Die dringend gebotene Debatte hierüber verweigert Kanzler Scholz, der den Deal unbedingt durchziehen will, selbst aber kein Argument liefert, warum der Verkauf des Containerterminals in Hamburg deutschen Interessen dienlich sein soll. Oder erklärt, warum China es unbedingt kaufen will. Und es passt in die Amtsführung des Sozialdemokraten Olaf Scholz, wenn er das Kabinett darüber nicht reden lassen will... auch an den Tag gelegt ungewöhnliche Eile sollte mißtrauisch stimmen.
Auf der Elbe in Hamburg verkehrt die Pendlerfähre Harmonie neben einem Containerschiff der chinesischen Firma Cosco.
Der Atomstreit war gerade beigelegt, da fand die Bundesregierung ein neues Streitthema: Soll man dem chinesischen Investor den Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen erlauben, oder nicht? Es zeichnet sich ein Kompromiss ab. Aber zunächst muss die Bundesregierung in einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses am Dienstagmittag Rede und Antwort stehen.
Am Abend zuvor zeichnete sich ein Kompromiss ab. Zur Erinnerung: Sechs zuständige Bundesministerien sind gegen den Kauf, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) befürwortet den Einstieg der Chinesen trotz Bedenken für die deutsche Sicherheit. Möglicherweise soll sich der chinesische Cosco-Konzern nicht wie geplant mit 35 Prozent an dem Terminal Tollerort beteiligen dürfen, sondern nur mit 24,9 Prozent. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Kauf auf den Prüfstand gestellt hatte, nun braucht es die Zustimmung der Regierung via Kabinettsbeschluss.
Das Kanzleramt bestimmt die Tagesordnung
Doch dazu kommt es nach derzeitigem Stand nicht, wie Business Insider am Mittag aus Regierungskreisen erfuhr. Letztendlich entscheidet nämlich das Kanzleramt, über welche Themen das Kabinett am Mittwoch ab 8 Uhr spricht. Ob der Cosco-Kauf es auf die Tagesordnung schafft, dazu laufen weiterhin Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung. Es zeichnet sich ab, dass man gar nicht im Kabinett zu einer Einigung finden kann, weil Scholz partout dagegen ist, das Thema zu behandeln. Möglich ist aber auch ein sogenannter Umlaufbeschluss.
Doch die Zeit drängt: Entscheidet das Kabinett nicht in dieser Woche, ist der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA vereinbart genehmigt. Dann würde Cosco mit Ablauf der Frist Ende Oktober 35 Prozent des Terminals bekommen. Nach Informationen aus Regierungskreisen sehen die Minister und Ministerinnen eine Begrenzung der chinesischen Anteile auf 24,9 Prozent allenfalls als "Notlösung" an. Damit solle „Schlimmeres verhindert werden“, nämlich dass der Staatskonzern einen eigenen Geschäftsführer und Einspruchsrechte bekommen würde.
Die Handlungsfrist läuft Ende Oktober ab
Der Bundeswirtschaftsminister machte in den vergangenen Tagen deutlich, dass er nach wie vor den Kauf am liebsten komplett untersagen würde. Andere Regierungsmitglieder teilen Habecks Meinung. Es zeichnet sich aber ab, dass eine Entscheidung über eine sogenannte Volluntersagung im Kabinett nicht erreicht werden kann. Die Koalitionspartner FDP und Grüne wollen dies, um jeden Preis verhindern. Und sie haben Unterstützung aus der Opposition.
Union beantragt Sondersitzung im Ausschuss
Am Dienstagmittag tagte der Wirtschaftsausschuss zu dem Thema, nach Informationen von Business Insider wird das Wirtschaftsministerium durch die Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) vertreten. Ursprünglich hatte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, für diese Sitzungswoche zwei Sondersitzungen beantragt: einmal im Auswärtigen Ausschuss sowie im Wirtschaftsausschusses.
Das geht aus einem Schreiben an die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hervor, das uns vorliegt. Tagen wird jetzt nur Wirtschaftsausschuss, und zwar in einer Videokonferenz, die von 13.30 bis etwa 15 Uhr. Die Union hat einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt, wollte unter anderem wissen, ob Cosco Einsicht in strategisch wichtige Abläufe, wie IT- und Vertriebsdaten erhalten würde.
Frei begründete die Ansetzung der Sondersitzung damit, dass der Hamburger Hafen zur kritischen Infrastruktur zähle und daher Sicherheitsinteressen eine Rolle spielen. Die Entscheidung dürfe daher nicht ohne vorherige umfassende Unterrichtung und Einbindung des Bundestages erfolgen.
Mit der Notlösung würde jedenfalls eine strategische Beteiligung verhindert und der Einfluss des chinesischen Staatskonzerns auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert. Damit wäre „das Maximum an staatlichen Eingriffsmöglichkeiten“ genutzt. Doch auch diese Lösung könnte weiterhin eine Gefährdung für die deutsche und europäische Sicherheit darstellen.