Mittwoch, 22. März 2017

Schwule nur mit Entschädigung von Dächern werfen

von Thomas Heck...

Das Kabinett verabschiedet an diesem Mittwoch das Gesetz zur Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern des „Schwulenparagrafen“. Aus dem 27-seitigen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums, der unserer Redaktion vorliegt, geht hervor, dass die Urteile pauschal durch Gesetz aufgehoben werden. Zuvor hatte es zwischen Union und SPD Unstimmigkeiten über das Gesetz gegeben. Jetzt haben sich das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium auf letzte Änderungen geeinigt. 

Ob dieses Thema ausgerechnet jetzt zum Zeitpunkt eklatanter finanzieller Belastungen auf den Tisch muss, ist sicher dem Wahljahr geschuldet. Lächerlich wird die ganze Sache jedoch dann, wenn im gleichen Zeitraum einer Religion der Weg nach Deutschland geebnet wird, die Schwule gemeinhin von Dächern wirft oder diese hängt. Das passt dann irgendwie doch nicht zusammen. Aber es lässt hoffen, ich werden meinen Enkelkindern sagen, sie sollen sich den Tag rot im Kalender ankreuzen und sich später erinnern, ob sie in 50 Jahren vom Staat für die kriminelle Einwanderungspolitik der Regierung Merkel entschädigt wird. 



Die Entschädigung beträgt laut Gesetzentwurf 3000 Euro für jede aufgehobene Verurteilung. Je „angefangenes Jahr erlittener Freiheitsentziehung“ werden 1500 Euro an die Opfer gezahlt. Sie können sich, wenn das Gesetz in Kraft ist, die Aufhebung ihrer Verurteilung durch eine Rehabilitierungsbescheinigung der Staatsanwaltschaft bestätigen lassen. Den Opfern solle „der Strafmakel genommen werden, mit dem sie bisher wegen einer Verurteilung allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung leben mussten“, heißt es.
Maas: Paragraf hat Biografien zerstört

„Die verurteilten homosexuellen Männer sollen nicht länger mit dem Makel der Verurteilung leben müssen“, sagte Bundesjustizminister Heiko Mass. „Der Paragraf 175 hat Berufswege verstellt, Karrieren zerstört und Biografien vernichtet. Den wenigen Opfern, die heute noch leben, sollte endlich Gerechtigkeit widerfahren.“ 

Laut einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die unserer Redaktion vorliegt, befürworten 86,1 Prozent der Deutschen die Rehabilitierung der Opfer des Paragrafen 175. Einer Entschädigung stimmen 69,6 Prozent zu, wie aus der Studie des Sozialwissenschaftlichen Umfragezentrums in Duisburg hervorgeht.



Lüders: Betroffene erfahren Gerechtigkeit

Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, hofft, dass der Bundestag das Gesetz rasch auf den Weg bringt. „Die Opfer dieses Unrechtsparagrafen haben lange darauf warten müssen“, sagte Lüders unserer Redaktion. „Damit erfährt den Betroffenen endlich Gerechtigkeit.“ Sie hätten „zeitlebens unter der Verurteilung und ihren Folgen gelitten und wollen von diesem Strafmakel endlich befreit werden“.

In der Bundesrepublik wurde der Paragraf 175 im Jahr 1969 entschärft – und erst 1994 abgeschafft. Bis 1969 wurden nach Schätzungen rund 50.000 Männer zu Haftstrafen verurteilt. Danach wurden 3500 Männer eingesperrt. In der DDR galt der „Schwulenparagraf“ bis 1968. Wie viele Männer im Gefängnis saßen, ist unklar. Urteile aus der Zeit des Nationalsozialismus wurden 2002 aufgehoben, Urteile aus der Zeit nach dem 8. Mai 1945 bisher nicht.

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