Freitag, 11. März 2022

Im-Nebel-Stochern für Fortgeschrittene...

von Mirjam Lübke...

Das Netz spottet: Medizin-Nobelpreis für Wladimir Putin! Der moderne Zar im Kreml hat es durch sein martialisches Auftreten geschafft, das Corona-Virus derart einzuschüchtern, dass es freiwillig von der Bildfläche verschwunden ist. Nun hockt es zitternd in einer unterirdischen Notunterkunft und schwenkt die weiße Fahne. Da sind die Ukrainer zäher, offenbar macht Putins medizinische Kompetenz keinen Eindruck auf sie. Das ist hart, wirklich hart für den russischen Präsidenten.



Doch auch das Virus hat in Deutschland treue Verbündete, die es aus seinem Schattendasein befreien möchten. Denn sein Image ist schwer angeschlagen: Vom Superkiller zum Schnupfen heruntergestuft zu werden, nur, weil man einmal in eine harmlosere Form mutiert ist, das kratzt am Selbstbewusstsein. Aber Putin, das Medizingenie, hat dabei nicht mit der Entschlossenheit von Karl Lauterbach gerechnet. Ein schwerer strategischer Fehler, denn ein einzelner, zu allem bereiter Guerillero kann ganze Armeen in die Schlacht zurückführen. Dabei bedient sich Lauterbach zudem einer perfiden Kriegslist: Obwohl er öffentlich bekundet, der Erzfeind des Virus zu sein, trägt er - zumindest medial - entscheidend zu dessen Verbreitung bei. Selbst auf dem Kriegspfad befindlich, propagiert er zudem die Teilnahme an Friedensdemos. Zudem griff und greift er auf die älteste Kriegstaktik aller Zeiten zurück: Die Verwirrung des Feindes mit falschen Daten. 

Wir haben alle falsch gedacht: Die Schreckensnachrichten von RKI und PEI - schon diese Abkürzungen könnten Geheimdiensten alle Ehre machen - dienten nicht etwa dazu, der Bevölkerung sinnlose Infektionsschutz-Maßnahmen aufzunötigen. Vielmehr plante Karl Lauterbach von Anfang an, das Virus vor uns zu schützen. Dieser Aufgabe hat er sein Leben gewidmet, so wie Heinz Sielmann einst die bedrohte Tierwelt rettete. Der beliebte Gesundheitsminister tritt damit in eine neue Phase des Umweltschutzes ein. Auch eine RNA-Fabrik wie ein Virus verdient es zu leben. Es ist also vollkommen abwegig, dem Minister Karriereambitionen zu unterstellen, denn er plant, neue Lebensräume für die kleinsten Geschöpfe zu schaffen. 

Anders jedenfalls kann ich mir das Verhalten des Ministers nicht erklären. Er muss tatsächlich eine Art Hassliebe zu Corona empfinden, hätte am liebsten, dass wir in Impfstoff baden, wie Obelix, der als Kind in den Zaubertrank fiel und danach lebenslang Superkräfte besaß. Während alle Welt nun auf die Ukraine schaut, bereitet die Bundesregierung weiter die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht vor, die dann Anfang April durch den Bundestag gewunken werden soll. Selbst in Österreich, das neben Deutschland zu den Hardlinern in der Corona-Politik zählte, ist inzwischen Vernunft eingekehrt, angesichts des meist milden Verlaufs der Omikron-Infektion, welche die meisten Menschen noch nicht einmal wahrnehmen, hält man die Impfpflicht für unverhältnismäßig. Nur Karl Lauterbach verbreitet, es würden täglich bis zu dreihundert Menschen daran sterben - wo immer er diese Zahl auch hernimmt. Das behauptet nämlich noch nicht einmal das RKI. Wahrscheinlich handelt es sich dabei wieder einmal um ein Bauchgefühl, ähnlich wie bei seiner Behauptung, Kinder litten zunehmend an Long Covid - was sich als aus der Luft gegriffen erwies. Zumal man vielfach noch gar nicht klar sagen kann, was nun Long Covid oder Depression als Lockdown-Folge ist, weil die Symptome die gleichen sind. 

Während die Bevölkerung noch in der einen Angst feststeckt - sie ist bei vielen schließlich nicht einfach weg, auch wenn sie ihre "ich bin geimpft"-Bekundung gegen die ukrainische Fahne getauscht haben - kommt nun auch noch die Kriegsangst dazu. Ehrlich muss ich zugeben, dass ich in dieser Hinsicht weitaus leichter zu packen bin, zumal sich auch hier erweist, wie wenig vorbereitet Deutschland auf einen Ernstfall wäre. Den Zivilschutz hat man nämlich nach dem Prinzip "Brauchen wir nicht mehr, kann weg" vor 15 Jahren aus Kostengründen endgültig begraben. Die aktuell vom Bundesamt für Katastrophenschutz herausgegebenen Ratschläge sind auf dem Stand der Sechzigerjahre, es fehlt nur noch der Tipp mit der Aktentasche, die man sich beim großen "Bumm" über den Kopf ziehen soll. Bei diesen Aussichten wäre man lieber gleich hinüber. 

Stattdessen tragen wir bereits jetzt die von Annalena Baerbock angekündigten "Konzekwenzen". Der Benzinpreis frisst das Gehalt auf, für dessen Erwerb man sich ins Auto setzt. Während viele Normalverdiener aus Kostengründen die Heizung herunterdrehen müssen - eine Strickjacke ist weitaus günstiger - frieren Besserverdiener "für den Frieden", während auf dem Designertisch vielleicht schon ein Reisekatalog liegt. Was kommt als nächstes? "Gold gab ich für Eisen" als Sammelaktion für den Pleitestaat? Karl Lauterbach kann es nur recht sein, wenn wir bibbernd zuhause sitzen. Wenn die Nase vor Kälte zu laufen beginnt, fragen wir uns dann alle, ob er nicht doch ein bisschen die Wahrheit gesagt hat: Ist es das schon, das nächste Killervirus? Dem Frieden bringt uns die Kälte jedenfalls nicht näher, allenfalls dem allgemeinen Durchdrehen. Langsam verstehe ich, was an dem Wunsch "Mögest du in aufregenden Zeiten leben" so boshaft ist, denn wir stecken mitten drin.



Donnerstag, 10. März 2022

Grmpf hielt die Erfindung von Streichhölzern für Science-Fiction...

von Mirjam Lübke...

Dächten die Menschen schon immer so wie unser Freund Mario Sixtus, wären wir heute nicht in der Lage, uns im Internet darüber aufzuregen. Es gäbe nämlich keins. Wenn Steinzeitmensch Grmpf herausgefunden hatte, dass beim Aufeinanderschlagen bestimmter Steine Funken entstehen, mit denen man selbst Feuer machen kann, wäre so ein Mario gekommen und hätte es ihm als Blödsinn ausgeredet. Ebenso das Rad ("Du bist doch nur zu faul zum Tragen!"). Selbst wenn es uns gelungen wäre, uns trotzdem zivilisatorisch weiterzuhangeln, stünde immer eine Kreativitätsbremse bereit, die nicht aus ernster Besorgnis über die möglichen Folgen einer Erfindung, sondern aus schierer Arroganz außergewöhnliche Ideen ausgebremst hätte. "Professor Fleming, werfen Sie gefälligst diese verschimmelte Petrischale weg! Es ist doch Humbug, da was draus machen zu wollen!"



Es geht nicht um kritische Distanz zum Machbaren, die durchaus angebracht ist, wenn Forschung etwa sensible Bereiche der Ethik berührt, wie das zum Beispiel in manchen Bereichen der Gentechnik der Fall ist. Dann ist es vollkommen angebracht, sich auch als Nicht-Genetiker einzumischen und zu fragen, wo das noch hinführen mag. Wie uns die Diskussion um die mRNA-Impfstoffe gezeigt hat, halten sich Sixtus & Co. aber dabei nicht nur dezent zurück, sondern bringen Kritiker sofort zum Schweigen. Schwurbler! Nazi! Die wissen schon, was sie tun! Ähnliches erleben wir beim Thema Klimawandel: Jeder von der gewünschten Richtung abweichende Forschungsansatz wird lächerlich gemacht oder ignoriert, so zum Beispiel der Einfluss von Sonnenaktivität auf unser Klima. Da die meisten Journalisten genau wie der Durchschnittsbürger wissenschaftliche Laien sind, ist die Stoßrichtung deutlich: Es geht wieder einmal um die Diskurshoheit. Da darf man dem Bürger schon einmal vorschreiben, welchen Wissenschaftler er ernst nehmen darf. Man beurteilt es einfach nach der richtigen Haltung - denn die Forschungsergebnisse sind einem Herrn Sixtus ebenso ein Buch mit sieben Siegeln wie uns. 

Es ist schon allerhand Realität geworden, was anderen als Spinnerei erschien. Manche populärwissenschaftlichen Magazine - das meine ich nicht abwertend! - tragen regelmäßig die Aussagen von Firmenchefs zusammen, die sich enorm verschätzt haben, so etwa der Geschäftsführer von IBM, der sich nicht vorstellen konnte, das einmal auch in privaten Haushalten Computer stehen - er war einfach von den riesigen Anlagen seiner Zeit ausgegangen. Allerdings ist die Verachtung für Zukunftsvisionen auch eine Spezialität links-grüner Klimaretter, denen beim Gedanken an den Weltuntergang durch Erderwärmung Schauer wohligen Gruselns über den Rücken laufen: Der Triumph eines "Wir haben schon immer davor gewarnt!" ist in ihren Tagträumen einfach glorreicher als die mühselige Kleinarbeit von klugen Köpfen, die sich Lösungen für kommende Probleme einfallen lassen. 

Letztens sah ich mir die französische Serie "Dream the Future" von 2015 an. Natürlich war auch darin eine Folge dem Klimawandel gewidmet, aber anstatt in düstere Prognosen zu verfallen, zeigte man Ideen aus aller Welt zur Städtearchitektur, die viel Grün einbindet, um nicht nur das Leben in der Stadt angenehmer zu machen, sondern auch die Luft zu verbessern. Ein japanischer Agrargroßhändler hat schon jetzt seine Firmenzentrale in Tokio nach diesem Konzept umbauen lassen. Der Salat in der Kantine wächst im eigenen Haus und die Mitarbeiter dürfen sich auch mal was pflücken. Letztens sah ich einen Bericht aus Deutschland, eine mittelständische Firma bietet Ähnliches an - aber selbst in der Parteizentrale der Grünen wachsen noch keine Tomaten - das ist dem echten Weltenretter wohl zu unglamourös. 

Statt grüner Städte sollen wir kahle Flächen mit Windkraftanlagen bekommen, noch nicht einmal vor dem hessischen Märchenwald macht der Wahn halt. Ich weiß nicht, was Herr Sixtus im Bereich der Energieerzeugung als Science-Fiction bezeichnet, den Fusionsreaktor eventuell? Der steckt tatsächlich noch in den Kinderschuhen, aber darin wird er auch steckenbleiben, wenn man daran nicht weiterforscht. Irgendwann in ein paar Jahren werden die Chinesen stolz einen funktionierenden Prototypen präsentieren, nachdem sie uns schon im Bereich der Kernkraft überholt haben. Geduld und Beharrlichkeit sind in Deutschland diesbezüglich nicht gefragt - wir bauen das, was zwar nur unzulänglich funktioniert, aber dafür nicht merkwürdig leuchtet, lieber eine Nummer größer. Dann funktioniert es zwar noch immer unzulänglich, sieht aber imposanter aus. Deshalb bauen wir dann noch mehr davon - bald wird wahrscheinlich die Idee aufkommen, in den Masten von Windrädern sozialen Wohnungsbau unterzubringen. Man kann darin zwar die Fenster nicht öffnen, weil das ständige "Wusch Wusch Wusch" einen sonst in den Wahnsinn triebe und die Möbel samt ihrer Besitzer hinausgesogen würden, aber irgendwie muss man den Platzmangel schließlich ausgleichen. Das Eigenheim ist out, Familie sowieso, deshalb legt man ausgerechnet jenen, die gern freiwillig mit Solaranlagen für sich selbst sorgen würden, auch noch bürokratische Hürden in den Weg. Es muss - bitteschön! - alles hübsch zentralisiert und gigantomanisch ablaufen. Auch wenn die natürlichste CO2-Vernichtungsmaschine, der Baum, dafür weichen muss. 

Da wünscht man sich ein bisschen mehr Science-Fiction und weniger reale Dystopie. Meine Theorie ist ohnehin, dass bei manchen Menschen die Abneigung gegen das Fantastische nicht darin begründet liegt, dass sie einfach kein Interesse daran haben - was ein vollkommen legitimer Grund ist. Vielmehr neigen sie zu ideologischer Engstirnigkeit, wie ein Inquisitor, der höllische Angst vor Ketzern hegt. Schließlich können sich Fantasiebegabte nicht nur Technisches erträumen, sondern auch eine Zukunft, in der die Ideologen das Sagen haben. Und wenn das letzte Windrad verrostet ist, wird vielleicht niemand mehr da sein, der ein neues bauen kann, da unsere Gesellschaft nur noch aus Genderforschern besteht. Solange uns das Geld nicht ausgeht, können wir schließlich von Nachbarländern Strom kaufen. Der ist dann auch grüner als der eigene, versprochen!


Gauck: "Wir können auch einmal frieren für die Freiheit"

von Thomas Heck...

Bei der gestrigen Maischberger-Sendung zum Thema Ukraine hat Alt-Präsident Joachim Gauck die Deutschen gemahnt, Opfer zu bringen. Für die Freiheit können man auch schon mal frieren. Markige Worte eines ehemaligen Präsidenten, der sich nicht nur einfach mit 236.000 Euro Ehrensold aufs Altenteil begab und es sich heute auf seinem beheizten Scheißhaus auf Steuerzahlerkosten gut gehen lässt. Nein, der Mann, der nicht fit genug für eine zweite Amtszeit war, hatte sich ein Büro de luxe einrichten lassen. Mit einem Büroleiter, Referenten, Sekretärin und Chauffeur inklusive Dienstwagen. Neun Büros auf 197 Quadratmetern: Altbundespräsident Joachim Gauck kann auf eine opulentere Ausstattung als seine Vorgänger zurückgreifen - mit hohen Kosten für den Steuerzahler. Allein an Personalkosten 385.000 Euro pro Jahr.

Zu den Personalkosten kamen die Aufwendungen für Umbaumaßnahmen in den Büros, die Gauck in einer Liegenschaft des Deutschen Bundestages bezogen hatte. So wurden Sicherheitstüren am Präsidententrakt und eine abschließbare Präsidententoilette zu Kosten von insgesamt 52.000 Euro installiert. Zum Kacken also doch kein Volkspräsident, da wird es schon warm sein. Zusätzlich schlug die Möblierung des Arbeitsraums von Gauck mit 35.000 Euro zu Buche, wie das Bundespräsidialamt auf Anfrage bestätigte.

Und dieser "Volkspräsident" mahnt jetzt Deutsche, Opfer zu bringen. Da möchte der Deutsche Gauck doch am liebsten seine restlichen Zähne ausschlagen.


Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wird heute im türkischen Antalya mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow Optionen für ein Ende des Kriegs ausloten. Unsere Reporter berichten über die aktuelle Lage in der Ukraine. Verfolgen Sie alle Entwicklungen hier und bei WELT im TV. 

Bei Maischberger streiten die Gäste darüber, wie weit die Nato im Ukraine-Krieg gehen sollte. Sie sind sich aber einig, dass die wirtschaftlichen Folgen auch bei uns drastisch sein werden. Altbundespräsident Gauck mahnt die Deutschen, Opfer zu bringen. 

Der Westen sucht weiterhin nach einem Weg, den Krieg Russlands gegen die Ukraine schnellstmöglich zu beenden und Russlands Präsidenten Wladimir Putin zur Besinnung zu bringen. Doch reichen allein wirtschaftliche Sanktionen oder braucht es noch mehr militärische Unterstützung?

Bei „Maischberger“ berichtete die deutsch-ukrainische Schriftstellerin Katja Petrowskaja von ihrer 86-jährigen Mutter. Diese sei derzeit auf der Flucht aus Kiew in Richtung Ungarn – in einem Bus zusammen mit anderen Frauen und einem erst vier Tage alten Kind. Es sei schwer, die Menschen zu überzeugen, das Land zu verlassen. „Das bedeutet, dass nicht nur die Armee kämpft. Es kämpft die gesamte Gesellschaft“, berichtete die Autorin. „Sie möchten nicht in dieser Despotie von Putin leben“, sagte Petrowskaja.

Das Verhalten der Ukrainer habe sie nicht überrascht. Es sei die „allgemeine Impfung am Maidan“, die die Menschen dazu gebracht habe, selbstständig zu handeln: „Es ist keine Folge von Propaganda oder irgendwelcher Ideologie.“ Putin verstehe dies aber nicht.

Dem pflichtete der Militärexperte Carlo Masala bei. Der russische Präsident sei davon ausgegangen, Teile der Ukraine innerhalb weniger Tage einnehmen zu können, glaubt Masala. „Dahinter stand auch die Überzeugung, dass ein Großteil der Ukrainer die Russen als Befreier wahrnehmen werden“, erklärte der Politikwissenschaftler. 

Ein durchgestochener Bericht eines russischen Geheimdienstmitarbeiters deute darauf hin, dass die Dienste entsprechende Berichte an die Regierung liefern sollten. „Das ist wohl alles erstunken und erlogen gewesen, weil man sich nicht getraut hat, ein realistisches Bild zu porträtieren“, sagte Masala.

„Dieser Mann ist ein Kriegsverbrecher“, machte der frühere ARD-Korrespondent in Moskau, Thomas Roth, deutlich. Putin gehöre am Ende vor den Internationalen Strafgerichtshof. Dass der russische Präsident tatsächlich im Jahr 2036 – wie von der Verfassung vorgesehen – sein Amt verlassen wird, glaubt Roth nicht: „Das ist doch dem völlig egal. Der wird so lange herrschen, wie er will.“ Für die Journalistin Mariam Lau wird Putin früher gehen müssen: „Der ist doch erledigt.“

Die Hauptbitte der Ukrainer an den Westen sei es „den Himmel zu schließen“, berichtet Petrowskaja. Dies könne nur die Nato. Die Autorin sprach so eine mögliche Flugverbotszone über dem Land an, die russische Kampfjets aus dem Luftraum heraushalten soll.

Das wolle der Westen nicht, erklärte Masala. Es müssten Flugplätze und auch Luftverteidigungssysteme in Russland bombardiert werden. Am Ende müssten womöglich auch russische Kampfjets abgeschossen werden. „Eine Flugverbotszone würde bedeuten, einen Krieg gegen Russland zu führen“, sagte der Militärexperte, „da schwingt natürlich auch immer die Gefahr mit, dass der irgendwann nuklear eskaliert.“

„Mein Gefühl ist natürlich völlig aufseiten von Frau Petrowskaja“, erklärte dagegen Altbundespräsident Joachim Gauck. Dennoch zeigte er sich zurückhaltend. Es sei „diesmal keine Feigheit, wenn die deutsche Bundesregierung hier zurückhaltend ist“. Waffenlieferungen seien nicht so gefährlich wie eine Flugverbotszone: „Einem Überfallenen mit Waffen beizustehen, ist etwas anderes, als dass wir aktiv Flugzeuge abschießen.“ Auch Mariam Lau forderte mehr Waffenlieferungen an die Ukraine. 

Die Sanktionen des Westens gegen Russland würden Wirkung zeigen, berichtete Roth. Es gebe bereits Berichte von weniger Lebensmitteln in den Supermärkten. Dennoch brauche es härtere Maßnahmen. „Ich bin der Meinung, wir müssen Nord Stream 1 zumachen“, forderte der Journalist.

Für Feldenkirchen gibt es aber auch Grenzen bei den Maßnahmen gegen Russland. „Alles, was auch nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein Nato-Mitglied oder die Nato an sich in militärische Auseinandersetzungen mit Russland gerät, muss absolutes Tabu sein“, sagte der Journalist.

Klar wurde aber auch, dass dies in Deutschland möglicherweise weiter zu steigenden Preisen beim Heizen oder an der Tankstelle führen könnte. „Wir brauchen jetzt einen Churchill-Moment“, sagte Lau. Scholz müsse immer wieder erklären, wo Deutschland stehe.

Gauck sieht hier auch die deutsche Bevölkerung in der Pflicht, Einbußen hinzunehmen. „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben“, sagte der frühere Bundespräsident.

„Ich habe mir oft Gedanken gemacht über die deutsche Neigung zur schnellen Angst“, sagte Gauck im Hinblick auf die Angst vor einem Atomkrieg. Die Angst sei derzeit auch wahrnehmbar. Zwar könne Putin nicht bis zum Ende berechnet werden, „aber er ist noch nicht in der Situation wie Adolf Hitlers am Ende des Krieges“. 

Putin wolle in die Geschichte eingehen und wähle dabei „den Irrweg einer Autokratie“. Jedoch habe er noch verschiedene Möglichkeiten. „Er muss nicht die letzte wählen, Europa und die Welt in einen größeren Krieg zu ziehen“, sagte Gauck.

Der Altbundespräsident zeigte auch Verständnis für die Sorgen anderer Staaten aus der ehemaligen Sowjetunion vor einem ähnlichen Vorgehen Putins in ihren Ländern. Die Länder müssten „dem etwas übersättigten Westen ein Bild der Realität offerieren, das der Westen nicht schätzt.“

Die Menschen dort wüssten, wie schnell Panzer da sein können: „Wenn man älter ist, hat man eine Geschichte des Panzer-Sozialismus vor Augen.“ Im Westen habe man sich zu lange wohlgefühlt in einem „angeblichen Gefüge von Sicherheiten“. Es sei tugendhaft kein Feindbild zu haben. „Aber man darf nicht so blöd sein, zu denken, die Feindschaft gibt es nicht mehr“, sagte Gauck.




Mittwoch, 9. März 2022

Wenn Grüne über Leichen gehen...

von Thomas Heck...

Wenn grüne Politiker politisch agieren, geht es selten um Umwelt, selten um das Wohl der Bürger in ihrem Land. Es geht um die Macht in diesem Land. Dessen muss man sich immer gegenwärtig sein, wenn das politischen Handeln grüner Politiker zu beurteilen ist. So geht es Annalena Baerbock nicht um Frieden für die Ukraine, wie es der Friedensbewegung sowieso nie um Frieden ging, sondern ausschließlich um die Schwächung des Westens. 

Super-Minister Robert Habeck geht es nicht um die Versorgungssicherheit des Landes oder gar um die Bezahlbarkeit von Energie in jeglicher Form, denn die derzeit hohen Preise von Treibstoff, Gas und Strom haben recht wenig mit dem Krieg in der Ukraine oder mit der Preisentwicklung am Rohöl- oder Gasmarkt zu tun. Sie sind direkte Folge einer gewollten Politik, die über Steuern Energie für den Bürger teurer machen wollte. Die Preise an den Tankstellen in Österreich, Tschechien oder Polen beweisen es: Wo ein politischer Wille gegeben ist, ist auch ein Weg, den Bürger zu entlasten. Auch bei Kartoffelminister Cem Özdemir steht nicht das Tierwohl oder die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Nahrungsmitteln im Vordergrund. Der Bürger soll abgezockt werden. 

Was man noch mit Umwelt, Nachhaltigkeit oder Klima begründen könnte, wird bei der heutigen grünen Familienministerin Anne Spiegel endgültig zur Menschenverachtung, wenn man die Kaltschnäuzigkeit betrachtet, mit der die damalige Umweltministerin in Rheinland-Pfalz, Menschen absaufen ließ und letztlich den Tod von 134 Menschen direkt zu verantworten hat. Denn den Grünen geht es nicht um den Bürger oder sein Wohl. Es ging ausschließlich um Erlangung politischer Macht und deren Erhalt.  

SMS-Protokolle der Flutnacht: Während Flut wütete, sorgte sich Grünen-Ministerin ums Image. In Rheinland-Pfalz starben 134 Menschen bei der Flutkatastrophe. Mit in der Regierungsverantwortung war damals die heutige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel. FOCUS Online liegen nun SMS-Protokolle vor, die belegen, wie kaltschnäuzig die Grüne und ihre Getreuen über das humanitäre Drama hinweggingen.


Am Freitag wird Anne Spiegel an ihre alte Wirkungsstätte nach Mainz zurückkehren. Im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags soll die heutige Bundesfamilienministerin über ihr Krisenmanagement in der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 im Ahrtal berichten.

Die Grünen-Politikerin amtierte damals noch als Umweltressortchefin im Ampel-Kabinett von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die bisherigen Nachforschungen der Parlamentarier nebst den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz legen nahe, dass ihr Haus sowie das untergeordnete Landesamt für Umwelt (LfU) völlig versagt haben. Das LfU meldete zeitweilig viel zu niedrige Pegelstände, so dass Feuerwehren und der Krisenstab im zentralen Landkreis Ahrweiler von einer entspannten Hochwasserlage ausgingen. Kurz vor 17 Uhr am 14. Juli hatte das Ministerium noch eine Pressemeldung herausgegeben, dass nicht mit einem Extremhochwasser zu rechnen sei. Da starben bereits die ersten Menschen am Campingplatz Stahlhütte an der Oberahr, im Eifelort Schuld drohten die ersten Häuser wegzubrechen.

SMS-Protokolle belegen Kaltschnäuzigkeit

FOCUS Online liegen nun SMS-Protokolle vor, die belegen, wie kaltschnäuzig die Umweltministerin und ihre Getreuen über das humanitäre Drama hinweggingen. Zugleich wird deutlich, dass Anne Spiegel und ihr Innenressort-Kollege Roger Lewentz (SPD) an jenem Unglückstag keine Ahnung hatten, wie die Flutwelle sich im Ahrtal ihren Weg bahnte. 

"Pfeif auf die Opfer, was wird sonst aus mir...



Nur eine Stunde nach der fatalen Hochwasser-Entwarnung aus dem Hause Spiegel ruderte ihr Staatssekretär um 18 Uhr am 14. Juli in einer Handy-Nachricht an die Pressesprecherin zurück. Die Pressemitteilung habe sich überholt, hieß es. „Wir haben ein Extremereignis an der Ahr. Dort wurde ein Campingplatz aus der Luft evakuiert“, so die Nachricht.

Dass es bereits weitaus schlimmer aussah, wusste man nicht. Die Rückfrage der Pressestelle, auch per SMS: „Müssen wir jetzt was machen?“ Antwort Staatssekretär Erwin Manz: „Heute nicht.“ Bei Fragen zu Pegelständen solle man bitte auf das Landesumweltamt verweisen. Dass man dort meist völlig veraltete Daten vom Deutschen Wetterdienst herausgab und später dann auch wichtige Messstationen ausfielen, schien den Verantwortlichen nicht bewusst zu sein. Vom späten Nachmittag bis in die Nacht tobte die Flut das Ahrtal hinunter. Viele Anwohner wurden vermisst, die ersten Toten geborgen.

„Anne braucht eine glaubwürdige Rolle“

Am Morgen darauf schickte eine Mitarbeiterin an den damaligen Pressechef Dietmar Brück eine SMS, dass die Lage durch den Starkregen verdammt ernst sei. Da müsse man schnell reagieren. Brück antwortete einem großen Verteiler, unter anderem auch an Ministerin Anne Spiegel. „Die Starkregen-Katastrophe wird das beherrschende Thema dieser und nächster Woche sein. Anne braucht eine glaubwürdige Rolle.“ Dann machte der Presse-Mann der Grünen Vorschläge: Den Part der Anteilnahme übernehme Regierungschefin Dreyer. Das grüne Umweltministerium aber sollte über die Hochwasserlage und Warnungen informieren. Warnungen, die während der Flutkatastrophe allerdings weitgehend ausgeblieben waren. 

Zugleich sollte Ministerin Spiegel medienwirksame Ortstermine durchführen: „Anne bei Reparaturarbeiten, bei Hochwasserschutzprojekten, dort wo neue Gefahren drohen, Besuch mit Journalisten bei Hochwassermeldezentren.“ Während sich die Horrormeldungen über das Ausmaß der Naturgewalten häufen, dachte Brück schon weiter. Politisch müsse man aufpassen, dass der Koalitionspartner SPD, angeführt von der Ministerpräsidentin und deren Innenminister, nicht mit einem Fünf-Punkte-Plan, wie man künftig mit Stark-Regen umgeht, alleine politisch davon preschen. „Da müssen wir dazu; und selber überlegen“, so seine SMS.

„Das Blame-Game könnte sofort losgehen“

Der Pressesprecher war offenkundig fokussiert darauf, dass seine Ministerin eine gute Figur abgibt. So schlug er Folgendes vor: „Annes Rolle muss meines Erachtens immer mit einer konkreten Rolle oder Zuständigkeit verbunden sein, es darf nicht nach politischer Instrumentalisierung aussehen.“ Das Mitgefühl für die Opfer, das Drama – all dies kam in den Nachrichten kaum zum Tragen. Vielmehr beschäftigte sich die Grünen-Spitze in Rheinland-Pfalz schon am Morgen nach der Katastrophe mit machttaktischen Überlegungen. Um 8.07 Uhr stimmte Ministerin Spiegel dem Grünen-Pressechef zu.

Die Spitzenpolitikerin sinnierte darüber, wie man die Schuld an dem Flutdesaster von sich lenken und etwaige Attacken durch den sozialdemokratischen Koalitionspartner abfedern könnte. Spiegels Aussagen machten deutlich, dass die Regierungsspitze in Mainz genau wusste, dass vieles in der Flutnacht schief gelaufen war: „Lieber Dietmar, dass deckt sich mit meinen Überlegungen, plus: das Blame-Game (Schuldzuweisungen Anm. der Red.) könnte sofort losgehen, wir brauchen ein Wording, dass wir rechtzeitig gewarnt haben, ich im Kabinett.“ Zudem wollte die Ministerin herausstreichen, dass „ohne unsere Präventions- und Vorsorgemaßnahmen alles noch viel schlimmer geworden wäre etc.“

Ministerin trieb Sorge vor dem Kabinettskollegen 

Dabei trieb die Grünen-Politikerin vor allem die Sorge um, dass SPD-Innenminister Roger Lewentz ihr in die Parade fahren könnte. „Ich traue es Roger zu, dass er sagt, die Katastrophe hätte verhindert werden können oder wäre nicht so schlimm, wenn wir als Umweltministerium früher gewarnt hätten und dass es an uns liegt, weil wir die Situation unterschätzt hätten.“ Spiegel schlug vor, einen „Mini-Krisenstab zusammenzutrommeln und uns die Themen vorzunehmen, um handlungsfähig zu sein“.


Bis heute ist nicht überliefert, dass die Ministerin oder ihr Haus während der Flut in besonderer Art und Weise durch probates Krisenmanagement aufgefallen ist. Als ihr Staatssekretär Erwin Manz am frühen Abend des 14. Juli vom Landesumweltamt eine neue Warnmeldung über einen Pegelhöchststand in Altenahr erhielt, informierte er seine Chefin per Mail. Bis heute bleibt unklar, warum die Ministerin nicht die gesamte Landesregierung über das Jahrhunderthochwasser alarmierte. Vielmehr agierte die Regierungsspitze die ganze Katastrophennacht über im Blindflug. Die Bilanz: 134 Menschen starben in Rheinland-Pfalz, fast 700 Menschen wurden verletzt. Tausende verloren ihr Heim.




 

Montag, 7. März 2022

Karl Lauterbach in der Sinnkrise...

von Mirjam Lübke...

Das größte Opfer bringt in der Ukraine-Krise eindeutig Karl Lauterbach. Um es einmal in linker Diktion zu sagen: "Putin hat Corona relativiert!" Nur um Haaresbreite dahinter reiht sich Jasmina Kuhnke ein, die auf der letzten Buchmesse - so sie jene besucht hätte - sicherlich weitaus gravierendere Leiden erduldet haben würde als es je ein Bürger Kiews nachvollziehen könnte. Während Karl Lauterbach darunter leidet, dass die Deutschen plötzlich schlimmere Katastrophen für sich entdeckt haben als Corona, denken unsere "Antirassismus-Experten" darüber nach, warum man angeblich so viel netter zu Flüchtlingen aus der Ukraine ist als zu jenen aus den Regionen unterhalb Ägyptens. Kurzum, die Krise sägt sowohl den Lauterbachs als auch den Kuhnkes den Ast ab, auf dem ihre gefühlte gesellschaftliche Bedeutung sitzt. 



Im Gegensatz zur Zurücksetzung, die der normale Bürger empfindet, wenn einmal wieder für alle anderen Belange Aufmerksamkeit und Geld vorhanden sind als etwa für Schulen, Straßenbeläge oder auch solche Nichtigkeiten wie das Gesundheitswesen, ist die Nichtbeachtung unserer Kämpfer für das Gute selbstverständlich bedeutsam. Denn während man der Bevölkerung unter dem Applaus der "großen Denker" dieses Landes getrost Futterneid unterstellen und sie zum Verzicht erziehen darf, ist der Leidneid der Lauterbachs und Kuhnkes durch die gute Sache geadelt. Ihnen egoistische Motive zu unterstellen, wäre nachgerade verwerflich, querdenkerisch und rassistisch. Immerhin hat Karl Lauterbach die Bedrohungslage durch Putin inzwischen auf das gleiche Level wie die Pandemie hochgestuft - da sage noch einmal jemand, er wäre nicht bereit, ein Stück vom Kuchen für andere abzuschneiden. 

Man könnte nun den Fehler machen, dieses Gehabe zu albern zu finden, um ihm eine Bühne zu bieten. Das setzte aber ein Reservoir an Bodenständigkeit und gesundem Menschenverstand voraus, das bei den Leithammeln unserer Gesellschaft noch vorhanden wäre und für einen vernünftigen Umgang mit solcherlei Situationen sorgte. Man würde Lauterbach, Kuhnke und Co. zwar zuhören, aber daraufhin abwägen, wie vordringlich ihre Forderungen gerade sind. In einer gesunden Demokratie muss jeder seine Ideen einbringen können, auch wenn es die Rente für Außerirdische ist - aber auch bereit sein, ein "Nein" zu ertragen, wenn es ihm nicht gelingt, eine Mehrheit davon zu überzeugen. 

Bekanntlich funktionieren diese Mechanismen aber bei uns nicht mehr, denn gewisse Themen befördern einen von Null auf Hundert in die Prioritätsleitung von Medien und Politik. Trotz der Ukraine-Krise und scheinbarer Lockerungen, die in Wirklichkeit nur auf eine vorherige Maßnahme zurückführen, ist Corona noch Teil der Regierungsagenda und Deutschland die letzte Bastion der allgemeinen Impfpflicht, über die am 18. März entschieden werden soll. Rechtzeitig warnt Christian Drosten uns alle noch einmal vor der nächsten "Supermutante", von der er zwar weiß, dass der Impfstoff dagegen wirkt, aber nur spekulieren kann, welche Auswirkungen der Killerkeime auf den Menschen haben werden. Mit etwas bösem Willen könnte man annehmen, er habe ein Abo mit Wuhan geschlossen. Zweimal im Jahr ein neues Virus und fünfzehn Kilo Reisnudeln. Gebühr bezahlt Empfänger.

Aber auch auf den Vorwurf, ukrainische Flüchtlinge würden in Deutschland besser behandelt als jene aus Afrika, stimmt sich die Presse schon ein und greift auf Narrative zurück, die bereits 2015 angewandt wurden. Einmal ganz abgesehen davon, dass Deutschland seitdem tatsächlich einen Großteil der Migranten aufgenommen hat und unser Land offenbar aufgrund seines in Europa einzigartigen Hilfspakets attraktiv bleibt, kann man in den Medien nun den Eindruck gewinnen, das gesamte Gesundheitswesen der Ukraine würde von Afrikanern getragen: Es seien hauptsächlich Medizinstudenten, die hier anlanden. Das ist nicht nur unglaubwürdig, man darf sich dann wohl auch fragen, wieso die jungen Herren nun nicht in der Ukraine als Sanitäter verbleiben. Noch nicht einmal das ZDF hat bisher jemanden für eine Betroffenheitsgeschichte vor die Kamera schleifen können, obwohl sie das Narrativ mittragen und sicherlich mit Begeisterung dabei wären. 

Wäre ich ein Biest, würde ich hinter der Empörung der Cheblis und Kuhnkes auch ein Stück Stutenbissigkeit vermuten, denn die tatsächlichen Flüchtlinge aus der Ukraine sind Frauen und Kinder. Da kommt Konkurrenz auf den Markt. Und wer könnte es uns verdenken, wenn wir mit Sympathie darauf reagieren, dass die ukrainischen Männer sich an die alte Seemannsregel "Frauen und Kinder zuerst" halten? Während Gäste aus anderen Regionen der Welt zwar von ihrer Männlichkeit sehr überzeugt sind, aber daraus den Schluss ziehen, man dürfe Weib und Kind ruhig in Armut und Kugelhagel zurücklassen? Statt ihre Familien in Sicherheit zu bringen, verbreiten sie bei uns lediglich ihr Frauenbild. Natürlich kann man das nicht über jeden einzelnen sagen, aber es ist eine deutliche Tendenz da. Und auch wenn Haltungsmenschen allein beim Gedanken daran Ausschlag bekommen, die hier ankommenden Ukrainer sind uns kulturell einfach näher. Da beißen Umerziehungsversuche auf Granit - das ist ganz normal so. 

Die "Verlierer" der Ukraine-Krise in Deutschland - sie haben noch längst nicht aufgegeben und verfolgen ihre Ziele im Windschatten des Krieges munter weiter. Man sollte sie deshalb im Auge behalten.



Sonntag, 6. März 2022

Putin droht eine herbe Niederlage...

von Yuval Noah Harari...

Ukraine Es ist möglich, dass Russland das ganze Land erobert. Trotzdem droht dem russischen Präsidenten eine schwere Niederlage. Warum erklärt der israelische Star-Historiker Yuval Noah Harari

Schon vor der russischen Invasion trainierte die ukrainische Bevölkerung


Weniger als eine Woche nach Beginn des Krieges wird zunehmend wahrscheinlich, dass der russische Präsident Wladimir Putin auf eine historische Niederlage zusteuert. Selbst wenn er alle Kämpfe gewinnt, wird er den Krieg verlieren. Putins Traum vom Wiederaufbau des russischen Reiches basierte immer auf der Vorstellung, dass die Ukraine keine echte Nation sei, dass die Ukrainer:innen kein echtes Volk seien und die Einwohner:innen der ukrainischen Städte Kiew, Charkiw und Lwiw sich danach sehnen, von Moskau regiert zu werden. Diese Lüge hat der russische Despot so oft erzählt, dass er sie anscheinend selbst glaubt.

Als Putin die Invasion der Ukraine plante, konnte er auf viele bekannte Tatsachen zählen. Er wusste, dass Russland der Ukraine militärisch haushoch überlegen ist. Er wusste, dass die Nato keine Truppen schicken würde, um der Ukraine zu helfen. Er wusste, dass die europäische Abhängigkeit von russischem Öl und Gas Länder wie Deutschland zögern lassen würde, harte Sanktionen aufzulegen. Basierend auf diesen bekannten Tatsachen war sein Plan, die Ukraine mit Wucht und schnell anzugreifen, die Regierung zu vertreiben, stattdessen in Kiew eine Marionettenregierung einzusetzen und den ohnmächtigen Zornesausbruch des Westens – in Form von Sanktionen – auszusitzen.

Doch dieser Plan enthielt eine große Unbekannte. Wie die USA im Irak und die Sowjetunion in Afghanistan gelernt haben, ist es viel einfacher, ein Land zu erobern, als es zu halten. Putin wusste, dass er die Macht hat, die Ukraine zu erobern. Aber würde die ukrainische Bevölkerung Moskaus Marionettenregime einfach akzeptieren? Putin setzte darauf, dass die Menschen in der Ukraine genau das tun würden. Wie er jedem, der bereit war zuzuhören, immer wieder erzählte, ist die Ukraine schließlich keine richtige Nation und die Ukrainer:innen sind kein echtes Volk. 2014 setzte die Bevölkerung der Krim den russischen Invasoren kaum Widerstand entgegen. Warum sollte das 2022 anders sein?

Putin hat Russland und Ukraine zu Feinden gemacht

Mit jedem weiteren Tag wird deutlicher, dass Putins Wette nicht aufgeht. Die ukrainische Bevölkerung leistet mit aller Kraft Widerstand und gewinnt damit die Bewunderung der ganzen Welt – und den Krieg. Viele dunkle Tage stehen an. Vielleicht schafft es Russland noch, die ganze Ukraine zu erobern. Aber um den Krieg zu gewinnen, müsste Russland die Ukraine unter Kontrolle halten, und das geht nur, wenn die ukrainische Bevölkerung es zulässt. Doch genau das wird zunehmend unwahrscheinlich.

Jeder zerstörte russische Panzer, jeder getötete russische Soldat lässt den Mut der Ukrainer:innen zum Widerstand wachsen. Und jeder getötete Ukrainer verstärkt ihren Hass. Hass ist das hässlichste aller Gefühle. Aber für unterdrückte Nationen ist Hass ein versteckter Trumpf. Tief im Herzen vergraben, kann er über Generationen Widerstand aufrechterhalten. Für die Erneuerung des russischen Reichs braucht Putin einen relativ unblutigen Sieg, der zu einem relativ hassfreien Frieden führt. Je mehr ukrainisches Blut er vergießt, desto stärker stellt Putin sicher, dass sein Traum nie in Erfüllung geht. Auf dem Totenschein des russischen Imperiums wird nicht Michail Gorbatschows Name stehen, sondern Putins. Gorbatschow ließ Russ:innen und Ukrainer:innen sich wie Geschwister fühlen; Putin hat sie zu Feinden gemacht und dafür gesorgt, dass die ukrainische Nation sich fortan in Opposition zu Russland definiert.

Nationen basieren letztlich auf Geschichten. Jeder Tag, der vergeht, bringt weitere Geschichten, die die ukrainische Bevölkerung nicht nur in den vor ihr liegenden dunklen Tagen erzählen wird, sondern noch in den kommenden Jahrzehnten und Generationen. Der Präsident, der sich weigerte, aus der Hauptstadt zu fliehen, und den USA sagte, er brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit; die Soldaten auf der Schlangeninsel, die einem russischen Kriegsschiff auf die Aufforderung, sich zu ergeben, „Fickt euch!“ antworteten; Zivilisten, die versuchen, russische Panzer aufzuhalten, indem sie sich in den Weg setzen. Das ist der Stoff, aus dem Nationen gemacht werden. Langfristig zählen diese Geschichten mehr als Panzer.

Geschichten aus der Ukraine machen vielen Mut

All das sollte der russische Despot so gut wie jeder andere wissen. Als Kind wuchs er mit den Geschichten über die russische Tapferkeit bei der Belagerung von Leningrad auf. Jetzt schafft er weitere solcher Geschichten, nur dass er selbst die Rolle Hitlers spielt.

Dabei stärken die Geschichten von ukrainischer Tapferkeit nicht nur die Entschlossenheit der Ukrainer:innen, sondern die der ganzen Welt. Sie ermutigen die Regierungen der europäischen Länder, die US-Regierung, ja sogar die unterdrückten Bürger:innen Russlands. Wenn Menschen in der Ukraine es wagen, mit bloßen Händen Panzer aufzuhalten, kann die deutsche Regierung es wagen, der Lieferung von Anti-Panzer-Raketen zuzustimmen, die US-Regierung kann es wagen, Russland von Swift auszuschließen, und russische Bürger:innen können es wagen, für ihre Ablehnung dieses sinnlosen Krieges zu demonstrieren.

Leider wird dieser Krieg wohl noch lange andauern. Aber die wichtigste Sache ist bereits entschieden. Die vergangenen Tage haben der ganzen Welt bewiesen, dass die Ukraine eine Nation ist, dass die Ukrainer:innen ein echtes Volk sind, und dass sie definitiv nicht unter der Herrschaft eines neuen russischen Reichs leben wollen. Die wichtigste offene Frage ist, wie lange es dauert, bis diese Botschaft durch die dicken Mauern des Kremls dringt.



Samstag, 5. März 2022

Deutschland zeigt Haltung! (Mal wieder...)

von Mirjam Lübke...

"Also, wir kaufen ja jetzt keine Brezeln mehr, diesem Hitler muss man es mal richtig zeigen!" - "Wir essen keinen Reis, dann werden die Chinesen Tibet sofort räumen!" - "Käse aus Frankreich, mon dieu! Bist du etwa für Chiracs Atombomben-Tests?" 


Zugegeben, nur das letzte Beispiel habe ich mit eigenen Ohren gehört, irgendwann in den Neunzigern, als Mitstudenten tatsächlich glaubten, so den französischen Präsidenten von seinen Nuklearversuchen abzubringen. Es hat auch etwas Rührendes, wenn Menschen in ihrer Machtlosigkeit voller Ernst solche Maßnahmen ergreifen, um "wenigstens etwas für den Frieden zu tun" - derzeit gibt es den Trend, aus Protest gegen Putin die Heizung abzudrehen, Stefanie macht es vor. Wenn die Dame unbedingt frieren möchte, wäre es aber wohl sinnvoller, eine Demo zu organisieren, dann kann man wenigstens einträchtig bibbern. Und mit anderen Menschen über seine Kriegsängste sprechen. Gemeinsam trägt man leichter daran - oder macht sich erst Recht gegenseitig kirre. Meine Mutter und ich trugen am Sonntag Putin noch nach, dass er uns 2014 die lange Donaufahrt versaut hat. Immerhin bis Ungarn sind wir gekommen. 

Da Deutschland nur etwa die Hälfte seines Gases aus Russland bezieht, muss sich die Dame zudem entscheiden, in welchem Schichtsystem sie frieren möchte. Vielleicht nicht gerade beim ARD-Brennpunkt zur Krise, sondern lieber nachts um drei, wenn man sich in seine dicke Daunendecke wickeln kann - der gute Wille zählt allemal. 

Diese Formen des "Haltungzeigens" schaden wenigstens niemandem. Vielleicht denkt Stefanie dann auch einmal darüber nach, dass es in Deutschland Menschen gibt, welche sich eine gut geheizte Wohnung schon seit Jahren wegen gestiegener Energiepreise nicht mehr leisten können oder als Luxus betrachten, den man sich nur gönnt, wenn Besuch kommt. Ganz ohne Putin und seine Ambitionen. 
Beschämend wird es allerdings, wenn die stramme Haltung an Menschen russischer Herkunft ausgetobt wird, die unter uns in Deutschland leben. Zum Glück haben sich die Franzosen nicht an Putins Seite gestellt, dann hieße es jetzt wieder "Jeder Schuss ein Russ', jeder Stoß ein Franzos'". Den Zupfkuchen hat es auch erwischt, er wird nun seines Russischseins beraubt. Eine Bäckereikette forderte ihre Filialen auf, neue Schilder in die Theken zu stellen. Wann wird aus "Russisch Ei" das "Oeuf Zelensky"? Oder ein Freiheitsei in Aspik? Russische Künstler sind plötzlich auch verdächtig - schließlich wissen unsere Kulturschaffenden nur zu gut, wie sie sich selbst in der Corona-Krise an unsere Regierung angebiedert haben, dann wird das bei Anna Netrebko wohl auch der Fall sein. Einem russischem Dirigenten wurde in München gekündigt, weil er sich nicht zur Ukraine-Krise geäußert hatte. Neutralität zählt als Zustimmung zum Bösen. 

Die Aufmerksamkeit dieser deutschen Bessermenschen folgt stets der gesellschaftlichen Mode und den Fernsehkameras. "Man darf nicht pauschalisieren", heißt es, wenn wieder einmal ein Attentat durch einen Angehörigen der Religion des Friedens stattfindet. "Das hat alles nichts mit seiner Religion zu tun!" Stimmt - nicht jeder Glaubensgenosse von Anis Amri ist ein potentieller Killer - aber warum soll dann plötzlich alles Russische Putin repräsentieren? Der Haltungsmensch sorgt sich grundsätzlich nur um Gerechtigkeit, wenn seine Leithammel es ihm vorkauen. Im Moment zeigt sich das besonders drastisch, weil die Gesellschaft durch die Corona-Krise generell auf ein Lagerdenken ausgerichtet ist: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!"

Wird hier den Russen unter uns das zum Verhängnis, was in Deutschland unter der Agenda der "Vergangenheitsbewältigung" läuft? Schließlich sind viele Haltungsmenschen mächtig stolz darauf, wie viel sie aus dem Nationalsozialismus gelernt haben, das sollen andere ihnen erst einmal nachmachen! Nur wen sie ins Herz geschlossen haben, der darf sich allerlei erlauben, da ist selbst die absurdeste Entschuldigung nur recht und billig. Schon deshalb allein ist die Befürchtung, sie würden "es auch wieder mit Juden machen" längst von der Realität eingeholt: Aus "Solidarität mit den Palästinensern" wird seit Jahren, auch mit Unterstützung der etablierten Parteien, zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. Sogar die immer um Haltung bemühte evangelische Kirche unterstützt die BDS-Bewegung mehr oder minder offen. 

Nun ist Israel nicht Putins Russland, es ist selbst in der Situation, seine Existenz gegen eine feindlich gesinnte Umgebung behaupten zu müssen. Aber ist es nicht interessant, wie der Gerechtigkeitssinn der Haltungsmenschen stets alten Animositäten folgt? Man kann es heute nur besser vermarkten.



Hilfe! Deutschland ertrinkt im Wahnsinn!

von Mirjam Lübke...

Kann sich noch jemand an die Causa Gil Ofarim erinnern? Deren Klärung dann irgendwie im Sand verlaufen ist? Wenn er sich nicht so in Widersprüche verwickelt hätte, wäre ich geneigt gewesen, ihm zu glauben - auch wenn ich wegen eines Davidsterns noch nie Probleme hatte, in ein Hotel hineinzukommen. Allerdings löst dieses Schmuckstück bei besonders "politisch Aufgeklärten" den unwiderstehlichen Drang aus, dem Träger ein Bekenntnis abzunötigen - der Tonfall dabei ähnelt dem Verlauf einer Achterbahn. Man nimmt Anlauf, schraubt sich in schwindelerregende Höhen und saust anschließend mit Schwung in den Abgrund: "Finden Sie das etwa guuuut, was die mit den Palästinensern machen?"
Am liebsten würde man lapidar antworten "Klar, immer feste druff!", aber unterlässt es aus zwischenmenschlichem Anstand. Zu Wort käme man ohnehin nicht, denn der Bekenntnisjäger hat längst zu einer Tirade über das in seinen Augen Verwerfliche angehoben, die man kaum noch unterbrechen kann. Seine Meinung ist gestählt durch Tagesschau, Süddeutsche Zeitung und den Spiegel, dagegen kann man als normaler Mensch nicht anstinken, egal, ob es nun um den Gaza-Streifen, Corona-Maßnahmen oder aktuell um die Ukraine-Krise. Es könnte auch jedes andere beliebige Thema sein, denn im Grunde ist man nur eine Deponie für jene Aggressionen, die der Haltungscholeriker nicht am Objekt seines Zorns selbst auslassen kann.
 

Schon eine Begegnung pro Woche mit einem Bekenntnisjäger reicht aus, um sich wie durch den Wolf gedreht zu fühlen. Und wenn es nur deshalb so ist, weil man in seiner Überrumpelung einfach nicht die richtigen Worte gefunden hat und nun vor Wut in die Tischkante beißen möchte. In Deutschland haben wir es jedoch mit einem Massenphänomen zu tun - man stürzt sich von einer Empörung in die nächste, weil man ohne eine gewisse Grundspannung nicht auskommen kann. Triebfeder dabei ist aber nicht die Liebe zu einem Thema, sondern die Angst, selbst aus der Herde der Empörten ausgestoßen zu werden. Ein steinzeitlicher Reflex mischt sich mit linker Konditionierung - wenn es mir möglich wäre, würde ich eine bundesweite Schokoladeneis-Party starten, um die allgemeine Stimmung wenigstens ein bisschen zu heben. Aber ich habe Angst, dass dann die Veganer über mich herfallen. 

Zugegeben, in anderen Ländern ist man teilweise nicht weniger hysterisch. Wer schon die Lektüre von "Stolz und Vorurteil" nicht ertragen kann, weil Jane Austens Verwandter zwölften Grades eventuell jemanden kannte, der jemanden kannte, dessen Großonkel in kolonialistische Umtriebe verwickelt war, leidet derzeit natürlich unter Reizüberflutung. Auch in den USA und Kanada braucht es nur einen Empörten, der in einem Klassiker einen Stein des Anstoßes findet oder dem das Curry in der Mensa nicht so schmeckt wie das bei seinem Rucksacktrip durch Indien - schon sammelt sich ein Trupp hinter ihm, der nur auf die nächste Gelegenheit gewartet hat, einen Vernichtungsfeldzug gegen die schurkische Welt zu führen. Wenn diese Menschen doch einmal ihre überschüssige Energie nutzen würden, um etwas Sinnvolles zu tun, so etwa Deckchen zu häkeln oder Marmelade zu kochen!

Deutschland trabt derzeit diesem Trend mit besonderer Hingabe hinterher. Mittlerweile haben sich hierzulande alle einschlägigen Themen zu einem Gesinnungsklumpen verschmolzen, wie einem riesigen, blubbernden Käsefondue. Einmal nicht aufgepasst, und das Brotstück oder aber der Unvorsichtige verschwindet darin auf Nimmerwiedersehen. Bis in höchste politische Kreise steht unverrückbar fest, dass derjenige, der auch nur vom Käse nascht, auch den Rest des Topfinhalts verschlingen wird. Wer gegen die Corona-Maßnahmen spazieren geht, hat aus ihrer Sicht das Diffamierungs-Komplettpaket gekauft: Er muss Nazi, Antisemit, Rassist und neuerdings auch Putin-Versteher sein. Alles auf einmal, da kommt der ärgste Bond-Schurke nicht mit. Und die Tonangeber merken noch nicht einmal, in welche Widersprüche sie sich verwickeln, wenn sie einerseits ableugnen, es gäbe so etwas wie eine Kennzeichnung der Andersdenkenden, aber gleichzeitig am liebsten ein Etikett an jeden "Querdenker" anheften würden. Damit auch niemand übersehen wird. Hoffentlich teilen sie uns wenigstens weiße Perserkatzen zu. 

Dabei ist es schlichtweg die Übertragung eigener Verhaltensweisen auf die andere Seite, weil man individuelles Denken längst verlernt hat. Wenn die Verantwortlichen in Medien und Politik nicht so darauf aus wären, Existenzen zu vernichten, könnten sie einem fast leid tun. Aber wenn man sich vor Augen führt, wem sie selbst huldigen, wird einem Angst und Bange, sollte sich eine größere Menge dahinter versammeln.



Eine App für das Gute oder "Warum hat Herr Putin kein Lastenfahrrad?"

von Mirjam Lübke...

Was uns noch fehlt, ist eine "Wokeness-App" - erst einmal in einem Probelauf für das iPhone, das scheinbar jeder besonders engagierte Aktivist besitzt. Nichts gegen iPhones, die sind schon schick, werden aber teilweise unter Arbeitsbedingungen gefertigt, die Benutzer wie Jutta Dittfurth die ganze Nacht ins Kissen weinen lassen müssten. Aber egal: China ist weit weg und wurde auch von Greta Thunberg verschont, dem mittlerweile etwas in Vergessenheit geratenen personifizierten Gütesiegel für das Wahre, Gute und Schöne. 


Man könnte China sogar bei der Entwicklung einer solchen "Wokeness-App" um Rat bitten, in Anlehnung an deren Sozialpunkte-System. In der Premium-Version gibt es eine SmartWatch dazu, die permanent Puls, Blutdruck und -zucker überwacht, um verdächtige Gefühlsregungen unmittelbar aufzuspüren. Schaut man etwa der afrikanischen Migrantin eine Zehntelsekunde zu lang auf den Kopfputz - es sind schließlich wirklich beeindruckende Konstruktionen dabei - werden über das angeschlossene Online-Banking automatisch zehn Euro Spende an Seawatch e.V. überwiesen. Oder an Greenpeace, wenn das dem selbst erstellten Strafprofil für Mikroaggressionen eher entspricht. 

Viel wichtiger wäre es jedoch, den Nutzern erst einmal ein wenig Orientierungshilfe im Alltag zu geben. Schließlich kann man sich nie sicher sein, welches Thema gerade "trendet". Durch entsprechende Rückmeldungen an die App wären auch genaue Ortsangaben möglich: Während sich in "Lisas Latte-Lounge" noch heftig darüber empört wird, dass demnächst auch Ungeimpfte wieder ihre verseuchten Körper auf den Cocktailsesseln aus veganem Leder niederlassen dürfen, debattiert man in der Teestube der "Grünen Jugend" noch darüber, ob Putins Offensive eventuell völkerrechtlich anders zu bewerten sei, wenn seine Soldaten mit dem Lastenfahrrad angereist wären. Luisa Neubauer hat die Denkrichtung vorgegeben - der "fossile" Krieg ist zu verurteilen! Hätte ich das nur schon als Kind gewusst, als meine Mutter mir verbot, "Star Wars" zu gucken. Da das Imperium den Todesstern nicht mit Diesel betrieb, hatte der Film nämlich gar nichts mit Krieg zu tun. Und die Cantina in Mos Eisley sah noch multikultureller aus als eine Shishabar in Duisburg-Marxloh, ein Aspekt, der in unserer App unbedingt zu berücksichtigen wäre. Mit etwas Glück findet sie eine Location, in der ein Außerirdischer mit Rasta-Zöpfen veganes Döner verkauft, Zutritt nur mit dreifachem Booster möglich ist und grüner Tee aus der Ukraine in Recycling-Tassen verkauft wird. Ein Cent je Tasse wird an den Solidaritätsfonds für in der Pandemie arbeitslos gewordene Hamas-Aktivisten gespendet. Die haben zum Dank sogar ein Gruppenfoto mit einer Regenbogenfahne geschickt. Die war allerdings schon mal angezündet worden. 

Bald wird der aufgeklärte Deutsche sich einen Tag ohne seine "Wokeness-App" gar nicht mehr vorstellen können. Als unverzichtbare Alltagshilfe begleitet sie ihn durch den Dschungel der politischen Korrektheit. Denn es gibt so viel zu beachten, das kann sich keiner mehr merken, wie bei einem Labyrinth, dessen Wände sich ständig verschieben. Sie sagt ihm was gerade auf der Abschussliste ganz oben steht, welche Meinung er wo vertreten muss und was er auf keinen Fall tun darf. Welcher Buchladen verkauft noch alte Ausgaben von Pippi Langstrumpf? Nur nicht dort gesehen werden! Welchen Kaugummi kaut Alice Weidel? Nur nicht den gleichen kauen! Von welchem Diktator darf ein Prominenter sich zum Geburtstag gratulieren lassen und wo gibt es Gummistiefel aus fairem Handel? 

Wo in meiner Stadt kann ich ein Zeichen setzen?

Freilich wird gerade das unsere App störanfällig machen. Nicht auszudenken, wenn Hacker das System kaperten und Schindluder damit trieben: Man könnte den Menschen etwa erklären, dass es aus Solidarität mit der Ukraine gerade angesagt sei, mit einer Hakenkreuz-Fahne des Asow-Regiments durch die Stadt zu laufen. Oder mit umgekehrter Psychologie arbeiten: "Beatrix von Storch ist für Masken- und Impfpflicht!", "Herbert Grönemeyer singt 'Blueberry Hill' mit Putin" oder "Annalena Baerbock lehnt die Frauenquote ab!" könnten einige Verwirrung auslösen. Das kann doch unmöglich funktionieren, werden Skeptiker sagen, weil so dämlich keiner ist. In einem Land, das die Lieferung alten NVA-Schrotts in Krisengebiete als humanitäre Maßnahme ansieht, wundert mich aber nichts mehr. Fehlt nur noch der Export von nicht gebrauchten Konfettikanonen aus Köln. Oder nehmen wir Karl Lauterbach: Dem glauben auch eine Menge Menschen. Das qualifiziert sie nicht gerade als selbständige Denker. Darüber, was geschähe, wenn unsere App etwa aufgrund eines Blackouts ganz ausfiele, mag man erst gar nicht nachdenken. Ein Heer orientierungsloser Deutscher tappte - überall durch rechte Attacken in Gefahr - hilflos durch die Straßen. 

Als bodenständiges Ruhrpottkind mit rheinland-pfälzischem Migrationshintergrund sehe ich mich zunehmend eingeengt - womit ich sicherlich nicht die einzige bin. Angefangen hat das Getöse mit der Einsetzung einer Sprachpolizei durch Möchtegern-Intellektuelle, denen es eigentlich vollkommen egal ist, was ein Mensch fühlt und denkt, wenn er nur die richtigen Formulierungen abspult. Ein gutes Beispiel dafür ist Präsident Steinmeier: Immer wieder kuschelt er mit Linksextremisten und Antisemiten, aber weil er genau einstudiert hat, welche Formulierungen man im Bezug auf die deutsche Vergangenheit gebrauchen muss, nicken die "Guten" jede Handlung von ihm ab, die nonverbal eine ganz andere Sprache spricht. Umgekehrt können jemandem ein Krieg, Völkermord oder jede andere menschliche Tragödie innerlich sehr nahe gehen, aber ein ehrliches "Was für eine Sch..." macht ihn zum Paria, denn er hat den Formalitäten nicht genügt. Den Bürgern wird Knopfdruck-Betroffenheit anerzogen, und damit kommt man in jeder Lage ausgezeichnet zurecht. Das Gesamtbild menschlicher Kommunikation, die bekanntlich auch aus Mimik und diversen Gesten besteht, gerät mittlerweile in Vergessenheit, es reichen ein paar einstudierte Gesichtsausdrücke, um in dieser Show zu punkten. 

Allerdings leben wir doch angeblich in der besten Demokratie aller Zeiten, so wird uns täglich eingehämmert. Erstaunlich ist dann nur, dass unser Verhalten dem eines Bürgers ähneln soll, der eine Diktatur überleben will. Wenn es die App schon gäbe, würde sie angesichts dieser Frage wohl schon schrille Warntöne von sich geben...



Ukrainische Flüchtlinge: Tränen der Erleichterung am Berliner Hauptbahnhof...

von Mirjam Lübke...

Die Folgen des Klimawandels sind auch in der Ukraine deutlich zu spüren, wie uns auch Luisa Neubauer immer wieder eindringlich zu vermitteln versuchte. Der letzte Sommer sorgte immerhin für gesunde Sonnenbräune - Genetiker äußern sich allerdings besorgt über erste Veränderungen im Erbgut der Ukrainer: "Eine derart rapide Entwicklung war in der Geschichte der Evolution bisher unbekannt!"



Dienstag, 1. März 2022

Generation Greta zieht in den Krieg...

von Mirjam Lübke...

Ein Foto von Luisa Neubauer wird derzeit in den sozialen Medien herumgereicht - es zeigt sie, wie sie gelangweilt an der Wand eines Aufzugs lehnt, betont schlicht (aber teuer) gekleidet, darunter ist ein Solidaritätssticker mit der Ukraine angebracht. Das gehört sich jetzt so, das ist woke. Vielleicht gibt es bald auch welche mit Glitzersternchen. "Ey, Mandy-Chantal, ich weiß zwar nicht, wo diese Ukraine ist, von der jetzt alle labern, aber der Sticker ist schon geil!" - "Ja, morgen kleben wir uns alle vor der russischen Botschaft auf den Boden, um ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen." - "Da kann ich nicht, Moms SUV ist beim TÜV und ich versau' mir doch nicht die Klamotten in der U-Bahn!"



Während meine Generation dunkle Wolken am Horizont aufziehen sieht - oder wahlweise auch schon Atompilze über deutschen Städten - ist "Generation woke" jetzt erst einmal mit dem Setzen von Zeichen beschäftigt. Im Falle von Friedensdemos ist das sogar eine gute Sache, denn plötzlich könnten sich Lauterbach-Fans und "Querdenker" an einem Strang ziehend Seite an Seite wiederfinden. Wenn die Erkenntnis reift, dass in der Welt Gefahren existieren, gegen die Corona tatsächlich ein Schnüpfchen ist. Hat Karl Lauterbach Putin eigentlich schon darauf aufmerksam gemacht, dass radioaktiver Fallout ganz üble Mutationen des Corona-Virus auslösen könnte? Wahrscheinlich ist das seine ärgste Sorge derzeit. Natürlich hören unsere Alltagssorgen mit der Ukraine-Krise nicht auf, aber ich frage mich, ob allen Haltungszeigern klar ist, was noch auf uns zukommen könnte, nachdem Deutschland sich den Sanktionen gegen Russland in vollem Umfang angeschlossen hat. Es geht mir dabei nicht um eine moralische Bewertung, sondern einzig allein um das Nachdenken über Konsequenzen. Eine Luisa Neubauer wird in ihrem wohlhabenden Elternhaus nicht viel davon spüren, ihre Anhänger allerdings schon. Und wenn die Konsequenz daraus besteht, demnächst wieder zur Schule laufen zu müssen. 

"In 15 Minuten sind die Russen auf dem Kurfürstendamm,
sie lassen ihre Panzer im Parkhaus steh'n
und woll'n im Café Kranzler Sahnetörtchen sehen."

Das sang Udo Lindenberg in den Achtzigern, das Lied geht mir seit ein paar Tagen im Kopf herum. Die deutsche Wokeness zeigt derzeit nämlich auch wieder ihr hässliches Gesicht. Auch ohne Panzer werden Russen bereits jetzt in manchen Gastronomiebetrieben nicht mehr bewirtet - "um ein Zeichen zu setzen". Man könnte sein Lokal auch zur neutralen Zone erklären, als Mini-Schweiz, in der hier lebende Russen und Ukrainer ein Friedensbier miteinander trinken könnten, da es nun wirklich nicht nötig ist, dass sich auch die hier Lebenden in die Wolle bekommen. Aber nein, wenn deutsche Gutmenschen ein Zeichen setzen wollen, läuft das meist auf einen Tritt nach unten hinaus. AfD-Wähler, Ungeimpfte und nun auch noch Russen - man macht sehr deutlich, wie wenig man am Dialog interessiert ist, den sollen bitte nur Putin und Selensky führen - vielleicht mit weiser Mediation durch Annalena Baerbock. Ein Edeka-Markt in Kiel hat sogar Putin höchstpersönlich Hausverbot erteilt - es ist so herrlich, wenn man Haltung zeigen kann, ohne dass es etwas kostet. 

Das Zeigen von Haltung hat derzeit auch in den sozialen Medien wieder Konjunktur, wir kennen das Phänomen bereits von Corona: Wahlweise wurden Impfskeptiker oder Impffreunde entfreundet, jetzt wird die Haltung zu Putin abgefragt. Grautöne gibt es dabei nicht, so als wäre es unmöglich, gegen den Einmarsch in die Ukraine zu sein, mit den Ukrainern zu fühlen aber trotzdem über mögliche Fehler der westlichen Politik nachzudenken. Hinter Haltung kann man sich nämlich auch großartig verstecken (und sich dann ein paar Jahre später wundern, warum wieder niemand etwas gelernt hat). Haltung als Diskussionsbremse nutzt niemandem etwas. 

"Generation woke" will um jeden Preis alles richtig machen und sich jedem Trend anpassen. Aber den wenigsten ist dabei klar, dass Haltung ohne die Bereitschaft, auch einen eigenen Preis zu bezahlen, nichts wert ist und einen auch nicht vertrauenswürdig macht. Welches Thema wird morgen welches Signal in der Öffentlichkeit erfordern? Da müssen wir schon aufpassen, nicht eines Tages das falsche Fähnchen in den Wind hängen.




Sonntag, 27. Februar 2022

Erste militärische Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine

von Thomas Heck...

Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Krieg der Medien, geprägt meist vom erschreckenden Unverständnis der Journaille von militärischen Grundsätzen, da die wenigsten Journalisten je auch nur als Wehrpflichtige gedient haben. Als ehemaliger Stabsoffizier der Bundeswehr stellen sich angesichts der Berichterstattung in ARD und ZDF, auf BILD-TV, etc. und bei der Verwendung von Termini wie "Panzerangriffen" die Nackenhaare auf. Doch selbst für Fachleute, die sich mit dem Thema schon rein beruflich beschäftigen mussten, ist es extrem schwierig, ein klares Lagebild zu erhalten. Verschärft wird der Mangel an klarer Information auch durch die in Kriegszeiten übliche Propaganda auf beiden Seiten, auch der Geheimhaltung bei militärischen Operationen und der Verschleierung militärischer Ziele.


Der von Russland begonnene Krieg in der Ukraine geht erst in den dritten Tag und doch lassen sich bereits erste militärische Erkenntnisse aus den beobachtbaren Ereignissen ableiten – auch wenn die öffentlich zugänglichen Informationen nur einen sehr begrenzten Einblick in das tatsächliche Kampfgeschehen zulassen. Die im Internet und Fernsehen geteilten Bilder, Informationen und Videos zeigen zum allergrößten Teil eine Szenerie nach dem Abschluss von Gefechtshandlungen. Mittschnitte, die den umkämpften Frontverlauf zeigen – insbesondere dort, wo mechanisierte Verbände kämpfen – sind selten.

Als gesichert kann man wohl mittlerweile den Umstand annehmen, dass die russischen Streitkräfte der eigenen russischen Propaganda der vergangenen Jahre aufgesessen sind. Es deutet vieles darauf hin, dass die Führung der russischen Armee davon ausgegangen war, dass die eigenen Kräfte – insbesondere in den östlichen Landesteilen der Ukraine – mehrheitlich als potenzielle Befreier und nicht als Besatzer angesehen würden. Hinweise auf die Gültigkeit dieser These lassen sich sowohl aus dem Einsatz der russischen Feuerunterstützung, als auch dem taktischen Verhalten der russischen Armee ableiten.

So wurde die russische Feuerunterstützung bislang, entgegen der russischen Einsatzdoktrin der massiven Feuervorbereitung vor dem Einmarsch der eigenen Truppen, für russische Verhältnisse vergleichsweise dosiert eingesetzt. Kollateralschäden in der ukrainischen Bevölkerung sollten wohl so gut wie möglich vermieden werden, was darauf hindeutet, dass man die öffentliche Meinung, in der Ukraine und in Russland nicht gegen sich aufbringen wollte.

Auch der Umstand, dass die russischen Fahrzeugkolonnen – so zeigen es zumindest die Videos der ersten Kampftage – wie auf der Perlenschnur aufgereiht in das ukrainische Territorium eingefahren sind, zeigt, dass man sich wohl eher auf dem Weg in eine „Friedensmission“ sah als in den Krieg. Oder man vertraute darauf, dass die anfänglichen Präzisionsschläge auf die militärische Infrastruktur der Ukraine die Verteidigungsfähigkeit der des Landes brechen würde.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sowohl die militärischen Fähigkeiten der ukrainischen Streitkräfte als auch der Widerstandswille der Bevölkerung unterschätzt wurden. Das nun zu beobachtende Nachschieben von schwerer Artillerie könnte jedoch dazu führen, dass die russische Armee von diesem Ansatz abrückt und ukrainische Widerstandnester auf „klassische“ Art bekämpfen will. Wäre dies der Fall, würde in den folgenden Tagen das Vorrücken der russischen Kampftruppen auf ukrainische Stellungen erst nach einem massiven Feuerschlag erfolgen.

Die anfängliche russische Fehleinschätzung könnte dazu führen, dass in Zukunft die Taktik geändert wird und die aus den bisherigen Kampfhandlungen resultierenden Lehren zumindest teilweise verfälscht sein könnten. Nichtsdestotrotz ist eine Analyse lohnenswert.

Logistik

Bereits der zweite Gefechtstag hat gezeigt, dass der alte von US-Fünf-Sterne-General Omar Bradley geprägte Grundsatz „Amateure sprechen über Strategie, Profis über Logistik“ auch im Krieg in der Ukraine seine volle Gültigkeit hat. Beide Seiten scheinen bereits nach dem zweiten Gefechtstag an ihre logistischen Grenzen zu kommen.

Die militärischen Erfolge der ukrainischen Verteidiger sind sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die Streitkräfte der Ukraine über erhebliche Wirkmittel zur Panzerabwehr verfügten. Neben den eigenen Mitteln haben in den letzten Wochen auch zahlreiche westliche Länder Panzerabwehrsysteme an die Ukraine geliefert. Fraglich ist, wie lange der Vorrat an diesen Mitteln noch ausreicht. Es ist davon auszugehen, dass mit schwindenden Waffen- und Munitionsbeständen auch der Kampfeswille sinkt. Bezeichnend ist da die Aussage des ukrainischen Präsidenten am heutigen Morgen, dass er keine Mitfahrgelegenheit sondern Munition brauche, nachdem ihm Unterstützung bei der Evakuierung durch die Vereinigten Staaten angeboten worden war.

Es haben sich zwar 27 westliche Nationen bereit erklärt, militärische Unterstützung, insbesondere in Form von Waffen, Munition, Sanitätsmaterial und Treibstoff zu liefern. Aus ukrainischer Sicht stellt sich allerdings die Frage, ob diese Lieferungen rechtzeitig ihre Zielorte erreichen.

Auch die russischen Streitkräfte scheinen logistische Probleme zu haben. Es gibt mehrere Berichte, dass der Vormarsch russischer mechanisierter Verbände zum Halten gekommen ist, weil es an Treibstoff fehlt. So wird über russische Soldaten berichtet, die im Umfeld ihrer Fahrzeuge nach Treibstoff suchten. Die durch zahlreich Bilder und Videos dokumentiere Zerstörung russischer Logistikfahrzeuge durch ukrainische Kräfte wird sicherlich dazu beigetragen haben, dass russische Panzer nun erstmal auf dem Trockenen sitzen. Darüber hinaus kursieren Berichte, wonach die russische Armee nur über einen begrenzten Vorrat an Munition verfügen soll. Wenn dies zutrifft, dann könnte die derzeitige Intensität des Angriffs sicherlich nicht über Wochen hinweg aufrechterhalten werden.

Gewehr > Tastatur

Entgegen weit verbreiteter Erwartungen scheint das Thema Cyberkriegsführung zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt des Krieges keine übergeordnete Rolle zu spielen. Die Abschüsse der russischen Panzer und Kampffahrzeuge wurden durch Soldaten mit klassischen Waffensystemen erzielt und nicht durch „Hoodies tragende Tastaturvirtuosen“. Ohne Frage wird auch im Ukraine-Krieg der Kampf im Informationsraum geführt. Und die Informationsstrategie der ukrainischen Streitkräfte trägt sicherlich zur Aufrechterhaltung der Moral und zur Unterstützung der ukrainischen Verteidiger durch den größten Teils der internationalen Gemeinschaft bei. Aufgehalten werden die russischen Truppen aber durch ukrainische Panzer, Flugzeuge und Panzervernichtungstrupps.

Ein Umstand, der sicherlich auch für westliche Streitkräfteplaner zur Erkenntnis führen sollte, dass das Aufkommen der neuen Dimension Cyber die anderen Dimensionen nicht weniger wichtig werden lässt. Es muss daher der Grundsatz lauten, dass Cyberkräfte konventionelle Truppe sinnvoll ergänzen, aber nicht ersetzen können.

Drohnen

Es ist zum derzeitigen Zeitpunkt schwer zu analysieren, welche Rolle Kampfdrohnen oder Loitering Munition in dem aktuellen Krieg einnehmen. Es gibt zwar vereinzelte Berichte vom Einsatz der ukrainischen Bayraktar-TB-Drohnen – sogar ein von den ukrainischen Streitkräften veröffentlichtes Video, indem zu sehen ist, wie eine Drohne einen russischen Konvoi mit gepanzerten Fahrzeugen bekämpft. Es ist aber derzeit noch unklar, welchen Einfluss diese Technologie auf den Verlauf des Krieges haben wird.

Das gleiche gilt für die unbemannten Systeme auf russischer Seite. Auch dort gibt es Berichte, die nahelegen, dass russische Drohnen an der Schwarzmeerküste zum Einsatz kommen. Doch auch hier herrscht Ungewissheit, welchen Beitrag diese Systeme für den russischen Vormarsch leisten.

Einsatz von Luftlandetruppen

Die erste Phase des Krieges in der Ukraine begann mit einem Angriff der russischen Armee auf die militärische Infrastruktur des Landes. Zum Einsatz kamen hauptsächlich weitreichende Artillerie- und Präzisionswaffen auf offenbar im Vorfeld aufgeklärte Stellungen der ukrainischen Truppen sowie ortsfeste Anlagen. Ziel war es wohl, die Fähigkeiten der Ukraine im Bereich der Führung und Flugabwehr soweit wie möglich zu zerstören. Kurze Zeit später begann eine breite Bodenoffensive aus mindestens drei Stoßrichtungen sowie eine hubschraubergestützte Luftlandung auf einen Flughafen westlich der Hauptstadt Kiew.

Die russischen Luftlandekräfte waren zwar in der Lage, den Flughafen zu gewinnen, konnten diese aber nur über wenige Stunden halten, bevor die ukrainische Armee das Flugfeld mittels eines Gegenangriffs wieder einnehmen konnte. Der zweite Versuch einer Luftlandung am zweiten Gefechtstag südlich von Kiew soll Berichten zufolge komplett gescheitert sein.

Eine abschließende Bewertung über die Relevanz von Luftlandetruppen lässt sich aus diesen Ereignissen nicht machen. Die beiden Operationen sind zwar gescheitert, aber die erfolgreiche Einnahme des Flughafens am ersten Tag hat gezeigt, dass die russischen Luftlandetruppen in klassischer Manier in der Lage waren, die temporäre Luftüberlegenheit auszunutzen und einen erfolgreichen Angriff in die Tiefe des Raumes auszuführen. Es scheint den russischen Truppen jedoch nicht gelungen zu sein, schnell Folgekräfte in den Luftlandekopf nachzuführen. Die Gründe dafür sind unbekannt. Ein Grund könnten fehlende Lufttransportkapazitäten in Belarus gewesen sein, von wo die Operation durchgeführt wurde. Denkbar ist auch, dass es der Ukraine gelungen ist, den relevanten Luftraum zumindest teilweise zu verteidigen, was man auf russischer Seite wohl nicht erwartet hatte.

Die Luftlandung hat auf jeden Fall dazu geführt, dass ukrainische Kräfte mitten im Kernland gebunden waren und nicht zum Einsatz an der Front zur Verfügung standen.

Einsatz von Spezialkräften

Es mehren sich die Berichte von festgenommenen Saboteuren in unterschiedlichen Bevölkerungszentren der Ukraine. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um Spezialkräfteangehörige unterschiedlicher russischer Dienste handelt. Diese sind vermutlich mehrere Tage, wenn nicht Wochen vorher in den Einsatzraum eingesickert. Die ukrainischen Streitkräfte haben die Festnahme von zivil gekleideten oder ukrainische Uniformen tragenden Saboteuren in Kiew und anderen Städten bekanntgegeben und teilweise Videos von den Verhören veröffentlicht.

Darüber hinaus wurden von der ukrainischen Bevölkerung vergangene Nacht mehrere Videos ins Netz gestellt, die Szenen zeigen, in denen einzelne Personen oder Personengruppen Lichtsignale geben oder Markierungen anbringen. Es wird davon ausgegangen, dass diese der Kommunikationen mit russischen Luftstreitkräften dienen.

Diese Ereignisse haben dazu geführt, dass die ukrainische Regierung eine Ausgangssperre in Kiew verhängt hat, die heute Abend beginnt und mehrere Tage dauern soll. Es wurde öffentlich kommuniziert, dass Menschen, die sich nicht daran halten, als Saboteure betrachtet werden.

Genauso wie bei der Luftlandeoperation werden allerdings auch diese Ereignisse dazu führen, dass erhebliche Kräfte der Ukrainer gebunden werden.