Mittwoch, 1. November 2023

Ein weiteres Skandal-Urteil, diesmal vom Bundesverfassungsgericht...

Kann ein Mann, von dem alle wissen, dass er ein 17-jähriges Mädchen erst vergewaltigt und dann ermordet hat, in Deutschland darauf vertrauen, dass der Staat ihn schützt und NICHT vor Gericht stellt?

Ja. Er kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil verkündet, das für Bürger ohne Jura-Studium nicht zu begreifen und für die Familie des ermordeten Mädchens schlichtweg nicht zu akzeptieren ist. Das Urteil aus Karlsruhe lautet: Obwohl es eine neue, eindeutige Beweislage gibt, darf der schon einmal in diesem Fall Angeklagte kein 2. Mal vor Gericht gestellt werden.


Das ist passiert: Frederike von Möhlmann war am Abend des 4. November 1981 beim Musikunterricht in Celle, kam aber nie zu Hause an. Ihre Leiche wurde vier Tage später in einem Waldstück gefunden. Nachdem sie vergewaltigt wurde, schnitt der Täter ihr die Kehle durch. Ein grausames Verbrechen, das die Familie bis heute belastet und garantiert nicht vergessen hat.

Im Zentrum der Ermittlungen stand schnell Ismet H. Der Mann wurde zunächst lebenslänglich verurteilt und dann doch noch 1983 vom Bundesgerichtshof aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Hätte es 1983 die Technik von heute gegeben, wäre das nicht passiert, denn: 2012 wurden mithilfe einer DNA-Untersuchung das Sperma von Ismet H. an einer Binde nachgewiesen. Ein handfester Beweis.

Der Fall konnte aber nicht mehr vor Gericht, weil in Deutschland der Grundsatz gilt: Nach einem Freispruch darf ein Mensch nicht mehr für dasselbe Verbrechen angeklagt werden. Frederikes Vater kämpfte sein Leben lang gegen diesen Grundsatz, der ganz grundsätzlich gegen sein Gerechtigkeits-Empfinden verstoßen hat. 2021 war sein Kampf erfolgreich: Der Bundestag verabschiedete ein Gesetz, das es ermöglicht, in besonders schweren Fällen (Mord, Völkermord, Kriegsverbrechen) aufgrund neuer Beweise ein Verfahren neu aufzurollen. Davor war ein neuer Prozess nach einem Freispruch nur möglich, wenn es ein frisches Geständnis gab, andere Beweismittel mussten ignoriert werden.

Ismet H. wurde erneut verhaftet, legte Verfassungsbeschwerde ein – und bekam nun von höchster Stelle Recht. Er wird aus der Untersuchungshaft entlassen. Begründet haben die Karlsruher Richter die Entscheidung mit dem Paragraf 103 unseres Grundgesetzes: „Niemand darf wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“ Das gelte auch für Anklagen vor Gericht. Das entscheidende Wort in der Begründung der Karlsruher Richter lautet „Rechtsfrieden“.

Juristen feiern das Urteil als einen Meilenstein für die Rechtssicherheit in Deutschland. Wer einen Gerichtssaal als freier Mann verlässt, müsse darauf vertrauen können, dass das auch Bestand hat.

13 Semester Jura mögen reichen, um die Rechtslogik hinter dem Urteil von Karlsruhe zu verstehen. Aber der gesunde Menschenverstand sagt: Das kann nicht wahr sein. Wie kann eine Beweislage, die schon vor 40 Jahren zu einem Urteil geführt hätte, heute nicht mehr gelten? Wie kann ein Verfahren, dessen Ende schon immer falsch war, nicht noch einmal neu aufgerollt werden? Wie können die wichtigsten deutschen Richter einer trauernden Familie die Botschaft mitgeben, dass ein Vergewaltiger und Mörder mehr Schutz genießt als das Opfer?

Das Grundgesetz schützt die Bürger vor dem Staat. Aber wer schützt die Bürger, wenn der Staat einen Mörder schützt? Die Botschaft von Karlsruhe lautet: Mord verjährt doch. Und der Staat erklärt Unrecht zu Recht. Er schützt einen überführten Mörder. Was das Bundesverfassungsgericht „Rechtsfrieden“ nennt, ist am Ende nichts anderes als ein „Unrechtsfrieden“.

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