von Thomas Heck...
So hatte sich Horst Seehofer den Ausgang der Wahl sicher nicht vorgestellt. Er rechnete sicher mit dem Schlimmsten, doch die düsteren Ahnungen wurden noch übertroffen. Mitleid braucht man nicht haben, denn der bayerische Löwe hatte im Vorfeld im Umgang mit der Kanzlerin seine Bissigkeit schon lange der Macht geopfert, dabei Feder gelassen und kommt daher weitestgehend handzahm und zahnlos daher. Denn wäre ihm die Obergrenze so wichtig gewesen, wie er es verlautbaren ließ, hätte er ggf. auch die Koalition zur Disposition gestellt. Und wie er die Kanzlerin vor 2 Jahren auf dem CSU-Parteitag mitten auf der Bühne und vor versammelter Mannschaft auf die Rolle stellte, hätte ja wegweisend sein können. Doch dann war die Macht dann doch wichtiger, als das Wohl des Landes. Ein Bayer halt.
Doch die historische Wahlschlappe kommt in einem ungünstigen Augenblick für die CSU, denn im Freistaat wird im nächsten Jahr ein neuer Landtag gewählt. Zwar wurde Seehofer erst im Frühjahr als Spitzenkandidat für die Wahl aufgestellt. Doch nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl ist kaum vorstellbar, dass er sich halten kann. Und das sieht man ihm an. Er wird auch eine mögliche Jamaika-Koalition kaum verhindern können. Für Seehofer der Super-GAU und auch persönlich kaum zu ertragen.
Horst Seehofer zählt zu jenen Politikern, die bekannt dafür sind, einen ausprägten Spaß am Redewettstreit haben. Der 68-Jährige ist nie verlegen um einen rhetorischen Seitenhieb und verbale Sticheleien, selbst nicht in schwierigen Situationen. Doch 38,8 Prozent bei einer Bundestagswahl - das ist aus Sicht der Christsozialen, deren Verzweiflung normalerweise schon einsetzt, wenn sie die absolute Mehrheit verlieren, schlicht eine Katastrophe.
Schon die ersten Kommentare nach dem aus CSU-Sicht erniedrigenden Ergebnis ließen am Tag nach der Wahl erkennen, wie sehr der Ausgang der Bundestagswahl den CSU-Chef persönlich schockiert haben muss. 10,5 Prozent hatte die CSU im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 eingebüßt, der geringste Wert seit 1949. Und er versuchte die Last auf mehreren Schultern zu verteilen, indem er im Plural sprach: „Wir haben verstanden“, sagte er schmallippig nach der Sitzung des Parteivorstandes - ganz ohne sein gewohntes ironisches Mienenspiel. Und ob "wir" wirklich verstanden haben, darf getrost bezweifelt werden. Ist aber auch egal, denn seine Kanzlerin hat es nicht verstanden. Nach ihrer Aussage wüsste sie nicht, was man hätte anderes machen sollen.
Schon vor dieser ersten Krisensitzung am Montag im Parteivorstand waren Rücktrittsforderungen aus bayrischen Landen laut geworden. Viele hatten daher mit eine Personaldebatte über Seehofer gerechnet. Teilnehmer berichteten, dass der CSU-Vorsitzende selbst gefragt habe, ob es jemanden gebe, etwas an der Parteiführung ändern wolle. Doch niemand solle sich auf diese Frage zu Wort gemeldet haben, hieß es.