von Thomas Heck...
Jugend ist Revolution, ist Opposition. Das ist die Aufgabe der Jugend, nicht alles widerspruchslos hinzunehmen, was die Alten so von sich geben. Warum zu fragen auf die üblichen Phrasen, "Das haben wir schon immer so gemacht", "Das haben wir noch nie so gemacht", "Geht nicht" oder "Wir schaffen das. Oberphrasendrescher dieser Republik und dazu noch ein Schlechter ist unser aller Kanzlerin, die ihre unbeschreiblichen Fähigkeiten vom Parteitag der Jungen Union in Paderborn auf ihre unnachahmliche Art und Weise und weitestgehend unwidersprochen unter Beweis stellen durfte.
Und wieder ist Führer in unsere Mitte, es spricht der Führer...
Denn Revoluzzertum ist der Jungen Union eher fremd. Doch gerade im vergangenen Jahr war Parteichefin Angela Merkel auch beim eigenen Politnachwuchs umstritten. Beim JU-Treffen in Paderborn wird die Kanzlerin jedoch bejubelt – bis einer ihrer Widersacher aus Bayern die Bühne betritt.
Etwas mulmig könnte es Angela Merkel durchaus gewesen sein vor ihrem Auftritt bei der eigenen Parteijugend. Ein Jahr zuvor hatte der Bundesvorsitzende der Jungen Union (JU), Paul Ziemiak, der Kanzlerin noch ungewohnt deutlich die Leviten gelesen. Da tauchte sogar die von Merkels CSU-Widersacher Horst Seehofer propagierte „Obergrenze für Flüchtlinge“ im Forderungskatalog des Nachwuchsmannes auf. „Ich kenne niemanden, der sagt, so kann das auf Dauer weitergehen oder die Zahl kann auch noch steigen“, argumentierte Ziemiak. Für JU-Verhältnisse fast ein Affront.
Am Samstag in Paderborn ist alles anders. „Jetzt sind wir ein Jahr später“, die Asylbewerberzahlen lägen dieses Jahr wohl "unter 300 000 mit sinkender Tendenz" statt bei knapp einer Million wie 2015, sagt Ziemiak und dreht sich am Rednerpult freundlich zu der hinter ihm sitzenden Merkel um: „Frau Bundeskanzlerin, da haben Sie geliefert.“ Deshalb seien viele „verdammt stolz auf das, was Sie geleistet haben“. Und das „auch in Bayern“, fügt Ziemiak hinzu. Da hat die Alte es der Jugend aber gezeigt, möchte man fast anerkennend sagen. Hat sie es doch geschafft, die fast ungebremste illegale Einwanderung in die sozialen Systeme Deutschland weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit zu kanalisieren und die unschönen, weil medial unbrauchbaren Bilder, aus den Medien zu verbannen. Keiner bemerkt es noch und die kritischen Nachfrager werden gesellschaftlich ausgegrenzt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt und so mundtot gemacht. Die JU merkt davon nichts. Keine Forderung nach Einhaltung der Gesetze. Was ist das für eine politische Jugend, die jetzt schon an der Macht klebt.
Doch einer traut sich. Zwar spricht später der bayerische JU-Chef Hans Reichhart - mit kritischem Blick auf Merkels Flüchtlingspolitik - von einer „Erosion der Volksparteien“. Der 34-Jährige erinnert in der Aussprache zu Merkels Rede an das berühmte Zitat des christsozialen Säulenheiligen Franz Josef Strauß: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“ Ob dieser „für das Zusammenwirken von CDU und CSU essenzielle“ Anspruch für die CDU-Chefin noch gelte?
Merkel geht kühl darüber hinweg: „Natürlich möchten wir alle, dass die AfD klein wird“, aber deswegen könne die Union doch nicht ihre Prinzipien über Bord werfen. Kurz vor dem Besuch der Kanzlerin hatte die JU bereits einen Vorstoß aus Bayern für die Flüchtlingsobergrenze von 200.000 Menschen abgelehnt: Ein Antrag, die CDU in dieser Frage zu einer Mitgliederabstimmung zu drängen, fiel durch. Angewandte Demokratie im Deutschland Merkels.
Nur kurz streift die Kanzlerin den noch nicht wirklich beendeten Grundsatzstreit zwischen ihr, dem Obergrenzen-Fan Seehofer und dessen Partei. In einer Rede vor den JU-Delegierten gelingt Merkel das Kunststück, ihrem liberaleren Kurs in der Flüchtlingspolitik treu zu bleiben und zugleich Sorgen vor einer Überforderung Deutschlands aufzugreifen. „Wir brauchen jedenfalls eine nationale Kraftanstrengung zur Rückführung derer, die abgelehnt wurden“, denn ein Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Bund und Ländern bringe nichts, weil die Bürger schlicht Ergebnisse sehen wollten. Die aber nicht kommen, doch hier schweigt sie wieder und zieht sich auf ihr Wahlkampfgeblubber zurück.
Eine andere klare Ansage kommt am Samstag indes nicht - ob Merkel 2017 wieder als Kanzlerkandidatin der Union antreten will. Die CDU-Chefin geht darauf mit keinem Wort ein - obwohl Paul Ziemiak sie zuvor gelockt hatte: „Ein Deutschlandtag der Jungen Union ist immer gut, sich viel Unterstützung für die Zukunft abzuholen.“
Der CDU-Nachwuchs schließt die Reihen für Merkel - an dieser Botschaft lassen die Regisseure des „JU-Deutschlandtags 2016“ keinen Zweifel. Tina Turners Mitklatsch-Hit „(You're) Simply The Best“ tönt aus den Lautsprechern, als Merkel nach ihrer Rede durch die applaudierenden Reihen geht. Die bayerischen JU-Delegierten spenden ebenfalls Beifall - nicht ganz so ausdauernd wie die Saalmehrheit, aber höflich. „In allen wichtigen Zukunftsthemen war ihre Rede beeindruckend“, sagt JU-Landeschef Reichhart. „In der aktuellen Problembewältigung sehe ich aber noch deutlich Luft nach oben.“
Euphorischer klingt das in den anderen Landesverbänden: Sie sei beeindruckt von Merkels Auftritt, „von dieser Detailtiefe in so vielen Sachfragen, von der Digitalisierung bis zur Außenpolitik“, sagt Madina Assaeva von der JU Schleswig-Holstein. „Sie hat uns gut abgeholt - auch den ein oder anderen, der mit einem schlechten Gefühl hierher gekommen ist“, sagt Julian Winter. Und Max Schad aus dem JU-Bundesvorstand meint: „Die Truppe steht - die Bayern inklusive.“ Merkel befiel, wir folgen Dir. Auf in das Vierte Reich. Merkel stürmt schon fast in Garderobe, um ihr altes FDJ-Hemd zu holen, so wohl ist ihr ums Herz. Doch sie wartet klugerweiser noch kurz ab und dann dämmert es ihr, wir sind nicht mehr in der DDR.
Doch Scheuer lässt die Partystimmung verfliegen. Wenige Stunden später sind daran allerdings wieder Zweifel erlaubt, als CSU-General Andreas Scheuer das JU-Treffen zu einem engagierten Auftritt nutzt und ganz andere Schwerpunkte setzt als die Kanzlerin. Von einem „Einwanderungs-Begrenzungsgesetz“ ist da die Rede, von der „deutschen Leitkultur“ als Maßstab für Zuwanderer, von der Burka als „Uniform der Islamisten“. Auch auf der Obergrenze beharrt Scheuer und sendet kein Signal für eine weitere Kanzlerkandidatur Merkels. Auch diese Rede wird bejubelt - nach dem Eindruck von Beobachtern sogar noch ein bisschen lauter.
Besteht also noch Hoffnung? Ist die CSU die Partei, die Deutschland aus den abgeknabberten Klauen unserer Kanzlerin befreien kann? Könnte sie der sichere Hafen sein, nach dem sich der konservative CDU-Wähler sein, der die AfD aufgrund ihrer Putin-Nähe nicht wählen kann? Die nächste Wahl wird es zeigen, nur fehlt es der CSU am politischen Willen, mit der Schwesterpartei zu brechen und sich bundesweit aufzustellen. Und es steht zu befürchten, dass die CSU vor der Kanzlerin und ihrem Geseiere einknickt. Dann bleibt nur noch mutiger Widerstand.
Zum Abschied der deutsche Gruß: Heil Merkel