Dienstag, 7. Dezember 2021

Berliner Senat will Bürger für dumm verkaufen...

von Thomas Heck...

Der Berliner Koalition aus SPD, Linkspartei und den Grünen ist etwas ganz Raffiniertes eingefallen. Der rot-grüne-stasirote Senat will künftig nicht mehr über den Anteil von Schülern informieren, die zuhause kein Deutsch sprechen. Offenbar sollen die Bürger für dumm verkauft werden. Seit Jahren wird der hohe Anteil an Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in manchen Schulen der Stadt beklagt. In sieben Schulen der Sekundarstufe – dem Berliner Ersatzmodell für Haupt-, Real- und Gesamtschulen – lag er zuletzt bei mehr als 90 Prozent, in dreizehn bei mehr als 80 Prozent, und an weiteren 30 Schulen sprach mehr als die Hälfte der Schüler zu Hause kein Deutsch.


Es ist nicht schwer zu sehen, was das für den Unterricht bedeutet, sagen wir vorsichtig: erhebliche Belastungen. Die Abschlüsse bestätigen diese Vermutung. Unter den 30 im Zentralabitur erfolgreichsten Sekundarschulen Berlins war zuletzt nur eine einzige – die Carl von Ossietzky-Schule in Kreuzberg – von denen vertreten, die mehr als 80 Prozent Schüler nichtdeutscher Muttersprache hatte. Unter den ersten 50 sind es vier. 

Entsprechend versuchen viele Eltern, auch solche migrantischer Herkunft, ihre Kinder auf anderen Schulen unterzubringen. Zu den Motiven von Familien, aus Bezirken wie Neukölln, Wedding, Kreuzberg und Gesundbrunnen wegzuziehen, gehört diese Situation. Dabei auch viel Linke und Grüne, die zwar im Alltag "Wir haben Platz" skandieren und Teddy's zur Begrüßung werfen, um noch mehr Flüchtlinge ins Land zu holen, ansonsten aber ihre Kinder lieber auf Waldorfschulen schicken, weil sie eben auch nicht wollen, dass die Schulkameraden ihrer Kinder Aishe, Sultan oder Mohammed heißen, für eine richtige Privatschule aber zu geizig sind.

Und jetzt der raffinierte Einfall: Es soll nach dem Willen der linken Koalition künftig einfach nicht mehr mitgeteilt werden, wie hoch der Anteil der Schüler einer Schule ist, die zu Hause kein Deutsch sprechen. Stattdessen, heißt es, wolle man einen Sozialindex für Schulen entwickeln, in den eine ganze Reihe von Faktoren eingehen soll. Erhalten die Eltern Sozialhilfe, sind sie arbeitslos, beziehen sie Wohngeld? Daraus soll die Belastung der Schule und ihr besonderer Förderbedarf errechnet werden. Ungleiche Voraussetzungen sollen mit ungleichen Ressourcenverteilungen beantwortet werden: mehr Lehrer und mehr finanzielle Mittel für Schulen in einem für Bildung ungünstigen Quartier.

Was will man als ungünstige Faktoren erfassen?

Das klingt gut, man kann es machen, man sollte sich aber nicht über die Schwierigkeiten täuschen, denen eine solche Mittelverteilung begegnet. Weder hängen die Ergebnisse einer Schule ausschließlich von der Art ihrer Schülerschaft und der Zahl ihrer Lehrer ab. Noch ist der Umfang bekannt, in dem unterstützt werden müsste, um Schulen in merkbare Verbesserungen ihrer Schülerschaft gewissermaßen hinein zu finanzieren. Und was alles will man als ungünstige Faktoren erfassen? Alleinerziehung, Freizeitverhalten, Einstellung der Eltern zu Bildung? Ein weites Feld der Datengewinnung, der Messungen und Gewichtungen spannt sich auf. Hinzu kommt die typische Unterstellung der Bildungspolitik, sie sei in der Lage, die Mängel anderer Politikfelder (etwa Wohnen, Einwanderung, Arbeitsmarkt) für den Nachwuchs zu kompensieren. Nach mehr als fünfzig Jahren Migration lassen sich die illusionären Anteile dieser Unterstellung erkennen.

Gegen die Erstellung von Sozialkennziffern wird seit Längerem eingewendet, dass sie für viele Schulen auf eine Stigmatisierung hinauslaufen. Die Stigmatisierung wiederum laufe auf eine Verschärfung des Problems hinaus, weil sich gerade Eltern von bildungsnäheren Schülern von Schulen mit ungünstigen Kennziffern zurückziehen. Das scheint für den jetzt beschlossenen Verzicht auf Transparenz der maßgebliche Grund zu sein.

Ob das Informationsfreiheitsgesetz es überhaupt erlaubt, Daten, die es gibt, der Öffentlichkeit zu entziehen, sei dahingestellt. Selbst wenn das möglich wäre, stellt sich die Frage, was dann geschehen würde. Worauf würden Eltern zurückgreifen, die vor einer Schulwahl stehen und nun sehen, dass ihnen die Bildungsbehörde eine für sie wesentliche Information vorenthält? Im besten Fall würden sie wohl versuchen, sich die Information auf eigene Faust zu beschaffen. Etwa durch Rückgriff auf die bislang mitgeteilten Migrantenquoten. Oder durch Unterrichtsbesuche während Tagen der offenen Tür. Im weniger guten Fall, indem sie sich an Gerüchte über die Schulen halten würden.

Die Vorstellung, es lasse sich der Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache an Schulen geheim halten, ist jedenfalls abenteuerlich und eine technokratische Phantasie. Sie ist überdies peinlich, sowohl gegenüber den betreffenden Schülern und ihren Eltern wie gegenüber den Schulen selbst. Denn sie enthält ja im Grunde das Eingeständnis, man könne den Zusammenhang von schulischer Leistung und sozialem Hintergrund gar nicht auflösen. Wenn das so ist, soll man es zugeben. Wenn es nicht so ist, gibt es keinen Grund, den Bürgern Daten vorzuenthalten. Es sei denn, man hielte sie für leicht beeinflussbare Dummköpfe.


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