von Ralf Schuler...
Robert Habeck hat es auch nicht leicht. Bevor jetzt einige von Ihnen gleich wütend die Palme senkrecht hochlaufen: Nein, das soll jetzt keine Entschuldigung oder gar Eloge auf den grünen Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler werden. Das Beweihräuchern kriegt der schon ganz alleine hin und braucht mich nicht dazu. Und den Rest erledigen seine Fans, von denen sich einige auch unter den Fotografen der großen Agenturen befinden. Achten Sie mal drauf, wenn Habeck demnächst wieder melancholisch irgendwo aus dem Fenster des Regierungsfliegers blickt oder als kraftvoller Entscheider imposant von unten („Froschperspektive“ heißt das in Lichtbildner-Kreisen) fotografiert wird.
Aber mir geht es um etwas anderes: Mehr als drei Milliarden Euro fehlen ihm jetzt schon wieder in seinem Haushalt, weil die sogenannte EEG-Umlage teurer geworden ist, als die Leute in seinem Haus angenommen hatten. Wenn ich zur Häme neigte, würde ich jetzt schreiben: Als wirtschaftlicher Laie kommt es, für ihn aber ganz schön dicke. Tue ich aber nicht. Wer in die Politik geht, wird fürs Problemlösen bezahlt. Und das meistens nicht schlecht.
Das Problem ist eher ein anderes: Die Rechnung der Energiewende geht an vielen Ecken nicht auf. Deshalb muss der vermeintliche Hoffnungsträger Habeck an allen möglichen Enden nachbessern. Als ich Mitte der neunziger Jahre (bitte googeln Sie jetzt nicht mein Alter…) über den Berliner Senat berichtete, gab es einzelne Grüne, deren Ziele ich zwar nicht teilte, die mir mit ihrem Fachwissen aber immer wieder Respekt abgenötigt hat. Michael Cramer zum Beispiel war Verkehrsexperte und kannte nahezu jede Gleisschwelle der Bahn, die Etat-Ansätze und stillgelegten Strecken, die man wieder in Betrieb nehmen könnte. Seine Grünen-Kollegin Michaele Schreyer war Haushaltsexpertin und kannte die Landesfinanzen besser als mancher Finanzsenator.
Auch in der Politik gilt in meinen Augen das Leistungsprinzip, und wenn jemand sein Fachgebiet beherrscht, finde ich das anerkennenswert, auch wenn er aus meiner Sicht in die falsche Richtung will. Habeck beherrscht sein Fachgebiet nicht. Er lässt mitten in der Energiekrise die Atomkraftwerke abschalten und wird später davon überrascht, dass man erneuerbaren Strom nicht einfach so in die Netze stöpseln kann, weil Frequenz und Amplitude bei Wechselspannung kompliziert synchronisiert werden müssen. Man kann sich das etwa so vorstellen, als ob man zwei Steine ins Wasser wirft, deren Wellenringe sich dann überlagern, stoppen, auslöschen und verstärken. Genau das darf bei Windrädern und Solarpaneelen NICHT passieren, weil sonst Geräte brummen oder sensible Schaltkreise ganz kaputt gehen.
Deshalb musste Habeck ein milliardenschweres Kraftwerksprogramm auflegen, mit dem Gaskraftwerke (Fossiles Gas!) gebaut werden sollen, die sich dann nicht rechnen, aber immer einspringen, wenn sie zum Puffern der unsteten Öko-Energie gebraucht werden. Kein Hexenwissen, man hätte es nur nicht vorher als böse Bedenkenträgerei gegen die grüne Zukunft abtun dürfen.
Noch schwieriger verhält es sich mit dem „Pfad zur Klimaneutralität“ insgesamt, der hunderte Milliarden kostet und darauf hinausläuft, die Energiebasis der gesamten Volkswirtschaft, der privaten, gewerblichen und öffentlichen Mobilität, der Heizungen, der Gebäude und des öffentlichen Lebens auf komplett kohlenstofffreie Energieträger umzustellen. Das Problem: Die ganze Operation schafft keine Wertschöpfung. Ein Wasserstoff-Lkw ist teuer, transportiert aber dasselbe und bringt dem Spediteur außer Mehrkosten nichts ein. Grüner Stahl, für den Habeck ebenfalls Milliarden ausgibt, ist zehnmal so teuer wie herkömmlicher, wird auf dem Weltmarkt bislang nicht nachgefragt und ist deshalb für die Hersteller auch – anders als von den Grünen behauptet – kein Wettbewerbsvorteil.
Kurz: Der Robert Habeck hat es eben auch nicht leicht. Er hat sich seinen Job allerdings selbst ausgesucht. Und dafür sind 13 Prozent in den aktuellen Umfragen doch noch immer ganz gut. Ob die Sache für Deutschland, also uns alle gut ausgeht, steht auf einem anderen Blatt.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!
Ich sage: Habeck, der Minusmann
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