von Thomas Heck...
Katastrophentage für die SPD wie auch für die Regierung. In der Causa Maaßen hatte der alte Hase Horst Seehofer der SPD einmal gezeigt, wie man als Profi eine andere Partei so richtig dumm aussehen lassen kann. Um des lieben Koalitionsfriedens hatten sich alle in der GroKo auf die zu schluckende Kröte geeinigt.
Doch wer dachte, jetzt könne man endlich wieder zur Tagesordnung übergehen, hatte die Rechnung ohne die SPD-Basis gemacht, die kochend vor Wut mit Schaum vor dem Mund schon den Kopf von Andrea Nahles forderte. Und so musste die SPD-Parteichefin doch noch beim Koalitionspartner zu Kreuze kriechen und konnte durch ihren Kotau doch noch mit der Milde und der Nachsicht der ewigen Kanzlerin rechnen, die an Neuwahlen zur Zeit noch weniger Interesse haben kann als die SPD.
Nahles macht den Kotau... |
So schreibt der SPIEGEL:
Andrea Nahles geht in die Offensive, nachdem sie parteiintern wegen der Weglobung von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen massiv in die Kritik geraten war. In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel sowie den CSU-Vorsitzenden und Innenminister Horst Seehofer fordert sie, den Maaßen-Deal vom vergangenen Dienstag noch einmal zu überdenken.
"Die durchweg negativen Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen, dass wir uns geirrt haben. Wir haben Vertrauen verloren, statt es wiederherzustellen. Das sollte Anlass für uns gemeinsam sein, innezuhalten und die Verabredung zu überdenken", schreibt Nahles in dem Brief, der dem SPIEGEL vorliegt.
In einem späteren persönlichen Statement sagte Nahles zur Entscheidung in der Causa Maaßen vom Dienstag: "Wir haben uns alle drei geirrt".
Mit dem Schreiben hofft die SPD-Spitze zum einen, den Fokus wieder auf die Kanzlerin und Seehofer lenken zu können, zum anderen eine Debatte über Nahles als Parteichefin zu unterbinden. Hinter den Kulissen hat sich die Lage mittlerweile erheblich zugespitzt.
Auswirkungen unterschätzt
In dem Brief der SPD-Chefin heißt es weiter: "Es ist offensichtlich mit dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen nicht vereinbar, dass Herr Maaßen als Ergebnis seiner Arbeit zwar abgezogen werden muss, gleichzeitig aber - wenn auch an anderer Stelle - befördert wird." Sie sei deshalb der Auffassung, dass die Spitzen der Koalition noch einmal zusammen kommen sollten, um die unterschiedlichen Anliegen der GroKo-Partner zu beraten.
Am späten Donnerstagabend traf sich die engere SPD-Spitze um Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz zu einem rund vierstündigen Krisengespräch, um die Krise der Partei zu besprechen und einen Ausweg aus dem Maaßen-Dilemma zu finden.
Nahezu einhelliger Tenor in der Runde: Durch die Maaßen-Entscheidung sei ein massiver Vertrauensverlust in Partei und Bevölkerung entstanden, der zwingend gestoppt werden müsse. Nur ein klares Signal einer Neupositionierung, so die Stimmung, könne eine offene Konfrontation im SPD-Parteivorstand verhindern.
Dass das Signal via Brief nun von Nahles selbst kommt, ist nahe liegend, würde ansonsten doch der Eindruck entstehen, sie sei von ihren Leuten zu einer Umkehr gezwungen worden. Ohnehin ist die Gefahr des Gesichtsverlusts für Nahles massiv.
Die Parteichefin hat die Auswirkungen der Maaßen-Beförderung völlig unterschätzt, bis zuletzt machte sie sich für die Abmachung mit der Union mit der Begründung stark, an einer Personalie nicht die Koalition scheitern lassen zu wollen. Die nun getroffene Korrektur ist zwar keine 180-Grad-Kehrtwende, geht aber auch so schon einher mit einem Autoritätsverlust der Parteichefin.
Aufruhr in der Partei
Bis in die Parteispitze hinein wird von einem erheblichen Fehler ihrerseits gesprochen. So wird ihr vorgeworfen, dass sie den Deal mit der Kanzlerin und dem Innenminister nicht mit der SPD-Führung rückkoppelte, bevor sie einwilligte. Auch ihre Kommunikation in den vergangenen Tagen wird intern stark bemängelt. Von "Empathielosigkeit" und "Sturheit" ist intern die Rede.
Der Brief soll nun auch das Signal sein: Ich habe verstanden.
Ob er ausreicht, um den Aufruhr in der SPD zu stoppen, bleibt abzuwarten. Am Montag tagt der SPD-Vorstand, noch am selben Tag kommt die Bundestagsfraktion zu einer Sondersitzung zusammen. Es wird mit heftigen Diskussionen gerechnet.
Anmerkung der Heck Ticker-Redaktion: Der falsche Kasus "aus die Kartoffeln" weist auf Berlin als Entstehungsort dieser Redewendung hin, wir wissen um den Fehler in der Überschrift.