von Dr. Eran Yardeni
Shlomo Ben Zvi ist der neue Verleger und auch der neue Chefredakteur der zweitgrößten israelischen Tageszeitung Maariv. Neben seinen vielen Hobbys scheint er auch die Lösung für den Konflikt um die iranische Atomfrage gefunden zu haben. Sein Szenario nennt er das „Ebenbild Gottes“.
Aus der israelischen Perspektive, meint Ben-Zvi, ist die heutige Situation hoffnungslos. Der diplomatische Kampf gegen die nuklearen Pläne Teherans ist so gut wie gescheitert. Die Amerikaner machen nicht mit, die Europäer machen zwar mit, aber leider auf der Seite der Iraner.
Militärisch kann Israel das Problem nicht mehr allein lösen, ohne dafür einen enormen politischen und wirtschaftlichen Preis zu bezahlen, den das Land sich nicht leisten kann.
Nach Ben-Zvi ist ein präventiver militärischer Schlag für die Zukunft Israels genau so gefährlich wie die Alternative, d.h. gar nichts zu machen. Vor diesem Hintergrund muss die israelische Regierung, geführt von Benjamin Netanjahu, einen neuen Weg gehen - und zwar den goldenen Weg zwischen diesen beiden Optionen.
Die ethische Basis seiner Überlegungen stammt aus dem Alten Testament und beruft sich auf die Schöpfungsgeschichte des Menschen als Ebenbild Gottes. Nach Ben-Zvi soll Israel alle Länder der Region, vor allem aber Iran, zu Direktgesprächen einladen. Das Ziel der Gespräche wäre dann die Abrüstung der Atomwaffen im Nahen Osten. Dass die Iraner sich weigern würden, dabei mitzumachen, ist natürlich nicht auszuschließen.
Diese Möglichkeit aber erwischt Ben-Zvi keineswegs unvorbereitet: Die israelische Einladung solle eine befristete Einladung sein. Iran stehen dann 30 Tage zur Verfügung. Läuft die Frist ab, ohne dass die Iraner sich bereiterklären am Verhandlungstisch Platz zu nehmen, wird Israel, dieses Mal nicht alleine, sondern mit den Völkern der Region die iranische Infrastruktur, vor allem die Öl-Infrastruktur, angreifen.
Ben-Zvi rechnete auch aus, dass nach einer Woche ca. die Hälfte der iranischen atomaren Produktionsfähigkeit vernichtet wäre. So sollte es weiter gehen, bis die iranische Führung aufgibt und sich dem Abrüstungsplan anschließt.
Aber bevor israelische Piloten, ägyptische Panzersoldaten, libanesische Infanterie (besteht höchstwahrscheinlich sowohl aus Christen als auch aus Hisbollah-Eliteeinheiten) und die saudische Marine in kosmischer Harmonie auf die Iraner losgehen, lässt sich der Visionär noch ein bisschen Zeit, um sein Szenario weiter zu entwickeln.
Welche Rolle z.B. sollen die Amerikaner spielen? Nach Ben-Zvi gar keine. Sie sollen nur die Stabilität der Ölpreise für ein Jahr garantieren. Und die Russen? Das ist ein anderes Thema, schreibt Ben-Zvi, ohne genauer zu erklären, was er damit meint.
Im Schatten bleiben auch die eventuellen Konsequenzen eines solchen koordinierten Angriffs für die israelische Wirtschaft und Zivilbevölkerung. Denn es ist eher unwahrscheinlich, dass die Iraner einfach ruhig bleiben, während ihre Ölpipelines zerstört werden. Und was macht Israel, wenn in den Nachbarländern nach ein paar Jahren schon wieder der Frühling ausbricht, bunt und prunkvoll, wie nur der arabische Frühling sein kann, so dass neue Despoten die Macht ergreifen und sich von den Vereinbarungen ihrer Vorgänger kategorisch abkehren?
Die Hamas in Gaza ist ein konkretes und aktuelles Beispiel für ein solches Szenario, die Revolution im Iran 1979 ein anderes. Bis 1979 haben Israel und Iran militärisch eng zusammengearbeitet. Gemeinsame Projekte zur Entwicklung von Mittelstreckenraketen fanden statt. Vor diesem Hintergrund musste der Instabilitätsfaktor der Region mit einkalkuliert werden. Das scheint aber Ben-Zvi, der mit einem atomaren Konflikt so umgeht wie Kinder mit einer Kissenschlacht, nicht zu irritieren.