Donnerstag, 30. Juni 2022

Moralsuperheld Deutschland!

von Mirjam Lübke...

"Erst kommt das Fressen, dann die Moral", heißt es bei Brecht. In Deutschland ist es bisweilen umgekehrt - das mag zwar sehr moralisch sein, aber nicht immer klug und auch nicht ethisch. Ein paar schlaue Zeitgenossen schaffen es sogar, Moral und Fressen sehr gut miteinander zu verbinden: Die Moral wird dem Volk verkündet - man selbst profitiert recht auskömmlich davon. In barer Münze oder auch durch Machtzuwachs. Aktuellstes Beispiel ist natürlich der Krieg in der Ukraine: Während etwa die New York Times schon vor Wochen die Frage gestellt hat, ob sich die USA nach Corona auch noch ein teures militärisches Abenteuer leisten kann, schreit Deutschland: "Natürlich können wir! Wir müssen sogar, denn nur unser Land hat aus seiner Vergangenheit gelernt und ist verpflichtet, die Fackel der moralischen Überlegenheit in die Welt zu tragen! Da duschen wir doch lieber kalt und verzichten auf den Sonntagsbraten! Blüht in der kalten Wohnung auch der Schimmel, dafür komm' ich in den Himmel!"



Vor ein paar Jahren sorgte ein für viel Geld erstelltes "Framing-Handbuch" des ZDF für Furore, in welchem eine Kommunikationsexpertin dem Sender Ratschläge erteilte, wie man dem Zuschauer weiterhin Gebühren abringen kann. Nun hätten die öffentlich-rechtlichen Sender damit argumentieren können, dass Geld nun einmal nötig sei, um ein vernünftiges Programm zu erstellen - was auch immer darunter zu verstehen ist, denn auch hier regiert inzwischen die politisch korrekte Moral. Und deshalb sollte an den Gemeinsinn appelliert werden: Man zahlt nicht etwa, um selbst etwas geboten zu bekommen, das wäre schließlich furchtbar egoistisch. Vielmehr ermöglicht man es seinen Mitmenschen, das "großartige" Programm zu sehen. Ist das nicht nett? Jeder zahlt für den anderen, das ist so wahnsinnig sozial! 

Das Appellieren an den Gemeinsinn - oder das, was wir dafür halten sollen - führt eigentlich immer zum erwünschten Ergebnis, denn damit wird uns suggeriert, Schwächeren zu helfen und somit etwas Gutes zu tun. So funktionierte schon der Ablasshandel ganz prächtig - aber wie bei diesem auch ist es äußerst fraglich, wem hier wirklich geholfen wird. Die Corona-Maßnahmen sollten vorgeblich die Schwachen schützen - diese wurden aber einfach isoliert, wie die tausenden Senioren in den Pflegeheimen. Profitiert hat die Bundesregierung mit einigem Machtzuwachs. In der Flüchtlingskrise lief es ähnlich: Zwar ist das, was an Asylbewerber ausgezahlt wird, noch immer genug, um Deutschland zum Honigtopf unter den europäischen Ländern zu machen, aber vor allem profitierten sogenannte Sozialdienstleister von der Einwanderung. Bei den Heerscharen von Sozialarbeitern, die eingesetzt wurden, müssten wir die am besten integrierten Migranten der Welt in Deutschland haben - ein Blick in Berliner Freibäder oder in manches Stadtviertel im Ruhrgebiet zeigt, dass offenbar alle Bemühungen für die Katz waren. Und man kann noch nicht einmal - wie bei anderen Dienstleistern - sein Geld wegen nicht erbrachter Leistung zurückverlangen. 

Noch nicht einmal das Bewusstsein für die deutsche Vergangenheit, welche die Triebfeder hinter all dem sein soll, konnte den Migranten aus dem arabischen Kulturkreis vermittelt werden - denn der grassierende Antisemitismus verringert sich kein bisschen. Vielleicht auch deshalb, weil bei den großen Bewältigern "der Flüchtling" längst an die Stelle der damals verfolgten Juden getreten ist. Denn auch hier verfolgen die Moralprediger nur ihre eigenen Ziele - christliche Flüchtlinge aus der Region oder auch asiatische Migranten finden sie längst nicht so spannend. 

Die Begeisterung für die "Bewältigung" des Nationalsozialismus und die damit einhergehende Moral wird von vielen zurecht als lähmend empfunden, weil sie in alle wichtigen Lebensbereiche eingreift, wie unser Verhältnis zu Krieg und Migration. Der Vorwurf lautet, erst würde Deutschland allen anderen helfen, dann eventuell sich selbst. Und tatsächlich wird das Thema auch von außen gern angetriggert. Gern von Potentaten wie Erdogan, die es selbst mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen. Aber vieles ist auch hausgemacht: Vor allem Linke, Grüne und ihnen Artverwandte haben sich hier bequem eingerichtet. Auch ohne geheimnisvolle Organisationen im Hintergrund. Das beweist sich auch wieder im Ukraine-Krieg. Spätestens dabei ist die Frage, wie viel Moral wir uns leisten können.


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