Montag, 3. Mai 2021

Wie man den Inzidenzwert möglichst hoch hält...

von Thomas Heck...

Die Corona-Pandemie offenbart immer mehr das tiefe Mißtrauen gegen den Staat und seine Institutionen. Umso fataler ist es, wenn er bei Betrügereien und Tricksereien erwischt wird, die letztlich zur Begründung bei Grundrechtseinschränkungen herhalten müssen. Über die Parameter der Inzidenz ließe sich schon so trefflich streiten, dient sie letztlich dazu, Narrative der Politik zu bedienen.



Der Streit um die Berechnung der Inzidenzzahlen im Kreis Kaiserslautern geht in die nächste Runde. Fünf Einwohner des Kreises haben Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.

  • Fünf Einwohner fühlen sich durch die Berechnung der Inzidenzzahlen in ihren Grundrechten verletzt
  • Streitpunkt US-Amerikaner - mal zählen sie dazu, mal nicht
  • RKI will Berechnung nicht umstellen
  • Beschwerdeführer befürchten weitreichende Konsequenzen, wenn es weiter geht wie bisher

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach, Ralf Hechler (CDU) sowie zwei Einzelhändler, einen Gastronomen und einen Hotelier. Sie wollen, dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung auffordert, dass künftig auch die Zahl der in der Region lebenden US-Amerikaner in die Berechnung der Inzidenzzahl einfließt.

Mal werden Amerikaner in die Statistik einberechnet, mal nicht

Um die Berechnung des Robert-Koch-Institutes (RKI) gibt es seit dem Beginn der sogenannten Bundesnotbremse Streit. Die Amerikaner, die in der Region leben, werden nicht mit in die Inzidenzzahl einbezogen. Wenn sie sich aber mit dem Corona-Virus infizieren, werden sie dem Robert-Koch-Institut gemeldet und fließen in die Statistik mit ein. Die Menschen seien dadurch in ihren Grundrechten verletzt worden und das hätte Auswirkungen auf die Laune der Bürger, sagt der Ramsteiner Verbandsbürgermeister Ralf Hechler.

Das RKI begründete dies damit, dass seinen Berechnungen die offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes zugrunde liegen. Weil die US-Amerikaner nicht bei den deutschen Behörden gemeldet sind, tauchen sie in dieser Statistik nicht auf. Das RKI teilte dem SWR mit, dass es nicht beabsichtige, die Berechnung der Inzidenzzahl zu verändern. Ansonsten müsse man auch andere, nicht gemeldete Personengruppen einschließen - wie zum Beispiel Au-Pair, Austauschstudenten oder Geschäftsreisende.

Beschwerdeführer sehen doppelten statistischen Fehler

Dem widersprechen die fünf Beschwerdeführer aus dem Kreis Kaiserslautern vor dem Bundesverfassungsgericht. Im Landkreis Kaiserslautern würden 102.000 Menschen wohnen, aber auch mindestens 20.000 nicht gemeldete US-Amerikaner. Berücksichtige man diese Zahlen auf der einen Seite nicht und rechne auf der anderen Seite die infizierten US-Amerikaner zu den Infizierten-Zahlen dazu, begehe man einen doppelten statistischen Fehler.

Dieser sei erheblich und betrage mindestens zehn bis 15 Inzidenzpunkte, so die Beschwerdeführer. Mit weitreichenden Folgen: Einige der Beschränkungen, die im Moment im Kreis Kaiserslautern gelten, hätten nach Ansicht der fünf Einwohner gar nicht in Kraft treten dürfen.

Mögliche künftige Einschränkungen wegen falscher Inzidenzzahlen?

Außerdem verweisen die Beschwerdeführer auf mögliche zukünftige Einschränkungen der Grundrechte, die sich aufgrund der ihrer Ansicht nach falschen Zahlen ergeben könnten. Als Beispiele nennen sie eine mögliche Schließung der Schulen ab einer Inzidenz von 165 und eine mögliche Schließung der Einzelhandels-Geschäfte ab einer Inzidenz von 150.

Nach Ansicht der Beschwerdeführer sei es ein leichtes, die Berechnungsgrundlage für die Inzidenzzahlen zu ändern. Alle erforderlichen Zahlen seien vorhanden. Auch das Argument, dass eine Änderung der Berechnung durch das RKI in anderen Regionen zu statistischen Verzerrungen führen könnte, lassen die fünf Einwohner des Kreises nicht gelten. Es gebe wohl keine Region in Deutschland, bei der rund 20 Prozent der Wohnbevölkerung nicht bei der Inzidenz-Berechnung berücksichtigt werde wie im Kreis Kaiserslautern.



Sonntag, 2. Mai 2021

Revolutionärer 1. Mai - Das Superspreader-Event...

von Thomas Heck...

Da wurden im Vorfeld des diesjährigen 1. Mai vor den Querdenkern gewarnt. Die linksradikale Berliner Polizeipräsidentin Slowik hatte schon mal gegen diese den Einsatz von Wasserwerfer angekündigt, um ein mögliches Superspreader-Event zu verhindern. Doch es kam ganz anders. 

Ein linker migrantischer und antisemitischer Pöbel marschierte durch Neukölln und zog den alljährlichen Al-Quds, der aus Gründen der Hygiene für 2021 verboten wurde, einfach auf den 1. Mai vor. Da bildete sich (schon wieder) eine unheilige Allianz aus Linken, Grünen, Antisemiten und Migranten. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns im Falle einer Machtergreifung der Grünen erwartet... da wächst zusammen, was zusammengehört.




Nun wie immer waren es jetzt Linke Querdenker in Neukölln, Wann endlich findet die Polizeipräsidentin in Berlin zur Wahrheit zurück, nun diese Umschreibung sagt doch alles nun was will man von einer Claqueurin des R-R-G Senates von Berlin erwarten. Denn es war die Antifa anstatt dieses klar zu sagen NEIN diese darf man denn die Antifa ist ja die Sturmtrupps der Grünen/ der Linken in Berlin und diese müssen mit Glaceehandschuh angefasst werden. Wobei die Gewalt in Berlin immer von der Antifa ausgeht.
Robin Schmidt, Dominik Bardow, Maria Sellamawit Häußler, Sabine Gudath, Volkmar Otto, Mike Wilms, Christian Gehrke, Philippe Debionne, 1.5.2021aktualisiert 02.05.2021 - 01:06 Uhr dpa/Christophe Gateau
1. Mai in Berlin: Erste Bilanz – 240 Festnahmen, 20 verletzte Polizisten
Antifa-Demo, Corona-Proteste, Fahrradkorso: Die Polizei Berlin war im ganzen Stadtgebiet im Großeinsatz. In der Nacht gab es eine erste Bilanz.
Die Lage bei der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ im Berliner Bezirk Neukölln eskalierte am Abend. Demonstranten hatten brennende Barrikaden errichtet, die Polizei reagierte.
Berlin - Am Mai-Feiertag gingen in Berlin rund 30.000 Menschen unter Corona-Bedingungen auf die Straße. Mehr als 20 Demonstrationen waren für den Sonnabend angemeldet. Die „Querdenker“ gingen auf die Straße, am Abend gab es dann Ausschreitungen bei der Revolutionären 1.Mai-Demo in Neukölln und Kreuzberg. Die Polizei war mit einem Großaufgebot von rund 5600 Beamten stadtweit unterwegs. Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte ein konsequentes Handeln angekündigt.
Neukölln, 0.21 Uhr: Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte am späten Samstagabend, die gewaltsamen Angriffe auf Polizisten bei der Demo seien „inakzeptabel“. Es habe einen „linken Block“ gegeben, der die Corona-Hygienevorschriften nicht eingehalten habe. Diese Gruppierung sei von der Versammlung „ausgeschlossen“ worden. Danach sei es aus dem Demonstrationszug heraus zu Angriffen auf Einsatzkräfte gekommen. Bislang gehe sie von 20 verletzten Polizisten aus. Die Zahl werde aber voraussichtlich noch steigen. Insgesamt seien rund 30.000 Menschen auf den Straßen unterwegs gewesen. Über den Tag verteilt wurden laut Polizei 240 Menschen festgenommen.
Kreuzberg, 22.41 Uhr: Am Paul-Linke-Ufer spricht die Polizei jetzt eine größere Personengruppe an und fordert sie auf, nach Hause zu gehen. Die Einsatzkräfte werden nach eigenen Angaben versuchen, die seit 22 Uhr geltende Ausgangssperre durchzusetzen.
Neukölln, 22.29 Uhr: Polizeisprecherin: Mindestens 50 Festnahmen bei Krawallen auf der Sonnenallee. Etwa 20 verletzte Polizisten, davon drei schwer. Sie kamen mit Frakturen in Kliniken. Die Ausschreitungen kamen laut Polizei „unvermittelt auf halbem Wege der Strecke. Der größte Teil der Demo hätte weiterziehen können. Aber das war offensichtlich nicht das Ziel“. Die Versammlungsleitung beendete die Demo, nachdem sie selbst von Teilnehmern angegriffen wurde.
Neukölln, 21.54 Uhr: Die Sonnenallee ist in Teilen geräumt, Autos kommen aber noch nicht durch. An den Seitenstraße kommt es immer wieder zu Tumulten, Böllerei und Anti-Polizei-Rufen. Die immer wieder anrückenden Beamten scheinen die Lage allmählich in den Griff zu kriegen.
Neukölln, 21.38 Uhr: Die Stimmung bleibt aufgeheizt. Die Polizei drängt immer wieder Demonstrierende zurück, es werden Böller geworfen, Spiegel von parkenden Autos abgetreten. Obwohl die Demo offiziell für beendet erklärt wurde, ist noch kein Ende in Sicht.
Neukölln, 21.22 Uhr: Der Polizei ist es gelungen, die Menge auf der Sonnenallee in zwei Teile zu teilen, auf Höhe der brennenden Barrikade an der Jansastraße. Es rückt Verstärkung mit Blaulicht an. Einsatzkräfte der Feuerwehr versuchen, die Barrikade zu löschen.
Neukölln, 21.12 Uhr: In der Sonnenallee Ecke Jansastraße brennt eine große Barrikade. Eine Polizeikette versucht die dortige Menschenmenge zu trennen. Demonstrierende rufen „Haut ab!“ und „Ganz Berlin hasst die Polizei!“ Es kommt laut Polizei und Augenzeugen zu körperlichen Auseinandersetzungen, die Stimmung bleibt angespannt.
Neukölln, 20.52 Uhr: Die Lage droht zu eskalieren. In der Sonnenallee Ecke Weichselstraße brennt eine Barrikade, Flaschen fliegen auf nahende Polizeiwagen, Menschen flüchten in Massen und rücken wieder vor. Polizeitrupps patrouillieren zwischen brennenden Barrikaden in der Sonnenallee, die Menge stimmt Schmähgesänge an.
Neukölln, 20.44 Uhr: Die „Revolutionäre 1. Mai-Demo“ wurde offenbar auch von vorne angehalten. „Wir sind eingekesselt und müssen jetzt hier abwarten“, sagt eine Frau mit Mikrofon vom Truck. Die Polizei gehe „extrem aggressiv“ vor.
Neukölln, 20.34 Uhr: Viele Demonstranten setzen sich mittlerweile in die Nebenstraßen ab. Der Hauptzug steht auf der Sonnenallee und wartet. Es gibt Sprechchöre: „Eins, zwei, drei, lasst die Leute frei!”
Dominik Bardow
Unbekannte haben Rad und Roller in Neukölln angezündet.
Neukölln, 20.28 Uhr: Nach Angaben der Polizei Berlin soll der hintere Teil der Demo trotz mehrmaliger Aufforderung die Abstands- und Maskenpflicht nicht eingehalten haben. „Daher haben wir sie angehalten und vom vorderen Teil abgespalten, der sich an die Vorschriften gehalten hat“, sagt eine Beamtin unseren Reportern. Wie es nun weitergeht, ist unklar. Der Demo-Zug steht derzeit.
Neukölln, 20.20 Uhr: Ein Demonstrant sagt, er habe gehört, dass die Polizei den sogenannten „interkiezionalen Block“ attackiert hat. Die Berliner Zeitung bemüht sich um gesicherte Informationen dazu.
Sabine Gudath
Sogar Sexarbeit ist Protest-Thema bei der linken Demo in Neukölln.
Neukölln, 20.12 Uhr: Der Demo-Zug steht schon eine Weile. Jetzt ruft jemand per Mikrofon von einem Truck: „Wir bleiben hier stehen, weil die Bullen hinten Genoss:innen abgegriffen haben, die lassen wir nicht zurück.“ Leute eilen zum rückwärtigen Ende der Demo, die Menge skandiert: „Ganz Berlin hasst die Polizei!“. Die Gewalt sei von den Beamten ausgegangen, sagt eine Frau am Mikrofon. „Wir bitten die Polizei inständig, sich zu verpissen.”
Neukölln, 20.02 Uhr: Von den Balkonen der umliegenden Mietshäuser applaudieren Anwohner der Sonnenallee für die Proteste der „Revolutionären 1. Mai-Demo“.
Nachtrag zur Grunewald-Demo, 19.55 Uhr: Auf der Teilstrecke der Fahrrad-Demo „Quartiersmanagement Grunewald“, die auf der Autobahn entlangführte, griff die Polizei offenbar mit Härte ein. Sie soll einen jungen Mann festgenommen, über eine Mauer gezogen und auch geschlagen haben. Die Demonstrationsteilnehmenden waren empört, war es bis dahin doch eine friedliche Demo gewesen. Ein Polizist aus dem Kommunikationsteam soll gesagt haben, der Kollege habe sich wohl eine Beleidigung zu sehr zu Herzen genommen. Die Berliner Zeitung bemüht sich um eine Klärung des Sachverhalts und der Vorwürfe.
Neukölln, 19.47 Uhr: Die Demo zieht mittlerweile durch die Sonnenallee. Pyro-Rauch steigt auf. Es werden Demo-Klassiker skandiert wie: „Für die internationale Solidarität!“. Dazu gibt es Ansprachen unter anderem auf Englisch – gegen Diskriminierung und für die Opfer von Hanau.
Neukölln, 19.34 Uhr: Die „Revolutionäre 1. Mai-Demo“ stoppt in der Karl-Marx-Straße immer wieder, die Polizei weist auf das Einhalten der Hygieneabstände hin, was aber aufgrund der Menschenmassen kaum durchführbar scheint. Inzwischen beendet ist die Demo der Berliner Clubszene.
Maria Sellamawit Häußler
Demonstranten drücken ihre politische Kritik mit einer Gleichung aus. Am Ende kommt „Extremistmus“ heraus.
Neukölln, 19.21 Uhr: In der Sonnenallee ist die Berliner Feuerwehr im Einsatz, auch mit einem Leiterwagen. „Es ist ein Brandeinsatz, hat mit der Demo nichts zu tun“, sagt ein Feuerwehrmann. Offenbar ist aber unklar, ob es überhaupt einen Brand gibt, zunächst fand sich wohl keiner, trotz Interesse der Schaulustigen.
dpa/Kay Nietfeld
Trotz Corona-Pandemie: Der Hermannplatz in Neukölln ist voller Menschen.
Neukölln, 19.14 Uhr: Tom von der marxistischen Organisation und Zeitung „Der Funke“ findet, es sei trotz Corona überaus wichtig, am Tag der Arbeit auf die Straße zu gehen. Gerade wegen der prekären finanziellen Verhältnisse, die die Pandemie verursacht habe – und auch wegen aktueller Ereignisse wie dem gekippten Berliner Mietendeckel. „Das ist unser Mittel, als Arbeiter Einfluss zu nehmen“, sagt er.
Sabine Gudath
Tom von der marxistischen Organisation und Zeitung „Der Funke“.
Neukölln, 18.57 Uhr: Jetzt setzt sich der Demonstrationszug mit Tausenden Teilnehmern in Bewegung – und biegt in die Karl-Marx-Straße ab. Über Sonnenallee, Pannierstraße, Glogauer Straße, Wiener Straße und Oranienstraße soll die „Revolutionäre 1. Mai-Demo“ führen. Und schließlich am Oranienplatz enden.
Neukölln, 18.55 Uhr: Der 1. Mai zieht auch wieder viele Schaulustige an. „Wir wollten nur mal gucken“, sagen Daniil und Olivia, beide 22 Jahre alt. „Es ist ja relativ friedlich – bis jetzt jedenfalls“, sagen sie am Kottbusser Damm stehend, während hinter ihnen ein Polizeitrupp Richtung Hermannplatz marschiert, wo gerade geböllert wird. Ob sie nachher noch an der Demo teilnehmen, wissen die zwei noch nicht. Es sei schon ungewohnt, trotz Corona-Pandemie so viele Leute auf einmal zu sehen. Letztes Jahr seien sie noch nicht hergekommen.
Sabine Gudath
„Wir wollten nur mal gucken“, sagen Daniil und Olivia, beide 22 Jahre alt.
Neukölln, 18.43: In der Menge rund um den Hermannplatz schwenken Demonstranten Fahnen, Transparente sind zu sehen. Auch Feuerwerkskörper wurden bereits gezündet. Straßen sind abgesperrt, Mannschaftswagen der Polizei stehen überall. Viele der Demonstranten tragen Mund-Nasen-Schutz. Die Veranstalter haben dazu aufgerufen, die Corona-Auflagen einzuhalten. Die Polizei rechnet wegen des Themas Mietendeckel mit einer „starken Mobilisierung auch von bürgerlichem Klientel“. Die Behörde erwartet zudem Gruppen aus der linksradikalen und linksautonomen Szene.
Neukölln, 18.14 Uhr: Die Polizei Berlin nennt als Demo-Teilnehmerzahl aktuell 5000 Demonstrierende. Aber es wirkt eher, als würden 10.000 auf und um den Hermannplatz stehen, fast wie vor Corona-Zeiten. Nur dass die meisten Menschen Maske tragen.
Neukölln, 18.10 Uhr: Rund um den Hermannplatz ist es rappelvoll. Tausende mehrheitlich junge Leute stehen in der Abendsonne, die Stimmung ist friedlich.
Dominik Bardow
1. Mai in Berlin: Am Neuköllner Hermannplatz stehen junge Leute in der Abendsonne.
Oranienstraße, 17.44 Uhr: Rund um die Oranienstraße sind trotz der zahlreichen Absperrungen viele junge Leute mit Bierflaschen in der Hand zu sehen. Der Oranienplatz ist der geplante Endpunkt für die „Revolutionäre 1. Mai-Demo“.
Kreuzberg, 17.41 Uhr: Trotz der Corona-Beschränkungen und geschlossenen Kneipen sind viele Menschen in Kreuzberg unterwegs. Vor den Eisdielen, Imbissen und Spätverkaufsläden bildeten sich am Samstagnachmittag zum Teil lange Schlangen. An den Eingängen zum Görlitzer Park kontrollierten Parkwächter und auch Polizisten, dass sich alle an das für diesen Tag verhängte Verbot von Glasflaschen in Teilen von Kreuzberg halten.
Demonstration am 1. Mai
Grunewald: „Wir schauen schon mal, welche Villa uns am besten gefällt“
Hermannplatz, 17.14 Uhr: Die Demonstrierenden verteilen sich in Richtung Hasenheide. Währenddessen kommen immer mehr Menschen aus dem U-Bahn-Schacht nach, sodass der Platz voll bleibt. Im Hintergrund werden Böller gezündet.
Berlin, 17.10 Uhr: Zwischenbilanz der Polizei-Pressestelle zum 1. Mai bislang: „Insgesamt ist es noch ruhig“, sagt ein Sprecher. Noch laufe eine Vielzahl von Versammlungen, einige fingen noch an, sieben seien schon beendet. Wegen Verstößen gegen Infektionsschutzregeln sei es zu „einzelnen Maßnahmen“ gekommen. Darunter seien in der Regel kurzzeitige Freiheitsbeschränkungen zu verstehen, etwa wenn die Personalien festgestellt werden. Bislang wurden 59 Anzeigen bei Demonstrationen gefertigt.
Volkmar Otto
Die Polizei Berlin hat die Radler-Demo im Grunewalder Villenviertel im Blick.
Lichtenberg, 17.04 Uhr: Der Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen mit einigen Hundert Teilnehmenden ist derzeit auf der Frankfurter Allee unterwegs. Wegen Verzögerungen dauert die Demo länger als geplant und wird von Gegenprotesten begleitet. Bei dem DJ auf dem „Freedom Parade“-Wagen handelt es sich offenbar um den szenebekannten „Captain Future“ alias Michael B., der in der Vergangenheit immer wieder mit Party-Protesten im „Querdenker“-Umfeld aufgefallen ist.
Hermannplatz, 17 Uhr: Es bilden sich verschiedene Gruppen. Einige mit antifaschistischen Symbolen, aber vor allem viele migrantische Gruppen sind gekommen. „Kein Stück vom Kuchen, Baklava für alle“, steht auf einem Banner. Es wird auch gefeiert und getanzt. „Abstände einhalten“, mahnt eine Ordnerin. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ sammelt Unterschriften
Maria Sellamawit Häußler
Protest-Plakat am Hermannplatz, fotografiert von unserer Reporterin Maria Sellamawit Häußler.
Grunewald, 16.54 Uhr: Der Abgeordnete und Spitzenkandidat der Freien Wähler Berlin, Marcel Luthe, hat sich selbst ein Bild von der Grunewald-Demo gemacht. Er sagt der Berliner Zeitung: „Die sogenannten friedlichen Demonstranten haben unter dem Deckmantel der Satire bekanntlich auch in den letzten Jahren erhebliche Sachschäden angerichtet und Anwohner bedroht. Wer sich am Gleis 17 versammelt und dann von Enteignung fabulierend durch Grunewald zieht, hat entweder keine Geschichtskenntnis oder keinen Anstand.“
Hermannplatz, 16.35 Uhr: Bisher sind überwiegend Polizisten und Menschen mit verschiedenen Flyern und marxistischen Zeitungen eingetroffen. An den Zeitungsständen diskutieren Menschen über Kapitalismus. Hier startet um 17 Uhr die Kundgebung der „Demonstration zum revolutionären 1. Mai“. Dieses Jahr führt die sogenannte Migrantifa gemeinsam mit einem migrantisch-internationalistischen Bündnis den Frontblock an. „Es ist wichtig, dass nicht verschleiert wird, inwiefern Rassismus mit dem kapitalistischen System zusammenhängt“, sagt Aicha Jamal, Sprecherin der Migrantifa. „Der 1. Mai wird oft mit der weißen autonomen Szene geframed, hat aber auch eine lange Tradition in vielen von unseren Herkunftsländern und große Bedeutung für viele antikoloniale Kämpfe und widerständische Bewegungen im globalen Süden.“
Weitere Demo-Blocks widmen sich dem Thema Enteignung und Verdrängung. Die Demonstration führt dieses Jahr hauptsächlich durch Neukölln. Kreuzberg sei ein Kiez, aus dem viele migrantische Menschen aufgrund der Wohnpolitik vertrieben wurden, sagt Jamal. „Neukölln ist aus unserer Sicht ein Ort, an dem sich sehr viele Probleme, die wir in dieser Gesellschaft haben, zuspitzen. Es ist aber auch einfach das Zuhause von vielen von uns. Wir wollen diesen Ort beleben“, sagt Jamal.
Davids/Juri Reetz
Mit Corona-Masken auf dem Drahtesel: Der Fahrradkorso ist unterwegs durch Berlin.
Grunewald, 16.30 Uhr: Die Polizei Berlin spricht inzwischen von rund 10.000 Teilnehmern beim Fahrradkorso durchs Grunewalder Villenviertel. Alles verläuft weiterhin friedlich.
Grunewald, 15.51 Uhr: Der große Fahrradkorso steuert auf den Johannaplatz in Grunewald zu. Begleitet von Musik fahren die Demonstranten friedlich an den Villen vorbei. Anwohner Frank-D. Apffelstaedt steht im Garten und beobachtet die Kolonne. Er sagt, dass in den letzten Jahren alles friedlich verlaufen sei. Davon geht er auch in diesem Jahr aus. Er würde mit den Demonstranten auch in den Dialog treten und kann ihre Ziele nachvollziehen.
Lichtenberg, 15.46 Uhr: Der Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen hält an der Ecke Siegfriedstraße/Rüdigerstraße. Hier sind nur wenige Gegendemonstranten zu sehen. Es wurden aber schon Teilnehmer von der Polizei abgeführt.
Dominik Bardow/Sabine Gudath
Lichtenberg: Ein vermummter Mann hält ein selbst gebasteltes Kreuz hoch. Darauf steht: „demokratischer Widerstand“.
Grunewald, 15.38 Uhr: Bereits 9000 Demonstranten sammeln sich nach Angaben der Polizei zur Autonomen-Demo in Grunewald. Die Aktivisten wollen dort die Villenbesitzer über „die Vorteile von Enteignungen aufklären“. Die Lage ist bisher friedlich. Polizisten stehen entspannt am Straßenrand.
Lichtenberg, 15.10 Uhr: Der Polizeihubschrauber, der wegen der Mai-Demos über Berlin kreist, ist auch hier zu hören. Die Polizei versorgt sich derweil schon mit Getränken für den Abend, lädt Apfelschorle und Mineralwasser aus einem Bulli.
Köpenicker Straße, 15.03 Uhr: Bei der Club-Demo sind laut Polizei Berlin inzwischen 1500 Teilnehmer unterwegs – und es kommen immer mehr hinzu.
Volkmar Otto
Auf der Fahrrad-Demo lässt sich am Großen Stern auch ein „Superheld“ blicken.
Lichtenberg, 14.38 Uhr: Der Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen zieht weiter. Zwischen Teilnehmenden und Gegenprotestierenden am Straßenrand werden Beleidigungen ausgetauscht. „Wir stehen alle auf der gleichen Seite!“, behaupten dagegen einige der sogenannten Corona-Leugner und rufen: „Alle zusammen gegen den Faschismus!“
Ostbahnhof, 14.24 Uhr: Die Club-Demo setzt sich in Bewegung. Die Polizei will keine Schätzung vornehmen, die Berliner Zeitung schätzt 700 Teilnehmer. „Kultur bewahrt uns davor, depressiv zu werden“, sagt ein Redner. „Wir fordern die Nutzung von Freiflächen, verbindliche Verfahren und Unterstützungsleistungen für sichere Open-Air-Events.“
Maria Sellamawit Häußler
Bunter Protest am 1. Mai: Schnappschuss von der Club-Demo.
Lichtenberg, 14.19 Uhr: Der Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen hält für Kundgebungen an der Ecke Normannenstraße/Rudolf-Reusch-Straße, nur ein paar Hundert Meter vom Absperrgitter der Gegendemo entfernt. Ein vermummter Mann hält ein selbst gebasteltes Kreuz hoch, darauf steht „demokratischer Widerstand“, wogegen auch immer, vermutlich die Corona-Politik.
Lichtenberg, 14.04 Uhr: Weitere Gegendemonstrierende halten ein Banner hoch – „Kein Platz für rechte Propaganda“. Der DJ im Superhelden-Kostüm stoppt die Musik und brüllt: „Nazis, Nazis, wo sollen denn Nazis sein? Wir sind gegen den Faschismus in der Regierung.“ Und spielt dann „Ein bisschen Sars muss sein“. Die Stimmung wird aggressiver.
Sabine Gudath
Gegendemonstrierende sind mit dem Protest der „Corona-Leugner“ nicht einverstanden.
Ostbahnhof, 14.02 Uhr: Lydia, Veranstalterin der Club-Demo, sagt der Berliner Zeitung: „Es geht nicht nur um Clubkultur, sondern auch um Kultur insgesamt. Gerade in Krisenzeiten gibt Kultur uns als Reflexionsmedium einen moralischen Kompass. Manche Künstler vermitteln direkt klare Werte, bei mir als Performance-Künstlerin werden die Zuschauerinnen befähigt, sich selbst zu positionieren.“
Maria Sellamawit Häußler
Die Club-Demo, fotografiert von unserer Reporterin Maria Sellamawit Häußler.
Lichtenberg, 13.59 Uhr: Ein einsamer Gegendemonstrant hält ein Plakat hoch. „Lichtenberg bleibt bunt“, steht darauf. Der Mann wird von Teilnehmern des Demo-Zuges beschimpft. Das Lied „Maskenlos durch die Nacht“ läuft vom Band.
Lichtenberg, 13.55 Uhr: Anwohner und Schaulustige sehen zu, wie der Protestzug gegen die Corona-Politik an der ehemaligen Stasi-Zentrale in der Ruschestraße vorbeizieht. „Falls Sie die Schnauze voll haben, reihen Sie sich ein“, ruft ein Mann vom Demo-Truck.
Tiergarten, 13:51: Ein „Corona-Leugner“ wird von mehreren Demonstranten zurechtgewiesen und geschubst. Er trägt keine Maske und soll sich von der Demo entfernen. Er zeigt sich uneinsichtig. Die Polizei kann die Gruppe trennen. Währenddessen ruft die Autonomen-Aktivistin Frauke Geldher über Lautsprecher dazu auf, Abstände einzuhalten und Masken zu tragen. Sie spricht von 10.000 Demo-Teilnehmern am Tiergarten.
Lichtenberg, 13.47 Uhr: Fragwürdige Motto-Musik: Auf der „Freedom Parade“ gegen die Corona-Maßnahmen spielen sie „I will survive“ von Gloria Gaynor, einige Menschen tanzen. „Jetzt geht’s los!“, ruft der DJ im Superhelden-Kostüm. Der Protestzug beginnt.
Dominik Bardow
Flaggen in Lichtenberg: Auf der „Freedom Parade“ gegen die Corona-Maßnahmen wird zu „I will survive“ getanzt.
Ostbahnhof, 13.45 Uhr: Die Polizei teilt mit, dass der Veranstalter den Ort der Club-Demo kurzfristig verlegt hat. Reggae-Musik schallt über die gesperrte Straße. Der MC fordert zu gemeinsamer Veränderung und Revolution auf. Die Art, wie wir mit der Natur umgehen und wie wir unsere Mitmenschen behandeln, müsse sich ändern.
Erstbilanz der Polizei, 13.40 Uhr: Die Demonstrationen laufen – abgesehen von ein paar Zwischenfällen – ruhig. Es gab laut Polizei Berlin aber schon erste Festnahmen.
Lichtenberg, 13.29 Uhr: Der Protestzug gegen die Corona-Maßnahmen zieht wohl erst gegen 14 Uhr los, schätzt die Polizei. Die Beamten haben inzwischen Verstärkung erhalten. Grund für die Verzögerung seien die zahlreichen Verstöße gegen Hygieneregeln, die man aufnehmen müsse, teilte eine Beamtin mit.
Jannowitzbrücke, 13.25 Uhr: Die Teilnehmer der Club-Demo steigen aus der U-Bahn und folgen nun der Musik in Richtung Ostbahnhof.
Volkmar Otto
Die Fahrrad-Demo in Richtung Grunewald hat den Großen Stern erreicht.
Tiergarten, 13:20 Uhr: Frauke Geldher, Mitorganisatorin der Sternfahrt, sagt: „Die Polizei hatte aufgrund der vielen Teilnehmer unterwegs ein bisschen Probleme mit der Verkehrsbewältigung.“ Ansonsten sei alles „gut verlaufen“. In einigen Minuten startet die Kundgebung an der Siegessäule. „Wir sind bester Dinge, unsere Message mit allen Menschen hier teilen zu können“, so Geldher.
Lichtenberg, 13.13 Uhr: Auf der anderen Seite des Rathausparks stehen immer noch 200 Gegendemonstrierende und rufen: „Corona-Leugner raus aus den Kiezen.“ Man sei mobil, sagt ein Mann am Mikrofon. „Wenn die Schwurbler loslaufen, werden wir uns ihnen entgegenstellen.“ Die Polizei bewacht die Absperrungen.
Hermannplatz, 13.03 Uhr: Die Demonstration der Clubbetreiber findet jetzt doch am Ostbahnhof statt. Die Versammelten bewegen sich gemeinsam Richtung U-Bahn. Clubbetreiber, Clubbesucher und Unterstützer demonstrieren für die Wiederbelebung der Kultur- und Clubszene durch die kreative Nutzung des öffentlichen Raums. „Wir retten die Clubkultur im Alleingang“, sagt Felix und lacht. „Nee, wir sind eigentlich nur hier, um uns zu belustigen. Wie man eben auch in den Club geht.“
Tiergarten, 12:55 Uhr: Laute elektronische Musik ertönt aus Boxen. Die Sternfahrt wird an ihrer Spitze von der Fahrradkolonne vom Neuköllner Hermannplatz angeführt. Mit den Teilnehmern vom Leopoldplatz und aus Lichtenberg sind es inzwischen mehrere Tausend Demonstranten, die an der Siegessäule Halt machen. Vereinzelt laufen Polizisten durch die Menge. Bisher ist alles friedlich.
Sabine Gudath
Demo-Plakat gegen sogenannte Corona-Leugner.
Lichtenberg, 12.45 Uhr: Die Polizei weist bereits zum zweiten Mal per Lautsprecher auf Maskenpflicht und Abstände hin. „Lasst euch nicht verunsichern, Leute“, sagt ein Redner vom Truck der sogenannten Freien Linken und fordert die Rücknahme der Corona-Maßnahmen, Deutschland befinde sich im Würgegriff der Konzerne. „Die traditionelle Linke hat versagt, ihr seid die erneuerte Linke.“ Applaus der mittlerweile 250 Anwesenden.
Lichtenberg, 12.15 Uhr: Im Rathauspark sammeln sich die Teilnehmer einer „Freedom Parade“ gegen die Corona-Maßnahmen. Die Veranstalter weisen auf Maskenpflicht und Abstände hin. Gespielt wird Gitarrenmusik von einem Truck der sogenannten Freien Linken. „Das sind keine Linken, das sind eigentlich Rechte“, riefen vorhin Gegendemonstrierende einige Hundert Meter weiter.
Dominik Bardow
Die „Freedom Parade“ am 1. Mai.
Lichtenberg, 11.55 Uhr: An der Möllendorffstraße sammeln sich etwa 100 bis 200 Demonstrierende gegen die Corona-Leugner, hören Punk-Musik und halten Ansprachen vor dem Rathaus Lichtenberg. „Diese Gruppen dort drüben sind abzulehnen“, heißt es mit Blick auf den Rathauspark, wo sich der Protest gegen die Corona-Maßnahmen formiert. Die Polizei trennt beide Lager mit Absperrungen und Kontrollen.
Dominik Bardow
Polizei und Demonstranten am Rathaus Lichtenberg.
Hermannplatz, Neukölln, 11 Uhr: Rund 30 Fahrradfahrer brechen ins Villenviertel nach Grunewald auf. Die geplante Fahrradsternfahrt soll um 13 Uhr an der Siegessäule für eine Kundgebung Halt machen. Dort stoßen weitere Teilnehmer hinzu, die am S-Bahnhof Lichtenberg und am Leopoldplatz in Wedding gestartet sind. Gegen 15.30 Uhr will man sich am Johannaplatz in Grunewald treffen, um die Villenbesitzer „abzuholen und gemeinsam in eine strahlende Zukunft zu fahren“, hieß es vorab im Aufruf zur 1.-Mai-Aktion.
Kolumne: „Brutal Berlin“
„Berlin braucht den 1. Mai nicht“
Frauke Geldher, die eigentlich anders heißt, ist Aktivistin der autonomen Szene in Berlin und hat die Fahrradsternfahrt mitorganisiert. Ihre Organisation heißt „Quartiermanagement Grunewald“. „Ich erwarte, dass die ganze Stadt heute in Bewegung kommt“, sagte sie der Berliner Zeitung heute früh am Hermannplatz. Die ganze Stadt bedeute für sie auch jene Kieze, die normalerweise nicht an politischen Debatten beteiligt seien. Insbesondere das Grunewalder Villenviertel nimmt sie in die Pflicht. „Ich glaube, dass wir mit den Besitzer: innen im Grunewald in einen Dialog kommen können. Ich habe mit einigen bereits telefoniert. Zum Teil erwarten sie uns mit Freude, zum Teil natürlich auch nicht.“
Ein ausführlicher Vorbericht zur Villen-Demo im Grunewald – hier.
Demo am 1. Mai
Autonome kommen in den Grunewald: „Villenbesitzer abholen“
Geldher erwartet mehrere Tausend Teilnehmer. Davon ist am Hermannplatz gegen Mittag noch nichts zu sehen. Ein Einsatztrupp der Polizei begleitet die Demonstranten auf dem Fahrrad. „Wir können nicht einschätzen, wie viele es werden, sehen uns aber gut gerüstet“, sagt ein Polizist.
Volkmar Otto

Die Aktivistin Frauke Geldher am 1. Mai. 



Samstag, 1. Mai 2021

Mit dem Zweiten fackelt sich's einfach besser...

von Thomas Heck...

Wenn Sie sich auch immer fragen, was die eigentlich mit unseren GEZ-Zwangsgebühren vulgo Rundfunkbeitrag so veranstalten? Z.B. mit Aufruf zur Gewalt. Mit dem Zweiten fackelt es sich einfach besser. Das war den GEZ-Hetzern dann doch etwas heikel und sie haben den Tweet schnell entfernt. Aber nicht schnell genug.




Ein Tritt in die Eier für den Gesundheitsminister...

 




Heraus zum 1. Mai...


 

Autonome kommen in den Grunewald: „Villenbesitzer abholen“

von Thomas Heck...

Der 1. Mai in Berlin ist immer ein besonderer Tag. Aus ganz Deutschland sammelt sich der linke Pöbel, der zu faul zum Arbeiten ist. Das war gefühlt schon immer so. Im besten Fall bleibt es ruhig und weitestgehend friedlich. Das heisst, etwa hundert verletzte Polizisten, 2-3 geplünderte Geschäfte, ein gutes Dutzend abgefackelte Autos. Da wäre man schon zufrieden. 

Die große Sorge ist, dass die Verwüstungen flächendeckend passieren könnten. Linke sind da ziemlich erfinderisch. So werden am 1. Mai Autonome aus ganz Berlin in den Grunewald fahren. Die Aktivisten wollen die Villenbesitzer über die Vorteile von Enteignungen aufklären. Ein klare Drohung, es fehlet nur noch der Strick...



Frauke hat rote Haare, wenn sie in der Öffentlichkeit auftritt. In ihrem privaten Leben hat sie eine andere Haarfarbe, sie möchte diese nicht preisgeben. Frauke kommt aus Süddeutschland, eine genauere Angabe will sie nicht machen. Zu ihrem beruflichen Hintergrund möchte sie auch nichts sagen. Natürlich heißt die junge, energische Frau auch nicht „Frauke Geldher“, wie ihre E-Mail-Adresse angibt. Frauke möchte unerkannt bleiben, denn sie hat einen gefährlichen Nebenberuf. Sie ist Aktivistin der autonomen Szene in Berlin. Frauke gehört nicht zur Hausbesetzer-Szene. Sie fühlt sich für die Hausbesitzer zuständig. Jedes Jahr am 1. Mai tragen Frauke und ihre Kollegen Renata, Michael und Hans die Revolution dorthin, wo sie besonders wehtut: Zu den Reichen im Grunewald, dem traditionsreichen Berliner Villenviertel. Ihre Organisation nennen sie „Quartiermanagement (QM) Grunewald“.

Die Aktivisten berufen sich auf eine Arbeitergeschichte aus dem Jahr 1931: „Perlemann geht in den Grunewald“, heißt die Erzählung von Kurt Kläber, in der der Arbeiter Perlemann mit einem Freund aus dem Wedding in den Grunewald fährt, um sich die Häuser der Reichen einmal anzusehen. Nachdem Perlemann einem Villenbesitzer frech angekündigt hat, dass sein Haus bald „sozialisiert“ werde und dieser für sich und seine Kinder schon mal eine neue Bleibe werde suchen müssen, werden die Arbeiter von der Polizei verjagt.

Die Angst der Reichen vor den Entrechteten ist auch heute wieder aktuell. Im Grunewald kann man dies an den immer höheren Mauern, der Videoüberwachung und den polizeiähnlichen Sicherheitsdiensten erkennen. Mit dieser Angst spielen die Aktivisten bewusst: So heißt es im Aufruf zur 1.-Mai-Aktion in diesem Jahr doppeldeutig: „Es wird Zeit, dass die Grunewalder:innen die Umverteilung ihres Vermögens auf die Kette kriegen… Deshalb lädt das QM Grunewald dieses Jahr Berlin ein, den Grunewald zu besuchen, die Bewohner:innen abzuholen und gemeinsam in eine strahlende Zukunft für alle zu fahren!“ Das klingt martialisch, ist aber nicht so gemeint. Natürlich wolle man niemanden tatsächlich abholen und wegschaffen, sagen die Aktivisten. Man sei strikt gewaltlos und lege darauf auch Wert. Mit „abholen“ sei gemeint, dass die Reichen erkennen müssten, dass auch sie einen Beitrag zu gerechteren Verhältnissen leisten müssten. Mit der „Kette“ ist die Fahrrad-Sternfahrt gemeint, mit der in diesem Jahr Tausende Demonstranten in den Grunewald gelotst werden sollen. Frauke hat keinen Zweifel, dass viele kommen werden. Sie sagt: „Die Wut ist schon groß!“

Frauke nennt sich Quartiermanagerin – genau wie jene Sozialarbeiter, die in Brennpunktvierteln arbeiten. Diese Streetworker sorgen dafür, dass die Bewohner eines Quartiers sich ins soziale Leben eingliedern. Sie beobachten das Leben in einem Kiez und versuchen, soziale Spannungen abzubauen und extreme Entwicklungen zu verhindern. Frauke wendet dieses Konzept im Grunewald an, einem Bezirk, von dem man nicht denken würde, dass er ein Problembezirk ist. Die Aktivisten sehen das anders: Wenn die Reichen nicht sozial denken, wird das ein Problem für die Gesellschaft. Auch der extreme Reichtum ist aus ihrer Sicht eine Form des Extremismus. Als kürzlich bekannt wurde, dass sich der Gesundheitsminister eine Villa für vier Millionen Euro in Berlin gekauft hat, wurden die autonomen Streetworker aktiv. Renata erzählt: „Wir haben eine Gefährderansprache an Jens Spahn verschickt. Er hat nicht geantwortet. Und er wäre ohnehin nicht in unsere Zuständigkeit gefallen: Er wohnt nämlich in Dahlem und nicht im Grunewald.“ Als Gefährder bezeichnet die Kriminologie jemanden, der für die Gesellschaft gefährlich werden könnte. Die Aktivisten übernehmen den Jargon der Behörden.

Frauke und ihre Kollegen haben sich selbst ermächtigt, um im Grunewald nach dem Rechten zu sehen. Sie sind autonome Quartiermanager, ehrenamtlich, wie Frauke betont: „Es wird viel davon geredet, welche Probleme wir in den sozialen Brennpunkten haben. Wir müssen aber auch davon reden, wie die Reichen dazu gebracht werden, zum sozialen Leben der Gesellschaft beizutragen.“ Über das Leben der Reichen werde der Schleier der Diskretion gebreitet. Das sei falsch: „Daher haben wir gesagt: Wir kümmern uns um die Reichen im Grunewald. Im Interesse des sozialen Zusammenhalts brauchen auch sie Begleitung und Betreuung. Wir wollen mit den Villenbesitzern ins Gespräch kommen. Wir sind nicht ihre Feinde.“

Der Grunewald sei Social Distancing mit Ansage, sagen die Aktivisten. Schon vor hundert Jahren sei das Viertel als Millionärsviertel geplant gewesen. Die Millionäre sind naturgemäß ein Problem für alle Linken und Linksextremen. Frauke hat keine feste ideologische Position, sie will sich nicht einordnen lassen. Trotzki, Marx, Mao – die sind für sie nicht wichtig. Piketty hat sie gelesen und findet ihn gut. Am ehesten sieht sie sich als Anarchistin: „Ich möchte grundsätzlich nicht, dass Menschen über andere Menschen Herrschaft ausüben. Ich habe die Utopie, dass wir in einer Welt ohne Zwang leben.“

Die Ungerechtigkeit, wie sie die Gesellschaft heute prägt, ist für sie nicht hinnehmbar. Im Jahr 2018 habe die Explosion der Mietpriese bei ihr „das Fass zum Überlaufen“ gebracht: Das QM Grunewald wurde gegründet. Die Reichen sollten dazu gebracht werden, die Probleme der Stadt auch als ihre Probleme zu begreifen: „Hunderttausende können sich die Mieten nicht mehr leisten. Nach dem Ende der Mitpreisbremse wird es für viele noch schwerer. In der Pandemie sind viele auf Kurzarbeit. Außerdem trifft sie der Lockdown in den kleinen Wohnungen viel härter als die Reichen in den Villen“, sagt Frauke. Das könne den Wohlhabenden in der Stadt nicht egal sein, sagen Frauke und ihre Mitstreiter.



Wie alles in Berlin hat auch der Grunewald eine wechselvolle Geschichte: Für viele Juden ist der Bahnhof Grunewald einer der Schreckensorte der Shoa. Von hier gingen die Transporte in die Vernichtungslager in den Osten. So gut wie alle vormals jüdischen Wohnungen und Häuser wurden von nationalsozialistischen Bonzen geraubt und übernommen – oft inklusive Einrichtung und Personal. Nach Kriegsende, Frontstadtdasein und Mauerfall ist der Grunewald in den vergangenen zwanzig Jahren in eine verschlafene Bedeutungslosigkeit verfallen. Im Herzen des Villenviertels gibt es Straßen, in denen die Uhren stehengeblieben zu sein scheinen, etwa jene, die nach „Gustav Freiherr von Schleinitz, Preußischer Oberförster, 1820-1888“ benannt ist. In vielen Villen leben mehrere Familien. Der Charakter war bisher wenig mondän, eher dörflich.

Doch es sind Veränderungen zu beobachten: An vielen Stellen entstehen Immobilienprojekte, alte Strukturen werden zerstört, Grünflächen verschwinden. Oligarchen aus vielen Ländern kaufen alte Häuser. Die Preise steigen rasant: „Der Grunewald wurde von der kapitalextremistischen Szene unterwandert“, sagte Frauke: „Das merken wir auch, wenn wir dort demonstrieren. Uns wurden Schläge angedroht, die Luft aus den Fahrradreifen gelassen. Männer, sie aussahen wie Manager, haben uns angedroht, dass sie uns die Fresse polieren.“

Frauke glaubt, dass es im Grunewald eine „Super-Gentrifizierung“ gibt: „Die Millionäre werden von den Milliardären verdrängt. Wir hören von Villenbesitzern, die mit uns reden, dass auch ihnen die Entwicklung Sorge macht.“ Die Erfahrung, aus dem eigenen Kiez verdrängt zu werden, müsse die Villenbesitzer eigentlich zu Verbündeten all jener Mieter machen, die sich heute in vielen Bezirken das Wohnen nicht mehr leisten können. Frauke: „Wir wollen niemandem aus seiner Villa vertreiben. Wir wollen die Villenbesitzer für unseren Kampf gegen die großen Immobilienspekulanten gewinnen.“ Deren Enteignung sei das Ziel. Der Wohnraum müsse vergemeinschaftet werden. Anders sei die Wohnungsnot in der Stadt nicht zu beenden. Der Druck müsse erhöht werden. Auch ein Generalstreik sei denkbar, sagt Michael, der für die Logistik der Demonstration zuständig ist: „Die Gewerkschaften streiken heute zu wenig. Sie müssen kämpferischer werden.“

Vor der Pandemie zogen die Demonstranten am 1. Mai zum Johannaplatz. Im Jahr 2019 waren es bereits 7.000 Menschen, die in den Grunewald kamen. Das hat Eindruck gemacht. Eine Anwohnerin kann sich sofort erinnern: „Ich habe das damals auf Instagram gepostet. Das waren sehr freundliche Leute. Ich habe mich lange mit ihnen unterhalten. Sie wollten, dass ich etwas unterschreibe. Das habe ich nicht gemacht. Ich bin nicht agitatorisch unterwegs.“ Die Demonstration habe sie nicht als bedrohlich erlebt. Den massiven Polizeiaufmarsch hielt sie für unverhältnismäßig. Eine andere Anwohnerin lebt in einem Seniorenheim des kommunalen Wohnungsunternehmen GEWOBAG. Sie schimpft über die Zustände dort, fühlt sich von den Verwaltern übervorteilt. Sie kennt viele der Villenbesitzer von ihren langen Spaziergängen mit ihrem Mops Leo: „Die meisten sind sehr umgänglich und freundlich.“ Auch sie beobachtet, dass sich der Kiez verändert. Die Grundidee der Aktivisten findet sie gut: „In Berlin herrscht großer Egoismus. Viele denken: Solange ich nicht selbst betroffen bin, mache ich nichts. Deswegen werden so viele ausgenutzt.“

In diesem Jahr wird die Schlusskundgebung voraussichtlich am Hagen-Platz stattfinden. In der Nähe des Platzes steht die Villa von Walter Rathenau. Der jüdische Politiker – Außenminister in der Weimarer Republik und Erbe des legendären AEG-Konzerns – wurde im Juni 1922 von Rechtsradikalen unweit seines Hauses erschossen. Sein Schicksal, so sieht es Frauke, soll den Villenbesitzern im Grunewald eine Warnung sein: Wenn die sozialen Verhältnisse außer Kontrolle geraten, ist niemand sicher: „Man muss nicht links sein, um von den Rechten ermordet zu werden.“




Ein wenig deutlicher formuliert es dagegen die B.Z.

Menschen wurden aus einer Masse heraus beschimpft, beschuldigt und bedroht, nur weil sie in einer teuren Gegend leben. Das war keine Demonstration, das war Nötigung, meint Gunnar Schupelius.

Am 1. Mai fuhren mindestens 10.000 Demonstranten auf Fahrrädern durch den Ortsteil Grunewald und forderten die Enteignung der Villenbesitzer. Etwa 50 linksradikale Organisationen hatten dazu aufgerufen. Die Polizei berichtete, es habe sich um „ganz normale, friedliche Leute“ gehandelt.

Das ist insofern richtig, als dass die Demonstranten weder Autos beschädigten noch Fassaden beschmierten, wie sie es am 1. Mai vor zwei Jahren in Grunewald getan hatten.

Doch die Parolen, die sie in diesem Jahr von sich gaben, waren alles andere als friedlich. Es waren versteckte Drohungen, die sich so anhörten: „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder: „Wer Teil des Problems ist, muss auch Teil der Lösung sein!“ oder „Wir schauen schon mal, welche Villa uns am besten gefällt. Wir kommen wieder.“

Und es kam noch schlimmer. Die Demonstranten behaupteten: „Seit Beginn der Krise wird hier hinter den Toranlagen heftig gehamstert“ und kündigten an: „Holen wir die Villenbesitzer ab!“

Schon vor einem halben Jahr, am 5. September 2020, hatte es einen ähnlichen Aufzug auf dem Johannaplatz gegeben, allerdings ohne Fahrräder. In einer Rede mit dem Titel „Grunewalddämmerung“ hieß es in Richtung der Anwohner: „Denken Sie an die tragischen Schicksale von Zar Nikolaus dem Dritten, der erschossen wurde, oder Marie Antoinette, die enthauptet wurde. Das wünschen wir niemandem.“

Was soll das heißen, ist das als Witz gemeint? Dieser Text steht immer noch auf der Seite „mygruni.de“, auf der zur Grunewald-Demonstration am 1. Mai aufgerufen wurde.

Die Anspielung auf den politischen Massenmord der französischen und der Russischen Revolution ist allerdings nicht lustig, erst recht nicht vor dem Hintergrund unserer deutschen Geschichte: Denn im Ortsteil Grunewald wurden tatsächlich schon Menschen aus ihren Häusern gerissen und umgebracht, weil man sie willkürlich für Krisen verantwortlich machte. Das geschah zwischen 1933 und 1945. Berliner Juden waren die Opfer. Vom Bahnhof Grunewald, Gleis 17, wurden sie in die Vernichtungslager deportiert.

Die von der Polizei als friedlich bezeichnete Demonstration vom 1. Mai in Grunewald war an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Gut gelaunt fuhren die Radler zurück über die Stadtautobahn, die eigens für sie gesperrt worden war, um in Kreuzberg an der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ teilzunehmen, die gewalttätig verlief.

Mit der Demonstration in Grunewald wurde eine Grenze überschritten, die wir nicht überschreiten dürfen: Menschen wurden beschimpft, nur weil sie in einer teuren Gegend leben. Sie wurden willkürlich beschuldigt, sich an der Not anderer zu bereichern. Man drohte, ihr Eigentum zu beschlagnahmen. Und das alles gesichtslos aus einer anonymen Menge heraus, aus einem Mob auf dem Fahrrad.

Das war keine Demonstration, das war Einschüchterung und Nötigung, ein gefährliches Spiel.




Freitag, 30. April 2021

"Man wird so unter Druck gesetzt, bis man nicht mehr zu dem steht, was man gesagt hat"

von Thomas Heck...

Die Aktion #allesdichtmachen hat große Wellen geschlagen. Die Aufregung bei Befürwortern und Gegnern ist immer noch groß, denn hier treffen zwei Lager aufeinander, die nicht unterschiedicher sein könnten. Denn es geht auch um gründsätzliches: Es geht um die Frage, was ist das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung überhaupt noch wert, wenn eine Gesellschaft diese nicht respektiert?




Bei Illner beklagt Boris Palmer die Cancel Culture, titelt die WELT und schreibt:

Die Debatte um die #allesdichtmachen-Videos von deutschen Schauspielern wird auch bei Maybrit Illner geführt. Im ZDF-Talk erklärt Jan Josef Liefers noch einmal seine Sicht auf die Dinge – und erfährt Gegenwind aber auch Lob.

Die Diskussion über die Videoclip-Aktion „#allesdichtmachen“ geht weiter. Nach der zum Teil heftigen Kritik löschten einige Schauspieler ihre Clips. Doch es gibt auch Verständnis für die Aktion. 

Die Debatten rund um Corona werden in weiten Teilen der Gesellschaft immer vergifteter geführt. Freundschaften zerbrechen an der Uneinigkeit über die Verhältnismäßigkeit von Lockdown-Maßnahmen, Familien geraten in heftige Streits. Manche Menschen, so scheint es, meinen, sich entscheiden zu müssen – zwischen „Team Freiheit“ und „Team Solidarität“. Und so stellte Maybrit Illner am Donnerstagabend in ihrem ZDF-Talk die Frage, ob Corona das Land spaltet.

Einer der Gäste war Schauspieler Jan Josef Liefers (u.a. „Tatort“). Der 56-Jährige hatte sich mit einem Videoclip an der umstrittenen Aktion #allesdichtmachen beteiligt. Dutzende Schauspieler hatten dabei die deutsche Corona-Politik auf ironisch-satirische Weise kritisiert. Danach war eine Debatte über Meinungsfreiheit entbrannt, die Diskussion über das Krisenmanagement wird vielfach noch eine Tonspur schärfer geführt.

In den ersten gut zehn Minuten der Sendung interviewt Illner Liefers alleine – die anderen Gäste kommen erst danach zu Wort.

Der Schauspieler verteidigt sein Video. „Wir können doch nicht das, was wir sagen und wie wir darüber sprechen, definieren lassen von denen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen“, so der Schauspieler. Ihm und seinen Kollegen war der Applaus von „Querdenkern“ und AfD vorgehalten worden. Bildhaft meint Liefers, er müsse sagen dürfen, dass zwei plus zwei vier ist – auch wenn ein AfD-Politiker zum gleichen Ergebnis komme. „Ich stehe für die offene Gesellschaft und für die Freiheit der Rede.“

Er denke nicht, dass Medien „gleichgeschaltet“ seien, betont Liefers. Allerdings habe er „eine gewisse Homogenität“ in der Berichterstattung über die Corona-Krise wahrgenommen. Der Fokus habe zu sehr auf diesem einen Thema gelegen, so sein Eindruck. Viele Probleme, die mit den Einschränkungen einhergingen, beispielsweise Gewalt in Familien, die in prekären Verhältnissen leben, seien zu kurz gekommen.

Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die mit am Tisch sitzt, findet die Aktion „sehr unglücklich“. Angestoßen worden sei durch #allesdichtmachen vor allem eine „destruktive Diskussion“. Dass über die Aktion überhaupt noch gesprochen werde, nervt Nguyen-Kim. „Wir belohnen momentan medial diejenigen, die am lautesten schreien“, kritisiert sie. Leider gelte im Journalismus die Formel „Empörung gleich Klicks gleich Einnahmen“. Und das spalte am Ende die Gesellschaft.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki, ins Studio zugeschaltet, gibt Feuer in die Debatte. Er maße sich nicht an, zu beurteilen, ob eine Diskussion destruktiv oder konstruktiv sei. Diese Unterscheidung gebe es auch in der Verfassung nicht. Er appelliert, Kritiker von Corona-Maßnahmen nicht zu Menschen zu erklären, die schwere Krankheitsverläufe oder Todesfälle wollten.

Auf Dauer werde die Gesellschaft einen Lockdown nicht aushalten, betont Kubicki. Dass sich jetzt gerade Schauspieler geäußert hätten, könne er nachvollziehen – die hätten vielfach schließlich nicht nur Einkommen, sondern vor allem auch ihr Publikum verloren. Und ihre Videos und Meinungen gelte es auszuhalten – das garantiere ja ohnehin die im Grundgesetz verankerte Kunst- und Meinungsfreiheit.

Peter Tschentscher (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister, macht von zwei Stühlen neben Liefers einen Schritt auf den Schauspieler zu, kritisiert aber auch die Videos: Die Hin- und Hergerissenheit Liefers‘, sein Mürbe-sein könne er nachvollziehen, so Tschentscher. Das gehe ja der gesamten Gesellschaft so. Genau deshalb sei die #allesdichtmachen-Aktion mit ihrer für viele Menschen missverständlichen Botschaft aber „ein bisschen missglückt“. „Diese aufgeheizte, emotionale Stimmung, die wir ja alle jetzt haben nach einem Jahr Corona-Pandemie, die war benzinhaltige Luft – und Sie machen da ein Streichholz an“, kritisiert er.

Liefers erzählt von Gesprächen, die er im vergangenen Jahr häufiger erlebt habe. Menschen hätten mit ihm ihre Meinung geteilt, allerdings mit dem Zusatz: „Aber das darf man jetzt ja nicht mehr sagen.“ Der in der DDR aufgewachsene Schauspieler meint dazu: „Klar darf man alles sagen – aber ungestraft nicht.“ Er finde es schrecklich, dass es tatsächlich Menschen gebe, die meinten, nicht mehr alles sagen zu können.
Palmer will nicht „leiser, stiller oder mit der Schere im Kopf“ argumentieren

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kennt die Situation, in der Liefers gerade steckt. Dem streitbaren Grünen-Politiker wurde in verschiedenen Kontexten bereits häufiger vorgeworfen, Applaus von Rechten bekommen zu haben. Er werde nicht anfangen, wegen dieser Kritik „leiser, stiller oder mit der Schere im Kopf zu argumentieren“, betont Palmer, der zugeschaltet ist.

Er kenne die Mechanismen: „Was wir hier erleben, sind eingeübte Rituale. Die Empörung, die Cancel Culture.“ Dass einige Schauspieler ihre Videos wieder gelöscht hätten, sei die „klassische Reaktion: Man wird so unter Druck gesetzt, bis man nicht mehr zu dem steht, was man gesagt hat“. Das sei mit ihm auch oft versucht worden.

Journalistin Nguyen-Kim schüttelt den Kopf, während Palmer das ausführt. Der fährt aber unbeirrt fort. Die Menschen bräuchten keine „Vordenker, die ihnen schon klar machen, was die gute Seite der Macht ist“. Konkret in der Pandemie seien Lockdown-Maßnahmen zudem nicht die einzige Möglichkeit im Krisenmanagement. Und wer diese Maßnahmen kritisiere sei niemand, der es billige, dass Menschen auf Intensivstationen kommen.

Für die #allesdichtmachen-Aktion findet der Lokalpolitiker so denn auch lobende Worte: „Das war nicht spaltend“, meint er. Vielmehr wirke in einer Demokratie Streit integrierend. Er finde es „großartig“, was die Künstler „sich getraut“ hätten; deswegen werde heute anders über die Corona-Politik diskutiert als noch vor einer Woche. „Danke, Herr Liefers, für diese Aktion“, wendet Palmer sich schließlich direkt an den Schauspieler.