Mittwoch, 27. Juli 2022

Wie Deutschland die israelischen Hinterbliebenen von arabischen Terroropfer abspeist...

von Thomas Heck...

Es ist ein beschämendes Kapital deutscher Geschichte. Das Attentat palästinensischer Terroristen auf die israelische Olympiamannschaft 1972 in München und das Unvermögen deutscher Sicherheitskräfte zur Bekämpfung des Terrors. 50 Jahre nach dem Olympia-Terror sollen israelische Opferfamilien Entschädigung erhalten – aber der Streit eskaliert weiter.

Elf Israelis starben beim Olympia-Attentat 1972 in München. Nun will die Bundesregierung Zahlungen leisten. Doch als Sprecherin der Hinterbliebenen sagt Ankie Spitzer: »Die Summe, die uns angeboten wurde, ist beleidigend.«

1972 im Olympischen Dorf: Maskierter palästinensischer Terrorist auf dem Balkon der israelischen Unterkünfte in der Connollystraße 


Ein halbes Jahrhundert nach dem Anschlag auf die israelische Olympiamannschaft von 1972 sollen die Opferfamilien späte Entschädigungen aus Deutschland bekommen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte dem SPIEGEL am Mittwoch, man habe entschieden, »die gravierenden Folgen für die Hinterbliebenen der Opfer in immaterieller und in materieller Hinsicht erneut zu artikulieren«. Dies sei das Ergebnis einer »Neubewertung« des Attentats und seiner Folgen durch die Bundesregierung »in den vergangenen Wochen«. Zuerst hatte die »Süddeutsche Zeitung« darüber berichtet.

Der jahrzehntelange Streit um angemessene Entschädigungszahlungen ist damit allerdings keineswegs beigelegt. »Die Summe, die uns angeboten wurde, ist beleidigend«, sagte Ankie Spitzer, Sprecherin der Opferfamilien, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Mittwoch. »Wir sind verärgert und enttäuscht.«

Beim Attentat palästinensischer Terroristen waren bei den Olympischen Sommerspielen in München am 5. und 6. September 1972 elf israelische Sportler und Betreuer sowie ein deutscher Polizist ums Leben gekommen. Zwei Mitglieder des Teams aus Israel wurden im Olympischen Dorf ermordet, die anderen starben während einer missglückten Befreiungsaktion auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck. Später wurde bekannt, dass die deutschen Behörden unter anderem vorherige Warnhinweise auf eine mögliche Terroraktion vernachlässigt und während der versuchten Geiselbefreiung zahlreiche fatale Fehler gemacht hatten.

Durch eine umfassende Aufarbeitung der damaligen Ereignisse und erneute finanzielle Leistungen solle nun »den besonderen Beziehungen Deutschlands zum Staat Israel Ausdruck verliehen« und der Ausgangspunkt einer neuen, lebendigen Erinnerungskultur geschaffen werden, erklärte der Ministeriumssprecher. Zur Aufarbeitung soll demnach eine Kommission von Historikerinnen und Historikern aus beiden Staaten eingesetzt werden.

»Nun sind wir gezwungen, öffentlich über Geld zu reden«

Zur Höhe der Entschädigungszahlung machte das Ministerium keine Angaben. Derzeit liefen »vertrauensvolle Gespräche mit den Vertretern der Opferfamilien«. Die finanziellen Leistungen sollten gemeinsam vom Bund, dem Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München erbracht werden, hieß es.

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge stellte Steffen Seibert, neuer deutscher Botschafter in Israel, den Opferfamilien am vergangenen Freitag in der Botschaft in Tel Aviv den neuen deutschen Vorschlag vor. Nach Auskunft der Opferfamilien geht es um eine Gesamtleistung von zehn Millionen Euro für alle Hinterbliebenen. Dabei sollten aber frühere Leistungen aus den Jahren 1972 und 2002 in Höhe von insgesamt rund viereinhalb Millionen Euro angerechnet werden.

Spitzer sagte, dies entspreche nicht internationalen Standards in ähnlichen Fällen: »Wir wollten nie öffentlich über Geld reden, aber nun sind wir gezwungen, es zu tun.« Sollte es bei diesem Angebot bleiben, würden die Angehörigen nicht zur Gedenkfeier zum 50. Jahrestag des Attentats Anfang September nach München kommen, so Spitzer weiter.

Zwei Zahlungen erhielten die Opferfamilien bisher

Bereits vor einigen Wochen hatten die Familien der israelischen Opfer angekündigt, der offiziellen Gedenkfeier fernzubleiben, sofern die Entschädigungsfrage ungeklärt bleibe. »Wenn sie uns nicht einmal eine Kompensation nach internationalen Standards zahlen, werden wir überhaupt nicht kommen«, sagte Ankie Spitzer dem SPIEGEL. Die Opferfamilien hatten in den vergangenen 50 Jahren auch immer wieder die mangelhafte Aufarbeitung der Ereignisse und nicht freigegebene Ermittlungsakten beklagt; zudem habe sich von deutscher Seite nie jemand für das Versagen der Behörden im Zuge der Geiselnahme entschuldigt.

Auf eine angemessene Entschädigung und eine lückenlose Aufarbeitung gedrängt hatte zuletzt auch Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, außerdem die Bundestagsfraktion der Grünen sowie Ludwig Spaenle (CSU) als Antisemitismusbeauftragter der bayerischen Staatsregierung.

Nach der Geiselnahme 1972: Ankie Spitzer in dem Raum, in dem Terroristen israelische Sportler festhielten und folterten


Zweimal haben die Angehörigen bisher Geld bekommen. Ankie Spitzer beziffert den Betrag der ersten Zahlung von 1972 auf eine Million Mark für 34 Hinterbliebene, »zusammen mit den Särgen«, wie sie sagt – indes »nicht von Deutschland, sondern vom Roten Kreuz, denn Geld vom Staat wäre ja einem Schuldeingeständnis gleichgekommen«.

Vor Gericht forderten die Hinterbliebenen ab 1994 wegen massiver Fehler beim Polizeieinsatz 40 Millionen Mark Schadensersatz, doch ihre Klage wurde letztinstanzlich im Jahr 2000 abgewiesen – wegen Verjährung. Zwei Jahre später folgte eine weitere Zahlung von rund 3,2 Millionen Euro als »humanitäre Geste« der Bundesrepublik, wie Bundesregierung, Freistaat Bayern und Stadt München damals erklärten. Der Großteil sei für Prozesskosten draufgegangen, geblieben seien 920.000 Euro für 34 Angehörige, sagte dazu Spitzer.





Weiße Band darf kein Reggae spielen...

von Thomas Heck...

Der Rassismus greift immer mehr um sich. Allerdings nicht in der Art und Weise, wie man es erwarten würde. Der Rassismus heute richtet sich gegen Weiße, die aus Gründen der "kulturellen Aneignung" kein Reggae mehr spielen dürfen oder bestimmte Frisuren nicht mehr tragen dürfen... schöne neue Welt. Wir müssen aufpassen, die Deutungshoheit nicht den linken und woken Nazis zu überlassen. Als alter weißer Mann höre ich die Musik, die ich will, ich mache die Musik, die ich will, wenn ich könnte, ich trage die Frisur, die ich will, obwohl bei mir außer Glatze nicht mehr viel möglich ist. 


Ihre Frisuren und ihre Musik passten manchen aus dem Publikum nicht. Deshalb musste die Band „Lauwarm“ ihren Auftritt in Bern abbrechen


Wenn Haarschnitt und Musikstil zum Politikum werden...

Im schweizerischen Bern ist das Konzert einer Band abgebrochen worden – weil mehrere der weißen Musiker Rasta-Frisuren tragen und Reggae spielen.

Das Ensemble „Lauwarm“ war in der vergangenen Woche in dem linksalternativen Restaurant „Brasserie Lorraine“ aufgetreten. Während des Konzerts hätten dann mehrere Besucher „Unwohlsein mit der Situation“ geäußert, teilten die Veranstalter in sozialen Netzwerken mit.

Die Gäste hätten sich zum einen daran gestört, dass einige der weißen Musiker Rasta-Frisuren tragen. Und zum anderen ganz allgemein daran, dass sie überhaupt Reggae spielen – das Genre hat seinen Ursprung in Jamaika, konkret in der schwarzen indigenen Bevölkerung.

Übernehmen nun weiße Menschen diese Brauchtümer, sprechen Hardcore-Kritiker von „kultureller Aneignung“. Erst unterdrückten die Weißen im Zuge der Kolonialisierung die schwarze Bevölkerung und jetzt „klauen“ sie auch noch deren Kultur, so der Vorwurf.

Aus Sicht der Kritiker ändert sich daran auch nichts, wenn es wie bei der Reggae-Band nicht darum geht, die jeweilige Kultur verächtlich zu machen, sondern sie aufleben zu lassen.

Von den Schweizer Veranstaltern hieß es trotzdem: „Wir möchten uns bei allen Menschen entschuldigen, bei denen das Konzert schlechte Gefühle ausgelöst hat.“ Man habe es verpasst, sich im Vorfeld mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Gäste „zu schützen“.

DAS sagt die Band

Die Gruppe „Lauwarm“ kritisierte den Abbruch ihres Konzerts. Band-Chef Dominik Plumettaz sagte der „Neuen Zürcher Zeitung“ jetzt: „Wir fühlten uns vor den Kopf gestoßen, da niemand aus dem Publikum auf uns zugekommen ist, als wir an dem Abend gespielt haben.“

Während ihres Auftritts habe eine Super-Stimmung geherrscht, sagte er dem Portal „20min.ch“. Allerdings hätten sich einige wenige Besucher direkt bei der Veranstalterin beschwert, so der Band-Chef weiter gegenüber der NZZ.

Zu den Vorwürfen sagte Plumettaz: Es gehe bei den Auftritten seiner Band weder um Provokation noch um kulturelle Aneignung. „Wir inspirieren uns von anderen Kulturen und anderen Musikrichtungen, entwickeln diese weiter und machen so unsere Musik.“

Aus dem gleichen Grund trügen manche Bandmitglieder etwa Rastas oder traditionelle Kleidung aus afrikanischen Ländern wie Gambia oder dem Senegal. „Weil sich einige der Band-Kollegen damit identifizieren können“, so Plumettaz. Die Gesellschaft befinde sich in einem multikulturellen Wandel, bei dem Kulturen miteinander verschmelzen.

Der Band-Chef versprach: „Wir stehen zu unserer Musik und werden auch in Zukunft damit weitermachen.“

Am Dienstagabend veröffentlichten die Betreiber des Restaurants dann ebenfalls ein neues Statement. Man sei überrascht, dass der Konzert-Abbruch „solche Wellen geschlagen hat“, heißt es darin.

Dann folgen vorsichtige Zweifel am eigenen Handeln: „Wir behaupten nicht, dass wir mit dem Abbruch des Konzertes das Richtige getan haben. Es jedoch einfach weiterlaufen zu lassen, hat sich auch falsch angefühlt. Wir könnten es auch Überforderung nennen.“ In drei Wochen soll ein Diskussionsabend zum Thema stattfinden.

Ende März hatte ein ähnlicher Fall in Hannover einen heftigen Proteststurm ausgelöst: Die Klima-Aktivisten von „Fridays for Future“ verhängten ein Auftrittsverbot gegen die Musikerin Ronja Maltzahn (28). Ebenfalls wegen ihrer Dreadlocks. Man lässt sich von Nazis halt nicht erpressen.

Besonders dreist war damals ein Ultimatum, das die Klima-Gruppe der Musikerin erteilte: „Solltest du dich bis Freitag dazu entscheiden, deine Dreadlocks abzuschneiden, würden wir dich natürlich auf der Demo begrüßen und spielen lassen.“






RBB-Intendantin Schlesinger bekommt den Hals nicht voll...

von Thomas Heck...

Die Intendantin des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger zählt unter den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland zu der Spitzenverdienerin. Es hatte offenbar noch nicht gereicht, denn der Verwaltungsrat des RBB genehmigte der Chefin eine knackige Gehaltserhöhung um 16% auf 303.000 Euro. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise ein Schlag ins Gesicht zumindest der aktuell 1.500 Gebührenzahler, die ihre Zwangsbeiträge nur für Frau Schlesingers Gehalt zahlen dürfen, darunter sicher einige, die nicht wissen, wie sie die steigenden Energiepreise stemmen sollen.

Doch damit nicht genug. Frau Schlesinger hat offensichtlich Essen in ihrer Privatwohnung abgerechnet, vermutlich waren die 303.000 Euro schon verbraten. Jedenfalls hat sie für Dinner in ihrer Privatwohnung „ohne Getränke“ bis zu 56,53 Euro pro Kopf abgerechnet. Das geht aus der Antwort von Schlesinger auf die Fragen der Brandenburger Medienaufsicht zu Compliance-Vorwürfen hervor, die WELT vorliegt. Angaben über Teilnehmer der als „dienstlich“ geltend gemachten Abendessen machte die Senderchefin nicht – obwohl die Aufseher explizit danach gefragt hatten. In meiner Welt nennt man sowas zumindest Korruption, wenn nicht sogar Betrug oder Mißbrauch öffentlicher Gelder, also eine Straftat. Oder können Sie etwa ihre Pizza auf Firmenkosten bestellen? Ein Skandal wäre, wenn Frau Schlesinger am Ende des Jahres noch ihren Job hat. Die Dame gehört fristlos gefeuert. Weitere Beispiele, wie die Frau Schlesinger den Hals nicht voll bekommt finden Sie hier.


Seit mehreren Wochen steht Schlesinger im Zentrum von Vorwürfen. Dabei geht es unter anderem um ein Bauprojekt des RBB, hohe Kosten für externe Berater und Aufträgen an den Ehemann der Intendantin. In Brandenburg ist von „Filz“ und „Vetternwirtschaft“ die Rede. Neben Schlesinger gibt es zudem Vorwürfe gegen den Chef des Verwaltungsrats Wolf-Dieter Wolf, der sein Amt mittlerweile ruhen lässt. Dieser antwortete nach Informationen dieser Zeitung nicht auf die Fragen der Medienaufsicht.

Das Schreiben Schlesingers ging kurz vor Ablauf der Antwortfrist am vergangenen Donnerstag bei der zuständigen Behörde des Landes Brandenburg ein. Medienstaatssekretär Benjamin Grimm, der für die Medienaufsicht zuständig ist, hatte den RBB-Verantwortlichen die Fragen am 8. Juli übermittelt und eine „zeitnahe und umfassende Aufklärung“ angemahnt.

Zur Frage nach einer Nähe zwischen vom RBB angeheuerten Beratern und Wolf schreibt Schlesinger, der Verwaltungsratsvorsitzende habe „in der zweiten Jahreshälfte 2021“ eingeräumt, „dass er zu einzelnen Beratern bei einem Bauvorhaben in Berlin in geschäftlichen Beziehungen steht“. Hinterfragt wurden diese Verbindung durch die Intendanz wohl nicht. Wörtlich heißt es: „Um welche konkreten geschäftlichen Beziehungen es sich dabei handelt und seit wann diese bestehen, ist dem RBB nicht bekannt.“

Dennoch kommt Schlesinger in ihrem Schreiben zu dem Fazit: „Aus Sicht des RBB stehen diese Geschäftsbeziehungen des Verwaltungsratsvorsitzenden einer Beschäftigung der Berater beim RBB nicht entgegen.“ Auch die Anmietung eines Übergangsquartiers für die RBB-Rundfunkorchester in Räumlichkeiten der Messe, wo Wolf ebenfalls Aufsichtsratschef ist, ist nach Darstellung der Intendantin korrekt abgelaufen, da es im Vergleich zu anderen durch den Sender geprüften Objekten die „wirtschaftlichere Variante“ gewesen sei.

Zu den umstrittenen Abendessen in ihrer Privatwohnung erklärt Schlesinger: „Im Zeitraum von 2018 bis 2022 habe ich insgesamt neun Essen mit Multiplikatoren in meinen privaten Räumen zu geschäftlichen Zwecken veranstaltet.“ Sie habe ihre Privatwohnung dafür zur Verfügung gestellt, nachdem „Sondierungen bezüglich anmietbarer Flächen ergeben hatten, dass mit erheblichen Mietkosten zu rechnen war.“

Teilgenommen hätten je Dinner „zwischen 3 und 11 Personen“, die Kosten „pro Gast für das Essen (ohne Getränke) lagen zwischen 23,12 und 56,53 Euro brutto“. Das Ganze, so die Intendantin, „diente den Interessen des RBB und dem Ziel, mit Führungspersonen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und Institutionen in einen engen Austausch zu kommen“. Sofern auch „PartnerInnen der Eingeladenen zugegen waren, (…) wurde dies für angemessen gehalten“. Schlesinger hatte die Essen über einen Catering-Service geordert.

Sowohl Schlesinger als auch Wolf, der eigentlich Immobilienunternehmer ist, beteuern, bei der Vergabe von Berateraufträgen für den geplanten RBB-Neubau „Digitales Medienhaus“ und Honorarjobs für Schlesingers Ehemann regelkonform gehandelt zu haben. Die Vorgänge sind Gegenstand einer Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei.

Unterdessen rätseln Beobachter weiter über die Gründe des immensen Kostenanstiegs beim Prestigeprojekt „Digitales Medienhaus“. Der noch 2020 gegenüber den Finanzaufsehern der ARD mit 63 Millionen Euro ausgewiesene Bedarf hat sich demnach innerhalb von 24 Monaten nahezu verdreifacht: auf 165 Millionen Euro, zuzüglich weiteren 20 Millionen Euro für die technische Ausstattung.

Während im Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) noch im Februar dieses Jahres die Gesamtaufwendungen für das Berliner Bauprojekt – vom Sender öffentlich unwidersprochen – mit 95,2 Millionen Euro ausgewiesen wurden, bezifferte das RBB-Topmanagement um Intendantin Schlesinger die Kosten intern nur einen Monat später im März 2022 mit 185 Millionen Euro. Die Compliance-Anwälte werden zu klären haben, was diese Kostenexplosion bewirkt hat und welchen Einfluss Berater möglicherweise ausübten.

Eine auf den 4. Juli 2022 datierte Präsentation (interner Titel: „Milestone 2“), die WELT vorliegt, nennt auch Details der Refinanzierung. So erwartet die Geschäftsleitung allein durch den Neubau, der ab 2024 gebaut und 2026 bezugsfertig sein soll, Finanzkosten durch Zins und Tilgung in Höhe von 9,713 Millionen Euro jährlich. Mitarbeiter befürchten, dass der notorisch klamme Regionalsender diese Beträge zumindest teilweise durch Einsparungen bei Programm und Honoraren aufbringen könnte.

Unklar ist, welche Kosten auf die Rundfunkbeitragszahler zukommen, falls das Projekt in der geplanten Form nicht realisiert werden sollte. Der RBB macht bisher auch auf Anfrage zur Höhe der Anlaufkosten keine Angaben, ebenso wenig zu den Beraterhonoraren, die derzeit auf dem Prüfstand stehen. Rund sechs Millionen Euro sollen bislang an externe Mitarbeiter geflossen sein, heißt es. Der Neubau ist Teil eines „Change“-Programms. Name: „New RBB 2030“. Das Vorhaben ist auch im RBB selbst umstritten.


In den hiesigen Medien, besonders in den öffentlich-rechtlichen Staatsmedien findet sich wenig zu dem Thema. Da lohnt ein Blick in die Schweiz... die NZZ berichtete darüber.

Nachtrag: Am 04.08.2022 ist Frau Schlesinger endlich zurückgetreten... allerdings als ARD-Vorsitzende. Den Posten der Intendantin behält sie weiterhin. Fragt sich nur, für wie lange noch... to be continued...


Dienstag, 26. Juli 2022

Kiwis, Dinosaurier und andere wichtige Fragen

von Mirjam Lübke...

"Ja, sind Sie etwa eine Sufragette, junge Frau?" wäre 1922 eine Frage gewesen, welche die berüchtigten "alten weißen Männer" gestellt hätten. Zum Beispiel, wenn eine Frau partout das Wahlrecht haben wollte. 2022 klingt die Frage noch immer entsetzt, und sie hat auf gewisse Weise ebenfalls mit einer Wahl zu tun: Wenn eine Frau sich für den klassischen Feminismus entscheidet und darüber hinaus nicht nur "Mensch mit Gebärmutterhintergrund" sein will, dann wird sie auch jetzt wieder als Sufragette bezeichnet. Da schmückt man sein Profil in den sozialen Medien mit der falschen Nuance von grün oder lila - Zack! - jetzt ist man keine polygendernde, objektsexuelle Transelfe mehr, sondern ein Dinosaurier. In diesem Fall allerdings im sprichwörtlichen Sinne, denn klassischer Feminismus, der einfach nur Gleichberechtigung wollte, gilt als furchtbar altmodisch und egoistisch. Die zeitgenössische Feministin weiß nämlich gar nicht mehr, was sie eigentlich will und findet ihre Befriedigung im Vulven-Malen, pro-Abtreibungsprotest und Gendersternchen.
 


Dafür muss sie einen Pakt mit dem Teufel eingehen: Ein Quotenpöstchen gegen Stillschweigen durch Verdrängung in Sport und Politik durch sogenannte Transfrauen. Und immer schön das Kopftuch als Zeichen "weiblicher Befreiung" loben. Die Suffragetten des frühen 20. Jahrhunderts würden das frühe 21. Jahrhundert für vollkommen bekloppt halten - und deshalb ist "Suffragette" heute in "woken" Kreisen wieder ein Schimpfwort. Von Gleichberechtigung bei gleicher Leistung will niemand mehr etwas wissen, es geht nicht darum, was ein Mensch kann, sondern um Selbstpräsentation. Diese Haltung nimmt längst die Züge einer missionarischen Religion an: Es reicht nicht, sie als Meinung unter anderen zu tolerieren, sie gibt keine Ruhe, bis nicht jeder ausnahmslos zum Glauben gefunden hat. Beim "Antirassismus" funktioniert das ganz ähnlich. Gleiche Chancen bei gleicher Qualifikation? Uninteressant, ebenso die Verbesserung der eigenen Lebensumstände. Bis vor ein paar Jahren hätte ich es nicht geglaubt, aber es gibt Menschen, die nicht vom Leiden lassen können - weil es ihre Identität ausmacht. Ohne jemanden, über den sie sich beklagen können, wissen sie nichts mit ihrem Tag anzufangen.

Die "Amadeu-Antonio-Stiftung" ist natürlich ganz vorn mit dabei, wenn es um das "Entlarven" angeblich transfeindlicher und rassistischer "Geheimcodes" geht, als wären hier verschwörerische Illuminaten am Werk. Schließlich muss man zeigen, dass die üppig fließenden Steuergelder einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden. Also schreitet man über die eigene Hauspostille "Belltower News" ans Werk, um der eigenen Klientel eine Anleitung zu geben, welche Zeichen und Worte auf der schwarzen Liste gelandet sind und von anständigen Menschen um keinen Preis der Welt mehr verwendet werden dürfen. Selbstverständlich muss auch der Benutzer derselben zukünftig gemieden werden wie ein Seuchenträger oder zumindest scharf verwarnt. Wir sollten anfangen, eine Enzyklopädie der verbotenen Worte anzulegen, denn es werden täglich mehr.
 
Zu den Tabu-Wörtern soll nun auch der Begriff "Groomer" gehören. Das sind Erwachsene, in der Mehrzahl Männer, die sich als Kinder oder Jugendliche ausgeben, um im Internet Kontakt mit Minderjährigen aufzunehmen. Und das nicht mit guten Absichten, es geht um Pädophilie. Die Benutzung des Begriffs stigmatisiert angeblich auch queere Menschen, denen damit generell eben jene Neigung unterstellt würde. Ein Griff in die Mottenkiste der Vorurteile - aber wie hätte es die AAS denn gern? Sollen solche Menschen demnächst unerwähnt bleiben wie die Clans in Berlin? Die Gefahr muss benannt werden, um Kinder zu schützen. Sonst sind sie die nächsten, die der Ideologie zum Opfer fallen. Aber in dieser Richtung scheint man keinen Bedarf zu sehen, es gilt einmal wieder, auf die Befindlichkeiten einer winzigen Gruppe Rücksicht zu nehmen.
 
Noch kurioser wird es bei der Verwendung von Emojis in den sozialen Medien. Absolut transfeindlich ist das Benutzen einer Kiwi - denn die Kiwi hält nicht viel von non-binärem Dasein, sondern bringt lediglich zwei Geschlechter hervor: Das männliche und das weibliche. Da sich Theologen noch nicht ganz einig sind, welche verbotene Frucht Adam und Eva im Paradies verzehrt haben, könnte die chinesische Stachelbeere ein neuer heißer Kandidat sein: Wer Kiwis postet, gibt damit ein Statement zur Zweigeschlechtlichkeit in der Natur ab, da noch kein Fall einer Kiwi bekannt geworden ist, die sich als Transkirsche oder nicht-binärer Apfel fühlt. Hätten Kiwis das Wahlrecht, würden sie ihr Kreuzchen mit Sicherheit bei der AfD machen. Trotz grünen Fruchtfleischs. Ein Grund, vor jenen zu warnen, die sie posten!
 
Ist das der berühmte "Kampf gegen Rechts", der in aller Munde ist und der AAS mit Steuergeldern ein auskömmliches Dasein beschert? Vielleicht steckt eine raffinierte Strategie dahinter: Seit Jahren veröffentlicht die Stiftung derlei Unfug, da müssen wir uns nur an die berühmte Kindergarten-Broschüre erinnern, die gemeinsam mit Franziska Giffey ersonnen wurde. Wenn die Mädchen mit Zöpfen von ihren Eltern nun auch noch Kiwis in die Butterbrotdose gelegt bekommen, deren Deckel von einem Dinosaurier geziert wird, dann naht das vierte Reich mit donnernden Stiefelschritten! Das ist so albern, das muss eine Beschäftigungstherapie sein, um uns durch Albernheiten vom Umsturz abzuhalten.
 
Allerdings fürchte ich, dass die AAS es durchaus ernst meint. Vielleicht sind diese Artikel auch ein Test für den politischen Nachwuchs: Wer bereit ist, derlei Ausschnüffel-Konzepte zu verfassen und auch noch glaubt, die Welt besser zu machen, der hat die Aufnahmeprüfung zum willigen Fußsoldaten mit Bravour bestanden. Da freut sich der Vorstand. Es sind wieder ein paar junge Leute aus den eigenen Reihen in Lohn und Brot gebracht - damit ist die Ideologieschmiede auch noch in der nächsten Generation betriebsbereit.


Montag, 25. Juli 2022

Wo bitte geht's hier nach Moskau?

von Mirjam Lübke...

Diese Pressemitteilung über die Pläne unserer hochgelobten Außenministerin zur Ausbildung künftiger Diplomaten erklärt einiges: Zum einen, warum Annalena Baerbock so emsig in der Weltgeschichte herumreist - und ihre Ablehnung eines Gesprächs mit ihrem russischen Kollegen. Bislang gingen wir alle davon aus, es handele sich um einen symbolischen Akt basierend auf hochentwickelten ethischen Prinzipien. Mit dem Feind zu sprechen, ist rückgratlose Kapitulation! Was Frau Baerbock Israel abverlangt - Friedensverhandlungen mit Organisationen zu führen, die einem ständig das Leben schwer machen - gilt natürlich nicht für einen moralisch überlegenen Staat wie Deutschland.


Vielleicht haben wir uns aber alle von falschen Voraussetzungen leiten lassen? Kann es nicht einfach sein, dass Frau Baerbock den Weg nach Moskau nicht findet? "Wie jetzt? Oslo ist gar nicht die Hauptstadt von Kroatien? Das muss man mir doch sagen! Jetzt hatte ich mich schon so auf eine vegane Paella gefreut!" - bis man dann den Weg nach Deutschland zurückfindet, mit einem Umweg über Palau, kann das schon ein paar Tage dauern. Zum Glück sind die Grünen enorm islamaffin, nicht auszudenken, wenn Frau Baerbock aus Mangel an Allgemeinbildung zum Staatsbesuch in Katar einen original Schwarzwälder Schinken mitbrächte! Mit einem guten Roten von der Mosel, schön süffig. Da wäre es aber aus mit den guten Handelsbeziehungen!
 
Es ist schon auffällig: Bis zu Annalena Baerbocks Berufung ins Amt der Außenministerin galt es als höchst sexistisch, den Kleidungsstil einer Politikerin wohlwollend zu kommentieren. Nun ist die Presse voll des Lobes über das "elegante" Auftreten unserer Außenministerin, doch leider macht auch kein noch so schickes Kleid aus ihr eine zweite Condoleezza Rice. Dennoch wird jedes Wort von Frau Baerbock von der Presse aufgesaugt wie eine Offenbarung. Jetzt hat sie festgestellt, wie wenig wir noch für die Ukraine tun können, wenn uns das Erdgas ausgeht. Denn dann drohten "Volksaufstände". Inzwischen ist auch bei Frau Baerbock die Erkenntnis angekommen, wie schlecht es um die Gasvorräte in Deutschland steht - die Bürger könnten sauer werden. Kollege Habeck verteidigt derweil tapfer die Nicht-Öffnung von Nord Stream 2, weil man nicht noch abhängiger von russischem Gas werden dürfe. Gleichzeitig beklagt er die unregelmäßige Versorgung durch die Schwesterpipeline - das wurde gestern sogar schon von den Hofberichterstattern des ZDF mit Unmut quittiert. Man konnte den Eindruck gewinnen, Putin hätte auf seinem Schreibtisch ein Ventil installiert, um nach Lust und Laune den Deutschen das Gas an- oder abzustellen. Nicht, dass ich ihm das nicht zutrauen würde - aber es wurde im Gespräch sehr deutlich, dass Habeck von den technischen Details ziemlich überfordert war.

Bei diesen Voraussetzungen verwundert es nicht, dass allerorten das Ausbildungsniveau herabgesetzt werden soll, um den intellektuellen Abstand zwischen Herrschern und Beherrschten wieder zu vergrößern. Diplomaten ohne Allgemeinbildung, Fachkräfte ohne Berufsabschluss - da fällt einem nicht mehr viel ein. In einige Berufe kann man sich zwar einarbeiten, muss dann aber in der Praxis zeigen, was man kann. Bei Diplomaten und "Fachkräften" wird nun offenbar die Katze im Sack gekauft - schauen wir mal, was dabei herauskommt. War es in den Neunzigern für russische Kontingentflüchtlinge noch schwierig, ihre Abschlüsse und Diplome überhaupt anerkannt zu bekommen, spielen wir jetzt Lotterie. Früher wurden Zähne schließlich auch beim Hufschmied gezogen - das spart eine Menge Geld ein. Nichts gegen Hufschmiede, so ein Reifenwechsel beim Pferd ist gewiss nicht ohne.
 
Bei der Hausherrin des Auswärtigen Amts weiß man freilich auch nicht genau, welche Ausbildung sie nun tatsächlich hat, immerhin musste sie ihren Lebenslauf mehrfach ändern, bis er wenigstens einigermaßen der Realität entsprach. Irgendetwas mit Völkerrecht eben. Das Schlimmste jedoch ist, dass Frau Baerbock das selbst nicht als Manko empfindet und Anstrengungen unternimmt, um in ihr Amt hineinzuwachsen. Zugegeben: Mir ginge die Muffe, würde ich plötzlich in ein solches Amt gehievt, anfänglich würde ich vielleicht auch ein wenig stottern. Und Angst haben, mich aus Unkenntnis über Sitten und Gebräuche des Landes, das ich besuche, bis auf die Knochen zu blamieren. Da kann man nur schauen, dass man sich möglichst rasch weiterentwickelt. Um Annalena Baerbock hat sich jedoch ein derartiger Personenkult entwickelt, sie dürfte gar keine Notwendigkeit mehr dafür sehen. Die Presse scheint sich nicht entscheiden zu können, ob sie die Ministerin nun stark oder niedlich finden soll - alles was sie tut, ist einfach großartig! Und da Deutschland ohnehin dazu neigt, seinen internationalen Einfluss zu überschätzen, wird das wohl auch so bleiben.
 
Vielleicht sollten Journalisten tatsächlich viel häufiger kalt duschen, das soll schließlich wach machen. Allerdings müsste es dann in Deutschland schon aus der Dusche schneien.




Donnerstag, 21. Juli 2022

Die Demokratie sind wir...

von Vera Lengsfeld...

Innenministerin Faeser hat einen ganz speziellen Demokratiebegriff entwickelt: Jeder, der gegen Regierungsentscheidungen protestiert, kann zum Demokratie-Verächter erklärt werden. Vorsorglich auch die, die bald gegen die verheerende Energiewende demonstrieren könnten.


In der Schule wurde uns der Satz Ludwig XIV: „Der Staat bin ich“ als der Gipfel politischer Arroganz beigebracht. Was am Feudalabsolutismus so verabscheuenswert war, sollte sich nicht wiederholen. In einer Demokratie sollte es bei den Volksvertretern nicht zu solch einer Arroganz kommen, denn sie dienen dem Souverän, dem Volk. Sie sind den checks and balances unterworfen, die ihre Macht kontrollieren und begrenzen. Trifft das bei uns noch zu? Seit der Verfassungsschutz den Tatbestand der „Delegitimierung des Staates“, zu DDR-Zeiten hieß es „staatsfeindliche Hetze“, als beobachtungswürdig eingestuft hat, kommen immer mehr Zweifel auf, ob wir noch in einer klassischen Demokratie oder schon in einer Autokratie leben.

Wenn man die Regierung nicht mehr kritisieren, ihre Fehlentscheidungen nicht mehr benennen darf, wenn man angeprangert oder gar kriminalisiert wird, wenn man es dennoch tut, wird die Demokratie nur noch zu einem hohlen Begriff, eine Camouflage für die herrschenden Verhältnisse.

Wer solche Gedanken für übertrieben oder sogar unzutreffend hält, sollte sich die Äußerungen zweier Politikerinnen ansehen und überprüfen.

Innenministerin Faeser hat einen ganz speziellen Demokratiebegriff entwickelt, der Demokratie mit Politikern und ihren Entscheidungen gleichsetzt. Sie sagte dem Handelsblatt:

„Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen.“

Vorsorgliches Diskreditieren von Demonstranten

Also, diejenigen, die in der Corona-Pandemie gegen die erratischen Maßnahmen der Regierung, die, wie sich nach zwei Jahren herausgestellt hat, nie auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden, hätten damit „ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt“, obwohl sie das Gegenteil getan, nämlich demokratische Transparenz und eine offene Diskussion, wie in funktionierenden Demokratien üblich, gefordert haben?

Auch in der sich rapide entfaltenden Energiekrise ist mit Protesten zu rechnen, mindestens derer, die ihre Energierechnungen kaum noch bezahlen können, deren Wohnungen kalt bleiben und denen der Strom abgestellt wird. Die werden schon mal von der Ministerin vorsorglich diskreditiert.

Populisten und Extremisten, so Faeser, nutzten jede Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen. „Sie wollen Krisen noch verschärfen, um daraus Profit zu schlagen“.

Damit sind alle in die extremistische Ecke gestellt, die es wagen, Fragen nach der Ursache der Energiekrise zu stellen. Die ist keine Naturkatastrophe oder ein Machwerk von Putin, sondern sie ist hausgemacht. Deutschlands einseitige Festlegung auf wetterabhängige Energien ist gekoppelt an den doppelten Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohle („Weil wir es können“, Olaf Scholz) hat uns existenziell abhängig gemacht von Gaskraftwerken, die Strom erzeugen müssen, um die Netzschwankungen, die von den „Erneuerbaren“ verursacht werden, auszugleichen. Die Macher der „Energiewende sind die Verursacher der Energiekrise, denn sie haben uns abhängig vom russischen Gas gemacht und Putin in die Lage versetzt, uns jetzt zu erpressen. Wer vor dieser Entwicklung gewarnt hat, war ein Verschwörungstheoretiker.

Nun fallen die Folgen politischer Hybris mit voller Wucht auf die ganze Gesellschaft zurück und unserer Innenministerin fällt nichts besseres ein, als Drohungen. Die Sicherheitsbehörden hätten die extremistischen Szenen aber sehr genau im Blick. „Wir sind vorbereitet, auch auf mögliche neue Protestgeschehen“.

Demokratieverächter und Denunzianten

Um die Ablenkung perfekt zu machen, werden Regierungskritiker zu Verächtern der Demokratie gestempelt. Nach Faeser ist also die Regierung die Demokratie, alle Kritiker Demokratieverächter.

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sekundiert: „Es steht zu befürchten, dass Rechtspopulisten auch diese gesellschaftliche Krise für die eigene Agitation ausnutzen.“ Vor diesem Hintergrund werde es in den nächsten Wochen und Monaten sehr auf Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt ankommen. Ach ja, erst wird die Gesellschaft von der Politik gespalten, dann wird an den Zusammenhalt und die Solidarität appelliert? Solidarität mit wem? Mit den Fehlentscheidungen der Politiker, die nicht Schaden von ihren Wählern abwenden, sondern ihre Ideologie retten wollen? Die Verachtung, die unsere politische Kaste ihren Wählern entgegenbringt, wurde kürzlich auf der ausgedehnten Luxushochzeit von Wirtschaftsminister Lindner unübersehbar. Erst die Bevölkerung zum Verzicht aufrufen und dann demonstrieren, dass man gar nicht daran denkt, selbst auf etwas zu verzichten.

Die zweite Politikerin, die man sich näher anschauen sollte, wenn man sich fragt, in welchen Verhältnissen wir heute leben, ist Familienministerin Paul der frischen Regierung Wüst in NRW.

Wenn man den Plänen dieser Regierung, von einer ehemals bürgerlichen Partei geführt, folgt, wird aus Deutschland ein Denunziantenland.

Als die Stasiakten 1992 geöffnet wurden, war die Welt entsetzt über das Denunziantentum in der DDR. Voreilig wurde den Insassen des SED-Staates bescheinigt, besonders anfällig für Spitzeleien gewesen zu sein. Dabei mussten die Stasioffiziere ihre Informanten mühsam rekrutieren, sich heimlich mit ihnen treffen, sie bei Laune halten, entlohnen und immer neu motivieren. Die Stimmung in der DDR war klar gegen Denunzianten, die für die größten Schufte im Land gehalten wurden.

„Das Mundtotmachen wird wiederkommen“

Die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley warnte schon nach der ersten Einsicht in ihre Stasiakten, dass die Methoden der Stasi genauestens untersucht und übernommen werden würden: „Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen… Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi“.

Nun sind wir so weit, vorerst nur in NRW, aber andere Bundesländer, muss man fürchten, werden folgen. Die Regierung Wüst (CDU) spricht von einem „bundesweit einzigartigen System von Meldestellen“, das sie einrichten will, um „auch die Diskriminierungsvorfälle (zu) registrieren, die unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegen und deswegen nicht in den polizeilichen Statistiken erfasst werden“, verkündete die grüne Landesfamilienministerin Josefine Paul. Das ist ein offener Aufruf zur Denunziation. Der Denunziant ist nicht mehr ein verachteter Schuft, sondern wird von der Regierung offen umworben. Damit das Denunzieren ganz bequem geht, werden Stellen eingerichtet, die nicht, wie die konspirativen Wohnungen der Stasi, geheim, sondern ganz offen sind. Hier kann jeder jeden denunzieren und das unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Wie werden solche „Meldungen“ bewertet, was hat das für die Angeschwärzten für Konsequenzen? Die Meldestellen-Idee könnte aus der Zeit der Hexenjagd stammen, nur dass die Angezeigten nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen, sondern nur noch um ihren guten Ruf.

Es gibt eine Meldung, die gelangt an die Öffentlichkeit, in die Medien, die Meldung wird aus den Medien auf Wikipedia übertragen und schon ist das Kainsmal oder Hexenstigma fertig. Jeder, der so etwas schon einmal erlebt hat, weiß, wie beinahe unmöglich es ist, ein Wikipedia-Diktum wieder loszuwerden. Denn Wikipedia wird von einer Art Gesinnungswächter beherrscht, die sich Jos Fritz oder Donald nennen und die alles löschen, was ihrer Ansicht widerspricht.

Das sind die verfeinerten Methoden, vor denen Bärbel Bohley gewarnt hat. Haben wir noch Meinungsfreiheit? Oh ja, jeder kann seine Meinung frei und öffentlich äußern. Er wird nur, wenn er ein Jota vom vorgegebenen Meinungskorridor abweicht, der inzwischen einem Nadelöhr ähnelt, mit den Konsequenzen leben müssen: Löschungen auf YouTube, Facebook, Twitter, Kontokündigungen, Unterlassungserklärungen und Schlimmeres.

Die Frage, inwieweit das alles zu einer Demokratie passt, muss sich jeder selbst beantworten.





Bloß kein Stigma - das sind die Guten!

von Mirjam Lübke...

Beim Begriff "Clan-Kriminalität" denken wir zugegebenermaßen eher selten an die McDuffs und McLeods aus den High- und Lowlands. Dereinst wurden Schotten eher wegen ihres angeblichen Geizes in unzähligen Witzen stigmatisiert - ein unmissverständlicher Akt der Scotophobie. Zudem werden ihre karierten Faltenröcke des Öfteren Opfer kultureller Aneignung - ihre Träger müssen außerdem häufig sexistische Anspielungen auf ihre Unterwäsche-Gewohnheiten ertragen. Nicht binäre Schotten sollen sich deshalb schon zu Regenbogen-Kilt-Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen haben. Auch wenn Patriotismus heute als anrüchig gilt, so ist es zum Erhalt des Brauchtums zwingend erforderlich, dass sich queere junge Schotten nicht aus Verzweiflung zu Trans-Engländern erklären.
 


Doch eins ist bisher noch nicht bekannt geworden: Der Raub der britischen Kronjuwelen durch einen schottischen Clan. Es wäre auch zu auffällig, die Wachen am Tower von London zunächst durch das gemeinsame Spielen von "Highland Cathedral" abzulenken um dann aus den Pfeifen des Dudelsacks Betäubungsprojektile abzuschießen. Da würde man verhaftet, bevor man auch nur in die Nähe des kostbaren Schmucks gelangt wäre. Und deshalb sind schottische Clans auch keine Konkurrenz für die in Deutschland ansässigen Familienzusammenschlüsse. Diese rollen nämlich schon einmal eine riesige Goldmünze mit der Queen darauf aus einem Museum wie unsere holländischen Nachbarn ihren - Achtung, Klischee! - Käse zum Markt. Wenn es um den Raub sächsischer Kronjuwelen geht, fällt bisweilen in Teilen Dresdens der Strom aus. Um das zu übertrumpfen, müssten unsere Schotten schon Maschinengewehre in ihre Dudelsäcke einbauen - aber das gab es bisher nur im allerersten Bond-Film "Casino Royale". Ohne Daniel Craig.

Wer abgebrüht genug ist, eine riesige Goldmünze zu stehlen, sollte nach allgemeinem Verständnis nicht unter einem empfindsamen Gemüt leiden. "Ihr behauptet, meine Brüder und Cousins seien kriminell? Über diese Diskreditierung muss ich jetzt erst einmal mit meinem Psychotherapeuten sprechen. Das haut mich echt auf die Analysecouch, ihr grobschlächtigen Gesellen!" - "Nimm's nicht so schwer, Bro, wir rauben gleich noch eine Bank aus, das bringt dich auf andere Gedanken!"
 
Von Berlin ist man derlei Rücksichtnahme auf die Psyche der regionalen Clanmitglieder, die allesamt nicht Müller oder Schmidt heißen, bereits gewöhnt, was immer man sich auch davon verspricht. Man möchte gar nicht wissen, wie viele Sozialarbeiter bisher mit dem Fallschirm über Neukölln oder Kreuzberg abgeworfen wurden, um wenigstens die Jugend frühzeitig aus dem Milieu loszueisen. Der Ton ist rauh, und die Schuld trägt "die Gesellschaft". Wie in solchen Fällen üblich, muss, um nicht ganz hilflos zu erscheinen, eine verharmlosende Bezeichnung her, die zwar den gleichen Sachverhalt beschreibt, sich aber netter anhört. "Demografischer Wandel" und "Bevölkerungsaustausch" bedeuten letztlich das gleiche, aber Ersteres klingt freundlicher und Letzteres gilt als rassistische Verschwörungstheorie.
 
Sogar ein Berliner Innenexperte der SPD, Tom Schreiber, spricht offen aus, was wir nur vermuten dürfen: Gewisse Großfamilien haben längst Parallelgesellschaften errichtet, in denen man sich köstlich über die deutsche Justiz amüsiert. Und man ist dabei bequem untergebracht: Durch Schutzgelderpressung, Raub und Sozialbetrug hat man sich eine Reihe von Immobilien zulegen können. Wer einmal in der unglücklichen Lage war, Geld vom Amt beziehen zu müssen, weiß, welche bürokratischen Hürden der normale Bürger dabei nehmen muss. Der Staat zieht einem sogar die Lebensversicherung unter dem Po weg und überprüft jeden Cent an Zinsen, den man von einem alten Sparbuch mit drei Euro Guthaben bekommt. Da ist es schon erstaunlich, warum gewisse Großfamilien, die von ihren - wie auch immer erworbenen - Immobilien auskömmlich leben könnten, überhaupt noch etwas bekommen. Ist das Behördenpersonal inzwischen auch eingeschüchtert? Wir ahnen es: Eine normale Familie, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, würde nicht aus dem ächzenden Füllhorn des klammen Sozialstaates derart beglückt. Das ist mehr als Betrug, sondern ein riesiger, in Richtung des Staates ausgestreckter Stinkefinger.

In Nordrhein-Westfalen gab man sich bisher zumindest den Anschein, derlei Umtrieben zuleibe zu rücken, auch wenn die Hüter der politischen Korrektheit dagegen jähten und zornten. Da wird schon einmal ein SPD-Bürgermeister zum Rassisten erklärt, weil er sich kritisch zum Erschleichen von Kindergeld durch jene Europäer äußert, nach denen man in Deutschland keine Sauce mehr benennen darf. Eigentlich ist jeder, der die Auswirkungen der Clan-Umtriebe am eigenen Leib erfährt, genervt und wütend. Auch schon länger hier lebende Migranten, in deren Geschäft sich kein deutscher Kunde mehr traut, weil das Viertel, in dem es liegt, als Tummelplatz der Clans gilt. Auch wenn Razzien daran nicht wirklich etwas ändern, geben sie einem immerhin das Gefühl, dem Staat nicht vollkommen egal zu sein.
 
Wie man vor diesem Hintergrund noch darüber nachdenken kann, ob die Clans sich diskriminiert fühlen könnten, ist mir einigermaßen schleierhaft. Dennoch wird dieser Vorwurf immer wieder aufgekocht, in Berlin sowieso, durch Ferda Ataman, und jetzt auch durch den NRW-Justizminister Limbach. Was kommt als nächstes? Darf der Chef eines Pädophilenrings nur noch als "minor attracted person" bezeichnet werden, wie es einige Demonstranten beim diesjährigen CSD in Köln forderten? Oder ein Mörder als "Mensch mit besonderer Aggressionsherausforderung"? Dass Linksextremisten grundsätzlich "Aktivisten" sind, während Impfskeptiker gleich zu "Terroristen" und "Geiselnehmern" erklärt wurden, sind wir fast schon gewöhnt - auch wenn man den Verdacht nicht loswird, in einem Paralleluniversum zu leben, in dem einfach alles auf dem Kopf steht.
 
Herr Limbach schwenkt also fleißig die weiße Fahne, vielleicht in der Hoffnung, dass ihn die Großfamilien aus dem Morgenland dann furchtbar lieb haben. Es ist schon hart, wenn Realität und Ideologie aufeinanderprallen. Der Normalbürger säuft sich solche Diskrepanzen bisweilen schön - ich sage nur Pfirsichlikör! - Linke und Grüne hingegen erfinden einfach eine komplett neue Sprache. Den Kopf in den Sand zu stecken, kann so erholsam sein!



Dienstag, 19. Juli 2022

Die Bundeswehr kapituliert, noch bevor der Feind angegriffen hat...

von Thomas Heck...

Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet eine CDU-Kanzlerin mit CDU oder CSU-Verteidigungsministern mit der Bundeswehr das gemacht hat, was Merkel schon seit Jahren mit ihrem Mann nicht mehr gemacht hatte: nämlich fix und fertig gemacht. Dabei war Geld nicht das eigentliche Problem der Truppe, eher Mißmanagement, eine unfähige Führung, vor allem seitens der Verteidigungsminister, die den Job eher als Karriereschritt denn als Berufung gesehen haben. 

Nach drei Frauen als Verteidigungsminister, die fachfremder nicht sein konnten, steht die Truppe vor dem Nichts. Keiner hat auch nur im Ansatz die Expertise, die nötig wäre, die Truppe aus der Krise zu führen. Doch hier wurde ganze Arbeit geleistet. Offensichtlich besteht gar kein Interesse, eine schlagkräftige Truppe aufzustellen. Scholz Ankündigung, die schlagkräftogste Armee Europas aufzubauen, reine Lippenbekenntnisse bestenfalls, faktisch eine dreiste Lüge.

Viel Geld reicht nicht: Deutschland bleibt auch nach der «Zeitenwende» ein militärisches Vakuum mitten in Europa

Die Bundeswehr erhält zusätzliche 100 Milliarden, doch dies reicht nur für eine Minimalsanierung. Die Bodentruppen werden kaum verstärkt. Deutschland ist weit davon entfernt, die «schlagkräftigste Armee Europas» aufzubauen.

Mit den zusätzlichen 100 Milliarden Euro können bei der Bundeswehr bloss längst erkannte Lücken geschlossen werden.


Der Auftrag war umfassend, die Zeit knapp und die Anzahl Soldaten zu klein: Der erste mechanisierte Vorstoss deutscher Truppen seit dem Zweiten Weltkrieg war eine Herkulesaufgabe. Brigadegeneral Fritz von Korff rückte am 12. Juni 1999 von Süden her nach Kosovo ein. Einerseits sollte er den Abzug der serbischen Verbände im Raum Prizren durchsetzen, andererseits sofort für ein Minimum an Sicherheit in seinem Sektor sorgen.

Von Korff stand unter gewaltigem Erfolgsdruck. Trotz einem Abkommen der serbischen Generalität mit der Nato hätte es jederzeit zu Kämpfen kommen können. Die Lage war unübersichtlich, teilweise chaotisch. Flüchtlinge strömten zurück ins Land, andere mussten ihre Heimat verlassen. Der konventionelle Teil der Aktion, die Koordination von Panzerverbänden und einer taktischen Luftlandung, glückte von Korff und seinen Bataillonskommandanten ziemlich nach Plan.

Die Stabilisierung der Stadt Prizren und von deren Umfeld gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet, wie eine niederländische Studie ausführt. Zunächst geriet der Zeitplan aus dem Ruder, dann fehlten die Kräfte, um überall gleichzeitig zu sein. Im weiteren Verlauf des Kosovo-Einsatzes erwies sich die schwere Bewaffnung eher als Nachteil. Gefragt war eine verstärkte Polizeitruppe, vergleichbar mit der Gendarmerie in Frankreich oder den Carabinieri in Italien. Die Soldaten, die primär für Kampfaufträge ausgebildet waren, mussten schützende Aufgaben übernehmen.

Abrüstung bis über die Schmerzgrenze hinaus

Spätestens mit dem Einsatz in Kosovo begann für die Bundeswehr eine sukzessive Transformation. Der Primärauftrag, die Landesverteidigung und der robuste Teil der Bündnisverpflichtung für die Nato, rückte in den Hintergrund. Die deutschen Streitkräfte wurden auf Auslandseinsätze ausgerichtet, akzentuiert nach den Anschlägen vom 11. September 2001: Die USA brauchten ihre Verbündeten für den «war on terror». Die deutschen Streitkräfte verlagerten ihr Zentrum der Kraftentfaltung nach Afghanistan.

Das Hauptaugenmerk lag bis zum Abzug aus Kabul vor einem Jahr auf dem Kampf gegen Aufständische. Ein Krieg gegen einen ebenbürtigen Gegner in Europa wurde in der Ausbildung zu einer theoretischen Grösse aus der fernen Vergangenheit.

Ein Leopard 2 der Bundeswehr: Kampfpanzer sind im gegenwärtigen Krieg wieder zu einer Art militärischen Währung geworden.


Das Handwerk, das von Korff bei seinem Vorstoss nach Prizren noch im Schlaf beherrscht hatte, ist unterdessen verkümmert. Die Bundeswehr hat ihren harten Kern bis über die Schmerzgrenze hinaus reduziert. Die deutschen Bodentruppen, das Heer, verfügen nur noch über zwei Grossverbände, die dem Namen nach etwas mit Krieg zu tun haben: Von den einst sechs deutschen Panzerdivisionen der Heeresstruktur 4 im Kalten Krieg sind nur noch die erste und die zehnte Panzerdivision übrig geblieben.

Die Namen entstammen der Tradition der Bundeswehr. Doch eigentlich ist die Bezeichnung der beiden Grossverbände ein Etikettenschwindel. Die Kampfpanzer, die harte Währung der Bodentruppen, wurden so weit zusammengestrichen, dass sie innerhalb der zwei deutschen Panzerdivisionen fast schon Seltenheitswert haben. Dem deutschen Heer fehlt die Kampfkraft, um in einem konventionellen Krieg bestehen zu können. Erst mit starken Panzerverbänden kann ein Angreifer am Boden auch wirklich vertrieben werden.

Selbst die Kampfpanzer, über die das Heer verfügen sollte, sind zurzeit nicht alle einsatzbereit: Zwischen dem Soll- und dem Ist-Bestand besteht eine beträchtliche Lücke. Ähnlich dürfte es sich mit anderen Waffensystemen wie der Artillerie verhalten: Schauergeschichten über den militärischen Lotterbetrieb gibt es viele, aber harte Fakten kaum. Das Bundesministerium für Verteidigung hält die konkreten Zahlen unter Verschluss. Den Gegnern der Nato soll die Schwäche der Bundeswehr nicht unter die Nase gerieben werden.

Die NZZ hat deshalb bei den Kampfpanzern die Probe aufs Exempel gemacht. Ausgangspunkt ist die «ordre de bataille» der beiden Panzerdivisionen. Dieses taktische Organigramm lässt sich über die Angaben auf der Homepage der Bundeswehr nachzeichnen. Daraus wird klar, wie weit die deutsche Abrüstung wirklich gegangen ist. Dazu gelang es, ein vertrauliches Papier mit den gegenwärtigen Beständen an Leopard-2-Kampfpanzern zu beschaffen. Natürlich funktionieren moderne Streitkräfte im Verbund. Der Fokus auf die Kampfpanzer illustriert indes das grundsätzliche Malaise.

Ein Viertel der Kampfpanzer Leopard 2 zu wenig?

Innerhalb der beiden erwähnten Panzerdivisionen verfügt die Bundeswehr noch über fünf aktive Panzerbataillone. Davon ist eines ein niederländisch-deutscher Mischverband. Im Organigramm stehen noch zwei weitere Bataillone, doch beim Gebirgspanzerbataillon 8 handelt es sich um einen Reserververband. Ein zusätzlicher Truppenkörper wird als «Panzerlehrbataillon» geführt.

Um alle Verbände auszurüsten, benötigt die Bundeswehr 264 Leopard-2-Panzer

Panzerverbände der 1. und 10. Panzerdivision


Das Hauptkampfmittel der deutschen Panzerverbände ist der Kampfpanzer Leopard 2. Jedes Bataillon hat 44 Stück davon. Abweichungen sind möglich, können aber für das Gesamtbild über die Einsatzfähigkeit der deutschen Leopard-Flotte vernachlässigt werden.

Berücksichtigt man nur die fünf aktiven Panzerbataillone, besteht ein Soll-Bestand von 220 Leopard 2. Dazu kommen mindestens 44 weitere Kampfpanzer für die Ausbildung. Das Panzerlehrbataillon 93 kann überdies ebenfalls in den Einsatz geschickt werden. Minimal benötigt die Bundeswehr gemäss dieser Rechnung also 264 Leopard 2, damit alle Verbände vollständig ausgerüstet sind.

Doch selbst dem abgerüsteten Heer fehlen zurzeit einsatzbereite Panzer: Ein aktuelles, intern klassifiziertes Dokument, das der NZZ vorliegt, listet die Anzahl Leopard-Panzer der Bundeswehr detailliert auf:

Aktive Leopard-2-Kampfpanzer der Bundeswehr Typ A7V (ausgerüstet für den Kampf im überbauten Gebiet): 53
Typ A6 (Programm «Erhalt der Einsatzbereitschaft»): 110
Typ A6M (besonderer Minenschutz): 30
Im Umbau: 99 (44 A6, 20 A6M, 18 A7, 17 A7V)
Typ A5 zur Zieldarstellung: 19

Relevant für die Panzerbataillone sind die Typen A7V, A6M und A6. Davon hat die Bundeswehr gemäss dieser Übersicht Stand Mai dieses Jahres 193 Stück. Damit fehlt gegenwärtig wohl rund ein Viertel der minimal benötigten 264 Leopard-Panzer. Kommen später die 99 Panzer dazu, die zurzeit umgebaut werden, erreicht die Bundeswehr wieder den Soll-Bestand. Bei den Leopard-Panzern versucht das deutsche Heer also das Image einer Papierarmee loszuwerden.

Die Bundeswehr hat zurzeit nicht die nötigen Panzer, um ihre Truppen auszurüsten

Soll- und Ist-Bestand Leopard 2


Zum Vergleich: Die ebenfalls bis aufs Gerippe abgerüstete Schweizer Armee hat heute 134 Leopard 2 im Einsatz, die einer Fitnesskur zum «Werterhalt» unterzogen worden sind. Dazu stehen 96 weitere Exemplare in einer Lagerhalle als Reserve bereit, mit denen bei Bedarf mindestens zwei weitere Panzerbataillone ausgerüstet werden könnten. Die Ausgangslage der Schweiz für den Wiederaufbau ihrer Armee ist also deutlich komfortabler als im zehnmal grösseren Nachbarland Deutschland.

«Die Bundeswehr steht mehr oder weniger blank da»

Der Nachholbedarf der Bundeswehr ist gewaltig: Drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine rief der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar eine «Zeitenwende» im Bundestag aus. Mit einem «Sondervermögen» von 100 Milliarden Euro sollte die Bundeswehr in wenigen Jahren zur schlagkräftigsten konventionellen Truppe in Europa ausgebaut werden. Das Ziel sei eine leistungsfähige, hochmoderne und fortschrittliche Bundeswehr, wie sie «für ein Land unserer Grösse und Bedeutung in Europa» angemessen sei.

Schon drei Tage zuvor hatte der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, seinem Ärger Luft gemacht. Auf seiner Linkedin-Seite schrieb der Generalleutnant: «Ich hätte in meinem 41. Dienstjahr im Frieden nicht geglaubt, noch einen Krieg erleben zu müssen. Und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da.» Auch acht Jahre nach der Krim-Annexion, so Mais, habe Deutschland nicht die Konsequenzen gezogen und in die eigene Verteidigungsbereitschaft investiert. Dieser Offenbarungseid des ranghöchsten Soldaten des deutschen Heeres sorgte intern für Ärger, war aber für die Politik ein Anstoss zum Handeln.

Laut einem Thesenpapier des deutschen Heeres von 2017 ist das Ambitionsniveau klar: «Nehmen, Halten, Kontrollieren und Beherrschen von Räumen bleiben als Kernanforderungen für Landstreitkräfte bestehen.»


Über Nacht stieg das Verteidigungsministerium wieder in die höchste Polit-Liga auf. Noch Monate zuvor hatte es die Ampelkoalition mit einer Verlegenheitskandidatin ohne vertieftes militärisches Fachwissen besetzt: Christine Lambrecht, Anwältin und Spezialistin für rechtspolitische Fragen, soll die Bundeswehr wieder zu einer ernstzunehmenden Armee transformieren.

Inhaltlich kann die Ministerin auf solide Grundlagen ihrer Vorgängerinnen zurückgreifen. Bereits 2016 gab die Bundesregierung ein Weissbuch zur Zukunft der deutschen Sicherheitspolitik heraus. Die Überlegungen standen unter dem Eindruck von Russlands völkerrechtswidriger Annexion der Krim. Die Essenz des Weissbuchs geht vor lauter abstrakten Begriffen beinahe unter: Deutschland muss endlich seine militärische Verantwortung in der Mitte Europas wahrnehmen.

Stringente Prioritäten des Wirtschaftsplans

Ein Jahr später veröffentlichte das deutsche Heer ein Thesenpapier mit dem Titel «Wie kämpfen Landstreitkräfte künftig?». Darin werden in bemerkenswerter Klarheit die wesentlichen Trends aufgezeigt, die heute den Kriegsverlauf in der Ukraine prägen. So wird etwa auf die russische Taktik der Feuerwalze hingewiesen, also auf den massiven Einsatz von Artillerie zur Abnützung des Gegners. Genau so versuchen die Truppen des Kremls jetzt der ukrainischen Armee wichtige Geländeteile im Donbass zu entreissen.

Weiter werden «schnellere Entscheidungs- und Bekämpfungszyklen» als wesentliche Herausforderungen für die Landstreitkräfte genannt. Die Zeit zwischen der Meldung eines möglichen Ziels, dem Entscheid, dieses zu bekämpfen, und dem Einsatz einer Waffe wurde mit der Digitalisierung der Führungssysteme erheblich verkürzt. Auch dies zeigt sich im jetzigen Krieg: Der technische Fortschritt ermöglicht es der ukrainischen Armee, ihre Kräfte wesentlich agiler einzusetzen, als dies die russischen Angreifer mit ihrer Führung per Sprechfunk können.

Kurzfristig will Deutschland bis 2025 eine Division für die Bündnisverpflichtung zur Verfügung stellen können. Ein A400M-Transportflugzeug der deutschen Luftwaffe.


Die digitale Aufrüstung des «Sensor-Führungs-Wirkungsverbunds» ist deshalb bei der Modernisierung der Bundeswehr ein zentrales Thema. Dies zeigen die Prioritäten im Wirtschaftsplan 2022 zum Sondervermögen von 100 Milliarden Euro, das Scholz in seiner Rede über die Zeitenwende angekündigt hatte. Für Beschaffungen in der «Dimension Führungsfähigkeit / Digitalisierung» wird mehr Geld ausgegeben als für die Erneuerung der Bodentruppen. Etwas salopp ausgedrückt: Statt zusätzlicher Kampfpanzer werden militärische Tablet-Computer angeschafft.

Die Gewichtung der einzelnen Budgetposten im Wirtschaftsplan des Sondervermögens folgt konsequent der Konzeption der Bundeswehr von 2018. Dieses dritte Grundlagenpapier, eine Art Dachphilosophie, fokussierte auf Entwicklung von Fähigkeiten zum Operieren im Verbund.

Verwendung des Sondervermögens Bundeswehr20,7 Milliarden für die Dimension Führungsfähigkeit / Digitalisierung. Dazu gehören ein Verbund von Rechenzentren, modernen Funkgeräten, Satellitenkommunikation und ein taktisches Informationsnetzwerk für die Bodentruppen.

1,9 Milliarden für Bekleidung und persönliche Ausrüstung. Erwähnt wird das Soldatensystem «Infanterist der Zukunft», damit die deutschen Soldaten dem Standard der Nato-Einsatzgruppe mit hoher Bereitschaft entsprechen.

16,6 Milliarden für die Bodentruppen. Ein Schwergewicht bilden die Puma-Schützenpanzer. Aufgeführt wird auch das Main Ground Combat System. Dieses deutsch-französische Projekt soll ab 2035 den Leopard 2 ablösen. Auch hier steht die Vernetzung im Vordergrund. Doch die Entwicklung kommt nicht voran.
 
8,8 Milliarden für die Marine.

33,4 Milliarden für die Luftwaffe. Das markanteste Projekt ist die Beschaffung des F-35 als Tornado-Ersatz für die nukleare Teilhabe. Der amerikanische Jet der fünften Generation dürfte in Deutschland wie in anderen europäischen Ländern zum neuen Standard werden. Der F-35 ist ein fliegender Datenstaubsauger, der im Sensor-Führungs-Wirkungsverbund eine zentrale Rolle spielt.

0,4 Milliarden Euro für Forschung und Technologie, darunter Überwachung und Sicherung grosser Räume mittels künstlicher Intelligenz. Die fehlende Masse an Mensch und Material («lack of mass») soll mit der technischen Überlegenheit kompensiert werden.

Die Bundeswehr wird mit dem Technologieschub ihre Fähigkeiten wirkungsvoller als zuvor in den Nato-Verbund einbringen können. Die physische Kampfkraft insbesondere der Bodentruppen wird aber nicht signifikant erhöht.

Zu wenig Kraft, um selbständig zu kämpfen

Bereits nach der Krim-Annexion 2014 wurde vollmundig eine «Trendwende» angekündigt. Das Verteidigungsministerium sah für den Zeitraum 2016 bis 2030 einen Investitionsbedarf von 130 Milliarden Euro vor. Offensichtlich liess aber erst der russische Angriff auf die Ukraine den Worten auch Taten folgen.

Mit dem Sondervermögen «ausserhalb des regulären Verteidigungshaushaltes» soll die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nun schnell erhöht werden. Oder anders ausgedrückt: Der längst erkannte Investitionsbedarf wird nun tatsächlich finanziert.

Damit Deutschland auch wirklich über «die schlagkräftigste Armee in Europa» verfügt, braucht es allerdings mehr als die 100 Milliarden des Sondervermögens. Anfang Juni sagte es die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, in einem Interview klipp und klar: «Der Bedarf der Bundeswehr geht weit über das Sondervermögen hinaus.»

Das tatsächliche Ambitionsniveau der Bodentruppen steht im Thesenpapier des Heeres von 2017: «Nehmen, Halten, Kontrollieren und Beherrschen von Räumen bleiben als Kernanforderungen für Landstreitkräfte bestehen.» Was dies gegen einen Gegner wie die russische Armee bedeutet, belegt der Kriegsverlauf in der Ukraine: Kiew kann zwar Gebiete halten und kleine Geländeteile zurückgewinnen. Um aber wirklich die Initiative ergreifen zu können, ist die ukrainische Armee auf moderne, schwere Waffen aus dem Westen angewiesen, ganz zu schweigen von hinreichendem Nachschub an Treibstoff und Munition.

Zwei Scharfschützen des deutschen Heeres. Das Sondervermögen sieht gemäss Haushaltsplan 1,93 Milliarden Euro für Bekleidung und persönliche Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten vor.


Mit Blick auf die «ordre de bataille» des deutschen Heeres sind allerdings Zweifel angebracht, welche Gefechtsleistung die deutschen Bodentruppen im Alleingang wirklich erbringen können. Auch eine mit viel Geld ertüchtigte Bundeswehr dürfte nicht in der Lage sein, mit Gegenangriffen grössere Gebiete wieder in Besitz zu nehmen und einen Gegner entscheidend zu schlagen. Dafür reichen fünf aktive Panzerbataillone nicht aus.

Auch ist fraglich, ob für die künftig knapp 300 deutschen Leopard-Panzer auch wirklich genug Panzergranaten vorhanden sind. In einer Rede sagte Verteidigungsministerin Lambrecht, der Bundeswehr fehle Munition im Wert von 20 Milliarden Euro. Ein zweites Indiz: Die Ukraine erhält nur drei deutsche Mars-Raketenwerfer. Es fehlen die benötigten Raketen. In einem Echteinsatz müssten die deutschen Kampftruppen wohl nach kurzer Zeit das Feuer einstellen.

Natürlich ist die Bundeswehr nicht allein, sondern in die Strukturen der Nato integriert. Doch bis vor kurzem konnte sie nicht einmal der Bündnisverpflichtung nachkommen, wie die Episode der «Besenstiel-Armee» vom September 2014 zeigt. Bei der Nato-Übung «Noble Ledger» in Norwegen montierten die deutschen Soldaten schwarz angestrichene Besenstiele an ihre gepanzerten Fahrzeuge, um das Problem fehlender Kanonenrohre auszugleichen.

Zu wenig Mittel für die Landesverteidigung

Der ehemalige Nato-General Harald Kujat sprach in einem Interview Anfang 2015 von einer Situation, die an Peinlichkeit nicht zu überbieten sei. Kujat gehört zu den Gründungsvätern der Nato Response Force (NRF), einer Eingreiftruppe, die im Kriegsfall besonders schnell marschbereit sein soll. «Noble Ledger» bereitete die Truppen damals auf ihre Aufgaben als NRF vor. Genau dieses Element will die Nato nun auf 300 000 Soldatinnen und Soldaten aufstocken, wie die Bündnispartner bei ihrem Gipfeltreffen in Madrid beschlossen haben.

Die Bundeswehr wird damit noch mehr in die Pflicht genommen als bisher. Die Bodentruppen müssen in der Lage sein, Truppen, Material und Munition für folgende Nato-Formate zur Verfügung zu stellen.

Ein Panzerbataillon steht als Kern einer multinationalen Kampftruppe in Litauen (Enhanced Forward Presence).

Mindestens eine Brigade soll sich in erhöhter Bereitschaft für die Nato Response Force bereithalten.

Eine weitere Brigade bereitet sich darauf vor, die schnelle Eingreiftruppe (Very High Readiness Joint Task Force) der NRF zu ergänzen.

Kurzfristig will Deutschland bis 2025 eine Division für die Bündnisverpflichtung zur Verfügung stellen können, wie das Verteidigungsministerium seit 2016 in verschiedenen Papieren versprochen hat. Mit den vorhandenen Kräften plus dem Sondervermögen dürfte dies klappen. Das Gefecht der verbundenen Waffen, wie es von Brigadegeneral von Korff bei seinem Vorstoss praktiziert worden ist, wird wieder das Kerngeschäft der Bundeswehr. Hoch im Kurs sind die deutschen Leopard. Auf die fünf deutschen Panzerbataillone kommt eine strenge Zeit zu.

Die robusten Kräfte des Heeres sind somit bis auf weiteres im Osten Europas gebunden. Die Bundeswehr kann entweder der Bündnisverpflichtung nachkommen oder für die Landesverteidigung eingesetzt werden. Beides zusammen geht nicht. Selbst wenn bis 2031 neben der 1. und der 10. Panzerdivision eine weitere Division aufgestellt wird, kann sich Deutschland nicht selbständig verteidigen.

Das mag in der Bündnislogik zunächst niemanden erschrecken. Verteidigung ist in der Nato eine Gemeinschaftsaufgabe. Deutschland, seit 1990 wieder ein vollständig souveräner Staat, verlässt sich weiterhin auf die starke Präsenz von Truppen der USA. Doch dies ist nicht in Stein gemeisselt. Unter Präsident Donald Trump wurde das Engagement der amerikanischen Steuerzahler für die deutsche Sicherheit offen infrage gestellt.

Doch ganz unabhängig von Mensch, Material und Munition: Selbst wenn Deutschland den Beschaffungsrückstand aufholen kann, ändert dies nichts am verkrampften Verhältnis zwischen der Bundeswehr und der Bevölkerung. In einem demokratischen Staatswesen liegt der eigentliche Schwerpunkt der militärischen Kraft bei den Bürgerinnen und Bürgern. Ohne deren Unterstützung helfen weder Milliarden noch modernste Technologie.

So wurde von Korffs wahres Verdienst im Kosovo-Einsatz von 1999 in Deutschland kaum honoriert. Trotz chaotischen Zuständen gelang es ihm, in seinem Raum dank kluger Vorbereitung die Minderheiten einer multiethnischen Stadt vor der Vertreibung zu retten. Gefragt wäre ein gesundes Mass an Respekt der Öffentlichkeit gegenüber der militärischen Leistung – ob in Afghanistan, auf dem Westbalkan oder jetzt im Baltikum.

Noch immer assoziiert ein guter Teil der deutschen Bevölkerung seine Streitkräfte mit der Vergangenheit in der Nazizeit. Solange sich dies nicht ändert, bleibt Deutschland ein militärisches Vakuum mitten in Europa.





Mützen auf, Ihr Nazi-Frostbeulen!

von Mirjam Lübke...

Oh weh! Ich fürchte, unsere extrem antifaschistische "nie wieder Nazis"-Innenministerin Nancy Faeser ist gerade dabei, eine Gepflogenheit eben jener Nazis aus dem zweiten Weltkrieg zu übernehmen. Natürlich wird sie nicht mehr von "Wehrkraftzersetzung" sprechen - das wäre zu auffällig - heute heißt Kritik am Staat: "Die Demokratie gefährden". In unserer Naivität haben wir stets geglaubt, es gehöre zu unseren Rechten, unseren Unmut auf die Straße zu tragen. Aber wer sich dazu nicht auf selbige klebt und fordert, was ohnehin salonfähig ist, hat nicht recht, sondern ist rechts, findet die Innenministerin. Mundwinkel hoch, Genossen, und gute Laune verbreiten! Nur noch ein paar Wochen, dann kommt wieder die Maskenpflicht und es wird leichter, sein Zähneknirschen vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Auch dafür sorgt unsere wohlmeinende Regierung! 



Friedrich Merz von der CDU wird noch direkter. Wer "kriegsmüde" ist, der verrät die Ukraine und Europa! Nun kann ich mir durchaus lebhaft vorstellen, dass auch die Bürger der Ostukraine kriegsmüde sind, denn sie haben die Hauptlast zu tragen - während Selenskij stets wie frisch aus dem Ei gepellt vor den Kameras steht und so gar nicht erschöpft wirkt. Auch Friedrich Merz dürfte es leicht fallen, zum Durchhalten aufzufordern, aus dem sicheren Berlin heraus ist das ein Leichtes. Hört man ihm zu, könnte man glauben, Deutschland selbst wäre aus Versehen in die Ukraine einmarschiert und sei lediglich von Putin nachgeahmt worden. Und deshalb hätten wir nun eine Bringschuld. Zum Glück ist bisher keinem deutschen Soldaten aufgezwungen worden, an vorderster Front mitzukämpfen, aber hört man sich die Merz, Baerbocks und Hofreiters an, könnte man meinen, sie säßen in einem Feldherrenzelt mitten im Getümmel. Fehlt nur noch das frischgebügelte Selenskij-Solidaritäts-Shirt. 

Unzufriedenheit gehört zu den Grundrechten der Bürger in einer Demokratie. Damit meine ich nicht sinnloses Dauernörgeln gegen "die da oben", sondern die Fähigkeit, zu erkennen, ob etwas nicht so funktioniert wie es sollte und das Recht, diese Beobachtungen auch zu äußern. Nur totalitäre Gemeinschaften verlangen von ihren Mitgliedern Dauerzufriedenheit und ziehen alle Register, damit diese auch öffentlich bekundet wird. Teilweise gelingt ihnen das sogar, entweder, weil die Bevölkerung unter einem Stockholm-Syndrom leidet, durch Reiseverbote gar nichts anderes kennt als das Gewohnte oder aber es noch genügend Menschen gibt, die auf die eine oder andere Weise profitieren. In Deutschland geht es uns eher so, wie dem Frosch im Topf mit kaltem Wasser, das langsam aufgekocht wird. Bemerken wir etwas davon, wird uns sogleich ein schlechtes Gewissen gemacht: In - hier ein Krisengebiet Ihrer Wahl einsetzen - haben die Leute noch nicht einmal Töpfe, in denen sie gekocht werden können! 

Vielleicht funktionieren auch deshalb Sanktionen so schlecht, weil sie hauptsächlich die Armen und die Mittelschicht treffen, welche den Regierenden ohnehin nicht viel bedeuten, nachdem sie einmal ins Amt gehievt sind. Sie sind lediglich die Rädchen, die den Betrieb funktionieren lassen sollen. Im zweiten Weltkrieg erwogen die Amerikaner den Einsatz nicht-tödlicher Biowaffen gegen Deutschland, mit dem Ziel, etwa Ernten zu zerstören, um das Volk zum Aufstand zu bewegen. Allerdings verfügten die Nationalsozialisten bekanntlich selbst über ein ausgefeiltes Propagandanetzwerk aus Zuckerbrot und Peitsche. Die informellen Mitarbeiter der Gestapo waren überall unterwegs, um aus den vorsichtigen Äußerungen der Bürger die nächsten Bei-Laune-Haltungs-Maßnahmen entwickeln zu können. Viele wurden wegen harmlosester Äußerungen verhaftet, aber man kann nicht ein ganzes Volk einsperren. Der Druck von außen erzeugte genau jenes Feindbild, auf dem die Durchhalteparolen aufbauen konnten. Da saß man nun fest zwischen Dachau und dem neuesten Film mit Marika Rökk. 

Zum Glück sind wir noch nicht wieder so weit, dass man für seine Meinung ins Gefängnis kommt, aber von einer freien Gesellschaft sind wir mittlerweile ebenfalls weit entfernt. Allein schon die Tatsache, dass reine Unzufriedenheit einen zum Extremisten macht, sollte uns sehr zu denken geben. Wenn herunterhängende Mundwinkel einen Menschen schon zum Terroristen werden ließen, hätte Angela Merkel auf der Fahndungsseite des FBI neben Osama bin Laden einen festen Platz innegehabt. In Deutschland führt die Unzufriedenheit der Bevölkerung oft noch nicht einmal dazu, die dafür Verantwortlichen abzuwählen, sonst müsste sich im Ahrtal die politische Landschaft komplett verändert haben. Die Deutschen sind in dieser Hinsicht sehr geduldig. Manch einer schaut mit Verachtung auf jene, die sich nun ihr Kirmeslied "Layla" erkämpfen - oder es einfach laufen lassen, als sei eine solche Form der Rebellion zu trivial. Aber ist das nicht egal? Dass Leute sich das Feiern nicht verbieten lassen, ist doch schon mal was.

Und das ist es wohl, worauf Nancy Faeser abzielt. Im Grunde sind wir ein Volk, das keinen Ärger haben will: Unsere Regierung will keinen Unmut im europäischen Ausland erzeugen - nur bei der heiligen Kuh der Energiewende hat sie ein Hochziehen der französischen Augenbrauen riskiert - und ebenso wenig mag der Normalbürger bei seinen Nachbarn anecken. Also muss derjenige, der doch dazu bereit ist, möglichst rasch mit einem unangenehmen Etikett versehen werden. Und dann schafft es das deutsche Staatsfernsehen noch nicht einmal, uns unterhaltsame Propaganda zu liefern, sondern nur solche, die schon auf den ersten Blick erkennbar ist. Da muss Nancy Faeser noch ein bisschen üben, um den perfekten Totalitarismus in Deutschland einzuführen.