Von Rebecca Bellano...
„Aber das darf man ja nicht laut sagen.“ Dieser Satz hat derzeit Konjunktur in Deutschland. Anlass: An immer mehr Orten sollen demnächst Unterkünfte für Asylbewerber entstehen. Auf dem Rapsfeld, das an ein Wohngebiet der Mittelschicht grenzt, im Gewerbegebiet einer kleinen Gemeinde, in der alten Schule auf einem Dorf. In die meisten von ihnen sollen keineswegs Familien aus Syrien oder dem Irak ziehen, häufig ist bereits vorab die Rede davon, dass dort beispielsweise 50 alleinstehende Männer einziehen sollen, überwiegend Afrikaner. Energiegeladene, Testosteron-gefüllte Männer mitten in einem abwechslungsarmen Umfeld? Kann das gutgehen? „Aber das darf man ja nicht laut sagen!“
Während bürgerliche Kreise sich diesen Satz gegenseitig immerhin noch zuraunen, scheinen ihn einige schon längst verinnerlicht zu haben. Interessanterweise sind es genau jene Gruppe, die eigentlich die Interessen eben jener vertreten sollten, die angesichts der derzeitigen Entwicklung zu kurz kommen: Frauen und Kinder. Oder hat Unicef in letzter Zeit laut aufgeschrien und gefordert, dass die wenigen Asylplätze in Europa für die Schwächsten der Schwachen reserviert werden sollten? Während Deutschlands Frauenrechtlerinnen für eine Frauenquote in Aufsichtsräten kämpfen, von der vielleicht 300 Akademikerinnen profitieren, scheint es ihnen egal zu sein, dass weibliche Kriegsflüchtlinge aus dem Irak und Syrien mit ihren Kindern in überfüllten Aufnahmelagern in der Türkei, Jordanien, dem Libanon vor sich hinvegetieren, während starke männliche Afrikaner sich illegal auf Booten übers Mittelmeer begeben, um hier die Asylplätze zu belegen. Dabei wären sie von allen am ehesten in der Lage, für Veränderungen in ihren Heimatländern zu streiten.
Frauen und Kinder zuerst! Dieser Satz gewinnt angesichts der Situation auf den Schleuserbooten neue Bedeutung. War früher damit gemeint, dass Frauen und Kinder im Falle eines Schiffsuntergangs zuerst auf die Rettungsboote durften, sind sie es jetzt, die – sofern sie sich überhaupt einen Platz auf den Booten erkaufen konnten – zuerst über Bord geworfen werden, wenn Lebensmittel und Wasser knapp werden.
Frauen und Kinder zuerst? Offenbar ist es heutzutage altmodisch, derartige Auffassungen zu vertreten. Die Frauenrechtlerinnen von heute kämpfen lieber für Quoten, nicht für so banale Dinge wie das Überleben. Die Kinderschützer von heute? Ja, die schweigen ganz.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen