von Thomas Heck...
Treffen sich ein Iraner, ein Türke und eine Russe... klingt wie ein Witz, doch wo liegt die Pointe? Diese liegt darin, dass diese drei Despoten über Frieden in Syrien reden. Und es klingt schon wie ein Treppenwitz, wenn der iranische Vertreter die Bekämpfung des Terrorismus fordert.
Denn diese drei Länder haben sich bei der sechsten Runde der Syrien-Gespräche in der kasachischen Hauptstadt Astana darauf geeinigt, eine sogenannte Deeskalationszone in der nordsyrischen Provinz Idlib einzurichten. Außerdem wollen Teheran, Ankara und Moskau Sicherheitskräfte dorthin entsenden. Ein Novum.
Tick, Trick und Track
Diese sollen Zusammenstöße zwischen der syrischen Regierungsarmee von Machthaber Baschar al-Assad und Oppositionsgruppen verhindern. Ein gemeinsames Zentrum der drei ausländischen Mächte soll die Lage überwachen und den Zugang kontrollieren. Wie groß die Truppenkontingente sein werden und wann der Beschluss umgesetzt wird, ist bislang unklar.
Idlib wird vor allem von islamistischen Rebellen kontrolliert. Die gleichnamige Provinzhauptstadt fiel Ende Juli in die Hand von Dschihadisten eines früheren syrischen Qaida-Ablegers.
Dort leben nach Angaben der Uno rund zwei Millionen Menschen, darunter ungefähr eine Million Vertriebene. Etwa 1,3 Millionen Zivilisten sind auf Hilfe angewiesen. Organisationen bringen die Güter aus der benachbarten Türkei ins Land.
Millionen auf der Flucht, Hunderttausende tot
Neben Idlib wird die bereits seit Längerem zwischen Iran, der Türkei und Russland erörterte und teilweise umgesetzte Deeskalationszonenstrategie nun die Provinzen Homs, Latakia, Aleppo, Hama sowie Ost-Ghuta umfassen. Dort sollen Binnenflüchtlinge Schutz finden.
Seit dem Beginn des Konflikts im Frühjahr 2011 sind nach Uno-Schätzungen mehr als 330.000 Menschen getötet worden. Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben.
Türkei, Iran und Russland verhandeln auf Augenhöhe
Iran, die Türkei und Russland einigten sich darauf, dass die nun getroffenen Absprachen ein halbes Jahr gelten sollen - und verlängert werden können. Eine beachtliche Aussage, die das Kräfteverhältnis im Syrienkonflikt widerspiegelt.
Die Unterhändler der drei Länder verhandelten in Astana auf Augenhöhe - das syrische Regime und die zersplitterten Rebellen hörten de facto nur zu, während über die Zukunft ihres Landes entschieden wurde.
Zwar sprach der Chef-Unterhändler der syrischen Regierung, Baschar al-Dschafari, von einem Erfolg, wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete. Die Einigung verpflichte alle Seiten, den Kampf gegen die IS-Terrormiliz und Al-Qaida fortzusetzen.
Und auch der Sprecher der Oppositionsdelegation in Astana, Jahja al-Aridi, sagte der Nachrichtenagentur dpa, jedes Abkommen sei akzeptabel, das die Gewalt und die Tötung unschuldiger Zivilisten stoppe. Doch mitzureden hatten beide Seiten wenig.
USA besorgt über Iran
Eine weitere Astana-Runde wurde für Ende Oktober angesetzt. Die Gespräche sollen die von der Uno geführten stockenden Friedensverhandlungen in Genf ergänzen, bei denen es weniger um militärische denn um politische Aspekte des Konfliktes geht.
Dort spielen die USA eine gewichtige Rolle - bei den Gesprächen in Astana waren sie nur durch David Satterfield vertreten. Der stellvertretende Staatssekretär für Nahost-Fragen hatte Beobachterstatus.
In einer offiziellen Presseerklärung hieß es bereits vor dem Treffen in Kasachstan, die USA seien besorgt über die "Einbeziehung Irans als sogenannter 'Garant' des Astana-Prozesses". Doch das änderte nichts am Ergebnis der Gespräche.
Russlands immer mächtiger in Syrien
Russland und Iran unterstützen die syrische Führung militärisch, die Türkei gilt als Schutzmacht der Opposition. Besonders Moskau ist jedoch in den vergangenen Monaten immer mächtiger in Syrien geworden.
Das zeigt ein Blick auf die Golanhöhen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, ein weiterer Player in dem dynamischen Viel-Parteien-Konflikt, so SPIEGEL ONLINE, forderte unlängst von Wladimir Putin, er solle dafür sorgen, dass sich Iran oder mit Teheran verbündete schiitische Milizen infolge einer etwaigen Waffenstillstandsvereinbarung nicht an der syrischen Grenze zu Israel aufhalten dürften. Der Kreml lehnte ab.