Bei islamistischen Anschlägen in Deutschland und in der Welt gilt bei der deutschen, linken Journaille: Verschweigen, verharmlosen, relativieren. Mit Argumenten, denen man kaum glauben kann. «Verdammt gefährlich» – wer unter Lebensgefahr gegen die Mullahs und das islamische Kopftuch kämpfe, stütze die Herrschaft des weissen Mannes. Sagt das Leibblatt der deutschen Grünen, die TAZ... ein Grund, warum die Journaille sich von islamistischen Anschlägen, Messerattacken, Vergewaltigungen und Morden durch Anhänger der "Religion des Friedens" nicht eindeutig distanzieren wollen.
Die Journalistin Masih Alinejad bekämpft das Mullah-Regime in Iran – und erntet dafür Kritik von linker Seite, weil sie westlichen Rassismus schüre. Einblicke in die Abgründe der aktivistischen Publizistik.
Von westlichen Feministinnen fühlt sie sich verraten: Masih Alinejad
Der Artikel in der deutschen «Tageszeitung» erschien genau einen Tag vor der Messerattacke auf Salman Rushdie. Er drehte sich um die Frage, ob die iranisch-amerikanische Journalistin Masih Alinejad legitimiert sei, das Mullah-Regime in Teheran zu bekämpfen. Alinejad fordert iranische Frauen von ihrem Exil in New York aus dazu auf, das Kopftuch abzulegen – um damit gegen die religiöse und patriarchale Unterdrückung in Iran zu protestieren.
Die Antwort des grün-linken Leitmediums lautete: Nein, dieses Recht hat Alinejad nicht. Zwar folgen ihren Aufrufen Tausende Frauen, von denen manche selber Bilder in den sozialen Netzwerken posten. Aber das, so belehrt uns die auf «soziale Gerechtigkeit» spezialisierte «TAZ»-Autorin Julia Neumann, ist nicht gut – sondern «verdammt gefährlich». Neumann sorgt sich nicht etwa um die iranischen Frauen, die für ihre Freiheit Schläge und Gefängnis in Kauf nehmen. Sorge bereitet ihr vielmehr, dass Alinejad die aus der Kolonialzeit stammende Erzählung vom rückständigen Islam bediene und damit westliche Ideologien stütze.
Sie suggeriere, «dass weisse Männer Frauen of Color vor Männern of Color schützen könnten» und «dass Frauen vom Kopftuch und damit vom Islam befreit werden müssten». Wer den Frauen in Iran und überall sonst auf der Welt wirklich helfen wolle, so Neumanns Fazit, müsse das weltweite Patriarchat bekämpfen, dieses «Konstrukt aus globaler Politik, Kapital, Macht und Institutionen».
Verhasst wie Salman Rushdie
Sollten die Mullahs in Teheran den Artikel gelesen haben, dürften sie genauso gejubelt haben wie einen Tag später. Masih Alinejad gehört wie Salman Rushdie zu den Todfeinden des Regimes. Anschläge muss die Anti-Kopftuch-Aktivistin genauso fürchten wie der Schriftsteller. Laut FBI planten iranische Agenten eine Entführung, um Alinejad in ihrer alten Heimat vor Gericht zu stellen. Iranische Zeitungen veröffentlichten auch schon Bilder von ihr mit einem Strick um den Hals.
Doch wie kommt eine angeblich der Emanzipation verpflichtete Zeitung wie die «TAZ» dazu, eine regimekritische Aktivistin als Handlangerin böser weisser Männer zu verunglimpfen und ein frauenverachtendes Regime zu verharmlosen? Im Westen, so suggeriert Julia Neumann nämlich, würden Frauen genauso unterdrückt wie in Iran. Zudem müssten Männer dort auch Kleidervorschriften einhalten und Knie sowie Schultern bedecken. Und käme im Westen jemand auf die Idee, Nonnen vom Kopftuch zu befreien, um allen Frauen zu helfen? Natürlich nicht.
Unterdrückung? Alles nur «Narrative» und «Diskurse»!
Man könnte den «TAZ»-Beitrag als Ausrutscher abtun, als ideologische Verirrung einer Zeitung, die Polizistinnen auch schon mit Abfall gleichgesetzt hat. Doch es geht um ein verbreitetes Phänomen. Wie in postkolonialen Universitätsseminaren ist es auch in Medien Mode geworden, Kritik an islamistischen Staaten, Symbolen und Ideologien zu «dekonstruieren» – als weisse und rassistische Erzählungen. Diese «Narrative», so wird dem Publikum suggeriert, basieren auf Vorurteilen, und sie dienen bloss dazu, die Herrschaft des weissen Mannes zu legitimieren.
Kritik am Kopftuch, das Primarschülerinnen heute auch in Städten wie Zürich und Berlin tragen (müssen), ist in dieser Logik ein rassistischer Angriff auf eine kollektiv und weltweit unterdrückte Minderheit. Manche westliche Journalisten, Wissenschafter und Politiker diffamieren deshalb alle Islamkritiker als Büttel rechter Reaktionäre, selbst wenn sie, wie Masih Alinejad, die religiös motivierte Unterdrückung am eigenen Leib erfahren haben.
Die «Datteltäter» von ARD und ZDF
Apologetinnen des konservativen bis radikalen Islam werden dagegen hofiert und für ihren Aktivismus gefeiert. So hat der Europarat in Zusammenarbeit mit islamistischen Organisationen wie Femyso eine mit Steuergeldern alimentierte Kopftuch-Kampagne lanciert, unter dem Slogan «Freedom is in Hijab». Dieselbe Botschaft verbreiteten Anfang dieses Jahres auch die deutschen Sender ARD und ZDF. Das Jugendprogramm «Funk» präsentierte dem Publikum junge Frauen, die ihre religiöse Kleidung mit Slogans wie «Mein Kopftuch, meine Wahl» anpriesen. Der Hijab, so die Botschaft, stehe entgegen allen rassistischen Vorurteilen für Würde, Antirassismus, Disziplin und Feminismus.
Gegenstimmen gab es keine, obwohl die öff.-rechtlichen Sender zur Ausgewogenheit verpflichtet sind. Der Beitrag wirkt umso seltsamer, als ARD und ZDF in anderen Sendungen durchaus kritisch über Kleidervorschriften berichten.
Produziert wurde die (Werbe-)Sendung von der Gruppe «Datteltäter». Diese will Vorurteile gegen Muslime satirisch bekämpfen, einzelne Mitglieder fallen aber immer wieder durch eine gänzlich unironische Nähe zum islamistischen Milieu auf. Die ehemalige «Datteltäter»-Aktivistin und einstige Anwärterin auf einen WDR-Moderatorenjob Naomi El-Hassan zum Beispiel nahm am antisemitischen Al-Kuds-Marsch teil und verkehrte in einer Hamburger Moschee, die gemäss Geheimdiensten dem iranischen Regime unterstellt ist. Eine weitere «Datteltäter»- und heutige «Süddeutsche»-Mitarbeiterin, Nour Khelifi, wurde von der Medienszene mit Preisen beehrt. Dies unter anderem, weil sie von einem Religionspädagogen festgestellte islamistische Einflüsse in österreichischen Kindergärten ins Lächerliche gezogen hatte.
Proteste in der «TAZ»-Community
Die Mordattacke auf Salman Rushdie kommentierte Khelifi so: «Salman Rushdie wurde auf offener Bühne erstochen & Leute auf Twitter nehmen das als willkommene Chance, ihren ekligsten antimuslimischen Rassismus hervorzuholen.» Der Tweet ist inzwischen gelöscht, folgt aber dem gleichen Muster wie der «TAZ»-Beitrag gegen Masih Alinejad: Skandalös ist nicht die islamistische Gewalt. Skandalös sind die rassistischen «Narrative» im Westen.
Masih Alinejad und Salman Rushdie haben wiederholt vor dieser vermeintlich antirassistischen Doppelmoral gewarnt. Dennoch ist sie zunehmend verbreitet. Julia Neumanns Abrechnung mit Masih Alinejad kam in der «TAZ»-Community schlecht an. Die Redaktion sah sich veranlasst, einen Gegenartikel der in Iran geborenen Autorin und Politologin Gilda Sahebi zu veröffentlichen. Neumanns Relativierungen, ihre Nonnen-Vergleiche und ihre Verharmlosungen, so schreibt Sahebi, seien schwer auszuhalten – und verdammt gefährlich.