von Thomas Heck...
Das deutsch-türkische Verhältnis ist schwer genug. Grundsätzlich unterschiedliche Vorstellungen von Demokratie und Pressefreiheit führen zu Mißverständnissen, die deutsche Abhängigkeit von türkischen Wohlwollen in der Flüchtlingsfrage und offene Angst vor 3,5 Mio. teilweise gewaltbereiten Schergen Erdogans in unseren Reihen haben unseren Blick für das Wesentliche getrübt und lassen uns immer mehr einknicken.
Foto: Süddeutsche Zeitung
Dass ein türkischer Minister in diesen Tagen in der deutschen Öffentlichkeit spricht, ist im Augenblick keine Selbstverständlichkeit. So wurden jüngst mehrere Auftritte abgesagt, weil Städte um die Sicherheit der Veranstaltung fürchteten, nachdem bekannt geworden war, dass die Minister über das geplante Verfassungsreferendum der Türkei am 16. April sprechen wollten. Nun gibt die ARD zu: Die Antworten von Erdogan-Minister auf Türkisch waren mit Ankara abgesprochen.
Nachdem dann auch noch die Niederlande am Wochenende die Auftritte zweier türkischer Minister in ihrem Land verhinderten, verdutzte es manchen Zuschauer umso mehr, dass mit dem Politik-Talk „Anne Will“ bei der ARD ausgerechnet ein öffentlich-rechtlicher Sender einem Erdogan-Minister die Möglichkeit bot, für das heftig kritisierte Verfassungsreferendum Werbung zu machen.
Noch verdutzter waren die Zuschauer, als Kilic, der zudem als Erdogan-Hardliner bekannt ist und perfekt Deutsch spricht, da er in Deutschland geboren wurde und aufwuchs, sich plötzlich bei wichtigen Aussagen auf Türkisch an die Zuschauer wandte. Die türkischen Passagen wurden simultan von Dolmetschern übersetzt.
Ursprünglich hätte die Sendung noch ganz anders verlaufen sollen, erklärte die ARD dazu auf Anfrage von FOCUS Online. „Die Absprache vor der Sendung zwischen der türkischen Regierung und der Redaktion lautete, dass Akif Cagatay Kilic in seiner Muttersprache antworten würde.“ Aus diesem Grund hätten auch zwei Simultandolmetscher bereitgestanden, erklärt Sprecher Ralf Pleßmann. „Herr Kilic entschied sich dann während der Sendung spontan dazu, das Gespräch teilweise in deutscher Sprache zu führen.“
Weiter hieß es: "Die Redaktion wählt ihre Podiumsgäste stets nach redaktionellen Gesichtspunkten und mit der gebotenen journalistischen Sorgfalt aus. In der momentan so aufgeladenen Krise zwischen Deutschland und der Türkei halten wir eine Diskussion zweier Minister der betreffenden Länder für hervorragend geeignet, einen bisher nicht gesehenen Eindruck davon zu bekommen, wie diese Krise dereinst gelöst werden könnte." Minister Kılıç und Minister Altmaier - der zweite Gast der Sendung - hätten in der Sache ein kontroverses, aber respektvolles Gespräch geführt. Damit unterscheide sich die Sendung allein der Form "grundsätzlich von einem Wahlkampfauftritt".
Insgesamt sei man mit dem "Verlauf der Diskussion und der redaktionellen Aufarbeitung des Themas zufrieden". Die ARD habe sich zudem zur Einladung der beiden Gäste entschieden, um die Zuschauer an einem in der jetzigen Phase der deutsch-türkischen Beziehungen „besonders interessanten diplomatischen Diskurs teilnehmen zu lassen“, erklärte Pleßmann.
CSU-Abgeordneter Mayer: "Diese Kritik muss sich die ARD gefallen lassen"
„Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut“, kommentierte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer den Auftritt von Kilic bei Anne Will. Einen ausländischen Politiker in einer deutschen Sendung in seiner Muttersprache sprechen zu lassen, könne er durchaus nachvollziehen, „wenn dieser Politiker kein Deutsch spreche“, sagte der Innenpolitiker FOCUS Online. „Doch im Fall von Kilic halte ich das für völlig überzogen. Diese Kritik muss sich die ARD schon gefallen lassen.“
Erdogan will sich mit der Verfassungsreform diktatorische Machtbefugnisse einräumen
Kilic nutzte im Lauf der Sendung immer wieder die Gelegenheit, für die Reform zu werben und wandte sich wiederholt mit deklamierender Stimme auf Türkisch an die Zuschauer. Der Minister bekam so Raum, die Vorwürfe gegen die deutsche Regierung zu wiederholen, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach dem Auftrittsverbot einiger deutscher Kommunen für türkische Minister ausgesprochen hatte.
Auch sonst ließ Kilic keine Gelegenheit ungenutzt, vom Thema abzuweichen, um die europaweit heftig kritisierte Politik von Erdogan zu rechtfertigen. Immer wieder konnte Kilic behaupten, die Presse in Westeuropa sei nicht frei. Am Ende gelang es dem 40-Jährigen sogar, ungefragt das Schlusswort zu ergreifen und bei den Deutschtürken für die umstrittene Verfassungsreform am 16. April zu werben.
Sollte Erdogan die Reform durchsetzen können, würde er künftig auch das Amt des Regierungschefs ausüben und könnte Richter und Staatsanwälte sowie Minister ernennen sowie Regierungen auflösen. Die Gewaltenteilung, die als Grundlage für jede demokratische Ordnung gilt, wäre damit komplett aufgehoben. Viele Kritiker befürchten, dass Erdogan faktisch wie ein Diktator regieren könnte.
Noch verdutzter waren die Zuschauer, als Kilic, der zudem als Erdogan-Hardliner bekannt ist und perfekt Deutsch spricht, da er in Deutschland geboren wurde und aufwuchs, sich plötzlich bei wichtigen Aussagen auf Türkisch an die Zuschauer wandte. Die türkischen Passagen wurden simultan von Dolmetschern übersetzt.
Ursprünglich hätte die Sendung noch ganz anders verlaufen sollen, erklärte die ARD dazu auf Anfrage von FOCUS Online. „Die Absprache vor der Sendung zwischen der türkischen Regierung und der Redaktion lautete, dass Akif Cagatay Kilic in seiner Muttersprache antworten würde.“ Aus diesem Grund hätten auch zwei Simultandolmetscher bereitgestanden, erklärt Sprecher Ralf Pleßmann. „Herr Kilic entschied sich dann während der Sendung spontan dazu, das Gespräch teilweise in deutscher Sprache zu führen.“
Weiter hieß es: "Die Redaktion wählt ihre Podiumsgäste stets nach redaktionellen Gesichtspunkten und mit der gebotenen journalistischen Sorgfalt aus. In der momentan so aufgeladenen Krise zwischen Deutschland und der Türkei halten wir eine Diskussion zweier Minister der betreffenden Länder für hervorragend geeignet, einen bisher nicht gesehenen Eindruck davon zu bekommen, wie diese Krise dereinst gelöst werden könnte." Minister Kılıç und Minister Altmaier - der zweite Gast der Sendung - hätten in der Sache ein kontroverses, aber respektvolles Gespräch geführt. Damit unterscheide sich die Sendung allein der Form "grundsätzlich von einem Wahlkampfauftritt".
Insgesamt sei man mit dem "Verlauf der Diskussion und der redaktionellen Aufarbeitung des Themas zufrieden". Die ARD habe sich zudem zur Einladung der beiden Gäste entschieden, um die Zuschauer an einem in der jetzigen Phase der deutsch-türkischen Beziehungen „besonders interessanten diplomatischen Diskurs teilnehmen zu lassen“, erklärte Pleßmann.
CSU-Abgeordneter Mayer: "Diese Kritik muss sich die ARD gefallen lassen"
„Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut“, kommentierte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer den Auftritt von Kilic bei Anne Will. Einen ausländischen Politiker in einer deutschen Sendung in seiner Muttersprache sprechen zu lassen, könne er durchaus nachvollziehen, „wenn dieser Politiker kein Deutsch spreche“, sagte der Innenpolitiker FOCUS Online. „Doch im Fall von Kilic halte ich das für völlig überzogen. Diese Kritik muss sich die ARD schon gefallen lassen.“
Erdogan will sich mit der Verfassungsreform diktatorische Machtbefugnisse einräumen
Kilic nutzte im Lauf der Sendung immer wieder die Gelegenheit, für die Reform zu werben und wandte sich wiederholt mit deklamierender Stimme auf Türkisch an die Zuschauer. Der Minister bekam so Raum, die Vorwürfe gegen die deutsche Regierung zu wiederholen, die der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach dem Auftrittsverbot einiger deutscher Kommunen für türkische Minister ausgesprochen hatte.
Auch sonst ließ Kilic keine Gelegenheit ungenutzt, vom Thema abzuweichen, um die europaweit heftig kritisierte Politik von Erdogan zu rechtfertigen. Immer wieder konnte Kilic behaupten, die Presse in Westeuropa sei nicht frei. Am Ende gelang es dem 40-Jährigen sogar, ungefragt das Schlusswort zu ergreifen und bei den Deutschtürken für die umstrittene Verfassungsreform am 16. April zu werben.
Sollte Erdogan die Reform durchsetzen können, würde er künftig auch das Amt des Regierungschefs ausüben und könnte Richter und Staatsanwälte sowie Minister ernennen sowie Regierungen auflösen. Die Gewaltenteilung, die als Grundlage für jede demokratische Ordnung gilt, wäre damit komplett aufgehoben. Viele Kritiker befürchten, dass Erdogan faktisch wie ein Diktator regieren könnte.