von Thomas Heck...
Milch ist zu billig. Das weiß jeder Verbraucher, die vor der Milchtüte mit einem Preis von 59 Cent steht und begreifen muss, dass die Verpackung mittlerweile teuerer ist, als der Inhalt. Es ist diese Geiz ist Geil Mentalität des deutschen Michels, der die Milchbauern die Zornesröte ins Gesicht treibt.
Dabei ist das Thema gar nicht so schwer zu verstehen. Deutschland war eigentlich schon immer ein traditioneller Milchexporteur. Hauptabnehmer waren die Russen und die Chinesen. Und von der der Milchproduktion gehen nur um die 15% überhaupt als Milch über den Tresen, der Rest wird zu Butter, Käse und andere Produkte weiter verarbeitet. Und nach dem Ende der EU-Milchquote stieg die Produktion nochmals. Und solange die Milch abgenommen wurde, wurde fleißig weiter investiert, deutsche Kühe gehören mit 7.000 bis 8.000 kg pro Jahr zu den Produktivsten weltweit. An Nummer 1 steht übrigens Israel mit Kühen, die im Durchschnitt 12.000 kg pro Jahr erwirtschaften.
Mit dem Embargo gegen Russland aufgrund der Krim-Annexion ist ein wichtiger Abnehmer ausgefallen. China steckt ebenfalls in der Rezession und importiert auch weniger. Also landet mehr Milch auf dem deutschen Markt, das Überangebot führt zu sinkenden Preisen. Die Molkereien nehmen die Milch nur noch zu 20 Cent ab. Doch statt die Überproduktion abzubauen, wird nach staatlichen Subventionen gerufen. Die Nachfrage kann schwerlich erhöht werden, wir können ja nicht alle plötzlich 3 Liter Milch pro Tag trinken.
Ein klassischer Fall von partiellen und totalen Marktversagen. Wer sich noch an die Butterberge der EU erinnert, erlebt heute das gleiche. Subventionen sind hier der falsche Weg. Denn überall, wo der Staat eingreift, gibt es Nebeneffekte, die schwer zu kalkulieren sind. Was spricht denn dagegen, wenn der Verbraucher für ein qualitativ hochwertiges Lebensmittel einen angemessenen Preis bezahlt? Nicht nur bei der Milch ist der Effekt des Preissturzes sichtbar. Sonderangebote für Schweineschnitzel für das Kilo zu 3 Euro sind unglaublich. Verrückt. Da muss jedem klar sein, dass dieses Schwein nicht angemessen aufwachsen konnte. Unmöglich.
Ich plädiere daher für einen Mindestpreis, so wie es ja auch den Mindestlohn gibt. In den Wirtschaftswissenschaften werden Mindestpreise jedoch mehrheitlich kritisch bewertet. Zwei Fälle werden unterschieden:
- Liegt der Marktpreis über dem Mindestpreis, so bleibt der Mindestpreis ohne ökonomische Wirkung.
- Liegt der Marktpreis unter dem Mindestpreis, so wird mehr angeboten als nachgefragt. Der Markt wird ineffizient. Es kommen keine markträumenden Preise zustande. (Ist-Zustand)
Ein Mindestpreis führt zu (gegenüber dem Marktpreis) überhöhten Preisen für die Konsumenten. Damit trägt die Einführung von Mindestpreisen zur Inflation bei. Insbesondere wird bei Preiseingriffen (also auch bei Mindestpreisen) auf die ansonsten natürlich zustande gekommene Produzentenrente und Konsumentenrente Einfluss genommen. Also eine Umverteilung vom Verbraucher zum Milchbauern.
Der Angebotsüberhang führt zu verstärktem Export sowie gegebenenfalls zu Schwarzmärkten, auf denen die betreffenden Güter unterhalb des Mindestpreises verkauft werden.
Zur Vermeidung eines Angebotsüberhangs ist es möglich, dass der Staat weitere Maßnahmen vorschreibt bzw. realisiert. Diese könnten sein:
- Staat tritt als Abnehmer auf (warum nicht wieder ein kostenlose Schulspeisung?)
- Auszahlung von Stilllegungsprämien, um Angebotsrückgang zu bewirken
- Anregung der Nachfrage (schwierig bei Milch)
- Zwang der Nachfrager zur Abnahme (Bei Milch nicht möglich)
Als Wirtschaftswissenschaftler tendiere ich normalerweise eher in die Richtung, dass der Staat sich aus der Preisgestaltung heraushalten sollte. Mit Subventionen oder Hilfen für die Milchbauern wird allerdings der Ist-Zustand manifestiert während es eigentlich notwendig wäre, das Angebot zu reduzieren. Ich halte daher den Mindestpreis für das geringere Übel.
Eine intelligente Politik, auf die Sie hier in Deutschland lange warten können, würde den Mindestpreis einführen, jegliche Hilfen für die Bauern stoppen, so dass diese sich dem Markt anpassen müssen, das Embargo gegen Russland für landwirtschaftliche Produkte aufheben (wo liegt darin überhaupt der Sinn) und würde, wenn überhaupt, durch Förderung dafür Sorge tragen, dass exzessive Landwirtschaft sich nicht mehr lohnt. Braucht man tatsächlich Kühe, die 50 kg Milch pro Tag erzeugen? Diese Kühe sind nach 7 Jahren ausgelaugt. Tierschutz sieht anders aus.
Ich selbst habe meinen Milchkonsum stark reduziert und trinke Milch eigentlich nur noch zum Kaffee. Anläßlich dieses Artikels habe ich mir allerdings ein Glas kalte Milch genehmigt und trinke diese nebenbei. Prost.
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