Samstag, 9. Dezember 2023

Hass-Lehre an deutschen Unis: Unsere Studenten lernen, unsere Werte zu verachten

von Jan Fleischhauer...

der Hedgefonds-Manager Ross Stevens hat eine Spendenzusage in Höhe von 100 Millionen US-Dollar an seine Alma Mater, die University of Pennsylvania, zurückgezogen. Oder soll man sagen: gecancelt? Auch in Harvard gibt es Ärger. Dort haben eine Reihe reicher Alumni rund um den Finanzguru Bill Ackermann angekündigt, kein Geld mehr zu geben. 

 

Es sieht so aus, als ob es zum ersten Mal einen Backlash gegen die Verlogenheit gibt. Jede Mikroaggression wird an den US-Colleges unnachsichtig geahndet, worunter schon die Wahl des falschen Pronomen zählt. Aber wenn Studenten über den Campus ziehen und jüdischen Kommilitonen den Tod wünschen, weil diese die falsche Hautfarbe und Religion haben, dann gilt das plötzlich als “Protected Speech”.




Was das mit Deutschland zu tun hat? Mehr als uns lieb sein kann. Früher oder später schwappt jede Kultur aus Amerika zu uns herüber, das gilt dann auch für die Kultur der akademischen Scheinheiligkeit. Oder vielleicht doch nicht? Im Zeitverzug liegt auch eine Chance, vorausgesetzt wir ändern ein paar Dinge.


Warum gibt man seine Kinder an die Universität? Damit sie zu klügeren Menschen ausgebildet werden. Aber darauf ist immer weniger Verlass. Immer häufiger lernen sie, sich selbst und das, worauf diese Gesellschaft gründet, zu hassen.


Der „FAZ“-Redakteur Claudius Seidl hat in seiner Zeitung vom studentischen Leben an der Universität der Künste in Berlin berichtet. An der Hochschule werden 4000 Studenten in Design, Musik, Architektur und Bildender Kunst ausgebildet. Die UdK Berlin zähle zu den größten, vielseitigsten und traditionsreichsten künstlerischen Hochschulen der Welt, steht auf der Webseite. 


Was Seidl zu beschreiben wusste, las sich allerdings so, als ob die Hochschule in Ramallah oder Gaza Stadt und nicht mitten in Berlin liegen würde. Jüdische Studenten trauten sich nicht mehr in Lehrveranstaltungen, weil sie von Kommilitonen als Mörder beschimpft würden. Die Universitätsleitung sei ratlos, wie sie dem offenen Hass entgegentreten solle.


Neo-Kolonialismus ist das Stichwort


Es gibt ein Video, auf dem man sieht, wie der Uni-Präsident Norbert Palz die Studenten zur Mäßigung aufruft. Kaum hat er das Wort ergriffen, wird er niedergeschrien. „Verurteile den Rassismus“, schleudern sie ihm in Sprechchören entgegen: „Verurteile den Kolonialismus“. Minutenlang geht das so, in einer schwarzen Choreografie der Wut. 


Palz hatte aus Sicht der Studenten den unverzeihlichen Fehler begangen, in einer offiziellen Stellungnahme den Terror der Hamas zu verurteilen, wie Seidl schreibt. Kolonialismus, das ist das Stichwort. Als Neo-Kolonialist gilt in diesem Zusammenhang jeder, der eine falsche Hautfarbe hat (weiß), am falschen Ort geboren ist (westliche Industrienation) und die falsche Religion besitzt (Christentum, Judentum).


Zu den kolonialen Opfern, die uneingeschränkte Solidarität verdienen, zählen hingegen alle, die man im weitesten Sinn als Indigene verstehen kann, wozu dann neben den Indianern im Amazonas, den Maori in Neuseeland oder den Aborigines in Australien auch bedrängte Völker wie die Palästinenser gehören. 


Der Antisemitismus kann an Universitäten wieder auferstehen


In einem verrückten Twist lebt so der unverstellte Antisemitismus wieder auf. Der „Geldjude“ der Nazis erfährt seine Reinkarnation in der Figur des Wall-Street-Bankers, dem nun im Namen des Antikapitalismus der Kampf angesagt wird. Die weißen Sklavenhalter finden ihre Auferstehung im Feindbild des zionistischen Siedlers. 


Israel als Brückenkopf eines vom Westen gesteuerten kolonialrassistischen Imperialismus: Das ist es, was den jungen Leuten beigebracht wird. Auf diese Pointe läuft es hinaus. Kein Wunder, dass an vielen Hochschulen der Teufel los ist. Und das nicht nur an den amerikanischen Elite-Universitäten, in denen ein linker Mob jeden niederbrüllt, der zu weiß, zu privilegiert und zu wohlerzogen ist. 


Den antiwestlichen Furor gibt es auch in Deutschland zu besichtigen, wie sich zeigt. Und es ist nicht nur die Berliner Universität der Künste, an der sich der Hass austobt – ähnliches wird von einer Reihe deutscher Hochschulen berichtet.


Uni-Kultur als „Wokeness“ zu betiteln, ist zu harmlos


Ich habe mich über die Auswüchse der neuen linken Heilslehre oft lustig gemacht. Ich habe über die Safe Spaces gespottet, die dafür sorgen sollen, dass Studenten einen Schutzraum vor fremden Meinungen finden. Ich habe die Triggerwarnungen belächelt, die Texten vorangestellt werden, die als zu anstößig empfunden werden könnten. 


Wenn selbst die Orestie von Aischylos mit einer Warnung versehen wird, ist Gelächter und nicht Empörung die angemessene Reaktion. Dachte ich. Aber jetzt zeigt sich, dass die Ideologie, die in der akademischen Welt Einzug gehalten hat, eine finstere, bedrohliche Seite hat. Wenn sich Studenten nicht mehr in den Hörsaal trauen, weil sie Angst haben müssen, von ihren Kommilitonen bedrängt, beleidigt und bespuckt zu werden, ist definitiv der Punkt erreicht, an dem man einschreiten muss. 


Es hat sich eingebürgert, im Zusammenhang mit der Uni-Kultur von „Wokeness“ zu sprechen. Aber das ist zu schwammig, auch zu harmlos. Es gibt einen theoretischen Unterbau des Hasses. Wer nach einer Erklärung sucht, warum junge Menschen ihre jüdischen Kommilitonen bedrohen, landet bei der sogenannten postkolonialen Theorie.


Die Gehirnwäsche der postkolonialen Theorie


Wobei Theorie ein großes Wort ist. Tatsächlich ist es eine Art Gehirnwäsche, bei der Studenten beigebracht wird, dass der Rassismus das Fundament der westlichen Gesellschaften sei und das Denken in den Vernunftkategorien der Aufklärung nur ein Machtinstrument zur Sicherung der vermeintlichen Überlegenheit des Westens. 


Bei Claudius Seidl berichtete eine Dozentin von einem Kurs, in dem es darum ging, dass man es mit dem entsprechenden indigenen Wissen schaffen könne, den Bäumen beim Sprechen zuzuhören. Als die Professorin entgegnete, das sei wohl eher eine Projektion, wurde sie zurechtgewiesen, wie kolonialistisch und rassistisch es sei, mit Begriffen eines weißen Mannes wie Sigmund Freud das indigene Wissen zu delegitimieren. 


Selbstverständlich ist auch die Vorstellung, dass westliche Werte wie Toleranz und allgemeine Menschenrechte Gewaltreligionen wie die der Taliban überlegen sein könnten, Ausdruck kolonialistischen Denkens. Wenn die Taliban meinen, dass die Steinigung von Frauen im Einklang mit ihren Traditionen steht – wer sind wir, ihnen zu sagen, wie sie zu leben haben? 


Wie lange wollen wir noch so weitermachen?


Dass der Westen jede moralische Autorität eingebüßt habe, ist übrigens exakt das Argument, das man auch auf den Fluren der Vereinten Nationen rauf und runter hört. Mit dem Ergebnis, dass Folterknechte im Menschenrechtsrat den Ton angeben und Hamas-Sympathisanten das UN-Flüchtlingswerk für Palästina dominieren. 


Die Frage ist, ob wir so weiter mitmachen wollen. Ob wir länger dulden wollen, dass unseren Kindern eingetrichtert wird, den Westen und seine Werte zu verachten. Ich bin mir bewusst, das ist ein heikles Terrain. Die Freiheit der Lehre ist ein hohes Gut. Aber wir haben aus gutem Grund auch von der Rassenlehre Abstand genommen. Niemand unterrichtet mehr an deutschen Universitäten, dass eine Hautfarbe der anderen überlegen sei oder ein Geschlecht dem anderen. 


Warum also eine Theorie mit viel Geld ausstatten, die gegen alles steht, was die Grundlage unserer freiheitlichen Gesellschaft ausmacht? Noch mag die Zahl der Lehrstühle vergleichsweise klein sein. Aber es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis die Zahl der Postkolonialisten an deutschen Hochschulen die der Slawisten oder Anglisten übersteigt. 


In den USA ist Postkolonialismus bereits die vorherrschende Lehre


In der angelsächsischen Welt ist der Postkolonialismus, der die Welt in Opfer und Täter unterteilt, bereits die dominierende Lehre. Auch in Deutschland ist man als Student gut beraten, sich als gelehriger Schüler zu zeigen, wenn man etwas werden will. Postkolonialismus sei schlicht die am meisten geförderte Diskursmode im gegenwärtigen Kulturbetrieb, befand dieser Tage ein Kenner der Szene in der „Süddeutschen Zeitung“. 


Am Dienstag saßen die Präsidentinnen von drei der prestigeträchtigsten Hochschulen der USA vor einem Kongressausschuss, der sich mit den Campus-Ausschreitungen gegen jüdische Studenten befasste. Die Abgeordnete Elise Stefanik aus New York hatte eine leicht zu beantwortende Frage an die Geladenen: „Verstößt der Aufruf zum Völkermord an Juden gegen den Verhaltenskodex und die Anti-Harrassment-Regeln Ihrer Universität, ja oder nein?“ 


Keiner der Hochschulvertreterinnen mochte die Frage mit „ja“ beantworten. Das hänge vom Kontext ab, erklärte Sally Kornbluth, Präsidenten des MIT. So lautete auch die Antwort von Claudine Gay aus Harvard: alles eine Frage des Kontextes. Nicht leicht zu sagen, aber wenn die Rede in konkretes Verhalten übergehe, könne das Harassment sein, führte Liz Magill, Präsidentin der University of Pennsylvania, aus. „Verhalten heißt: Man muss also erst einen Genozid begehen, damit es gegen die Regeln verstößt? Das ist ihre Antwort Miss Magill?“ war die fassungslose Reaktion der Abgeordneten. 


Uns bleibt nicht mehr viel Zeit


Anfang des Jahres musste die Evolutionsbiologin Carole Hooven in Harvard ihren Platz räumen, weil ihr Beharren auf der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen von der Universitätsleitung als zu kontrovers empfunden worden war – auch daran wurde am Dienstag noch einmal erinnert. 


Das ist die Lage an amerikanische Elite-Universitäten: Die öffentlich geäußerte Meinung, dass es zwei biologische Geschlechter gibt, gilt als nicht hinnehmbarer Ausdruck von Gewalt, weil sie Studenten in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigen könnte, der Aufruf, alle Juden auszulöschen, hingegen nicht. Wir sollten dafür Sorge tragen, dass es an deutschen Hochschulen nicht bald auch so aussieht. Viel Zeit bleibt nicht mehr.


Erschienen im FOCUS...




Der Fall von drei Elite-Uni-Präsidentinnen in den USA hat sein erstes personelles Opfer gefordert. Die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, zieht persönliche Konsequenzen. Ganz zurückziehen will sie sich aber nicht.

Nach heftiger Kritik an ihrem Auftritt bei einer Kongress-Anhörung zu Antisemitismus an Elite-Universitäten in den USA zieht die Präsidentin der University of Pennsylvania, Liz Magill, persönliche Konsequenzen. Wie die Universität am Samstag mitteilte, tritt die 57 Jahre alte Juristin als Präsidentin zurück. Eine Begründung wurde zunächst nicht genannt. Sie lege das Amt freiwillig nieder, bleibe aber festes Mitglied der juristischen Fakultät, hieß es.

Magill war am Dienstag gemeinsam mit den Präsidentinnen von Harvard und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu einer Anhörung im US-Kongress vorgeladen worden, die auch im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg und der Debatte darüber stand. Alle drei gaben antisemitische und islamophobe Vorfälle an ihren Universitäten seit den Terroranschlägen der islamistischen Hamas gegen Israel am 7. Oktober zu.

In dem von den Republikanern geführten Bildungsausschuss waren Magill und die anderen Präsidentinnen unter anderem gefragt worden, ob der „Aufruf zum Völkermord an den Juden“ an ihren Universitäten gegen Richtlinien zu Mobbing und Belästigung verstoße. Das hänge vom Kontext ab, gaben sie zur Antwort, es komme etwa darauf an, ob es sich gegen eine Einzelperson richte. Dass keine der Frauen die Frage mit einem klaren „Ja“ beantwortete, sorgte für große Empörung.

Man sei aber der freien Meinungsäußerung verpflichtet. Das gelte auch bei Ansichten, „die anstößig, beleidigend und hasserfüllt“ seien. Entscheidend sei, wann derartige Äußerungen in ein „Verhalten“ übergingen, das gegen die Richtlinien verstoße. Man habe deutlich gemacht, dass jegliches Verhalten, das die Lehr- und Forschungsanstrengungen störe, nicht toleriert werde.

Die USA stellen bei Hassrede und Meinungsfreiheit einen juristischen Sonderfall dar: Die sogenannte First Amendment erlaubt es etwa auch Hakenkreuzflaggen zu zeigen oder zu Vergewaltigung und Völkermord aufzurufen, solange es dabei friedlich bleibt.


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