von Dr. Eran Yardeni
Wenn Sie wissen möchten, welche Art von Logik die EU-Kommission praktiziert, dann besuchen Sie die Seite „Mythen und Fakten“. Dort finden Sie 13 Mythen über den EU-Haushalt, welche die Sophisten aus Brüssel durch „Fakten“ widerlegen wollen. Hier ein paar Beispiele:
Der erste Mythos lautet: „Der EU-Haushalt ist ein Mammut-Haushalt“. Jetzt kommt die Widerlegung - halten Sie sich bitte fest!
Mit einem Volumen von rund 140 Milliarden Euro (2011) ist der EU-Haushalt im Vergleich zu den Haushalten der 27 EU-Mitgliedstaaten, die zusammen mehr als 6300 Milliarden Euro ausmachen, sehr klein. Mit anderen Worten: Die 27 Mitgliedstaaten geben zusammen fast 50-mal mehr aus als die EU! All das hat den EU-Bürger 2010 im Schnitt nur 67 Cents pro Tag gekostet. Das ist weniger als die Hälfte des Preises für eine Tasse Kaffee – und damit im Verhältnis zu dem großen Nutzen, den die EU den Bürgern bringt, kaum eine große Summe. Tatsächlich ist der EU-Haushalt geringer als der nationale Haushalt eines mittelgroßen EU-Landes wie Österreich oder Belgien.
Klingt logisch, ist es aber nicht. Die EU, im Gegensatz zu Deutschland, Frankreich, Belgien, Österreich und anderen Mitgliedstaaten der EU, betreibt keine Krankenhäuser, keine Schulen, kein Militär, keine Polizei und keine Feuerwehr. Sie muss keine Straßen, keine Flughäfen, keine Schulen bauen oder unterhalten. Die EU bezahlt auch kein Arbeitslosengeld, kein Kindergeld, kein Hartz IV oder andere Sozialleistungen. Wer behauptet, die EU sei sparsam ist, weil ihr Haushalt angeblich erheblich geringer ist als der Haushalt der Mitgliedstaaten, der könnte ebenso gut behaupten, ein Esel brauche weniger Futter als ein Elefant.
Und so geht der Wahnsinn weiter. Der zweite Mythos lautet: „Der Großteil der EU-Ausgaben versandet in der Verwaltung“. Und so wird der Mythos widerlegt: Diese Aussage trifft keineswegs zu. Die Verwaltungsausgaben der EU machen weniger als 6 % des EU-Haushaltes aus; etwa die Hälfte dieser 6 % entfällt auf Löhne und Gehälter.
Interessant. Auf der Internetseite des Europäischen Parlaments steht etwas völlig anderes. Es sind nicht weniger, sondern mehr als 6%, die in die Verwaltung fließen - genau 6,4%. Zweitens, 38,9% bzw. 373,2 Milliarden in 7 Jahren! fliessen in die „Schutz und Verwaltung natürlicher Lebensgrundlagen“. Wie viel Prozent aus diesem Betrag auf die Verwaltung entfällt, ist nicht klar. Garantiert aber sind wir schon längst über die versprochenen 6%.
Ganz ähnlich wird argumentiert, wenn es um den Mythos „Die EU kostet zu viel“ geht. Um diesen Mythos zu widerlegen, müsste man die Kosten mit den Leistungen der EU vergleichen. Dann konnte man sagen, ob sie zu viel kostet oder nicht. Die Sophisten aus Brüssel marschieren einen anderen Weg:
Das ist schlichtweg falsch. Schon ein bloßer Vergleich der Steuerstichtage oder “Steuerzahler-Gedenktage” ist sehr aussagekräftig. Um seine jährlichen Steuerschulden an den Staat zu begleichen, muss ein Bürger in den meisten Ländern bis weit ins Frühjahr oder in den Sommer hinein arbeiten. Erst dann wirtschaftet er in die eigene Tasche. Für seinen Beitrag zum EU-Haushalt muss der Durchschnittseuropäer hingegen lediglich vier Tage zahlen, d.h. bis zum 4. Januar.
Um die wirtschaftliche Effizienz der EU zu „beweisen“ wird uns wieder erzählt, dass der Staat mehr kostet, ohne aber dabei zu erwähnen, dass der Staat auch mehr leistet. In diesem Sinne ist die EU-Kommission sehr stolz darauf, dass „zwischen 2000 und 2010 die nationalen Haushalte in der EU um 62 % zunahmen, der Haushalt der EU jedoch nur um 37%“. Dass die Mitgliedstaaten während dieser zehn Jahren zwei globale finanzielle Krisen überleben mussten, wird verschwiegen. Übrigens, diese 37% stammen natürlich auch aus den Taschen der Mitgliedstaaten und bilden deswegen einen integraler Teil der 62%.
Es fragt sich natürlich, ob es sich hier um Schlamperei oder absichtliche Täuschung handelt. Meiner Meinung nach weder noch. Ich vermute, dass bestimmte Akteure in Brüssel die Grenzen zwischen dem Nationalstaat und der EU nicht sehen können oder wollen. Sie projizieren ihre politischen Wünsche und Visionen auf die heutige Konstellation. Oder sie können zwischen einem Esel und einem Elefanten nicht unterscheiden, der nicht nur dicker sondern auch größer ist als der Esel.
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