Donnerstag, 6. August 2015

Der alte Syrer und das deutsche Krankenhaus

von Thomas Heck

Ich liege zur Zeit im Krankenhaus. Und wenn man dennoch aufmerksam bleibt, finden Sie Geschichten, die das Leben schreibt, direkt vor Ihrer Nase.

Mein Zimmernachbar ist ein Syrer, ein Kriegsflüchtling, der seit 2 Monaten in Deutschland lebt. Frau und Kinder, mit denen er täglich telefoniert, sind noch in Syrien. Er spricht kein deutsch und wird diese Sprache in absehbarer Zeit auch nicht mehr lernen, Englisch spricht genauso so wenig. Er ist ein einfacher Mann, der intellektuell anspruchsvollen Aufgabe, eine fremde Sprache im fortgeschrittenen Alter von Grund auf zu lernen, nicht (mehr) gewachsen. Während ich diesen Text schreibe, liegt er mir gegenüber.

In mir erwachten sofort Fragen, wie es z.B sein kann, dass er ohne Familie sein Land verlassen konnte. Was für ein erbärmlicher Feigling muss jemand sein, der seine Frau und Kinder in Syrien zurücklässt? Diese Gedanken kamen mir spontan.


Doch im weiteren Verlauf des Tages konnte ich mehr über diesen kleinen unscheinbaren Mann erfahren. Bei einem Arzt-Patient-Gespräch wurde eine arabisch sprechende Ärztin dazugezogen. Und so erfuhr ich, dass der Mann seine Eltern im Flüchtlingslager Sabra und Schatila (Stadtteile von Beirut) verloren hatte, als christliche Phanlangisten nach der Ermordung Bashir Gemayel 1982, vermutlich durch den syrischen Geheimdienst, aus Rache ein Massaker an palästinensischen Flüchtlingen anrichteten. Die israelische Armee griff nicht ein, es war keine Glanzleistung, doch schuldig waren die Israelis an dem Massaker nicht, wie heutzutage gerne kolportiert wird. In der Folge ging jeder 6. Israeli auf die Strasse und demonstrierte gegen Verteidigungsminister Arik Sharon, der später zurücktrat. Nun lernt man jemanden kennen, der persönlich davon betroffen war, das bewegt.

Die Ärztin zitierte aus dem Arztbericht, wonach er schwer traumatisiert sei. In der Nacht schreckt er von Albträumen geplagt hoch, er ist ein gebrochener Mann. Granatsplitter stecken bis heute in seinem Hinterkopf. Die Frage, warum er seine Familie in Syrien zurückließ, kann abschließend nicht geklärt werden. Vielleicht wurden sie getrennt. Andere Erklärung sind auch möglich. Über die Umstände der Flucht konnte ich weiter nichts in Erfahrung bringen. Da können sich die Behörden einen Wolf prüfen, erfahren wird man es nie. 

Ich merke nun an diesem persönlichen Beispiel, dass meine bisherige Meinung, alle Syrer grundsätzlich auszuweisen, so nicht haltbar ist und überdacht gehört. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass hier dennoch vieles nicht richtig läuft. Bitte nichts falsch verstehen. Dass diesem schwer herzkranken Mann geholfen wurde und dafür vermutlich mindestens 25.000 Euro investiert wurden, ist richtig und menschlich geboten. Dass ihm nun auch noch sein desolates Gebiss saniert wird und er im Gegensatz zum deutschen Patienten keinerlei Zuzahlungen leisten muss, akzeptiere ich auch noch. Nur hätte diese Behandlung auch in Dubai, Quatar oder in den Vereinten Arabischen Emiraten durchgeführt werden können, so wären uns wenigstens die Kosten für einen Dolmetscher erspart geblieben. Und es bleibt die Frage, warum arabische Flüchtlinge nicht in arabische Länder flüchten, wo zumindest Sprache und Kultur passen, denn viele werden hier in Deutschland nie ankommen und voll integriert sein. Dennoch wollen alle her. Der böse Westen ist da nämlich doch nicht so böse. Und die reichen Golfanrainer-Staaten nehmen Flüchtlinge erst gar nicht auf, um soziale Spannungen zu vermeiden. So einfach machen die sich das.

Der Syrer verabscheut deutsches Essen, er probiert es nicht mal. Viele unterstellen, das deutsche Personal würde absichtlich Schweinefleisch ins Essen geben. Das Gegenteil ist der Fall. Dennoch zeigt er seine Abscheu für das deutsche Essen so deutlich, dass das Personal, welche das Essen serviert, schwer beleidigt ist, es persönlich nimmt. Dennoch immer wieder Verständnis. Aber bei Gesprächen mit dem Service-Personal erfahre ich auch, wie sehr auch türkische Frauen als Patienten gefürchtet sind, die ihren Unmut über deutsches Essen sehr deutlich und arrogant zum Ausdruck bringen. 

Dass Muslime anders ihren Stuhlgang erledigen, ist bekannt. Wer arabische Länder bereist, dem fällt sofort auf, dass dort in den Toiletten Sprühköpfe hängen, mit denen man sich reinigen kann. Ich selbst fand das sogar sehr praktisch und nutzte das gerne selbst, wenn ich die Gelegenheit hatte. Auch, weil man in Ägypten von arabischen Toilettenfrauen abgezähltes Toilettenpapier erhält, 1 Blatt pro Person. Für einen deutschen Arsch eindeutig zu wenig.

In Deutschland ist diese Art der Reinigung nach dem Stuhlgang jedoch nicht praktikabel, wir haben diesen Sprühkopf nicht. Daher ist es auch nicht sinnvoll, wenn sich mein syrischer Freund nach dem Stuhlgang auf die traditionelle Art reinigt, sich anschließend beim Spühlen mit der linken Hand an der Wand abstützt und dabei Kotspuren hinterlässt. Könnte ich arabisch oder er deutsch, hätte ich ihm das mit aller Deutlichkeit gesagt. Wie Asylanten in deren eigenen vier Wänden kacken, ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal. Doch bei Gemeinschaftstoiletten findet diese Freiheit ihre Grenzen. Integration fängt halt schon beim Kacken an.

Der Autor bleibt mit vielen Fragezeichen zurück und man muss erkennen, dass es für das aktuelle Flüchtlingsproblem keine einfachen Lösungen geben wird. Anpassen an die hiesigen Umstände wäre aber schon mal ein guter Anfang, denn wir können uns nicht auf Flüchtlinge aus 300 Nationen einstellen. Und die meisten Bürger wollen das auch nicht. Und das ist ihr gutes Recht.



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