Dienstag, 11. April 2023

Der Strom kommt aus der Steckdose

von Thomas Heck...

Diese Woche ist es soweit. Die letzten drei verbliebenden deutschen AKW's werden vom Netz gehen. Für die einen wird es die Erfüllung lang gehegter Träume sein, darunter Grüne, SPDler und sonstiger Pseudo-Umweltschützer, denn bei der Ablehnung von AKW'S ging es nie um Umweltschutz. 

Für eine Mehrheit der Bevölkerung sieht die Welt nämlich ganz anders und vor allem realistischer. Denn nicht alle, die für Umweltschutz sind, wollen deutsche AKW's abschalten. Und wenn CO2 der Maßstab ist und das sollte er ja nach dem Pariser Klimaschutzabkommen auch sein, dürfte Deutschland seine AKW's gar nicht abschalten, denn der Atomstrom wird durch Kohle und Gas substituiert werden und das wird ein Mehr an CO2-Emissionen ergeben. Man schätzt um die 35 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen reduziert die CO2-Emissioen geschätzt um 1 Mio. Tonnen jährlich. Das relativiert die Forderungen der terroristischen Klimakleber doch erheblich. Eigentlich müssten die sich für den Erhalt der AKW's auf die Strasse kleben... denn die Zeche durch Habecks destruktive Energiepolitik zahlen wir alle, handelt Deutschland doch auf Habecks Geheiß entgegen dem Trends in der Welt, wo hunderte von AKW's neu entstehen und in der Planung sind.

Das Kraftwerk Neckarwestheim ist eines der noch aktiven Kernkraftwerken in Deutschland, die im April abgeschaltet werden.


Es sind nur noch wenige Tage, bis die energiepolitischen Geisterfahrer aus ihrer Sicht einen lang angestrebten großen Erfolg feiern können: Dann werden die letzten drei deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet. 4.200 Megawatt verlässlicher und CO2-freier Grundlaststrom geht vom Netz.

Die Betreiber von Braun- und Steinkohlekraftwerken werden für Ersatz sorgen - mit einem Mehr von rund 35 Millionen Tonnen CO2! Jährlich! Oder wir werden Strom von den uns umgebenden Kernkraftwerken beziehen. Mehr als 100 sind in Europa in Betrieb. Viele weitere sind im Bau oder in Planung. In Frankreich zusätzlich zu den fast 60 bestehenden Anlagen, aber auch in England, Belgien, den Niederlanden, Tschechien, Polen, Ungarn und Schweden erlebt die Kernenergie eine Renaissance.

Das skandinavische Land hat bekanntlich als erstes den Ausstieg aus der Kernenergie verkündet und einige Jahre später den in Deutschland weit weniger kommentierten Ausstieg aus dem Ausstieg folgen lassen. Greta ist übrigens kein Gegner dieser Pläne. Kernenergie wird in Schweden als CO2-freie Stromerzeugung geschätzt. Genauso wie beim Nachbarn Finnland, der gerade, in Deutschland weniger beachtet, ein Endlager für Atommüll baut.

Jetzt folgt auch die Türkei, die auf einem Gelände, das einst für modernste deutsche Kerntechnik reserviert war, bereits „russische“ Anlagen im Bau hat, mit Ausbauplänen bis zu 20.000 Megawatt. Die Japaner , die mit ihrem schlampigen Umgang mit Fukushima den deutschen Ausstieg maßgeblich beeinflusst haben, nehmen abgeschaltete Kernkraftwerke nach einer Sicherheitsüberprüfung wieder in Betrieb und planen neue. Die Chinesen verfolgen ebenfalls mittel- und langfristige ambitionierte Ausbauziele, wobei der von den Franzosen noch gemeinsam mit Siemens entwickelte Europäische Druckwasserreaktor EPR eine wichtige Rolle spielt. Und in Südkorea gibt es Überlegungen, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung von 28 Prozent auf 34 Prozent zu steigern.

CO2-Bilanz verschlechtert

Unsere europäischen Freunde wollen dem deutschen Sonderweg nicht folgen. Sie haben auch mehr oder weniger achselzuckend zur Kenntnis genommen, wie Deutschland Vorsorge treffen will, wenn Wind und Sonne einmal ausfallen. Diese so genannten Dunkelflauten können auch einmal 14 Tage und länger dauern. Dann könnten in Deutschland rund 40.000 MW Kraftwerksleistung fehlen. Diese sollen nach den Plänen der Bundesregierung durch den Bau von 25.000 MW Gaskraftwerken ersetzt werden. Der Rest könnte aus dem Ausland kommen. Am einfachsten aus den französischen Kernkraftwerken an der deutschen Grenze, wenn sie nach den umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen wieder eine Betriebsgenehmigung erhalten. Auch polnische Kohlekraftwerke kämen in Frage. Im März kamen bereits rund 40 Prozent des deutschen Stroms aus Kohlekraftwerken.

Die 25.000 MW Gaskraftwerke sind freilich keineswegs gesichert, nicht nur wegen der aufwändigen Genehmigungsverfahren, sondern auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit. Die Stromgestehungskosten könnten bei 2.000 (eher 1.000) Betriebsstunden pro Jahr für so genannte Spitzenlastkraftwerke bei etwa zwölf Cent liegen. Die Industrie, von der Teile auch wegen der exorbitanten Energiekosten konkrete Abwanderungsgedanken haben, wird den daraus resultierenden hohen Strompreis nicht tragen wollen. Die Unternehmen, die die Kraftwerke bauen sollen, werden hohe Subventionen verlangen. Sonst werden sie kein Kraftwerk bauen. Wie lange kann der Staat noch mit hohen Subventionsmilliarden locken? Seltsam, dass die vielen, oft jugendlichen Klimaaktivistinnen und -aktivisten nicht merken, wer am Ende diese immer größer werdende Rechnung bezahlen muss.

Gas wird noch lange die bevorzugte Wahl bleiben

Und der angestrebte Umstieg auf grünen Wasserstoff wird wegen der Wirkungsgradverluste bei der Herstellung und Nutzung von Wasserstoff noch lange dauern und teuer werden. Für die Befeuerung von Gasturbinen wird daher noch lange Gas die bevorzugte Wahl bleiben - und die CO2-Bilanz verschlechtern. Technisch ist das Problem übrigens noch nicht ganz gelöst. Aber das wird unseren Ingenieuren gelingen, nicht sofort, aber in überschaubarer Zeit. Vorerst freut der hohe Gaspreis die Scheichs von Katar und unsere amerikanischen Freunde, die sich nicht scheuen, ihr Gas mit dem bei uns verpönten Fracking zu fördern.

Jedenfalls hat das Wirtschaftsministerium in einem Bericht unterstellt, dass uns die Franzosen am Ende des Jahrzehnts aushelfen könnten, weil sie dann wieder einen erheblichen Stromüberschuss haben werden - mit Strom aus Kernkraftwerken wohlgemerkt. Strom aus französischen Kernkraftwerken ja, aus deutschen nein!

Die geplanten neuen Anlagen in Europa sollen von Amerikanern, Koreanern, Russen, Japanern und Franzosen gebaut werden. Letztere treten mit dem gemeinsam mit Siemens entwickelten Design an, wobei Siemens nicht mehr mit von der Partie ist.

Deutschland verliert an Einfluss

Aber, und das wird in der Ausstiegsdiskussion völlig übersehen, Deutschland wird in den internationalen Gremien, wenn es um die Beurteilung und Weiterentwicklung der nuklearen Sicherheit von Kernkraftwerken und auch um die Entwicklung neuer Reaktortypen geht, mit seinen Vorschlägen und ja, auch mit seinen Bedenken, kaum noch gehört werden. Der Einfluss deutscher Experten war einmal ganz anders. Die in Deutschland unter maßgeblicher Mitwirkung der Reaktorsicherheitskommission entwickelten Kriterien für die sichere Auslegung und nicht zuletzt für den sicheren Betrieb setzten international Maßstäbe. Ihr langjähriger Leiter, Adolf Birkhofer, Professor auch an der TU München, war die weltweit anerkannte Koryphäe in Sicherheitsfragen.

Wir werden also in unserem Umfeld mit weit über 100 Anlagen leben müssen, die nicht nach deutschen Sicherheitsanforderungen gebaut und betrieben werden. Unser Sonderweg bleibt eine Geisterfahrt. Der Strom wird weiterhin aus der Steckdose kommen, etwas teurer, vielleicht nicht ganz so zuverlässig und auf absehbare Zeit auch nicht „umweltfreundlicher“. Bizarr mutet es allerdings an, wenn der deutsche Wirtschaftsminister bei seinem jüngsten Besuch in Kiew laut Presseberichten erklärt, man müsse nun mit den ukrainischen Atomkraftwerken leben, die Dinger seien nun mal da. Wie glaubwürdig ist eine solche Aussage über Anlagen, die deutschen Sicherheitsstandards wohl eher nicht entsprechen und gleichzeitig hierzulande die Abschaltung von Kernkraftwerken zu feiern, um die uns andere wohl zu Recht beneiden.

Kein Plädoyer gegen Energiewende und Klimaschutz

Ist das jetzt ein Plädoyer gegen Energiewende und Klimaschutz? Nein, ganz und gar nicht. Wir müssen uns weiterhin nachhaltig für die Energiewende einsetzen und mit aller Kraft nach technischen Lösungen suchen, auch nach neuen Lösungen und vor allem auch als Chance für unsere Industrie mit den vielen möglichen neuen Arbeitsplätzen, die damit verbunden sind. Wir dürfen aber auch die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen nicht aus den Augen verlieren. Die Strompreise müssen bezahlbar bleiben - für die Bürgerinnen und Bürger und für die Industrie.

Aber es ist ein Plädoyer für mehr Realismus, um künftige Enttäuschungen vor allem bei der jungen Generation zu vermeiden. Vielleicht gelingt es mit sachgerechter, verantwortungsvoller und glaubwürdiger Information, auch junge Menschen zur konstruktiven Mitarbeit zu motivieren, statt sie zu destruktiven Protesten auf die Straße zu treiben.







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