Freitag, 7. November 2025

Fake-Karte für Pro-Pali-Propaganda - Geschichtsstunde

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Heute Mittag hatte ich ein Posting von X auf dem Tablett, das eine Karte zeigt.
Meine Reaktion war wie ein Meme: Erstmal einige Sekunden ungläubig darauf glotzen. Weil ich nicht glauben konnte, dass das tatsächlich so verbreitet wird. Dann schallend lachen.

Da hat es mich gerissen, die Spielmannslaune bahnte sich ihren Weg. Eigentlich wollte ich nur ein Posting dazu erstellen. Aber mein innerer Monk musste es abgleichen.
Denn ich habe ja u.a. auch Kartenkunde unterrichtet und ein Faible für Geschichte. Außerdem ist Freitag, da kann ich mir den Spaß schon mal erlauben.

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Posting der Karte auf X

Eine kurze Recherche hat gezeigt, dass diese Karte tatsächlich häufiger verbreitet wird.
Übrigens in immer schlechterer Qualität, was zeigt, dass einfach einer vom anderen kopiert.

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„Bevor Siedler *unser* Land überfielen“ – gepostet von einem indischen Account.

Palästina 1828?

Zunächst soll die Karte „Palästina“ im Jahr 1828 darstellen.
Die Region wurde aber damals nicht so genannt. Zumindest nicht offiziell. Sie gehörte zum Osmanischen Reich, also dem türkischen Imperium. Und sie unterteilte sich in Verwaltungsbezirke („Vilâyet“), beispielsweise Beirut (heute Libanon) und Sidon. Jerusalem hatte als heilige Stätte einen Sonderstatus („Sancak“).
Wer die Region nach wie vor „Palästina“ nannte, waren eigentlich nur die Europäer.

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Kryptische Beschriftung auf der Karte.

Natürlich habe ich auch versucht, die Beschriftung des Toten Meers zu entziffern. Das ist mir nicht möglich. Die Zeichen „N“ und „Ǝ“ kommen zusammen in keinem Alphabet vor, auch nicht im phönizischen oder Musnad (alt süd-arabisch). KIs geben nur Unfug wider.

Ich denke eher, dass die Karte von einem Grafiker erstellt wurde, der damit „antike Vibes“ reinbringen wollte. Das muss nicht zwangsläufig der sein, der sie beschriftet hat.
Denn dass die Karte nicht 1882 beschriftet wurde, mit einer Serifen-Schrift, noch dazu mit „Karte von Palästina mit palästinensischen Dörfern und Regionen“, auf Englisch… also wer das nicht merkt, der sollte seine Medienkompetenz prüfen. Und sich einen Brustbeutel zulegen. Und Schuhe mit Klettverschluss.

Da hat jemand eine Karte genommen und irgendwo englische Bezeichnungen draufgeklatscht.
Und das dann so grottig falsch, dass ich noch lachen muss, während ich dies tippe.

Lokalisation

Noch viel spannender als die Lokalisation der Orte ist der Kontext.
Gehen wir es kurz durch.

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Die Karte in vermeintlich bester Qualität. Aber immer noch nicht das unauffindbare Original.

Vorab: Die islamische Expansion, also die arabische Kolonialisierung, fand ab den 630er Jahren statt. Die Region wurde etwa um 637 erobert. Der Felsendom und die al-Aqsa Moschee wurden unter dem Kalifen Marwan in den 680ern erbaut.

Auch danach war die Region keineswegs gefestigt arabisch, die Kreuzfahrer und Byzanz - das Oströmische Reich - mischten noch für Jahrhunderte mit.
Der türkische (nicht-arabische) Sultan Selim I. eroberte Jerusalem 1517 von den Mamluken (Ägypten).

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Die wenigstens halbwegs korrekte Karte. Ich habe es optisch etwas angeglichen.

JERUSALEM
Vermutlicher Ursprung des Namens: „yry“ = „Gründung“, „Shalaim = kanaanitischer Gott der Dämmerung. (vergl.: Shalom, Salam)
Bedeutet, die Stadt ist älter als das Judentum, geschweige denn Koran oder „Palästinenser“.

Auf der Karte genannt wird „al Quds“. Das bedeutet aber nur „die Heilige“. Einen tatsächlichen Eigennamen hat Jerusalem im Arabischen nicht.
Im Koran erwähnt wird „al-Aqsa“, was nur so viel wie „der entfernte Ort“ bedeutet. Doch auch das nur einmal, ohne genaue Ortsangaben. Mekka und Medina sind eindeutig identifiziert und benannt, Jerusalem wurde erst durch den Bau des Felsendoms und der Moschee nach Mohammeds Tod durch die arabischen Eroberer als der Ort seiner Himmelsfahrt identifiziert.

Jerusalem wird nicht im Koran erwähnt.

RAMALLAH
arab.: „ram“ = „hoher Ort“, „allah“ = „Allah“
Kreuzfahrer errichteten eine Festung, die nach dem ansässigen Stamm aṭ-Ṭīrah (Tyrah) benannt wurde. Ramallah wurde erst im 16. Jh. gegründet, vor allem durch den Haddad-Clan, eine durch die Osmanen (Türken) dort angesiedelte christliche Großfamilie aus dem Libanon. (Bis heute leben christliche „Palästinenser“ im Westjordanland.)
Heute Hauptstadt Palästinas.

AKKON (engl.: Acre)
Der Name ist so alt, dass er sich nicht mehr sicher herleiten lässt.
Bereits ab spätestens 1500 v. Chr. in ägyptischen Quellen belegt. (Akko, Akka)
Das Alten Testament (Richter 1:31) zeigt, dass die Stadt bereits um 1200 v. Chr. befestigt gewesen sein muss.

HAIFA
Auch der Name Haifa ist so alt, dass er schwer herzuleiten ist. Vermutlich hat es Verbindungen zu „schöne Lage“ oder auch „schöner Hügel“, was sich mit dem erhebenden Berg Karmel decken würde. Der Ursprung ist definitiv kanaanitisch/phönizisch, also älter als das Judentum.
Früheste Siedlungsspuren aus dem 3. Jahrtausend v. Chr.

HEBRON
hebr.: „Chevron“ = „Freund“; nach Abraham, dem „Freund“ Gottes.
Nachgewiesen ab dem 8. Jh. v. Chr.

JENIN (Dschenin)
Wurde bereits von den alten Ägyptern erwähnt.
„Ein Ganim“, hebr. = Gärtenquelle

TULKARM
aram.: „tur karma“ = „Weinberg“
Aramäisch war die Sprache Jesu.
Im 12. Jahrhundert wurden dort Kurden angesiedelt.

QALQILYA
Namensherkunft unklar, evtl. aus dem Kanaanitischen für „runde Hügel“.
Auf der Karte falsch geschrieben, egal in welcher Transkription.

BETHLEHEM
hebr.: „bêt læhæm“, genaue Bedeutung unbekannt. „bêt“ = Brot, vllt „Haus des Brotes“
In den ägyptischen Armana-Briefen ~1400 v. Chr. erstmals erwähnt.

NEGEV
Wüste, bereits in der Kupfersteinzeit besiedelt.
„Negev“ = hebr.: „Süden“, arab.: an-Naqb

GALILÄA
hebr.: „HaGalil“, von „galil ha-gojim“ = „Bezirk der Völker“
Die Region wurde erstmals im 14. Jh. V. Chr. in ägyptischen Quellen belegt und im 8. Jh. V. Chr. erwähnt, damals regiert von den Königen der Dynastie der Omriden des Königreichs Israel.

GAZA
Gaza wurde von den Philistern gegründet.
Um die Zeit der sog. Seevölker 1200 v. Chr. errichteten die Philister sieben Städte (Gat, Aschdod, etc.). Gaza wurde aber schon früher erwähnt. Auch diese Siedlung ist also älter als das Judentum oder Arabisch.

Die Philister bzw. Seevölker werden, durch DNA nachgewiesen, im griechischen Raum verortet. Das würde zeitlich mit dem Zusammenbruch der mykenischen und minoischen Kultur zusammenpassen.
Behauptungen, die heutigen arabischen „Palästinenser“ stammten von den Philistern oder Gazanern ab, ist schlicht Schwachsinn.

Nach diesen Philistern, den alten Feinden der Kanaaniter (Vorläufer der Juden, u.a. Goliath in der Bibel) benannten die Römer 135 n. Chr. (Kaiser Hadrian, größte Ausdehnung) die Region nach dem Bar-Kochba-Aufstand in „Palaestina“ um. Genauer in die Provinz „Syria-Palaestina“. („Syria“ von den Assyrern, also ebenfalls Feinden der Kanaaniter/Juden)

Einen arabischen Namen gibt es für Palästina nicht. Im arabischen gibt es kein „P“, weshalb es ersatzweise „Falestin“ genannt wird.

Warum die Palästinenser keinen Namen für Palästina haben
Palästinenser sind eine Ethnie. Sie leben in Palästina. Sie sprechen Palästinensisch. Das ist so zumindest die allgemeine Vorstellung. Dabei haben Palästinenser nicht…
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Hier nochmal zum Vergleich nebeneinander:

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Das beweseits was?

Und das ist, warum ich wirklich und „real live“ schallen lachen musste.
Nicht nur, weil die Orte wüst auf der Karte verteilt wurden. Und teilweise in Jordanien. Worüber die sich freuen werden.

Sondern weil absolut alle Orte und Bezeichnungen, die genannt werden, weit älter sind, als der Koran oder die islamische Expansion bzw. arabische Kolonialisierung. Teilweise so viel älter, dass es noch nicht einmal ein „arabisch“ im heutigen Sinne gab. Teilweise älter als das Judentum.

Die einzige Ausnahme ist Ramallah, das aber erst im späten 16. Jh. Gegründet wurde. Vor allem durch Christen aus dem Libanon.

Mein Vater hat einmal zu mir als damals schon historisch fasziniertem Kind gesagt: „Die römischen Germanen haben in Köln schon Fußbodenheizung gehabt, da haben die Berliner Slaven noch auf Fellen geschlafen.“
Lakonie vererbt sich wohl.
In diesem Sinne: Die Juden haben schon befestigte Städte gebaut, da haben die arabischen Beduinen noch am Lagerfeuer aus Kamelscheiße im Sand gepennt.

Selbst wenn eine solche Karte irgendetwas beweisen könnte: diese Karte beweist höchstens das Gegenteil von dem, was sie vorgibt zu beweisen.

Als Palästinenser wurden alle Menschen bezeichnet, die in der Region lebten. Unabhängig von der Konfession, also auch Juden und christlich Orthodoxe, Drusen, Beduinen, usw. So wie man „Engländer“ oder „Berliner“ sagt.
Erst die PLO hat 1964 festgelegt, dass nur noch muslimische, arabische Bewohner außerhalb Israels so genannt werden sollen.

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Nebenbei erwähnt

Wir verwenden arabische Zahlen. Nachdem Inder die Grundlagen gelegt und Brahmagupta die Null „erfunden“ hat. Ohne sie gäbe es keine Computer.
Ab der Islamischen Expansion wird alles arabisch. Viele Planeten tragen arabische Namen. Noch aus dieser Zeit, in der sie Entdeckt wurden.

Angefangen mit den Heilige Drei Königen Jahrtausende vorher, den „Weisen aus dem Morgenland“ - die vermutlich „Magoi“ (vergl. „Magier“) aus Mesopotamien waren. Deren Schrein heute im Kölner Dom verehrt wird. Und was zur Zeit der Niederschrift des Neuen Testaments offenbar noch eine Bedeutung hatte: die Wiege der Sternkunde und Wissenschaft.

Bagdad (heute Irak) war das weltweite Zentrum des Handels und der Wissenschaft. Weshalb es dort auch eine große jüdische Community gab, ebenso wie in Damaskus (heute Syrien).

Die inzwischen alle vertrieben wurden. Auch sie leben als „Mizrachim“ - als dunkelhäutige, dunkelhaarige Juden mit arabischem sozio-kulturellem Hintergrund - heute in Israel. Und machen dem Vernehmen nach den besten Hummus. (Und über 20% der Israelis sind Muslime. Also eigentlich auch „Palästinenser“.)
Von der Propaganda gerne verschwiegen, weil es dem Bild der europäisch-jüdischen Kolonisatoren widerspricht.

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Impression von Bagdad: Sindbad, 1001 Nacht… das kulturelle Zentrum der Welt. Für Jüngere: Das Spiel Assassin’s Creed Mirage zeigt die konzentrische Anordnung der historischen Stadt.

Dann passierte etwas Dramatisches, was im europäischen Schulunterricht nicht vorkommt.
1258 wurde Bagdad von den Mongolen erobert. Bibliotheken, u.a. das „Haus der Weisheit“, wurden zerstört. Die weltoffene Dynastie der Abbasiden endete, der Kalif wurde hingerichtet.
Die Reaktion darauf war, dass wenn ein Reitervolk die Welthauptstadt so überrennen konnte, man vermutlich nicht gottesfürchtig genug gewesen war.

Mongolische Reiter

In dieser Zeit wuchs al-Ghazali auf, einer der einflussreichsten Theologen und Mystiker des Islam.
Einerseits führte er die Logik des Aristoteles in die Rechtsprechung ein. Andererseits verdammte er Mathematik und Zahlenspiele als Teufelswerk. („Shaitan“, i.e. Widersacher, Gegner = „Satan“, aus dem Zoroastrismus und dem heutigen Iran über das Judentum ins Christentum.)
Was jeglicher Wissenschaft den Boden entzog.

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Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī, ca. 1055 bis 1111, Maschhad (heute Iran)

Ab dem 13. Jahrhundert gibt es keinerlei bedeutende wissenschaftliche Erkenntnisse oder Entdeckungen mehr aus dem arabischen Raum. Nichts.

Genau zwei Menschen mit arabischem Hintergrund haben einen Nobelpreis erhalten. Der Ägypter Naguib Mahfouz für Literatur und Ahmed Zewail für Chemie, der mit ägyptischem Hintergrund allerdings die US-Staatsbürgerschaft hat und in den USA lebt und forscht.
Darüber hinaus gab es vier Nobelpreise für Frieden, darunter für Sadat und Arafat. Bei zwei Milliarden Muslimen ansonsten: Schweigen.
Zum Vergleich: 14 Israelis haben einen Nobelpreis erhalten (in einem Land kleiner als Baden-Württemberg und erst ab 1948 existent) und 221 Menschen mit jüdischer Abstammung.

Um die arabische Welt verstehen zu können, muss man verstehen, wie sehr unsere Kultur – bis nach China und Japan – empirisch, wissenschaftlich und logisch geprägt ist. Und dass diese Logik in der arabischen Welt, in dem sozio-kulturellen Hintergrund und der Erziehung, eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Es gibt inzwischen viele Studien und Untersuchungen dazu, dass Migranten aus dem arabischen Kulturraum hohe Hürden haben, weil die Werte, die ihnen vermittelt wurden, in unseren Gesellschaften wenig zählen. Aber umgekehrt unsere „Leistungsgesellschaften“ wenig verstanden werden.

Ich halte das für wichtig mitzudenken, wenn man eine solche Propaganda, wie bei dieser Karte, sieht.
Das ist es, worauf sie sich vor allem stützt. Wollen, Wünschen und was der Koran (angeblich) sagt ist zumeist wichtiger, als Archäologie, historische Forschung oder… na ja, Karten.

…ich weiß, dem hätte ich einen ganzen Beitrag widmen sollen. Vielleicht mache ich das auch noch.
Ich wollte es nur anmerken. Weil Karten und Luftbilder „mein Baby“ sind.


Erschienen auf steady.page


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