Faust-Einschläge in einer Waschraum-Tür.
Heftige Anschuldigung: Unterlassene Hilfeleistung im Heim?
Die Beschreibungen all dieser Vorgänge, sollten sie tatsächlich so stattgefunden haben, stellen schwerwiegende Vorwürfe dar. Doch es gibt weitere, noch viel heftigere Anschuldigungen. So behauptete ein Asylbewerber in der Interview-Reihe, Sicherheitsleute hätten seine Frau brutal misshandelt, doch eine angemessene Reaktion der Heim-Verantwortlichen sei ausgeblieben:
„Die Auseinandersetzung (mit den Securities) ging so weit, dass meine Frau irgendwann auf dem Boden lag. Auch sie wurde mehrfach ins Gesicht geschlagen, an den Haaren gezogen und in den Bauch getreten. Meine Frau wurde krankenhausreif geprügelt. Alle haben gesagt, sie muss jetzt ins Krankenhaus. Das Problem war aber: Wenn die Flüchtlinge von dort aus (der Erstaufnahmeeinrichtung) den Krankenwagen gerufen haben, waren die nicht bereit zu kommen. Und vom Personal wollte keiner den Krankenwagen rufen.“
Damit erhebt der Asylbewerber den – strafbaren – Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung durch die Mitarbeiter der Unterkunft. Der Polizei wirft er in diesem Zusammenhang Rassismus vor:
„Die Polizei erschien dann vor Ort. Ich bin zu einem Beamten hingegangen und wollte mit ihm sprechen. Er sagte: ‚Sei still.‘ Ich habe daraufhin geantwortet: Warum soll ich still sein? Weil ich ein Flüchtling bin? ,Ja, weil Sie ein Flüchtling sind. Sei still!‘, hat er gesagt.“
Rassismus-Vorwürfe auch gegen Polizei und Mediziner
Der Rassismus-Vorwurf taucht auch in Schilderungen anderer Asylbewerber auf. Etwa hier:
„ Wenn ich als schwarze Person in das Zimmer der Securities gehe oder dorthin, wo der Hausmeister ist, ist die Art, wie ich behandelt werde, sehr anders als die, wie andere behandelt werden.“
Auch gegen den Mediziner einer Erstaufnahme-Einrichtung werden rassistische Vorwürfe erhoben:
„Der Arzt im Camp, alle Menschen wussten, dass er ein Rassist ist. Er hat auf keine Art und Weise irgendjemanden behandeln wollen und wenn, dann sehr oberflächlich und unheimlich unfreundlich. Es gab viele Fälle, wo Kinder schwer erkrankt waren mit unterschiedlichen Entzündungsarten. Leber, Nieren, bis zu ganz schlimmen Entzündungen, die dann nicht ins Krankenhaus gehen durften. Das hat zu vielen großen Problemen geführt. Dass er Rassist war, das war nicht (nur) unsere Wahrnehmung, sondern auch das Personal hat gesagt, er sei ein Rassist.“
Forscher: "Bewusste Isolation, soziale Mangelversorgung"
Ob die schweren Anschuldigungen der Asylbewerber gegen den Arzt, gegen Polizisten und gegen Heim-Verantwortlichen auch nur ansatzweise begründet sind, lässt die Erhebung des Politikwissenschaftlers Nikolai Huke unbeantwortet. Im Vorwort seiner Analyse heißt es, die Gespräche seien „unter dem Eindruck von Traumatisierung, Anspannung und Dauerbelastung“ geführt worden. „Hier oder da mag ein Vorwurf überzogen erscheinen oder eine Erfahrung zu negativ gedeutet.“
Junger Asylbewerber auf dem Gang einer Erstaufnahmeeinrichtung.
Allerdings: „In ihrer Gesamtheit und Einhelligkeit weisen die Äußerungen ... klar auf strukturelle Probleme hin: bewusste Isolation, finanzielle, soziale und medizinische Mangelversorgung, Rassismus.“
Asylsuchende: "Sie wollen, dass du Deutschland verlässt"
Die Probleme würden oft schon kurz nach der Ankunft in Deutschland beginnen, so der Politikwissenschaftler, nämlich bei der Anhörung durch Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Eine Asylbewerberin habe berichtet:
„Da wurde mit mir so gesprochen, als ob ich, ehrlich gesagt, kein Mensch, kein normaler Mensch wäre ... Sie wollen dir nicht zuhören ... Was sie wollen, ist, dass du Deutschland verlässt.“
Eine andere Frau sagte über ihre Anhörung beim Bamf:
„Das war kein Interview, das war ein Verhör. Ich hatte ein Gefühl von: ‚Was habe ich verbrochen, dass du so mit mir umgehst?‘“
Auch im weiteren Asylverfahren zweifeln etliche Bewerber an der Rechtsstaatlichkeit von Entscheidungen deutscher Behörden. Einer sagte:
„Ich weiß nicht, ob es in Bayern ein Gesetz gibt, das für alle gilt. Die Regierung aber müsste wirklich mal die Aktivitäten derjenigen überprüfen, die als Beamte in den Behörden arbeiten. Viele von ihnen folgen den Gesetzen nicht. Sie machen einfach, wozu sie Lust haben.“
Gefährliche Lage in Heimen: "Nah am Verrücktwerden"
Über ihren Alltag in den Unterkünften wissen viele der befragten Asylbewerber kaum etwas Gutes zu berichten. Die meisten klagen über räumliche Enge, fehlende Privatheit, Lärm, Stress und zum Teil als lebensbedrohlich empfundene Konflikte mit anderen Bewohnern. Zitat:
„Ich wurde einmal von einem Mitbewohner bedroht, er werde mir den Kopf abschneiden.“
Ein anderer fürchtete um seine persönlichen Sachen:
„Man weiß nicht, wo dieser Typ (der Mitbewohner) herkommt. Manche waren kriminell und im Gefängnis, aber nach dem Gefängnis kommen sie wieder ins Lager und du wohnst mit einem Kriminellen im Zimmer. Immer wenn du essen gehst, musst du deinen Laptop und deine Dokumente mitnehmen. Abends sind viele Leute betrunken, konsumieren Drogen oder haben Auseinandersetzungen.“
Ein Asylbewerber erzählte, dass man in der Unterkunft „nah am Verrücktwerden" sei, weil keiner in irgendeiner Art und Weise Ruhe habe:
„Du kriegst alles mit, was in deiner Nachbarschaft passiert. Kinder schreien, Familien telefonieren sehr laut, hören Musik. Das ist furchteinflößend. Und deshalb werden auch viele psychisch krank.“
Massive Kritik: Essen miserabel, Kinder "unterernährt"
Auch die Essensversorgung in Landeseinrichtungen für Asylbewerber wurde von fast allen Interviewten kritisiert. Einige Beispiele: „Wir müssen in einer sehr langen Schlange stehen, um unser Essen unten aus der Küche zu holen. Wir stehen Schlange wie Gefangene für unser Essen.“
„Wenn sie für dich Reis kochen, ist es so, dass er dich verwunden würde, wenn ich ihn dir ins Gesicht werfen würde. So hart ist er. Wenn du ihn isst und nicht aufpasst, verlierst du einen Zahn.“
Wochen-Speiseplan im Asylheim Suhl.
„Selbst wir als Erwachsene konnten das Essen nicht essen. Die Kinder sind dort unterernährt, weil das Essen nicht nährstoffreich genug ist und auch für Kinder unzumutbar.“
„Jedes Mal, wenn wir in den Speisesaal gingen, stand dort ein Security, sehr mächtig, sehr groß, sehr böse sozusagen. Und die Kinder, die haben zum Beispiel nach dem Essen ein Stück Brot, eine Flasche Saft oder ein Glas Milch mitnehmen wollen, damit die das zu einer späteren Zeit essen können. Da wurde ihnen das Essen wortwörtlich weggerissen aus der Hand. Sehr grob. Und vor ihren Augen haben sie das Essen in den Müll geschmissen.“