwertut und welche Reformen für dieses Land dringend nötig wären.” Dazu sonderte Steinbrück schonmal passend vorab jede Menge Stuss ab: “Politiker müssen genauer erklären, dass schwierige Zeiten auf uns zukommen.”
In der Miosga-Sendung ohne Sinn und Verstand wurde dann auch noch auf eine Umfrage der Körber-Stiftung verwiesen, die nun ermittelt haben will, dass das Ansehen der Parteien und der von ihnen gelenkten Institutionen deutlich abgenommen hat. Nein… ist nicht wahr! Im Ernst: Wer braucht für diese Binse noch eine Umfrage? Der Inhalt überrascht jedenfalls kaum bis gar nicht: Demzufolge schenken gerade mal 22 Prozent der Befragten dem Bundestag noch ihr Vertrauen, 18 Prozent der Bundesregierung, 9 Prozent den politischen Parteien.” Doch dann kam es ganz dicke – von der Lang (die trotz sichtbarer Diätfortschritte noch immer als nicht politisches, aber physisches Schwergewicht gelten darf): Die real existierenden Probleme, so ihre Erleuchtung zwischen zwei Mahlzeiten, würden oft “durch Diskussionen über das Vertrauen in die Demokratie” überdeckt. Auf diesem Niveau, in diesem Stil schnatterte es den ganzen Sendungsverlauf über durch Miosgas geistlose Runde. Motto: Wir stellen uns alle nun mal fünf Minuten an den Heuchelpranger – und danach fordern wir wieder die Erhöhung der Brandmauer um mindestens vier Meter, und wundern uns dann in einem Jahr, dass das Vertrauen noch weiter abgekackt ist!
Schuld ist nie das Offensichtliche
Genau genommen sei mit “Vertrauen” ja das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik gemeint – und das sei geschwunden, dozierte Peer Steinbrück mit vielfach erprobter, betulicher Ich-bin-wichtig-Miene mitten in den Brei hinein. Da miosgate es sogleich jaulend durch die Blährunde dieser ehrbaren Musterdemokraten: Hilfe, das kann zu einem Demokratieproblem werden! Gemeint war: Wer uns nicht wählt, ist ein Problem. Steinbrück: “Wenn eine neue Regierung nicht in der Lage ist, dieses Vertrauen wieder zu heben, indem sie auf das eingeht, was maßgeblich ist für die Bürgerinnen und Bürger, dann fürchte ich, dass die übernächsten Bundestagswahlen 2029 zu einer Nagelprobe auf unseren Parlamentarismus werden könnten.” Lang legte intern den Pakt der Ampelregierung offen: Themen mit unterschiedlichen Ansichten der Partner sollten zunächst auf die Halde. Das konnte nicht funktionieren – denn Habecks Klima-Planwirtschaft musste zwangsläufig crashen. Aber natürlich war nicht das Offensichtliche ursächlich; nein: Nicht nicht die toxische Ideologie der Grünen riss Land, Leute und Ampel in den Abgrund – sondern die bösen Russen waren’s!
Und dann dieses dumme Urteil des Bundesverfassungsgerichts! Das habe – Achtung – den Ampel-Pakt “in die Realität zurückgeworfen”. Leider waren keine echten Journalisten in der Runde, die solch eine willkommene Steilvorlage hätten aufgreifen können – so durfte sich Lang wie üblich wieder einmal um Kopf und Kragen plappern. Ihrer Verbaldiarrhö entfleuchten noch weitere Enthüllungen: Christian Lindner hätte eigentlich einen neuen Koalitionsvertrag verhandeln wollen; die Grünen wollten aber keine Realität. Lang bereut und gibt kleinlaut zu, dass sie da “auf der falschen Seite” stand. Jetzt ist Offenbarungszeit: Die Ampelregierung konnte auf Realitäten also nicht mehr angemessen reagieren. In Miosgas Talknebel zieht plötzlich klare Sicht ein.
Zugegeben: Das Volk als Laborratten für Ökosozialisten
Lang lehnt sich weit raus – und plumpst aus dem Fenster: Allzu ängstlich mochte man Probleme nicht benennen, man wollte doch beliebt sein und die Wähler nicht in falsche AfD-Arme treiben – was Steinbrück eifrig bestätigt. Und dann kommt wacht Robin Alexander kurz auf und wirft altklug ein: “Die Zeitenwende war im Prinzip richtig. Es war richtig, wegzukommen vom russischen Gas. Es war richtig, LNGs zu bauen. Die wirklichen Gegensätze, die sie zerrissen haben, kamen doch erst, als sie angefangen haben mit dem Heizungsgesetz und so weiter, also als sie wieder in ihren Ideologien waren.” Brav rapportiert, Junge… kannst weiterdösen! Und sowas nennt sich Journalist.
Steinbrücks Demut währte nur wenige Minuten, dann verfiel er wieder in seine Paraderolle der personifizierten Arroganz: In Wahrheit seien ja die Menschen selber schuld, weil sie sich schon seit Jahren in einer “Komfortzone” bewegten. Zumutungen fänden alle ganz toll, wenn die Steuern auch für Reiche höher würden, so der sinngemäße Schwachsinn des SPD-Manns. Sie müssten aber ehrlich angesprochen werden, bevor der Staat sie ausplündert und entmündigt, könnte man Lang hierzu interpretieren: “Wir müssen anfangen, die Menschen wieder wie Erwachsene zu behandeln.” Kein Scheiß, das hat sie wirklich unwidersprochen gesagt. Viel von Merkels “Freiheit” steckt in dieser weiteren Offenbarung. Mediale Schönfärber bemühen sich derweil bereits, diesen fetten Klops – gemeint ist Langs Riesenfettnäpfchen – wieder einzufangen und dieses neuerliche Eingeständnis des rotgrünen Milieus, Deutschlands Bevölkerung als Laborratten für neo- und ökosozialistische Menschenversuche zu betrachten, umzudeuten. “Neue Umgangsformen mit der Bevölkerung” – das schrieb dazu irgendwo ein medialer Armleuchter. Lang, beim Wort genommen, bedeutet tatsächlich aber etwas ganz anderes: Lasst sie halt Kekse fressen, wenn sie hungern…