von Thomas Heck...
Vom SPD-Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans hört man gemeinhin sehr wenig. Man hat den Eindruck, der darf sich eh nur zu Wort melden, wenn das von seiner Co-Chefin Saskia Esken zuvor abgesegnet wurde. Was nicht besser macht, was der verlautbaren liess. Eine Zäsur in den deutsch-israelischen Beziehungen. Zwar ein weiter so beim de facto wirkungslosen Existenzrecht Israels als Teil deutscher Staatsräson, aber ein Versuch, diese an Bedingungen zu knüpfen, Einfluss auf die Außen- und Sicherheitspolitik eines souveränen Staates zu nehmen. Eine Forderung, die zugleich wütend und sprachlos macht. Was bildet sich dieser SPD-Fatzke überhaupt ein?
Israel ist sicher kein Bittsteller in Deutschland und mit Partner auf Augenhöhe geht man so nicht um, insbesondere nicht, wenn man den palästinensischen Terrorismus fortwährend finanziell unterstützt. Scheint aber doch eher ein SPD-Minderwertigkeitsproblem zu sein. Keine 3 Monate ist er her, als der SPD-Bundesaußenministerlaiendarsteller Heiko Maas den USA einen "Marshallplan in Sachen Demokratie" anbot. Das Gelächter hierüber ist gerade erst verstummt...
Israel-Politik der SPD: Gefordertes Mitspracherecht ist eine Anmaßung
Die SPD knüpft ihr Bekenntnis zum Existenzrecht Israels nun an Bedingungen: Parteichef Norbert Walter-Borjans hat so etwas wie ein Mitspracherecht bei der israelischen Außenpolitik gefordert. Daraus spricht eine Anmaßung, die eines SPD-Vorsitzenden unwürdig ist.
Die Gewalt im Nahen Osten nimmt kein Ende. Auch zivile Ziele geraten dabei unter Beschuss. International bemüht man sich weiter um eine Waffenruhe, bisher jedoch mit wenig Erfolg.
Vor zehn Tagen hat Olaf Scholz auf dem Wahlparteitag der SPD eine überraschend klare Rede gehalten. Er hat sich als entschlossener Reformer und zugleich als Garant einer siebzigjährigen bundesrepublikanischen Kontinuität präsentiert. Dabei fragte man sich aber: Wird auch seine Partei hinter ihm stehen, wird sie ihn und seine Positionen stützen?
Jetzt weiß man Bescheid: Sie wird nicht. In der vergangenen Woche hat der sozialdemokratische Kanzlerkandidat angesichts der Raketenangriffe der Hamas auf den Süden Israels dafür plädiert, Deutschland solle seine Waffenlieferungen an die israelische Armee fortsetzen. Das war das Ja.
Nun kam das Aber. Nach Beratungen des Präsidiums und Vorstands der SPD verkündete der Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans, es bleibe schon dabei, dass die SPD unbedingt für das Existenzrecht Israels eintrete und auch weiteren Waffenlieferungen an Israel zustimmen werde. Das aber will die SPD an Bedingungen knüpfen.
Sie will so etwas wie ein Mitspracherecht in Israel. Walter-Borjans wörtlich: „Aber wir haben dann auch den Anspruch, ein Stück gehört zu werden, wenn es darum geht, deeskalierend zu wirken, sich einer Zwei-Staaten-Lösung zu öffnen, Verhandlungen zu führen.“ Ist das einfach nur Dummheit? Ahnungslosigkeit? Oder nicht eher eine Unverschämtheit?
Ein SPD-Vorsitzender sollte wissen, dass Deutschland nun wirklich der letzte Staat ist, der das Recht hätte, Israel Vorschriften zu machen. Ja mehr noch: sich so aufzuführen, als dürfe Deutschland in Israels Politik hineinregieren.
Israel, die einzige Demokratie in der Region, ist von der Hamas, dem Iran, Syrien, dem Libanon und anderen Staaten umzingelt. Sie alle verfolgen das Ziel, Israel zu delegitimieren und, wenn möglich, zu zerstören. Deswegen liefert Deutschland Waffen an Israel. Es geht dabei um die schiere Existenz Israels. Dafür das in deutschem Sinne verstandene „Wohlverhalten“ Israels einzufordern ist vermessen. Und dumm. Glaubt der SPD-Vorsitzende ernsthaft, Israel, wo die Bedrohung durch Terror seit Jahrzehnten zum Alltag des ganzen Landes gehört, lasse sich in seine Verteidigung hineinreden?
Walter-Borjans deplatzierte Forderung drückt die Anmaßung und den Größenwahn eines Landes aus, das sich jahrzehntelang von den USA beschützen ließ und davon profitierte. Und das sich, weil es von dem Problem des Krieges nahezu verschont blieb, in der Rolle des moralischen Lehrmeisters zu gefallen begann, der in alle Welt seine wohlfeilen Friedensbotschaften versandte.
Das derzeit beste Beispiel dafür gibt Außenminister Heiko Maas ab. Im Tagesrhythmus ruft er weltweit zum „Dialog“, zum „Ende der Gewaltspirale“ und zur Aufnahme beziehungsweise zur Fortsetzung von Gesprächen auf. Wo immer er auftritt, bedient er diese Phrasenmaschine. Er überschätzt dabei seine und Deutschlands Rolle maßlos. Und scheint nicht zu merken, welch peinliche Hybris er ausstrahlt.
Obendrein ist das Ganze bigott. Denn die Friedensschalmeien des Heiko Maas stehen in einem eklatanten Widerspruch zu den hohen Summen, die Deutschland und die Europäische Union in den Gazastreifen fließen lassen. Warum fordert Walter-Borjans im Namen der SPD nicht auch ein friedensförderndes Mitspracherecht Deutschlands in dem von der Hamas beherrschten Gaza?
Erschienen in der WELT...