Samstag, 25. Dezember 2021

"Es kann einen Energie-Engpass geben"

von Thomas Heck...

Während in Deutschland die Energiepreise immer weiter explodieren, dreht Russland langsam den Gashahn zu. Und genau in dieser Phase kommt Deutschland und seine bescheuerte Regierung auf die glorreiche Idee und stellt in einer Woche 4.200 Megawatt Grundlast aus Kernenergie ab. Die dann fehlende Energie muss alternativ gekauft werden. Das kostet bei den aktuellen Energiepreisen etwa € 100 Mio. Am Tag. Wir steuern sehendes Auges in die Energiekatastrophe. Experten rechnen mit Stromausfällen zum Jahresende. Angesichts der aktuellen eisigen Temperaturen und möglicher Folgeschäden durch einfrierende Wasserleitungen ein möglicher Super-Gau...

In Europa droht eine Unterversorgung mit Erdgas, die Preise ziehen dementsprechend an. Deutschlands Vorräte schrumpfen, während Russland wieder einmal die Gas-Lieferungen drosselt. Was steht deutschen Haushalten nun bevor?

Die Gaspreise in Europa steigen unaufhörlich an. An den Strombörsen purzeln die Rekorde: Die Megawattstunde kostet in Deutschland 335 Euro, in Frankreich gar 1000 Euro. Zum Vergleich: Früher galt ein Preis von 100 Euro bereits als ungewöhnlich hoch.

Auslöser für die explodierenden Gaspreise ist Russland, genauer gesagt der Monopolist "Gazprom". Erst am Dienstag war die Erdgas-Lieferung über die russisch-europäische Pipeline Jamal-Europa gestoppt worden. Wie bereits an neun Tagen Anfang November, wurde an der Verdichterstation Mallnow (Brandenburg) seit dem Morgen Gas in die entgegengesetzte Richtung nach Polen gepumpt. Die Liefermenge war bereits in den drei Tagen zuvor deutlich reduziert worden, wie aus im Internet veröffentlichten Daten des Gasnetzbetreibers Gascade hervorgeht.

"Wenn Russland in die Ukraine einfällt, kann es einen Energie-Engpass geben"

"Russland hat Europas Energiemärkte gerade in der Hand", sagt Hanns Koenig, Experte des Beratungshauses Aurora Energy Research, dem "Spiegel". Eine Energie-Knappheit droht Europa nur, wenn Gazprom nicht ähnlich viel Gas liefert wie in den vergangenen Jahren. Aber, so Koenig weiter, "wenn Russland in die Ukraine einfällt und die Gasleitungen dichtgemacht werden, kann es einen Engpass geben." Die Fronten dort sind verhärtet.

Der Kreml in Moskau bezeichnete den Schritt als wirtschaftliche Entscheidung und nicht als eine politische. Es gebe zudem keinen Zusammenhang mit der Befüllung des zweiten Strangs der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. "Gazprom" teilte demnach lediglich mit, dass Gas entsprechend der Nachfrage und der geschlossenen Verträge geliefert werde. Details wurden zunächst nicht genannt. 

Europas Gasspeicher deutlich leerer als vor einem Jahr

Dass das die ganze Wahrheit ist, darf durchaus bezweifelt werden. Schließlich könnte "Gazprom" derzeit hohe Gewinne einfahren, wenn es mehr Erdgas lieferte. Europas Gasspeicher sind laut dem Branchenverband "Gas Infrastructure Europe" derzeit zu 64 Prozent gefüllt, im vergangenen Winter waren es noch 84 Prozent. Der Verdacht liegt da nahe, dass Moskau das Gas durchaus als politisches Druckmittel zu nutzen versucht.

Drohen deutschen Haushalten also wirklich kalte Öfen? Die beruhigende Antwort lautet nein, doch weiter steigende Preise sind sehr wahrscheinlich. Sollte Europa weiterhin so heizen wie im vergangenen Winter, könnten die Reservoirs Ende März noch zu etwa fünf Prozent gefüllt sein, wie Tobias Federico, Chef des Berliner Analysehauses Energy Brainpool, dem "Spiegel" erklärte. "Wenn dann noch eine oder zwei weitere Kältewellen mehr als sonst dazukommen, könnte es eng werden mit dem Erdgas." Dann aber wären zunächst die Gaskraftwerke mit Energieknappheit betroffen.

Verflüssigtes Gas und französische Atomkraftwerke als Hoffnungsträger

Eine Lösung, um die Energieversorgung zu stabilisieren, ist der Import von verflüssigtem Gas (LNG) aus Amerika. Auch das ist nicht gerade günstig, doch plötzlich sind die Preise in Europa höher als in Asien. Die Folge: LNG-Tanker machen sich auf den Weg nach Europa.

Und auch Frankreich könnte ab Mitte Januar für Entspannung auf Europas Energiemarkt sorgen, wenn die "Grande Nation" es schafft, ihre maroden Atommeiler wieder in Betrieb zu setzen. Derzeit steht rund ein Viertel der 56 französischen AKW-Blöcke wegen Wartungs- oder Reparaturarbeiten still. Gehen diese wieder in Betrieb, könnte mehr Strom und Energie aus Frankreich in andere Nationen fließen.



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