Sonntag, 8. Mai 2022

Schwarzer kritisiert Selenskyj – „Hört nicht auf zu provozieren“

von Thomas Heck...

Der offene Brief von Alice Schwarzer und anderen Pseudo-Intellektuellen schon lässt einen ob der dreisten Empathielosigkeit sprachlos zurück. Während ukrainische Zivilisten das nächste Massaker russischer Truppen fürchten müssen, fordert Schwarzer "nuancierte Töne", das bedeute nicht, man fühle nicht mit den Opfern, "ganz im Gegenteil"... die Opfer sind Schwarzer und den selbsternannten Friedensengeln schlichtweg egal. Oder auf deutsch: Ukrainer, stellt Euch nicht so an, kapituliert endlich, damit wir Deutsche wieder ruhig schlafen können. Und die massakrierten Zivilisten? Hey, sorry, aber hier geht es um höheres. Es geht um den Frieden... solche Leute haben Auschwitz mit verantwortet, hätten den Juden im Warschauer Ghetto keine Waffen geliefert. Ich weiß nicht, wie verkommen man noch werden kann. Bei Alice Schwarzer & Co geht noch was.


Alice Schwarzer hält die Politik des ukrainischen Präsidenten für fragwürdig, und eine Reise des Bundeskanzlers nach Kiew am 9. Mai wäre für sie eine „Provokation ohne Gleichen“. Sie wünscht sich vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gemäßigtere Töne. „Ich bedauere, dass Selenskyj nicht aufhört zu provozieren“, sagte sie am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in München bei der Vorstellung des Dokumentarfilms „Alice Schwarzer“.

Würde Bundeskanzler Olaf Scholz der Einladung Selenskyjs folgen und am 9. Mai nach Kiew reisen, wäre das eine „Provokation ohne Gleichen“. An dem Tag feiert Russland den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

Schwarzer steht seit Tagen wegen eines offenen Briefes an Scholz in den Schlagzeilen, in dem sie sich aus Furcht vor einer Ausweitung des Krieges mit anderen Intellektuellen gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausspricht.

„Ich würde mir doch ein bisschen nuanciertere Töne auch aus der Ukraine wünschen“, sagte Schwarzer und betonte: Wenn man die offizielle Politik des Präsidenten „zum Teil fragwürdig“ fände, bedeute das nicht, dass man nicht mit dem Land fühle oder die Opfer ignoriere – „ganz im Gegenteil“.

Mit dem offenen Brief in der Zeitschrift „Emma“, den auch Martin Walser, Juli Zeh und Gerhard Polt unterzeichnet haben, sei die Debatte über das Pro und Contra der Waffenlieferungen hierzulande voll entbrannt. Denn die Hälfte der Menschen in Deutschland sehe die Lieferung schwerer Waffen laut Umfragen kritisch. 

„Unser offener Brief hat den Pfropfen aus der Flasche gehauen. Dadurch ist jetzt die Debatte einfach voll losgegangen und das ist gut. Denn über so lebenswichtige Fragen muss man reden.“ Den Brief haben mittlerweile rund 250.000 Menschen unterschrieben. „Es gibt wenig in meinem Leben, was so viel Sinn gemacht hat, wie das Initiieren dieses offenen Briefes.“



Wenn man auf wirkliche Putin- und Russlandkenner hört, darunter u.a. Michael Chodorkowski, der einzige Oligarch, der früh gegen Putins Korruption aufbegehrte und dafür 10 Jahre im Gefängnis saß, dann ist Putins NATO Narrativ nur vorgeschoben. Putin weiß genau, dass von dem Verteidigungsbündnis NATO keine Gefahr ausgeht. Wenn überhaupt, dann ist Amerika der ideologischer Gegner mit Interesse, Russland zu schwächen. Aber auch Amerika wird keinen aktiven direkten Konflikt mit Russland suchen.

Die tatsächliche Motivation für Putin ist für seinen Angriff auf die Ukraine ist, nicht zulassen zu können, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft zu Russland einen liberal-demokratisch, sich immer mehr nach Westen ausrichtenden Staat gibt. Das wäre eine zu große Versuchung für das noch immer stark unterdrückte, nicht wirklich frei lebende, wirtschaftlich knapsende russische Volk. Das ganze NATO Gerede ist reiner Vorwand - nach außen wie nach innen in Russland.

Vor diesem Hintergrund würde ein NATO-Beitritt Finnlands and Schweden sicherlich in Putins Narrativ hineinspielen („Seht her, ihr Russen, die Bedrohung kommt immer näher“.) Aber spätestens seit Putins Überfall auf die Ukraine weiß die Welt, dass die russische Armee in ihrem aktuellen Zustand ein Papiertiger ist, der konventionell geführte militärische Konflikte wenn überhaupt nur durch Abnutzungs- und Vernichtungsstrategien nicht aber durch Schlagkraft und Geschick gewinnen kann. Militärexperten sind sich einig, dass Russland konventionell der NATO unterlegen ist. Russland kann sein Bedeohungspotenzial allein durch sein nukleares Arsenal aufrecht erhalten. Und da gilt, und das weiß Putin natürlich auch, „wer den Knopf als erster drückt, stirbt als zweiter“.

Solange der Ukrainekrieg läuft, hätte Russland nicht genügend Soldaten und Material, um noch eine weitere Front in Finnland aufzumachen. Denn in diesem Fall, wäre es sofort ein Konflikt mit der NATO und von anderem Kaliber als in der Ukraine.

D.h., „militärische Spezialoperationen“, wie Putin es gern nennt, sind bei Finnland nicht möglich. Jede Aggression mündete sofort in NATO-Intervention und damit schnell in einen 3. Weltkrieg.

Und daher kann man dann nur hoffen, dass die nukleare Abschreckung weiterhin funktioniert und selbst einen hochaggressiven aber nicht verrückten Putin von selbstmörderischen Akten abhält bzw. dass es in seinem Umfeld noch ausreichend vernünftige ihr Leben liebende Funktionäre gibt, die solche Akte zu verhindern wüssten.

Die freie westliche Welt hat durch ihre Schwäche der Vergangenheit und das ewige gewähren lassen von Putin ihn zu seinen Aggressionen eingeladen. Ich hoffe, dass die Zeit des Wegsehens und des um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils wegen Gewährenlassens jetzt vorbei ist, und die demokratischen Nationen der Welt die Bedrohung Putin jetzt endlich ernst nehmen und sich entsprechend aufstellen und verhalten.


Samstag, 7. Mai 2022

Deutschland im Kampfmodus...

von Mirjam Lübke...

Der schlechteste Frieden ist besser als jeder Krieg, antwortete Ulrike Guèrot sinngemäß auf die Frage, warum sie Alice Schwarzers offenen Brief an Kanzler Scholz unterstütze. Persönlich finde ich diesen Satz naiv, vielleicht sogar ein wenig gefährlich - jedoch: Angesichts der Konsequenzen, die unserem Land bei einer Einmischung in die Ukraine-Krise drohen könnten, muss nun erst recht jeder Bürger, ob prominent oder nicht, die Möglichkeit haben, sich frei zum Thema zu äußern. Eigentlich sollte das der Minimalkonsens sein, die Freiheit, Bedenken und andere Sichtweisen einzubringen ohne außer Gegenargumenten irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen.


Die Meinung von Frau Guèrot verstößt weder gegen ein Gesetz noch beleidigt sie jemanden - es sei denn, man zöge eine solche Beleidigung an den Haaren herbei. Dennoch trat Marie Agnes Strack-Zimmermann empört auf den Plan und erklärte, Frau Guèrot solle ihre Professorentätigkeit als Politikwissenschaftlerin nicht mehr ausüben dürfen. Die Politik als Nanny für Studenten? Sollte eine Universität nicht junge Menschen dabei fördern, lebhafte und intellektuelle Diskussionen zu führen? Auch gegen ihre Professoren? Zu meiner Zeit war das noch so, der Ablauf erinnerte an die amerikanischen "Change my mind"-Stände, der Herausforderung durch eine provokative These folgte eine wüste Wortschlacht, eine spannende Erfahrung. Frau Strack-Zimmermann findet sich aber nicht an diesem Stand ein, um die Meinung von Frau Guèrot zu ändern, sondern möchte ihn am liebsten zertrümmern. 

Noch während man in Deutschland darüber nachdenkt, ob ein Atomkrieg vielleicht doch nicht so schlimm ist, tobt längst wieder die Meinungsschlacht zwischen Pazifisten und Befürwortern der Waffenlieferungen. Letztere fahren auch verbal starke Geschütze auf: Jüngst polterte etwa Sascha Lobo los, den Krieg in der Ukraine zwar zu verurteilen, aber keine Waffen liefern zu wollen, wäre das neue "Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber..." - "Wer nicht hüpft, der ist ein Nazi!", fiel mir dazu spontan ein, der Kampfruf auf dem denkwürdigen Konzert in Chemnitz, auf dem "Feine Sahne Fischfilet" einem größeren Publikum bekannt wurde. Mir würde es nicht einfallen, auf Kommando zu hüpfen, und das Denken auf Befehl fällt mir auch schwer. Schon gar nicht, wenn die Strategie so durchschaubar angelegt ist wie bei Sascha Lobo: Er unterstellt den Gegnern von Waffenlieferungen einfach niedere Motive, weil er genau weiß, wie schwierig es ist, einen solchen Vorwurf wieder abzuschütteln. 

Mir ist es schon immer ein Rätsel, warum Menschen meinen, auf diese Art Zustimmung für ihr Anliegen zu bekommen - auch wenn sie sicherlich erst einmal einen kurzfristigen Erfolg damit verbuchen können. Ihr Gesprächspartner wird zunächst Ruhe geben, aber nur, um nicht als Charakterschwein vor anderen dazustehen. Das ist der Sinn der Übung, es geht längst nicht mehr darum, den anderen für eine Idee zu gewinnen, sondern um die eigene Ungestörtheit und die moralische Vernichtung des anderen. Auch die Nazi-Keule ist schon wieder mehrfach zum Einsatz gekommen: Wer jetzt nicht "Hurra!" zu Panzerlieferungen schreit, hätte selbstverständlich auch Hitler gewähren lassen. 

Zugegeben: Dieses Argument wiegt schon etwas schwerer. Auch ich habe mich in den letzten Wochen oft gefragt, was ich wohl gedacht hätte, wäre ich damals etwa eine amerikanische Mutter gewesen - was wäre mir durch den Kopf gegangen? Warum soll ich meine Söhne opfern, nur weil in Europa dieses Männlein mit dem komischen Bärtchen verrückt spielt? Es ist vollkommen richtig, solche Gedankengänge für sich selbst durchzuspielen, um die eigenen Motive bei einer schwerwiegenden Entscheidung abzuwägen. Aber dazu gehört dann auch eine Situationsanalyse - ist denn die geopolitische Lage tatsächlich die gleiche wie damals? Um die geht es beim Einsatz des Hitler-Arguments jedoch nicht, sondern um das Gefühl, welches erzeugt werden soll. Unterschwellig wird hier unterstellt, man hätte auch Hitlers Feldzug unterstützt, und das auch noch aus schierer Bequemlichkeit. 

Es ist bezeichnend, dass diese Vorwürfe aus den Kreisen kommen, die sonst mit Schaum vor dem Mund "Relativierung" brüllen, wenn Vergleiche zwischen Stalin und Hitler gezogen werden, und sei es auch nur, um den Totalitarismus beider Systeme zu analysieren. Damit würgt man jegliche sachliche Debatte ab, um dann selbst eine moralische Leitlinie zu schaffen. Das zieht sich schon seit Jahren selbst durch akademische Kreise, um die Oberhoheit über wissenschaftliche Arbeiten zu erlangen, nur um dann - wenn es gerade passt - die selbst aufgestellten Regeln mit links vom Tisch zu fegen. Putin hat vielleicht einfach das Pech, kein Sozialist zu sein, dann ließe man ihn ihn in Ruhe und fände Wege, um die ukrainische Regierung zu dämonisieren - jüdischer Präsident hin oder her. Wir erinnern uns: Im Nahen Osten wird ein ganzer Staat von Linken und Grünen diskreditiert, obwohl - oder gerade - weil er jüdisch ist. 

Das sind die Zutaten, aus denen die Diskussion über die deutsche Beteiligung am Ukraine-Konflikt zusammengerührt ist. Nimmt sich diese Diskussion zu wichtig, da die Entscheidung zu Waffenlieferungen ohnehin an ganz anderer Stelle getroffen wird? Ebenfalls nein. Im Falle der Montagsspaziergänge gegen den Impfzwang hat der Zusammenschluss vieler Bürger, auch wenn man darüber schimpft, durchaus bewirkt, dass die Debatte eine Wende nimmt. Wenn wir jetzt schon um das Recht, zu etwas eine Meinung zu haben, so vehement streiten müssen, dann steht es schlecht um unsere Demokratie. Das Verhalten vieler Kriegsbefürworter zeigt Merkmale von klassischem Mobbing: Verunsicherung, Ausgrenzung und Einschüchterung. Es ist an der Zeit, das klar zu benennen.


Mittwoch, 4. Mai 2022

Im Bunker mit Nancy...

von Mirjam Lübke...

Der alte Regierungsbunker in Ahrweiler sieht ziemlich gruselig aus, man kann ihn mittlerweile wie ein Museum besichtigen. Vor ein paar Jahren wollte eine Kollegin ihrer besseren Hälfte einen Gutschein für eine solche Besichtigung schenken und bat mich um dessen Erstellung - das Ergebnis sah aus wie die Werbung für ein postapokalyptisches Computerspiel, wir hatten alle unseren Spaß daran - vor vier Jahren dachte auch noch niemand daran, dass wir noch einmal ernsthaft über die Reaktivierung solcher Schutzräume nachdenken müssten. Die Ergebnisse einer Recherche zum Thema Zivilschutz für die Fraktion sahen ebenfalls ziemlich ernüchternd aus. Sagen wir es einmal so: Die noch existierenden Bunker sind in einem noch schlechteren Zustand als deutsche Schulen. Und das will etwas heißen. 




Gerade tobt ein Shitstorm gegen die Unterzeichner eines offenen Briefes an Kanzler Scholz, der in der Emma veröffentlicht wurde. Neben Alice Schwarzer haben auch Dieter Nuhr, Julie Zeh und Reinhard May unterschrieben, insgesamt 28 Prominente schlossen sich der Aktion an. Mittlerweile kann sich jeder, der möchte, in die Liste eintragen, wenn er den Mut hat, sich als "Putin-Versteher" beschimpfen zu lassen. Dabei geht es den Unterzeichnern lediglich darum, den Kanzler zu Bedacht aufzurufen, niemand hat Putin auf irgendeine Weise in Schutz genommen. Und wenn ich mir anschaue, wie schlecht wir auf eine Krisensituation vorbereitet sind, ist es wohl tatsächlich vernünftig, wenn Deutschland in dieser Krise den Ball ein wenig flach hält. Das hat nichts damit zu tun, wie man Russlands Handeln moralisch bewertet. Bei realistischer Einschätzung unserer Möglichkeiten benehmen sich unsere Haltungskrieger allerdings gerade wie ein Chihuahua, der eine Bulldogge ankläfft. Das mag tapfer sein, aber nicht sehr schlau. 

Um ehrlich zu sein denke ich, dass man auf einen Atomkrieg niemals adäquat vorbereitet sein kann (es sei denn, man lebt in einer Forschungsstation am Nordpol weit vom Schuss - aber selbst das erhöht die Überlebenschancen nur unwesentlich). Allerdings gibt es auch noch andere drohende Krisen, die uns die Politik der letzten Jahre eingebrockt hat: Den Blackout zum Beispiel, ein klassisches, hausgemachtes Problem. Niemand würde seine Wohnung kündigen, ohne schon eine neue in Aussicht zu haben, das würde von seinem Umfeld als außerordentlicher Leichtsinn betrachtet. Bei der Energieversorgung wurde genau dieses Verhalten bejubelt, obwohl noch kein Ersatz für die abgeschalteten Kraftwerke bereit steht - zumindest nicht in Deutschland selbst. 

Unser Land halst sich eine selbstverschuldete Krise nach der anderen auf - die Zeche dafür zahlen die Bürger. Nicht nur im finanziellen Sinne, sondern auch dadurch, dass sie die Nachteile dieser Politik ausbaden und kompensieren müssen. In den Corona-Wintern saßen Schüler in kalten Klassenzimmern, weil die Länder keine Lüftungsgeräte kaufen wollten, im Januar schnellsten die Energiepreise steil nach oben. Und seit einigen Monaten wird das "Preppen" salonfähig, das einen früher unverzüglich in die rechte Ecke befördert hat. Das Bundesamt für Katastrophenschutz machte es vor, jetzt zieht Nancy Faeser nach. Ich habe nie verstanden, was am "Preppen" so böse sein sollte, vor allem die Idee, dazu auch ein Netzwerk von Menschen mit verschiedenen Begabungen aufzustellen, fand ich ziemlich gescheit. Dass aber nun aus heiterem Himmel auch die Innenministerin zum Anlegen eines Notvorrats aufruft, ist bezeichnend: Man bereitet einmal wieder die Bürger darauf vor, die von der Politik eingebrockte Suppe auszulöffeln. 

Manchmal denke ich, Regierung, Medien und ihre Anhänger stürzen sich mit Begeisterung in die nächste Krise, um sich nicht mit den Folgen der letzten auseinandersetzen zu müssen. Ist es nicht zum Beispiel sehr günstig, dass die "Ich habe mitgemacht"-Aktion zur Aufarbeitung des schäbigen Verhaltens vieler Prominenter gegenüber Ungeimpften in Vergessenheit geraten ist? Gleichzeitig nagt die Entropie an allen Ecken und Enden unseres Landes. Schulden, eine nicht funktionierende Landesverteidigung, ächzende Sozialsysteme, Migrationskrise oder Energieknappheit: Mein Onkel würde es "Graf Känguru"-Politik genannt haben - mit leerem Beutel große Sprünge machen. 

Wer hätte gedacht, dass wir mal in Zeiten leben, in denen es fraglich ist, ob man in der Apotheke seine Medikamente bekommt? Daneben sind leere Toilettenpapier-Regale schon fast ein Luxusproblem. Und das Milchpulver, das seit Wochen aus ist, rührt sich wohl grinsend Putin in den Kaffee. All das zusammengefasst, braucht man sich bald nicht mehr zu wundern, warum die Gefahr eines Atomkriegs auf die leichte Schulter genommen wird. Ganz böse gesagt: Viel schlimmer kann es ohnehin nicht mehr kommen.


"Du, Else, ich glaube, die meinen das ernst!"

von Mirjam Lübke...

Schuldzuweisungen - damit ist man heute schnell dabei. Bei meinem heutigen Einkauf im Supermarkt meines Vertrauens überlegte ich etwa, ob Wladimir Putin im Kreml auf einem riesigen Thron aus Toilettenpapier sitzt und dabei literweise Kaffee mit dem Kaffeeweißer trinkt, der seit Wochen nur noch im Internet zu bekommen ist. Da rührt er dann mit einem goldenen Löffelchen in einer edlen Tasse aus chinesischem Porzellan - aus dem Privatbesitz des Zaren! - und lacht mich aus. Vielleicht haben aber auch die Grünen die kompletten Kaffeeweißer-Bestände Deutschlands nach Saudi-Arabien verkauft, um sie dort gegen Flüssiggas einzutauschen. Irgendwer muss doch an der Verknappung die Schuld tragen! 



Die "heute-Show" jedenfalls weiß ganz genau, wer für das Abrutschen unseres Landes im Ranking der Pressefreiheit verantwortlich ist. Könnte es das Medienkontrollsystem "Correctiv" sein, das in Corona-Zeiten wie ein Geier über jeglicher Virus-Berichterstattung kreiste, um "Falschinformationen" anzuprangern, die sich kurz darauf stets als richtig erwiesen? Oder etwa das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das in seine Talkshows nur Gleichgesinnte einlädt, mit Ausnahme des einen Alibi-Andersdenkenden, der dann unter empörtem Gebrüll doch kaum zu Wort kommt? Vielleicht meinten sie auch Jan Böhmermann, der eine "Qualitätskontrolle" für TV-Experten einführen wollte, als einmal jemand anderes als Christian Drosten in der Corona-Arena auftrat. Mitnichten liegt es auch an Redaktionen, die sich unterwürfigst entschuldigen, wenn sie einem Journalisten einmal einen zaghaft kritischen Artikel durchgehen ließen, um den Ärmsten dann auf die Straße zu setzen. Denn das ist ihr Recht als Arbeitgeber, jawohl, da werden selbst die linkesten Linken zu knallharten "hire and fire"-Kapitalisten. 

Schuld am miesen Ranking sind vielmehr die Querdenker. Warum auch nicht? Wie jeder weiß, stehen sie nicht nur mit dem Corona-Virus im Bunde, sondern auch mit Wladimir Putin (wahrscheinlich horten sie auch das Toilettenpapier und den Kaffeeweißer für ihn). Wir alle erinnern uns noch, wie sie 2020 auf einer Demo in Berlin Dunja Hayali derart in Panik versetzten, dass sie samt Kamerateam die Flucht ergriff, um ihr blankes Leben zu retten. Die waren so etwas von unfreundlich und haben sich gar über die Berichte beschwert, die über sie gesendet wurden. Es ist nicht überliefert, ob sie gar die fröhlichen Becher des ZDF-Morgenmagazins abgelehnt haben. Zuzutrauen wäre es diesen Extremisten!

Die "heute-Show" als Bastion feingeistiger und kritischer Satire weiß das treffsicher einzuordnen. Schließlich beschäftigt sie sich seit ein paar Jahren ausgiebig mit den Umtrieben der Opposition und trägt so zum Erhalt unserer Demokratie bei. Als kleingeistiges, Höcke-affines Individuum vermag ich dieser Form intellektueller Unterhaltung seit Jahren nur noch in kleinen Dosen bei Twitter zu folgen, sonst wäre ich geistig längst überfordert. Denn schon jetzt mag es mir nicht recht gelingen, diesen Dienst an unserer Freiheit richtig wertzuschätzen: Aber das liegt sicherlich an mir, da ich noch der irrigen Vorstellung anhänge, Aufgabe von Satirikern sei es, die Mächtigen zu kritisieren. Moderne Satire hat aber - so reime ich es mir in meinem kleinen Gehirn zusammen - die Aufgabe, das Bestehende zu bewahren und es vor Kritik zu schützen. So muss dann auch die Beweisführung von der Schuld der Querdenker am Niedergang der Presse verlaufen sein - denn die Presse hat in Deutschland die Freiheit, die Regierung vor lästigen Nachfragen zu bewahren. Ist ihr damit nicht eine immens wichtige Vertrauensstellung eingeräumt worden?

Wenn die "heute-Show" uns sagt, wir wären an etwas schuld, sollten wir es uns zu Herzen nehmen, egal wie merkwürdig uns diese Zuweisung vorkommt. Denn mit dieser Schuld werden uns geradezu magische Kräfte verliehen. Wir kennen das alle auch aus dem Privatleben: Wer sich einem Choleriker als Prellbock verweigert, darf sich nicht wundern, wenn der noch cholerischer wird - deshalb raten uns weise Menschen, alles still zu erdulden. Ohnehin müssen wir lernen, sehr viel mehr Kritik zu ertragen, denn jeder, der uns kritisiert, handelt aus ehrenvollen, vollkommen uneigennützigen Motiven und will uns keineswegs kleinhalten - wir sind einfach kleiner und unwissender als er. Haben wir das denn noch immer nicht begriffen, nachdem uns medizinische Fachleute wie Karl Lauterbach mit traumwandlerischer Sicherheit unbeschadet durch die Corona-Krise geführt haben? Und keineswegs sollten wir unserer Intuition trauen, wenn diese uns sagt, dass an einer Sache etwas faul ist. Migranten bereichern uns, Impfstoffe sind sicher und Präsident Selenskij verhält sich so ehrlich wie der Papst. Wenn es eine Autorität sagt, muss es stimmen. 

Es ist wohl am besten, das eigenständige Denken ganz einzustellen. Dann kann es zwar immer noch geschehen, dass einem für irgendetwas die Schuld in die Schuhe geschoben wird, das man gar nicht verbrochen hat, aber man spart sich eine Menge Grübelei. Lediglich ein wenig sensibel dafür muss man bleiben, in welche Richtung der Wind gerade weht, um sich eine Menge Ärger zu ersparen. Man wird bei Facebook nicht mehr entfreundet, weil die eigene Meinung irgend etwas Böses unterstützt, was sich durch die reine Meinungsäußerung allein bereits manifestiert. Diskussionen sind schädlich, denn sie weisen alternative Sichtweisen auf, welche schlichte Gemüter wie mich in die Irre weisen könnten - das steht so ähnlich schon in der ersten Sure des Koran. 

Also bloß nicht querdenken, sonst wird die "heute-Show" richtig sauer und sieht die Pressefreiheit in Gefahr. Und dann sitzt Putin auf seinem Thron aus Klopapier und freut sich ein Loch in den Bauch. Vielleicht übernimmt er das Fernsehformat dann auch gleich in Russland - Ollie Welke mit Bärenfellmütze wäre sicherlich ein imposanter Anblick!



Montag, 2. Mai 2022

König Olaf I. folgt Königin Angela die Allerletzte...

von Thomas Heck...

Während ein guter Teil der indigenen Bevölkerung angesichts steigender Benzin-, Gas- und Strompreise zunehmend in finanzielle Probleme gerät, die durch eine galoppierende Inflation nicht unbedingt abgemildert werden, gönnen sich unsere Parlamentarier wie jedes Jahr eine saftige Erhöhung ihrer Diäten. Und dabei bleibt es nicht. Eine inflationäre Zahl von Mitarbeitern, die rot-grün-gelb mitgebracht haben, scheinen mittlerweile keinen Schreibtisch mehr zu haben und es muss angebaut werden. Hubschrauber-Landeplatz für eine mögliche Flucht inklusive. Planungen dafür waren schon unter der Regierung Merkel angeschoben worden. Wir hatten schon vor zwei Jahren hierüber berichtet...


Trotz Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Energie-Krise, Rekordverschuldung und Haushaltsnotstand: Das Bundeskanzleramt wird in seinem Umfang verdoppelt und damit zur größten Regierungszentrale der westlichen Welt ausgebaut. Dieser Luxus geht eindeutig zu weit, meint Gunnar Schupelius von der BZ.

Der Berliner Senat hat den Bebauungsplan für die Vergrößerung des Bundeskanzleramtes genehmigt. Am bestehenden Gebäude ist ein „Anbau“ geplant.

Dieser Anbau soll Platz für 400 neue Büros schaffen und wird mit einer Nutzfläche von 25.000 Quadratmetern exakt genauso groß sein wie das jetzige Kanzleramt.

Die Baukosten werden auf 600 Millionen Euro geschätzt. Der Bundesrechnungshof geht von einer sehr viel höheren Summe aus und hat das Projekt mehrfach heftig kritisiert.

Dieser Protest hat die Bundesregierung nicht beeindruckt. Es herrsche „akuter Büromangel“, heißt es im Bundeskanzleramt. Die Planung endet 2023, dann beginnen die Bauarbeiten.

„Der Erweiterungsbau wird die Raumnot des Bundeskanzleramtes beenden“, sagte Bausenator Andreas Geisel (SPD).

Die Raumnot kam nicht von ungefähr. Sie ist das Ergebnis der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) zwischen 2005 und 2021. In diesem Zeitraum wurde die Zahl der Mitarbeiter von 460 auf 750 erhöht.

Damit sind nur die Beamten und Angestellten im „Kernbereich“ gemeint. Dazu kommen bei der Beauftragten für Kultur und Medien noch 370 und im Bundespresseamt noch 2900 Planstellen. Insgesamt wurde der Bereich des Kanzleramts auf 4106 Mitarbeiter aufgeblasen.

Und das Ende der Fahnenstange ist damit nicht erreicht: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) folgt dem schlechten Beispiel der Frau Merkel und will abermals 75 neue Planstellen in seinem Amt schaffen. Damit würde sich die Zahl der Mitarbeiter im „Kernbereich“ auf 825 erhöhen, das berichtete „Report Mainz“ (ARD) am vergangenen Dienstag. Wenn es so weitergeht, wird also auch der Anbau nicht reichen.

Wer danach fragt, warum immer mehr Personal eingestellt wird, obwohl die Aufgaben ja die gleichen bleiben, bekommt unverständliche Antworten: Das Personal werde für die „Erschliessung neuer Politikbereiche“ gebraucht, für „strategische Vorausschau“ und „evidenzbasierte Projektarbeit“. Die „Neue Züricher Zeitung“ hat eine Sammlung solcher phrasenhaften Begründungen veröffentlicht.

Dahinter wird die Wahrheit versteckt, die so aussieht, dass sich Kanzler und Minister hemmungslos mit neuen Planstellen eindecken, um ihre Parteifreunde zu versorgen.

FDP und Grüne haben das in der Vergangenheit angeprangert. Jetzt machen sie selber mit. Der FDP-Abgeordnete Otto Fricke behauptet, er habe befristete Beschäftigungsverhältnisse durchsetzen wollen, das sei an SPD und Grünen gescheitert.

Wir halten fest: trotz Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Energie-Krise, Rekordverschuldung und Haushaltsnotstand verdoppeln sie das Bundeskanzleramt! Im Tiergarten entsteht die größte Regierungszentrale der westlichen Welt, dreimal größer als der Élysée-Palast, achtmal größer als das Weiße Haus und zehnmal größer als Downing Street 10.

Es geht zu wie bei Hofe. Die Regierung leistet sich einen Luxus, der nur noch unverschämt ist.




Ich Mann, Du nix!

von Mirjam Lübke...

Es ist einmal wieder passiert: Ein sogenannter "Ehrenmord" - was immer es auch mit Ehre zu tun hat, eine Frau auf offener Straße brutal zu ermorden. In Pankow brachte "ein Mann" die Mutter seiner sechs Kinder um, wir haben es, er hieß nicht Günther oder Ralf, sondern stammte aus Afghanistan. Seine Frau hatte sich schon vor einer Weile von ihm getrennt, und "kulturbedingt" sah er sich geradezu gezwungen, sie dafür zum Tod zu verurteilen. Angeblich ging es um die Familienehre, aber tatsächlich soll so ein deutliches Signal an alle anderen Frauen gesendet werden: "Wenn du nicht gehorchst, geht es dir an den Kragen".


Ahmad Mansour gehört in Deutschland zu denjenigen, welche sich einen relativ realistischen Blick auf die Integration von Migranten mit muslimischen Hintergrund bewahrt haben. Er spricht vieles offen aus, was in Deutschland gern unter den Teppich gekehrt wird, aber im Falle Angriffs auf die Afghanin ist mir seine Aussage zu lasch - vor allem, weil er das Gesagte unkommentiert stehen lässt. Deutschland ist schuld, wenn Männer ihre Frauen ermorden? Das ist nicht nur eine dreiste Schuldzuweisung an uns als Gastland, sondern wieder einmal der Versuch, die eigenen Regeln gegen unsere Gesetze durchzudrücken. Wo kämen wir denn hin, wenn Frauen sich frei bewegen dürften? 

Als Zustandsbeschreibung mag es zutreffen, hier die Angst vor Kontrollverlust zu thematisieren. Aber in Deutschland neigt man seit einiger Zeit dazu, dies dann als unveränderliche Tatsache zu akzeptieren, es ist genau das, was Ayaan Hirsi Ali den "Rassismus der kleinen Erwartungen" nennt - man greift nicht ein, hebt desinteressiert die Schultern und nimmt es hin wie exotische Folklore. Länder, Menschen, Abenteuer mitten in Deutschland, da hüpft das Herz des "No borders"-Aktivisten. Der kann die Tür nicht weit genug aufmachen, aber von den damit ausgelösten Schwierigkeiten will er nichts wissen. Wie es weiblichen Flüchtlingen geht, die unter dem Kontrollzwang der männlichen Verwandtschaft leiden, ist ihnen egal. Selbst als in Düsseldorf Frauen aus der Ukraine in einer Unterkunft vergewaltigt wurden, kehrte man das rasch beiseite - die Frauen haben Deutschland inzwischen verlassen und leben in Polen, wo die Hilfsbereitschaft groß ist. 

Der Kulturbonus hängt wie eine dicke, dunkle Wolke auch über den juristischen Entscheidungen bezüglich der Täter. Auch der Afghane, der sich selbst zum Witwer machte, ist wieder sehr rasch als "psychisch krank" und "traumatisiert" eingestuft worden - zuverlässig beginnt das übliche Prozedere. Vor Gericht bedeutet das meist ein abgemildertes Urteil, wobei sich scheinbar niemand Gedanken über die Brutalität dieses kulturellen Hintergrundes macht. Man sollte vielleicht in jedem Gerichtssaal den Spruch Henryk Broders aushängen: "Kultur ist, wenn man jemandem den Kopf abschlägt und eine Vase daraus macht. Zivilisation ist, wenn man dafür lange in den Knast kommt". 

Die meist milden Urteile, das große Verständnis für den "kulturellen Zwang": Das sagt potentiellen Tätern nur zu deutlich, dass sie "es in Deutschland machen können". Dabei ließe es unser Asylrecht durchaus zu, die Täter ins Flugzeug zu setzen und nach Hause zu schicken. Wer die öffentliche Ordnung gefährdet, büßt nämlich sein Aufenthaltsrecht ein. Aber selbst bei diesen harten Kalibern wird sich noch ein verständnisvoller Deutscher finden, der ein solches Vorgehen als zu hart empfindet. Vor ein paar Jahren meinte die "Kabarettistin" Sara Bosetti gar, das wäre den Frauen im Herkunftsland nicht zuzumuten. Wie nett, dass sie wenigstens auf die Damen im mittleren Osten Rücksicht nimmt. 

"Aber Deutsche machen so etwas doch auch!" - Ja, auch hier gibt es eheliche Gewalt, die Deutschen sind sogar so "emanzipiert", dass bisweilen Frauen ihre Männer schlagen. Allerdings gilt das bei uns nicht als wünschenswert oder wird gar von der Gesellschaft erwartet. Selbst als Gewalt in der Ehe noch nicht gesetzlich geahndet wurde, galt vor allem ein schlagender oder gar mordender Ehemann keineswegs als ehrenhaft, im Gegenteil, gerade die körperliche Unterlegenheit vieler Frauen ließ ihn als Widerling erscheinen, der sich nicht mit Gleichstarken messen will. Zusätzlich wird mit der Tatsache, dass auch Deutsche Straftaten begehen, gewiss kein "Guthabenkonto" eröffnet. Schon gar nicht für Täter, die hier Schutz gesucht haben. 

Wie soll man es schaffen, diese Männer dauerhaft zu integrieren? Natürlich gibt es immer einzelne Fälle, in denen das gelingt, dazu muss der Migrant es aber auch wollen und sich mit eigenem Engagement einbringen. Aber wenn noch nicht einmal Klarheit darüber herrscht, dass Frauen hier nicht umgebracht werden dürfen, wie soll dann eine Integration ins Arbeitsleben aussehen? Wie werden sie mit der Lehrerin ihrer Kinder umgehen oder wenn sie im Krankenhaus von einer Ärztin behandelt werden? Wie ich unsere Mentalität kenne, wird auch auf derlei Empfindsamkeiten demnächst Rücksicht genommen werden, damit sich niemand "provoziert" fühlt. Auch Ahmad Mansour hat schon einmal gesagt: Es fängt nicht erst beim Ehrenmord an, sondern wenn Mädchen nicht gleich behandelt werden. Vielleicht kann er das den Herren irgendwann einmal deutlich vor Augen führen - damit wir uns nicht für jede Bluttat die gleichen Ausreden anhören müssen. Es reicht jetzt!

Olaf Scholz und der Kreml...

Olaf Scholz und der Kreml
Zwischen Distanz und Nähe - Wladimir Putin und Olaf Scholz bei einem Treffen am 15. Februar 2022 im Kreml (1)

Die Ampelkoalition hat beschlossen, der Ukraine zur Verteidigung schwere Waffen zu liefern – neun Wochen nach Beginn der russischen Invasion. Verhindert hatte die Lieferungen Bundeskanzler Olaf Scholz. Wie bei vielen SPD-Politikern hat das auch mit seiner politischen Vergangenheit zu tun.

Von Hubertus Knabe

Die Liste hochrangiger Politiker, die die Ukraine in den letzten Wochen besucht haben, ist lang. Sie reicht von UN-Generalsekretär Antonio Guterres über EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bis zum britischen Regierungschef  Boris Johnson. Sie alle wollten ihre Solidarität mit einem Land demonstrieren, das am 24. Februar von einer erdrückenden Übermacht russischer Truppen überfallen wurde. Nur einer hat es bisher abgelehnt, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufzusuchen: Bundeskanzler Olaf Scholz, Regierungschef der größten Wirtschaftsmacht Europas.

Warum sich Scholz so zögerlich verhält und bis in die vergangene Woche verhinderte, dass Deutschland der Ukraine wirkungsvollere Waffen zur Selbstverteidigung liefert, lässt viele Beobachter rätseln. Doch wie bei vielen SPD-Politikern dürfe die Erklärung dafür auch in Scholz politischer Vergangenheit und den damals erworbenen Orientierungen liegen. Zu Beginn seiner politischen Karriere war er nämlich nicht nur überzeugter Marxist, sondern auch Exponent jener sogenannten Friedensbewegung, die die NATO und die USA als unverantwortliche Kriegstreiber betrachtete. In sicherheitspolitischen Fragen stellte er sich offen auf die Seite des Kremls.

Überzeugter Gegner der NATO

Als Scholz 1982 Vizechef der Jungsozialisten wurde, standen sich Moskau und der Westen ähnlich unversöhnlich gegenüber wie heute. Im Dezember 1979 waren sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschiert und der Kreml hatte Hunderte nukleare Mittelstreckenraketen neu auf Westeuropa gerichtet. Während die NATO, initiiert von Schmidt, mit der Stationierung eigener US-Raketen dagegenhielt, geißelte Scholz in Aufsätzen und Reden die „aggressiv-imperialistische NATO-Strategie“und deren „rechte“ Unterstützer in der SPD.

„Aggressiv-imperialistische NATO-Strategie“ – Olaf Scholz bei einer Demonstration gegen NATO-Raketen ca. 1982 (2)

Scholz kämpfte dabei nicht nur auf heimischen Boden gegen die NATO. Er verbündete sich in diesem Kampf vielmehr auch mit hohen Ostblock-Funktionären. Wie erst kürzlich bekannt wurde, reiste er zu diesem Zweck seit 1983 regelmäßig in die DDR – zwischen September 1983 und Juni 1988 insgesamt neunmal. Die DDR-Grenzorgane wurden dabei stets angewiesen, ihn vom Zwangsumtausch zu befreien und ihm eine „besonders  bevorzugte, höfliche Abfertigung“ zuteilwerden zu lassen.

Dokumente aus dem Bundesarchiv zeigen, dass sich Scholz damals weit stärker mit der Politik des Kremls identifizierte als mit der der USA oder der Bundesregierung. Nachlesen kann man das zum Beispiel in den Unterlagen über eine Reise des Juso-Bundesvorstandes im Januar 1984. Schon im Vorfeld hatten die Funktionäre des DDR-Jugendverbandes FDJ vermerkt, dass Scholz zur marxistisch orientierten Stamokap-Gruppe gehöre, die oft stärker bereit sei, „mit Kommunisten zusammenzuarbeiten.“ Tatsächlich profilierte sich Scholz damals im SPD-Jugendverband als inoffizieller Sprecher der Minderheit radikaler Marxisten, der in Reden und Aufsätzen gegen die Mehrheit der „Reformisten“ wetterte.

Die Juso-Delegation wurde damals vom zweitwichtigsten Funktionär der DDR, dem ZK-Sekretär für Sicherheit Egon Krenz empfangen. In der DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ konnte man sehen, wie Scholz – seinerzeit noch mit rotem Wuschelkopf – Krenz gegenüber saß. In dem fast zweitstündigen Gespräch versicherten die Jusos, dass sie „1984 noch aktiver als bisher die Aktion der Friedensbewegung gegen die Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles in Westeuropa unterstützen“ wollten. Zudem vertraten sie die Ansicht, dass die Sowjetunion „den USA noch viel mehr Atomraketen vor die Haustür stellen“ müsste. Anders als Krenz kürzlich behauptete, forderten sie auch nicht die Freilassung der inhaftierten Bürgerrechtlerinnen Bärbel Bohley und Ulrike Poppe, sondern gaben sich laut einem Bericht „mit der Erklärung des Genossen Krenz zufrieden, dass in der DDR keiner für seine Gesinnung inhaftiert werde.“

„Noch viel mehr Atomraketen vor die Haustür“ – Olaf Scholz (2.v.r.) beim ZK-Sekretär für Sicherheit Egon Krenz 1984 (3)

Bei einem Empfang in der Vertretung der Bundesrepublik würdigte der Chef der Jusos, Rudolf Hartung, den Aufenthalt „als den bisher erfolgreichsten in den Beziehungen zwischen FDJ und Jungsozialisten.“ Als Scholz dabei gefragt wurde, was die Jusos denn zur Stationierung sowjetischer Raketen in der DDR sagten, antwortete dieser sybillinisch: Es gebe zwar einen Beschluss der SPD gegen die Stationierung amerikanischer Raketen – aber keinen gegen die sowjetischer Raketen, die er eindeutig für einen „Akt der Nachrüstung“ halte. In einer gemeinsamen Presseerklärung forderten FDJ und Jusos am letzten Besuchstag „den sofortigen Stationierungsstopp und den Abzug der bisher aufgestellten US-Erstschlagwaffen“.

„Völlige Übereinstimmung“ mit der FDJ

Im Oktober 1986 war Scholz erneut beim Zentralrat der FDJ. Auch diesmal wurden die Jungsozialisten von Krenz empfangenEinem Bericht zufolge wurden mit Scholz „auch die meisten Fragen zur Abschlussvereinbarung durchgesprochen“. Die Jusos hatten sich darin erstmals die Forderung der DDR zu eigen gemacht, Ostdeutschland wie einen ausländischen Staat zu behandeln – entgegen dem Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz.

Jusos und FDJ vereinbarten zudem, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden, der auch Scholz angehörte. Im Dezember 1986 reiste er deshalb erneut nach Ost-Berlin. Die FDJ vermeldete anschließend, „dass wir im Grundsatz völlige Übereinstimmung erzielen konnten.“ Die Jusos hätten einem Vorschlag der FDJ zugestimmt, gemeinsam für atom- und chemiewaffenfreie Zonen in Mitteleuropa einzutreten. Auch andere westeuropäische Jugendverbände sollten nun für diese Forderung gewonnen werden. Da der Großteil des sowjetischen Waffenarsenals davon nicht betroffen war, wäre eine Umsetzung in erster Linie zu Lasten der NATO gegangen.

In erster Linie zu Lasten der NATO – FDJ-Demonstration gegen die „imperialistische Hochrüstung“ 1981 in Halle (4)

Das Sekretariat des SED-Zentralkomitee segnete die Pläne der FDJ im Januar 1987 ab. Bereits im Februar stellten die Jusos mit den Abgesandten aus der DDR ihre „Übereinkunft“ in Bonn vor. Weil der Weltfrieden heute „gefährdet wie nie zuvor“ sei, so hieß es darin, brauche es eine „neue Phase der Entspannungspolitik“. Insbesondere das Vorhaben des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, einen Abwehrschirm gegen sowjetische Interkontinentalraketen aufzubauen, wurde kritisiert. Scholz, der das Papier mit schwungvollen Lettern unterschrieben hatte, erklärte den FDJ-Vertretern bei dieser Gelegenheit, sein Ziel sei „die Formierung der SPD zu einer linken Massenpartei, die fähig ist, die politischen Machtstrukturen in der BRD zu verschieben.“

„Formierung der SPD zu einer linken Massenpartei“ – Übereinkunft zwischen Jusos und FDJ vom Februar 1987

Scholz weilte nun regelmäßig in der DDR. Im März 1987 nahm er an einem Internationalen Friedensseminar der FDJ in Ost-Berlin teil. Laut Ablaufplan sollten er oder ein anderer Juso-Vertreter dabei auch SED-Chef Erich Honecker vorgestellt werden. Wie das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ berichtete, nahm Scholz damals auch an einer Pressekonferenz teil, auf der er die Initiative von Jusos und FDJ als „Beispiele für die Machbarkeit konkreter Friedenspolitik“ hervorhob. Etwa zur selben Zeit mokierte er sich über das Bekenntnis zur NATO im Entwurf eines neuen SPD-Grundsatzprogramms und betonte: „Der Frieden ist bedroht durch eine neue globale Strategie der USA.“

Im September 1987 beteiligte sich Scholz an einer offiziellen FDJ-Demonstration in der DDR. Auf einem Foto in deren Zentralorgan „Junge Welt“ sieht man, wie er in der ersten Reihe neben FDJ-Chef Eberhard Aurich durch Wittenberg läuft. Vor dem Rathaus hielt er anschließend eine Rede, die im DDR-Radio übertragen wurde. Zwei Monate später wirkte er an einem Seminar mit, das dem Zweck diente, die Forderungen von Jusos und FDJ auch vor Vertretern internationaler Jugendorganisationen zu propagieren. Untergebracht wurden die westlichen Gäste im Hotel „International“ in Magdeburg, nachdem das Reisebüro der DDR bereits vergebene Zimmer für sie hatte freiräumen müssen. Der Zentralrat der FDJ dankte anschließend dem Staatssicherheitsdienst und weiteren DDR-Ministerien „für die sorgfältige und umsichtige politische Unterstützung“.

Dank an den Staatssicherheitsdienst – Olaf Scholz (am Mikrofon) bei einer FDJ-Kundgebung im September 1987 (5)

Die Stasi begann in dieser Zeit, verstärkt gegen die aufkeimende Opposition in der DDR vorzugehen. Mitte Januar 1988 wurden über 100 Bürgerrechtler verhaftet und teilweise ausgebürgert. Der damalige Juso-Vorsitzende schrieb zwar nach einiger Zeit einen mahnenden Brief an Aurich, veröffentlichte diesen aber nicht, wie die FDJ-Führung aufmerksam registrierte; nur der Bundesausschuss gab eine öffentliche Erklärung ab. Als sich der kommunistische Jugendverband trotzdem über diese „Einmischungsversuche“ beschwerte, betonte Scholz die „moderate Behandlung der jüngsten Ereignisse in der DDR durch die Jusos“. Zugleich bekräftigte er seinen Wunsch, die Beziehungen zur FDJ weiterzuentwickeln – „möglichst ohne konjunkturelle Belastungen.“

1988 zog die FDJ Bilanz. „Die Jusos wurden Partner der FDJ im Friedenskampf,“ heißt es in einer als Vertrauliche Verschlusssache eingestuften Analyse. Auch mit anderen kommunistischen Jugendverbänden des Ostblocks würden diese zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass Scholz auch Vizepräsident des Weltverbandes sozialistischer Jugendorganisationen IUSY sei. Tatsächlich wurden, wie aus mehreren Dokumenten hervorgeht, die Forderungen von FDJ und Jusos zur Zufriedenheit der SED nicht nur in Deutschland, sondern auch international verbreitet und unterstützt. Unter „Schlussfolgerungen“ hieß es in der Analyse: „Es ist so auf die Jusos einzuwirken, dass sie die von ihnen mitgetragenen Friedensvorschläge der Sowjetunion, der DDR und der anderen sozialistischen Staaten in ihrem Bündnisbereich in der BRD und in der Internationalen Union der Sozialistischen Jugend verankern und stabil vertreten.“

Die „wahren Feinde des Friedens“ in den USA

Im Mai 1988 war Scholz ein weiteres Mal in der DDR. Diesmal nahm er an einem Seminar der FDJ über „Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Zusammenarbeit junger Kommunisten und junger Sozialdemokraten“ bei der Friedenssicherung teil. „Das Auftreten der Delegation“, heißt es in einem anschließend gefertigten Bericht, „war geprägt vom offensichtlichen Willen, den erreichten Stand der Beziehungen zur FDJ konstruktiv fortzusetzen.“ „Auffällig“ nannten es die FDJ-Funktionäre, dass die innere Situation in der DDR keine große Rolle gespielt hätte. An der „Buhmann-Diskussion gegen die DDR“ hätten sich die Jusos nicht beteiligt. Die „Friedensoffensive der sozialistischen Länder“ hätte laut Jusos vielmehr zu einem „Aufbrechen des antikommunistischen Feindbildes“ in der Bundesrepublik geführt. Die „wahren Feinde des Friedens“ befänden sich im „Militär-Industrie-Komplex der USA“ und in der „Stahlhelm-Fraktion“ von CDU/CSU.

„Aufbrechen des antikommunistischen Feindbildes“ – FDJ-Information über ein Seminar mit Olaf Scholz 1988

Bei dem Seminar erklärte Scholz auch seine Bereitschaft, an einem „Internationalen Treffen für kernwaffenfreie Zonen“ in Ost-Berlin teilzunehmen. Bei der Veranstaltung setzte sich die hochmilitarisierte DDR im Juni 1988 vor mehr als tausend Teilnehmern aus 113 Ländern als Friedensstaat in Szene. Scholz wurde diesmal schon fast wie ein Staatsgast behandelt, denn ein ZK-Mitarbeiter holte ihn persönlich mit dem Auto am Grenzübergang ab. Den Unterlagen zufolge war dies Scholz‘ letzte Reise in die DDR.

Das alles ist über 30 Jahre her. Nicht nur äußerlich hat sich Scholz seitdem erheblich verändert. Gleich geblieben ist hingegen das Großmachtdenken im Kreml, das den umliegenden Staaten das Recht auf Selbstbestimmung abspricht – und die Bereitschaft vieler Sozialdemokraten, die daraus folgende Politik zu akzeptieren. Wie kein anderer steht dafür der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder, der Aufsichtsratschef zweier russischer Staatskonzerne ist und am 30. Juni in den Aufsichtsrat von Gazprom einziehen soll.

Er war es, der als Juso-Vorsitzender 1980 die Zusammenarbeit mit der FDJ begann.

Erschienen auf hubertus-knabe.de ...



Sonntag, 1. Mai 2022

Wie Annalena lernte, die Bombe zu lieben...

von Mirjam Lübke...

Atomkrieg - allein das Wort macht mir als Kind der Achtziger schon Angst. Damals wurde uns oft vorgerechnet, wie oft man die Weltbevölkerung mit dem vorhandenen Arsenal an Nuklearwaffen auslöschen könnte. Es war weitaus mehr als einmal. Aber selbst bei einem funktionierendem Zivilschutz - den wir in Deutschland seit mindestens 15 Jahren nicht mehr betreiben - wären die Überlebensaussichten gering. Auch dem sichersten Bunker gehen irgendwann die Vorräte aus - dann beginnt der Überlebenskampf untereinander. Und draußen ist eh alles hin. Vielleicht sollte sich Annalena Baerbock mal ein paar Filmklassiker in dieser Richtung ansehen: "The day after", "Wenn der Wind weht" oder, wenn russische Filme noch nicht zu sehr verpönt sind, die "Briefe eines Toten". Einer bedrückender als der andere. 


Damals gab es sogar ein Szenario, das vorsah, erst einmal Deutschland zu opfern und dann noch einmal nachzuverhandeln. Natürlich ging das nicht so einfach, denn atomare Strahlung stoppt nicht an Grenzen - die übrigen europäischen Länder zeigten sich daher wenig begeistert. Eigentlich waren sich alle einig, den Wahnsinn der atomaren Aufrüstung nur deshalb zu betreiben, um einen Krieg zu verhindern, den einfach niemand gewinnen konnte. Leider kamen im Laufe der Zeit auch kleinere Nationen auf die Idee, bei den Großen mitspielen zu wollen. In Pakistan gab man die Parole aus, die Bevölkerung lieber "Gras fressen zu lassen" als auf die Bombe zu verzichten - Atomwaffen muss man sich leisten können. 

Wie man einem Atomkrieg gelassen entgegensehen kann, so wie es Annalena Baerbock äußerte, ist mir vollkommen schleierhaft. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow äußerte sich gestern ähnlich, dabei gehört er einer Generation an, die durchaus noch den kalten Krieg in Erinnerung haben dürfte. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, Putin würde seine Drohung, Nuklearwaffen einzusetzen, ohnehin nicht wahrmachen. Denn auch ihm müsste klar sein, dass es bei einem begrenzten Atomschlag aller Voraussicht nach nicht bleibt. Von dieser Sichtweise gehen aber weder Baerbock noch Ramelow aus. 

Was ist nur in letzter Zeit los? Haben die früheren Kuschelbären-Politiker plötzlich eine Profilneurose entwickelt, die ihnen befiehlt, jede Umsicht über Bord zu werfen? Offensichtlich haben sie bisher nur Schönwetter- und "Weitweitweg"-Pazifismus betrieben und kippen nun ins totale Gegenteil. Es kracht und tötet an allen möglichen Ecken und Enden der Welt - in Libyen, dem Südsudan, im Jemen, Somalia - hinzu kommen noch fortlaufende Drogenkriege, all das erschütterte unsere Pazifisten nicht. Ihre einzige Reaktion: Die Grenzöffnung für jeden, der auch nur annähernd aus der betroffenen Region kam. 

Wehrhaft sind unsere Kuschelbären-Politiker nämlich im eigentlichen Sinne nicht geworden, im Grunde wollen sie nur anderen die Waffen in die Hand drücken. Nach der Devise "viel hilft viel". Deutschland, das sich selbst im Ernstfall nicht mehr gegen einen Angriff von außen verteidigen könnte und es im Inneren nicht fertig bringt, reale Gefahren etwa durch Islamisten zu bekämpfen, will anderen das Kämpfen beibringen. Und es dürfen auch nicht nur Waffen zur Verteidigung gegen Panzer sein, die geliefert werden, sondern gleich Panzer selbst, deren Tiernamen Annalena Baerbock äußerst verwirrend findet. Hat sie sich denn noch nicht einmal ein bisschen beraten lassen, bevor sie Entscheidungen trifft, die weitreichende Konsequenzen für unser Land haben können? 

Diese Leichtfertigkeit ist erschreckend. Gleichzeitig werden die nächsten Umweltprinzipien dem Krieg geopfert: Um möglichst schnell an amerikanisches Flüssiggas zu kommen - aus Fracking! - werden nun auch noch für den Bau der entsprechenden Annahme-Terminals die Umweltschutz-Anforderungen gesenkt. Frieren gegen Putin, Wassersparen gegen Putin, die Umwelt versauen gegen Putin? 

Putin ist - nicht ohne Eigenverschulden - der Schurke der Stunde. Schließlich hat ihn und seine Armee niemand gegen seinen Willen über die ukrainische Grenze gezogen. Die Frage ist daher nicht, warum man Putin nicht unterstützen sollte, sondern warum ausgerechnet bei ihm das links-grüne Gewissen erwacht. Deutschland macht schließlich auch mit China, Saudi-Arabien oder dem Iran weiterhin gute Geschäfte, die ihrerseits ebenfalls keine Freunde von Menschenrechten sind und eigene Stellvertreterkriege führen. Liegt es an der historischen Verflechtung? Das der ukrainische Botschafter, selbst Anhänger des Hitler-Kollaborateurs Bandera, fleißig die Nazi-Keule schwingt, scheint Eindruck zu schinden. Unsere Medien sind ebenfalls fleißig damit beschäftigt, das Asow-Regiment zu entnazifizieren. Wenn die Moral nicht eindeutig auf einer Seite steht, muss man eben ein wenig nachhelfen. 

Man ist nämlich stolz darauf in Berlin, auf der "richtigen" Seite zu stehen, selbst wenn es zu einem dritten Weltkrieg kommt. Das ist wohl das Hauptmotiv des forschen Auftretens. Deshalb geht es Baerbock & Co. längst nicht mehr um militärische oder humanitäre Hilfe, sondern darum, zu den "Guten" zu gehören. Doch wie schon in der Migrationskrise 2015 wird dabei jeder Gedanke, ob wir das Versprochene überhaupt leisten können (und wollen) ganz schnell verdrängt. Man hofft darauf, sich auch diesmal wieder irgendwie durch die Krise lavieren zu können, auch wenn legitime deutsche Interessen dabei auf der Strecke bleiben. Dabei hat die jüngst stattgefundene Ramstein-Konferenz deutlich gezeigt, dass Deutschlands Rolle längst nicht so wichtig genommen wird, wie man es sich in Berlin gern einredet - im Zweifelsfall wird jedes militärische und finanzielle Opfer unseres Landes für die Katz gewesen sein.





Samstag, 30. April 2022

Wenn die Linke nach unten tritt...

von Myriam Lübke...

Früher hieß es bei Revoluzzern: "Friede den Hütten, Krieg den Palästen." Der sozialistischen Realität hat das bekanntlich nie standgehalten, wenn politische Gegner ausgeschaltet werden sollten, dann wurden sie aus teuren und billigen Behausungen gleichermaßen herausgezerrt. Denn es geht den Revolutionären nicht in erster Linie um den Besitz an sich, sondern vielmehr um das, was die Menschen denken. Mit dem Neidfaktor lassen sich zwar bei manchem Sympathien für die "gute Sache" generieren, aber heute sitzen in einigen Palästen durchaus Förderer der linken Sache - weil Kapitalismus und Sozialismus längst ein Zweckbündnis eingegangen sind. Die Linke braucht das Kapital, um ihre Klientel auskömmlich zu versorgen. 


Linksextremisten legen sich längst nicht mehr mit den großen Tieren an, denn auch wenn sie ihre roten Linien immer weiter zugunsten ausufernder Gewalt verschieben, wissen sie genau, wo sie sich auch im übertragenen Sinne eine blutige Nase holen werden. Auch der jüngste Überfall in Erfurt passt in dieses Schema. Eine junge Verkäuferin wurde in einem Thor-Steinar-Laden brutal zusammengeschlagen, einer der Täter stand draußen Schmiere. Wie heldenhaft. Vor den Trägern der berüchtigten Jacken hat man Angst, sie könnten schließlich wehrhaft sein, da greift man sich lieber eine junge Frau. Zu viert, um bloß kein Risiko einzugehen. Man fragt sich, wo diese Rudelkämpfer noch den Unterschied zwischen sich und tatsächlichen Neonazis sehen, das Jagdverhalten gleicht sich wie ein Ei dem anderen. 

Noch ein paar Tage vorher hatten sich staatlich geförderte linksextreme Projektgruppen aus Thüringen für mehr Gesinnungskontrolle bei Richtern und Staatsanwälten stark gemacht - natürlich nur bei "rechten" Juristen. Man legte zudem Nähe, junge Juristen sollten schon im Studium darauf gedrillt werden, Rechte an ihrer Kleidung zu erkennen. Linke Organisationen scheinen geradezu besessen davon zu sein, das Böse an äußerlichen Merkmalen zu erkennen: Wir erinnern uns noch an die Kindergarten-Broschüre der Amadeu-Antonio-Stiftung, in der Erzieherinnen dazu angehalten wurden, bei Mädchen auf verdächtige Zöpfe zu achten. Ob wir es Greta Thunberg zu verdanken haben, dass das Heftchen aus der Öffentlichkeit verschwunden ist? Immerhin lagen bei ihr zwei Verdachtsmomente vor...

Natürlich gibt es szenetypische Kleidung, obwohl sich die Grenzen da schnell verwischen. Wenn eine Jacke einen breiten Rücken vorgaukelt oder betont, steckt darin nicht unbedingt ein Neonazi, man kann das Kleidungsstück dann auch in No-Go-Areas häufig bewundern. Aber selbst wenn das so ist, kann man immer wieder nur über die Dreistigkeit den Kopf schütteln, mit der Linksextremisten sich die Rolle des Ordnungshüters anmaßen. Wenn man bedenkt, wie viel Verachtung sie für Polizisten und Richter übrig haben, kann man sich anhand ihres Verhaltens lebhaft ausmalen, wie unsere Gesellschaft aussähe, wenn sie deren Platz einnehmen würden. Es gliche einer beständigen Hexenjagd. 

Dabei geben Linke doch so viel auf Milieustudien. Ein bodenständiger Alt-Linker würde deshalb wahrscheinlich die gesellschaftlichen Missstände beklagen, welche eine junge Frau "zwingen" in einem einschlägigen Laden ihre Brötchen zu verdienen. Aber um derlei Verständnis zu erhalten, muss man heute schon mindestens Serienmörder sein. Die sind schick. Vor allem, wenn sie in einem heruntergekommenen Viertel aufgewachsen sind. Das scheint einen romantischen Touch zu haben, der arme Kerl, der den Bandenkrieg schon mit der Muttermilch aufsaugt, mit sieben sein erstes Klappmesser besitzt und die Schule nur selten von innen sieht. Wenn er dann noch ein bisschen Migrationshintergrund hat, darf er sich der Sympathien der Linken sicher sein. 

Mütter genießen diesen Schutz nicht, und in einschlägigen Berliner Vierteln landen auch schon einmal Steine in Kinderzimmern. Es grenzt schon fast an Maoismus, jeder winzig kleine Wohlstand, jeder Hauch von Bürgerlichkeit ist Linksextremisten ein Graus - aus den großen Freiheitskämpfern sind ordinäre Schläger geworden. 

Und sie testen ihre Grenzen immer weiter aus: Gestern waren es brennende Autos, heute verlaufen die Angriffe auf Menschen immer brutaler. Wie lange werden sich Linksextremisten noch an die Faustregel erinnern, nicht zu töten? Wer zu viert auf eine unbewaffnete Verkäuferin einprügelt, überschreitet sicherlich auch bald diese rote Linie. Und das kümmert in Berlin offensichtlich niemanden.