Montag, 13. Februar 2023

Berlin hat Rot-Rot-Grün abgewählt, aber...

von Thomas Heck...

Berlin hat gewählt und dem regierende Senat von SPD, Linkspartei und Grünen ziemlich klar gezeigt, was es von der aktuellen Politik hält. Auch wenn die Wahlbeteiligung bei nur 63% lag. Der Berliner hat dennoch den Kanal voll von einer Verkehrspolitik, die eine Großstadt in Posemuckel umwandeln will und faktisch das Auto vertreiben will. Egal wie es angetrieben wird. Strafverschärfend kommt hinzu, dass gegen Klimaterroristen nicht beizeiten vorgegangen wurde und Autofahrer wie ich die Stadtautobahn schon meiden, was sicher auch nicht im Sinne der Umwelt ist. Das Chaos um die Sperre der Friedrichstrasse zeigte exemplarisch, wo es krankt. Der schwarze Fleck in der grünen Mitte ist genau der Wahlkreis, in dem die Friedrichstrasse liegt. Was halten die wohl von den willkürlichen Sperrungen einer Bettina Jarasch?


Das Wahldebakel von 2021 ist auch ein Ausdruck einer maroden Verwaltung, die den Anschluß an die Moderne verpasst hat, denn hier klappt wenig bis nichts. Berlin hält auch wenig von der Wohnungspolitik des Senats, bei dem durch Enteignungsbestrebungen nahezu alle Wohnungsbaugesellschaften faktisch den Neubau eingestellt haben und das Problem sogar noch verschärft haben. Diese Wahl war vermutlich die letzte Chance, Berlin vor dem rot-stasirot-grünen Sumpf zu retten. Schade, dass bei dieser Wahl nicht gleich die Frage nach der "Klimaneutralität" gestellt wurden, dann hätte man das leidige Thema gleich abhaken können.


Nun sind die Tücken einer parlamentarischen Demokratie, dass mit der Wahl der Drops noch lange nicht gelutscht ist, denn jetzt gilt es, in Sondierungsgesprächen parlamentarische Mehrheiten zu finden, damit sich ein neuer Senat konstituieren kann. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer begraben. Theoretisch  könnte der amtierenden Senat so weitermachen wie bisher, denn das linke Dreierbündnis hat eine stabile Mehrheit im Abgeordnetenhaus. Das darf man sich nicht wundern, wenn eine Bettina Jarasch gestern dümmlich grinsend von Interview zu Interview schwebte, hat sie doch feuchte Träume, dass die Grünen zweitstärkste Kraft hinter der CDU werden könnte und daraus den vermeintlichen Anspruch abzuleiten, künftig den Bürgermeister im Senat stellen zu können. Und alle drei wollen weitermachen, so konnte man gestern eigentlich zwischen die Zeilen lesen. Machtinteressen schlagen Demokratie. Sollte es so kommen, bliebe immer noch ein großartiges Gefühl, als Franziska Giffey fassungslos und den Tränen nahe in die Kameras starrte. Das wird mir keiner mehr nehmen können. Das laute Lachen, als Franziska Giffey von einem Führungsanspruch der SPD sprach, angesichts von Null geholten Wahlkreisen, hätte man bis ins in die SPD-Parteizentrale hören können.

Aber am Ende interessiert auch niemanden mehr, dass die Spitzenkandidaten von SPD, Franziska Giffey, und den Grünen, Bettina Jarasch, aber auch Klaus Lederer von den Linksfaschisten, nicht mal das eigene Direktmandat holen konnten. Es bleibt also abzuwarten, wer mit wem will. Mein Wunsch wäre ein CDU-geführter Senat mit einem Juniorpartner SPD, wo sich die Giffey gerne verziehen kann und die Grünen mal wieder Zeit bekommen, in der Opposition in Ruhe über die eigentlich Sinnlosigkeit ihrer Existenz nachzudenken. Nachdenken sollte auch die FDP, die in Berlin ebenfalls abgestraft wurde und unter 5% blieb. Die Ampel wirkt auch hier.

Lustig auch die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien, die in der Tagesschau in einem seltsamen Framing seinen Ausdruck findet.




 

Sonntag, 12. Februar 2023

Wildnispädagogin im Dschungel von Berlin...

von Thomas Heck...

Sie will Wildnispädagogin werden. Das ist sowas wie Survival-Trainer für Arme. Klimaterroristin Isabell B. klebte sich im Großstadt-Dschungel Berlin auf den Asphalt. Jetzt stand sie vor Gericht. Wenig einsichtig fährt sie sich durch die verfilzten Haare, eine Expedition ins Tierreich. Ich glaube, sie riecht auch etwas streng. Am Ende haben die 30 Tagessätze wohl nicht gereicht, um sie zu läutern. Denn Klima-Kleberin Isabell B. lacht noch nach dem Prozess. Geldstrafen bringen bei den Klimaspinnern nichts, werden sie doch durch Spenden getragen. Sozialstunden wären viel sinnvoller. Damit das Pack mal lernt, was Arbeit bedeutet...

Klima-Kleberin Isabell B. (20) am Dienstag im Amtsgericht. Auch nach der Verurteilung kann die junge Frau noch lachen


Als 8-jähriges Mädchen gründete sie an ihrer Grundschule eine Müll-AG, das reichte ihr irgendwann nicht mehr. Im August 2021 war Isabell B. (20) eine der ersten Demonstrantinnen, die sich für den Klimaschutz auf der Straße festklebten. Dienstag musste sie sich vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.

„Es geht um meine und unsere Lebensgrundlage und um die habe ich Angst. Ich habe nach bestem Gewissen gehandelt. Ich verstehe nicht, warum ich hier bin“, zeigt sich die junge Frau wenig einsichtig. Sie war vor eineinhalb Jahren von Lünen (Nordrhein-Westfalen) nach Berlin gezogen, um sich für den Klimaschutz einzusetzen und eine Ausbildung zur Wildnispädagogin zu beginnen.

Für diese Klebe-Aktion am 16. August 2021 nahe des Brandenburger Tors, musste sich Isabell B. (Mitte) verantworten


Im Dezember war B. bereits zu 20 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt worden, nachdem sie im März mit 40 Demonstranten von „Extinction Rebellion“ die Straße an der Marschallbrücke blockierte.

Dienstag lautete die Anklage erneut Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung. Am 16. August klebte sich B. auf der Straße des 17. Juni mit einer Hand am Asphalt fest, mit der anderen an ihrer Begleiterin. Die Polizei forderte die beiden jungen Frauen mehrfach auf, die Straße zu verlassen und musste sie schließlich mit Speiseöl ablösen und wegtragen.

„Ich habe das Versammlungsrecht von der Polizei, die Menschen von der Straße gezerrt hat, mit Füßen getreten gesehen. Deswegen habe ich mich festgeklebt“, verteidigt sich B. Und weiter: „Sie müssten mich einsperren, damit ich aufhöre und selbst dann würde ich meine Überzeugungen weiter in die Welt tragen!“

Der Staatsanwalt spricht sich für eine Verurteilung nach dem Jugendrecht aus – empfiehlt für den „jugendlichen Idealismus und Radikalismus“ 30 Stunden soziale Arbeit. Das Gericht urteilt nach Erwachsenenrecht: „Ich höre Ihnen gerne zu und unterschreibe 90 Prozent von dem, was sie sagen, aber können Sie nicht stören, ohne Strafgesetze zu verletzen? Wenn jeder, der Angst hat, Grenzen überschreitet, dann haben wir ein großes Problem in der Welt.“

Das gemeinsame Urteil mit der Anklage von Dezember: 30 Tagessätze à 10 Euro.




Der letzte Diktator der DDR... Hans Modrow ist tot...

von Thomas Heck...

Hans Modrow ist tot. Um den letzten Ministerpräsidenten trauert wohl nur die SED-Nachfolgepartei Die Linke. Meine Trauer um Hans Modrow hält sich in Grenzen. Der ehemalige Kämpfer im nationalsozialistischen Volkssturm war nicht nur als Abteilungsleiter für Agitation im Zentralkomitee für die üblen Kampagnen der DDR gegen Israel verantwortlich. Als SED-Chef des Bezirks Dresden war er auch 16 Jahre lang für die Aufrechterhaltung der SED-Diktatur und die Bekämpfung von Bürgerrechtlern und Ausreisewilligen zuständig. Noch im Oktober 1989 ließ er über 1000 Menschen festnehmen, die auf einen Zug aus Prag mit Botschaftsflüchtlingen aufspringen wollten. 

Unter seinem Kommando legte die Dresdner Polizei damals einen detaillierten Plan zur Unterdrückung der DDR-Bürgerbewegung vor. Als Ministerpräsident bewerkstelligte er dann mit Gregor Gysi die Rettung der SED und kämpfte für den Fortbestand der Stasi und der DDR.

Dass Hunderte Stasi-Vernehmer 1990 eine bis heute gültige Anwaltslizenz erhielten, haben sie ebenfalls Modrow zu verdanken. Die eigentliche Schande jedoch ist, dass die Linke ihn zum Vorsitzenden ihres Ältestenrates machte, wo er treu zu seinem alten Bekannten Putin stand. 

Dies alles sollte man wissen, um die Tweets der Linksfaschisten einordnen zu können, genau wie die Kommentare einer linken Presse, die sich die Trauer nicht verkneifen will.

Im RBB zum Beispiel ein freundlich-lobhudelnder Nachruf auf Hans Modrow, den letzten DDR-Ministerpräsidenten,  der letzte SED-Diktatur, jahrelange Stütze der SED-Diktatur. Dass Modrow wegen Wahlfälschung rechtskräftig verurteilt wurde, hat der RBB nicht mal erwähnt. Modrow hat immer geleugnet, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen ist. Was ist ein Staat der seine Bevölkerung mit Mauern und Stahldraht eingesperrt, Flüchtige erschossen und die Einwohner bespitzelt hat? Davon kein Wort beim RBB, der sich mal wieder als linksfreundlicher Sender erweist.

Der Politiker Hans Modrow ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Er war in den Jahren 1989/1990 Ministerpräsident der DDR und verhandelte nach dem Fall der Mauer die ersten Schritte hin zur Wiedervereinigung mit der Bundesregierung. In der DDR galt er als treuer, aber auch kritischer Sozialist Modrow gestaltete die Wiedervereinigung mit. Nach der Wiedervereinigung machte er Politik für die PDS und die Linke

Modrow war von November 1989 bis April 1990 der Vorsitzender des Ministerrats der DDR. In den fünf Monaten seiner Zeit als SED-Regierungschef verhandelte Modrow nach dem Fall der Mauer die ersten Annäherungsschritte mit der Bundesregierung. Nach der Wende machte Modrow Politik für die PDS 


Modrow galt in der DDR als überzeugter Sozialist - mit einem kleinen Stück kritischer Distanz zur SED. In den 1970er Jahren wurde Modrow deshalb aus der Machtzentrale Berlin weggeschickt und wurde 1. Bezirkssekretär in Dresden.

Nach dem Fall der Mauer qualifizierte ihn das für Führungsaufgaben in der sich erneuernden SED. Nur vier Tage danach, am 13. November 1989, wurde Modrow zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR als Nachfolger von Willi Stoph gewählt - für rund 150 Tage.

Wollte ein Stück DDR retten

Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verlor die SED-PDS dann die Macht und Modrow einen Monat später sein Amt. Ihm folgte als letzter Ministerpräsident der DDR bis zur Wiedervereinigung der CDU-Politiker Lothar de Maizière.

In seiner fünfmonatigen Amtszeit versuchte Modrow mit seinem Drei-Stufen-Plan noch, ein Stück DDR zu retten. Als Preis für die deutsche Einheit forderte er eine militärische Neutralität des neuen Staates. Im März 1990 gründete seine Regierung die Treuhandanstalt, die den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren sollte. Mit dem sogenannten Modrow-Gesetz ermöglichte der DDR-Ministerpräsident zahlreichen Haus- und Hof-Besitzern, die Grundstücke, auf denen ihre Häuser standen und die oft nach dem Krieg enteignet worden waren, sehr preiswert zu kaufen.

Nach der Wiedervereinigung saß Modrow von 1990 bis 1994 für die PDS im Deutschen Bundestag und vertrat sie von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Den neuen Staat sah der Sozialist durchaus kritisch. Zu schnell sei die deutsche Einheit vollzogen worden, zu bedingungslos sei die DDR untergegangen, und zu einseitig sei sie als "Unrechtsstaat" verdammt worden, rügte Modrow in vielen Interviews.

Als Mann der alten Garde trauerte er den einstigen kommunistischen Idealen der DDR hinterher. Bis ins hohe Alter beriet er die Linke als Vorsitzender deren Ältestenrats. Er machte dabei deutlich, dass er sich als früherer Ministerpräsident "weiter in Verantwortung auch den ehemaligen DDR-Bürgern gegenüber" sehe.

Linke: Friedlicher Übergang zur Einheit mit Modrows Verdienst

"Die Partei Die Linke verliert mit Hans Modrow einen klugen und streitbaren Mann", teilte Stefan Wollenberg, Landesgeschäftsführer der Brandenburger Linken, am Samstag mit. "Viele Menschen aus verschiedenen Generationen werden heute seiner gedenken. So vielfältig sind auch die Erinnerungen. Hans war ehrlich und integer, ohne dabei verbohrt zu sein. Sein Wort zählte. Ohne ihn, als vorletzten Ministerpräsidenten der DDR, wären die Prozesse hin zur Deutschen Einheit nicht so friedlich verlaufen." Auch später habe er sich immer wieder zu Wort gemeldet und sich bemüht, die Interessen der Ostdeutschen in den Mittelpunkt zu rücken.

Die Linken-Politiker Dietmar Bartsch und Gregor Gysi sprachen am Samstag in Berlin vom Verlust einer "bedeutenden Persönlichkeit" für ihre Partei. Ohne Modrow wäre die Reform der SED zur PDS "sehr viel schwerer geworden". Er habe sich "große Verdienste bei der politischen und ökonomischen Sicherung für die Bevölkerung" erworben und sich stets für jenen Teil der früheren DDR-Bevölkerung eingesetzt, "der nicht gewollt war und dessen Interessen regelmäßig verletzt wurden".


Reaktionen aus den linken Medien und der Politik...

So geht es aber auch, doch dazu muss man ins Ausland schauen. Dabei wohltuend wie immer und abgrenzend vom überwiegend linken Medienspektrum: Die NZZ aus der Schweiz... 


 

Samstag, 11. Februar 2023

Wiederholungswahlfarce: Berlin sieht rot...

von Thomas Heck...

Berlin wird von linken Spinnern regiert, die die Mobilität des Bürger mit dem eigenen Pkw empfindlich einschränken bis verhindern wollen. Gerne nimmt man Kopenhagen oder Amsterdam als Vorbild in Punkto Radwege, bei der Autobahn, die in Kopenhagen und Amsterdam erstaunlicherweise gut ausgebaut ist, will Berlin nicht folgen. Als Perspektive kann der Großstädter auf Eselkarren und Pferdefuhrwerke setzen. 

Einen politischen Wechsel ist wohl nicht zu erwarten. Zwar wäre es doch mal ganz was neues, wenn die CDU über den eigenen Schatten springen würde und zusammen mit der FDP und der AFD koalieren würde, denn auch hier wäre eine demokratische Mehrheit, doch dann würde das Bundesverfassungsgericht korrigierend eingreifen. Dessen kann man sich sicher sein.


In Berlin regiert dieser Tage der Galgenhumor. Die Wiederholungswahl am 12. Februar findet unter Vorbehalt statt, weil das Bundesverfassungsgericht noch die Rechtmäßigkeit prüft? Was soll’s, notfalls wählen wir auch noch ein drittes Mal. Etliche Bürgerämter sind wochenlang wegen der Wahlvorbereitungen geschlossen? Merkt keiner, es gibt schließlich auch im Normalbetrieb keine Termine.

Neben der Nord-Süd-Trasse der S-Bahn sind auch mehrere zentrale U-Bahn-Linien unterbrochen? Macht nichts, noch haben die Grünen das Autofahren nicht überall verboten. Nur die Friedrichstraße im Zentrum ist neuerdings wieder autofreie Zone. Ist doch auch viel schöner so: Leere auf der Straße und Leerstand in den Geschäften.

Allenthalben wird in der Hauptstadt geseufzt, gestöhnt und gelästert über die Liste dessen, was alles nicht funktioniert. Deshalb wegziehen wollen allerdings die wenigsten Berliner, und auch der Wunsch nach einem politischen Kurswechsel hielt sich bislang in Grenzen. Seit mehr als sechs Jahren wird die Hauptstadt von einem stramm-linken Dreierbündnis regiert. Auf Rot-Rot-Grün folgte nach der Chaoswahl im Herbst 2021 Rot-Grün-Rot.

Die CDU hat keine Machtoption

Zwar hat sich die CDU in den Wahlumfragen zuletzt an die Spitze geschoben. Doch weder die SPD noch die Grünen sind auf ein Bündnis mit ihr erpicht. Mit der FDP allein ist die CDU aber weit von einer Mehrheit entfernt. Gut möglich also, dass Berlin auch in den nächsten Jahren ein Experimentierfeld für linke politische Träume bleibt. Renditefrei, autofrei, sorgenfrei?

In der Wohnungspolitik haben SPD, Grüne und Linke in den vergangenen Jahren keinen Zweifel daran gelassen, dass sie sich vor allem denen verpflichtet fühlen, die einmal eine Mietwohnung in der Stadt ergattert haben und diese nicht mehr verlassen wollen. Nach dem vom Bundesverfassungsgericht gekippten Mietendeckel kreist der Senat jetzt um die von der Mehrheit der Wähler in einem Volksentscheid geforderte Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und ihr Bausenator Andreas Geisel halten zwar wenig davon, einen zweistelligen Milliardenbetrag in einem solchen Projekt zu versenken. Doch die beiden sind so ziemlich die einzigen Realos der Berliner SPD. Dass der Bundeskanzler persönlich unlängst vor Enteignungsversuchen warnte, hat den Ehrgeiz der Befürworter nur noch gestärkt.

Krötenumzüge statt mehr Wohnungsbau

Die dringend benötigten neuen Wohnungen lassen derweil auf sich warten, was nicht nur am so teuer gewordenen Baumaterial liegt, sondern auch an den zahlreichen politischen Vorgaben von Krötenumzügen über Barrierefreiheit bis zu Solardächern. Der parteilose Wirtschaftssenator Stephan Schwarz kann zu Recht stolz darauf sein, dass das Bruttoinlandsprodukt in Berlin im vergangenen Jahr mit 2,5 Prozent stärker gewachsen ist als im Bundesdurchschnitt. Um attraktiv für Unternehmen und qualifizierte Zuwanderer zu bleiben, muss die Stadt ihnen aber auch ein Zuhause bieten können. Der gegenwärtige Fokus auf den Bau von Sozialwohnungen greift da zu kurz.

Auch in der Verkehrspolitik stehen die Zeichen auf Anspannung. Die Verlängerung der Stadtautobahn A 100, von Pendlern herbeigesehnt, hat sich zu einem Machtkampf zwischen der grünen Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (dagegen) und dem Bundesverkehrsminister (dafür) entwickelt. In den Stadtteilen werden sogenannte Kiezblocks für den Durchgangsverkehr gesperrt. Vorbild dafür ist Barcelona. 

Dass das Berliner Wetter nicht ganz so oft zum draußen Verweilen einlädt, die aufgestellten Stadtmöbel vor allem die Stadttauben erfreuen – egal. Die Grünen haben zudem das Ziel ausgegeben, die Zahl der Parkplätze in der Stadt zu halbieren. Die Zahl der zugelassenen Autos erreichte 2022 indes einen neuen Höchststand.

Für Eltern beginnt dieser Tage wieder das große Bangen, ob der Nachwuchs einen Platz auf einer weiterführenden Schule in der Nähe bekommt oder bis zu einer Stunde quer durch die Stadt fahren muss. Zu großer Stärke läuft Berlin dagegen immer dann auf, wenn es gilt, Geld zu verteilen. Das war bei den Corona-Soforthilfen schon so und setzt sich jetzt bei den Energiehilfen fort.

Da der Härtefallfonds des Bundes für die Nutzer von Öl- und Pelletheizungen erst langsam Gestalt annimmt, startete Berlin Ende Januar kurzerhand sein eigenes Programm – mit großzügigeren Konditionen. Als der Nachtragshaushalt, aus dem dies finanziert wird, im November beschlossen wurde, zeichnete sich schon ab, dass bald wieder Wahlkampf sein würde. Manchmal läuft auch in Berlin alles nach Plan.





Hilfe, grüne Pädagogik!

von Mirjam Lübke...

Kürzlich beschwerte sich ein Mitarbeiter der Amadeu-Antonio-Stiftung über mangelnde sexuelle Diversität in den Harry-Potter-Werken. Vielleicht ist ihm entgangen, dass sich diese Bücher vorwiegend an ein sehr junges Publikum richten - und dieses interessiert sich gemeinhin mehr für den Kampf gegen Lord Voldemort als dafür, ob Ron und Harry eventuell ihre gleichgeschlechtlichen Gefühle zueinander unterdrücken oder Hermine eine Transzauberin ist. Glaubt man Ricarda Lang, ist der pädagogische Drops ohnehin gelutscht, bis die Kinder ihre Ausbildung in Hogwarts beginnen - also wird Professor Snape wohl nie in die Verlegenheit kommen, Sexualkunde unterrichten zu müssen.


Wenn Ricarda Lang über frühkindliche Erziehung in der Kita spricht, hört sich das ohnehin wie eine Drohung an. Dort werden die Grundlagen für Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft geschaffen, führt sie aus. Damit meint sie gewiss nicht die Erkenntnis, dass es nicht in Ordnung ist, anderen Kindern im Sandkasten sein Plastikschippchen auf die Nase zu hauen. Es ist gewiss nicht von Übel, wenn die Jüngsten im Umgang miteinander ein vernünftiges Sozialverhalten erlernen - denn bei manchen Menschen hat man den Eindruck, dass sie zwar im Erwachsenenalter ihren Wortschatz erweitert, aber keineswegs das Sandkastenverhalten abgelegt haben. Da wird das Schippchen einfach durch eine E-Mail ersetzt.
 
Allerdings: Wenn der Staat sich allzu früh in die moralische Erziehung der Jüngsten einmischt, dann sollten bei Demokraten alle Alarmglocken läuten. Denn wir ahnen, dass es den Grünen keineswegs um die Grundlagen eines respektvollen Umgangs miteinander geht, sondern um das Gesamtpaket der von ihnen vertretenen Ideen, ob das nun Klimahysterie, Genderwahn oder die sogenannte "kritische Rassentheorie" ist. Hier greift ausgerechnet die "Nie wieder!"-Fraktion ein Konzept auf, was Sebastian Haffner die "Verstaatlichung der Bürger" nannte und Teil totalitärer Systeme ist: Das Herausnehmen der Kinder aus der Familie, um sie bereits von klein an nach Belieben ideologisch zurechtzubiegen. Oder wie man im Volksmund sagt: "Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will!"

Auch wenn dieser Satz eher aus der autoritären pädagogischen Ecke kommt, läuft er auf ein ähnliches Ziel hinaus wie die Erziehungsexperimente der Grünen. Allerdings gehen diese nicht so offen restriktiv vor, sondern binden die Kinder und ihre Neugier mehr oder minder subtil in ihre Erziehung der Gesamtgesellschaft ein. Als die Energiekrise ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte - wer weiß schon, was uns in dieser Hinsicht noch blüht - gab es Kindergärten, die ihre Schützlinge zu "Energiewächtern" erzogen, die in der Familie auf Zeichen von Verschwendung achten sollten. "Das ist doch nichts Schlechtes", werden einige nun abwinken. Allerdings hatten diese Aktionen auch das Ziel, später in der Gruppe von den häuslichen Erfahrungen zu berichten - von einer Einbindung der Eltern stand dort allerdings nichts.
 
Hört man die Flöhe husten, wenn einen das misstrauisch macht? Nicht, wenn man sich diese Aktivitäten im Kontext der Ereignisse der letzten Jahre anschaut. In der Corona-Ära ist unsere Gesellschaft krachend durch den Demokratietest gefallen - manche Bürger zeigten sich derart versessen darauf, ihre Nachbarn anzuschwärzen, dass die Polizei mancherorts Appelle an die Öffentlichkeit richtete, es doch erst einmal mit einem netten Gespräch zu versuchen, anstatt gleich die Behörden zu informieren.
Des weiteren wissen wir, wie sehr die Grünen mit dem chinesischen Sozialpunkte-System liebäugeln. Auch dieses beruht nicht nur auf elektronischer Überwachung, sondern auch auf dem wachsamen Auge der Nachbarn. Da wirken Maos Ideen von der Erziehung des Volkes nach - die Menschen empfinden es als einen Dienst an der Gesellschaft, auf die mehr oder minder gravierenden Fehltritte der anderen hinzuweisen. Ein klassisch-totalitäres System kann eben nur funktionieren, wenn eine Vielzahl der Bürger mitmacht - was die Machthaber enorm moralisch entlastet: Die Menschen wollen es doch so!

Der größte Aufreger ist natürlich die frühkindliche Sexualerziehung der Kindergartenkinder. Auch das hat aufgrund der unrühmlichen Vergangenheit der Grünen, die nie richtig aufgearbeitet wurde, ein deutliches Geschmäckle. Man will einfach nicht abwarten, bis die Kleinen von selbst Fragen stellen, ihrem Alter entsprechend. Vielleicht hat man auch Angst vor den "falschen" Fragen, wenn Kinder etwas seltsam finden, das ihnen gemäß der Regenbogenideologie nicht seltsam vorkommen darf: "Mama, warum hat sich der Mann als Frau verkleidet?" Wenn Kinder zudem schon über alle Spielarten der menschlichen Sexualität "aufgeklärt" werden, dann dürfte das nicht nur ihre Schamgrenze überschreiten, sondern auch die Grenze zum Kindesmissbrauch.
 
Ein Kindergarten soll eigentlich ein Ort sein, an dem Eltern ihre Kleinen guten Gewissens für ein paar Stunden lassen können, um mit Gleichaltrigen zu spielen, zu basteln und Freundschaften zu schließen. Berufstätige Mütter sind sogar zwingend darauf angewiesen, wenn sich niemand aus der Familie kümmern kann. Während wir früher selbstgebastelte Kastanienmänchen nach Hause brachten, gibt es heute einen Energiesparplan, oder das Kind meint plötzlich, das falsche Geschlecht erwischt zu haben. Das ist weder kindgerecht noch pädagogisch sinnvoll. Vielmehr will man schon früh anfangen, Kinder für die Gesellschaft zurechtzubiegen. Früh wird gekrümmt, wer ein Grüner werden will...



Donnerstag, 9. Februar 2023

Der Bettina-Jarasch-Boulevard...

Die Flaniermeile des Bettina-Jarasch-Boulevard, früher bekannt als Friedrichstrasse, Blick nach Süden, 9.2.2023. 11.20 Uhr. Das tobende Leben. So wird eine Stadt aussehen, die von den Grünfaschisten regiert wird... Eine Szene wie dem Omega-Mann...








Die öffentlich-rechtlichen Sender scheinen vor der Wahl in einer Parallelwelt zu leben. Vor anderthalb Wochen, Kai Wegner führte bereits deutlich in den Umfragen, veröffentlichte der RBB ein Erklärvideo zur Wiederholungswahl. Darin behauptete die Moderatorin, die CDU sei „in Berlin schwer vermittelbar“. Eine überraschende wie absurde Erkenntnis, wenn die Union mit mehreren Prozentpunkten vorne liegt. Ist das noch Realitätsverweigerung oder schon Propaganda beim linksgrünen RBB?

Offenbar zimmert sich auch das ZDF eine Parallelwelt. Man habe „große Zustimmung“ zur Sperrung der Friedrichstraße für Autos festgestellt, behauptet der Sender. Und präsentiert sogleich eine junge Frau, die von der grünen Verkehrspolitik schwärmt. Dass sie eine Grünen-Politikerin ist, erwähnt das Zweite nicht.


 

Mittwoch, 8. Februar 2023

Erschütterungen am Medienmarkt...

Der brutale Kahlschlag bei Gruner+Jahr und RTL



Das früher so glanzvolle Zeitschriftenhaus Gruner+Jahr wird filetiert, bei RTL werden massiv Jobs abgebaut: Markt, Management und Journalismus haben gleichermaßen versagt. Das Ende vieler Magazine ist besiegelt, der „Stern“ hat noch eine Gnadenfrist als eine Art Programmillustrierte.


Demnächst wird Platz frei in den Zeitschriften-Regalen am Kiosk. Das ehemals führende Zeitschriftenhaus Gruner+Jahr stellt zahlreiche Titel ein – zukünftig müssen Eltern ohne den Titel „Eltern“ auskommen und Barbara Schöneberger ohne eigenes Magazin. Die Todesliste umfasst:

Barbara, Brigitte Woman, Brigitte Wir, Brigitte Leben!, Brigitte Be Green, Brigitte Mom, Chefkoch (Print), Eltern (Print), Eltern Family, GEO Saison, GEO Kompakt, GEO Wissen, GEO Wissen Gesundheit, GEO Wissen Ernährung, GEO Epoche, GEO Epoche Edition, GEO Epoche Panorame, GEO Walden, GEO Wohllebens Welt, Guido, Guidos Deko Queen, Stern View, Stern Gesund Leben.

Es sind viele bunte Blätter und Titel. Aber das ist noch nicht alles.

„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu IhnenAn andere Verlage sollen weitere Titel abgegeben werden – darunter das einst riesige „Landlust“, das in seinen besten Jahren über eine Million Hefte verkaufte, sowie „Essen & Trinken“ – damit hat die Generation der Boomer die feine Küche entdeckt. „Abgeben“ heißt im Verlagsdeutsch: Irgendein Verlag kauft sie und fusioniert mit anderen Titeln, denn die Masse soll es machen und nicht die Qualität. Das ist also die Liste des künftigen Todes:

11 Freunde, 11 Freunde Shop, Art, Beef, Business Punk, Essen und Trinken, Essen und Trinken: Für jeden Tag, Essen und Trinken: Für jeden Tag Low Carb, Einfach Hausgemacht, Flow, Land & Berge, Landlust, Landlust Zuhaus, Landlust Auf Reisen, Living At Home, Living At Home Spezial, Living At Home Edition, P. M., P.M. Fragen & Antworten, P. M. History, P. M. Logik Trainer, Salon, Verlagsgruppe Deutsche Medien Manufaktur.

Einiges will RTL behalten, der Bertelsmann-TV-Konzern, der jetzt auch Zeitschriften des Bertelsmann-Konzerns macht. Der Stern bleibt, Brigitte und das kriselnde Capital sowie GEO. Ob der Rest wirklich Chancen hat? Fraglich. Das ist die Liste der gerade noch mal davon gekommenen: Couch, Chefkoch (Digital), Eltern (Digital), GEO, GEO Lino, GEO Lino Mini, Gala, Häuser, Schöner Wohnen, Stern Crime.

Das Sterben geht weiter

Schon warnt der Branchen-Dienst „Meedia“ vor einem „Menetekel“ für die ganze Branche. Die Angst ist verständlich: Internet und geändertes Medienverhalten setzen den bunten Blättern zu. Aber im Falle Gruner+Jahr und RTL ist es verbunden mit doppeltem Versagen: dem Versagen des Managements wie dem der Journalisten.

Der Reihe nach. Der Stern war die eigentliche Keim-Zelle des Konzerns. Fast alles, was da drumherum wucherte und wuchs, waren mehr oder weniger Abspaltungen wie das Reise-Heft GEO. In guten Jahren um die Jahrtausendwende stand der Stern für die Hälfte des Konzernumsatzes und Gewinns. Der Erfolg schien eine geniale Management-Leistung zu sein. G+J beherrschte den Markt der bunten Anzeigen; aus dem Stern heraus wurden immer neue Kombinationen angeboten, bei denen für die kleineren Blätter auch noch was abfiel. Die Auflage gipfelte bei 1,2 Millionen Heften jede Woche; so prall mit Anzeigen waren manche Hefte wie beispielsweise Capital, damals fast 400.000 verkaufte Hefte, dass sie nicht mehr in die Briefkastenschlitze passten. Deswegen wurde Capital zweimal monatlich ausgeliefert.
Die geheimen Profiteure von ARD und ZDF

Bei Gruner+Jahr fühlte man sich unangreifbar. Und expandierte. Nach Italien, Frankreich, Spanien, nach Großbritannien, in die USA. Die Deutschen schienen die Meister des Magazin-Journalismus zu sein, während die großen US-Titel wie TIME und Newsweek schon verkümmerten und Life längst krepiert war – legendäre Titel, die Frank Capras legendäre Fotos des im Sturmlauf erschossenen Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg oder jene Bilder vom „D-Day-Omaha-Beach“ publizierten – der Fotograf inmitten von ertrinkenden, um ihr Leben im Kugelhagel kämpfenden GIs bei der Landung in der Normandie. Daran hatte sich Stern-Gründer Henri Nannen orientiert, als er von den britischen Besatzungsbehörden die Lizenz für die Jugendzeitschrift „Koralle“ erhielt, die zum Stern mutierte.

Der Stern erschien als Erbe der Bilderblätter, eine globale Erfolgsgeschichte. Das G+J-Management wie Anteilseigner Bertelsmann hatten nur so ein klitzekleines Detail übersehen. Nicht ihre begnadete Management-Kompetenz und nicht die Klasse der Stern-Journalisten waren entscheidend. Vielmehr die Konsumgüterindustrie, die nach Werbemöglichkeiten suchte. In den USA fand sie die im Fernsehen.

G+J war ein heimlicher Gewinner des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Deutschland. Dort darf nämlich nur 20 Minuten täglich und das nur vor 20.00 Uhr geworben werden. Auf den „Werbe-Treffs“ der ARD bettelten die Marketing-Manager der großen Konzerne vor den ARD-Werbetreibenden darum, statt 10 Sekunden vielleicht doch 12 Sekunden Air-Time zu erhalten und möglichst nahe an der 20.00-Grenze vor der Tagesschau. Weil 20 Minuten nicht verlängerbar sind, strömte das fette Werbegeld in Zeitschriften. Bis, ja bis auch in Deutschland Privatfernsehen auf der Bühne erschien und massenwirksam wurde. Plötzlich fehlten die Milliarden, die im Ausland versenkt worden waren. Und der Stern und seine zahlreichen Absonderungen mit ihm begannen zu verkümmern. Sie waren, so komisch es klingt, die heimlichen Profiteure des öffentlich-rechtlichen Systems.

Mit RTL und Sat1 und Pro7 auf der Bühne allerdings war’s schnell vorbei mit Glanz und Gloria. Der Gott Mammon hatte Gruner+Jahr groß gemacht und dann wieder klein.

Journalistische Fehler zuhauf kamen dazu. Der Stern publizierte mit Riesen-Aufschlag 1983 die Hitler-Tagebücher: eine Lachnummer. Stümperhaft gefälscht und doch ausreichend, um die nach Geld und Ansehen gierende Verlags- und Redaktionsleitung zu leimen. Aber nicht nur um diesen Flop geht es. Der Stern war Kind der Bonner Republik. Man publizierte Enthüllungsgeschichten vornehmlich über CDU-Politiker wie den früheren Bundespräsidenten Heinrich Lübke, der angeblich KZ-Baracken geplant haben sollte. Diese und andere Enthüllungen waren von der DDR unterstützt worden, mit gefälschtem Material. Glaubwürdigkeit aber ist die harte Währung des Journalismus.

Der Stern wie andere Hamburger Blätter bekämpfte die Wiedervereinigung. Als die da war, stand er abseits, hat in den „Neuen Bundesländern“ nie Fuß gefasst und beschränkt sich seither darauf, Sachsen als braunes Nest anzupöbeln. In den guten Zeiten konnte die Redaktion den Zeitgeist mit prägen und aufputschen – etwa mit dem Sensationstitel „Ich habe abgetrieben“. Die Geständnisse wurden gelesen, von Abtreibungsgegnern wie von Befürwortern. Aber diese Fähigkeit, den Zeitgeist auf die Seiten zu bannen, ging zunehmend verloren und schließlich unter wie die Bonner Republik: An ihrer gelegentlichen Bräsigkeit, den gewendeten Nazis, der Wiederaufrüstung und ihrer wohlhabenden Gemütlichkeit war sich gut reiben. Aber ohne Bonn war auch Hamburg plötzlich nur noch Provinz.

Der Stern und mit ihm die ganze Verlagsgruppe schwenkte unter Merkel auf Regierungslinie: Ob Energiewende oder Flüchtlingspolitik – der Stern war auf der Seite der vermeintlich Guten. Der Haltungsjournalismus, der nicht mehr faszinieren, aufdecken und anklagen will, sondern nachbetet, reproduziert und darstellt, was der Regierung gefällt, war geboren. Die Stern-Auflage fiel auf 200.000 dünne Heftchen mit wenigen Anzeigen. Capital wiederum feierte die T-Aktie und die darob dankbare Telekom verteilte die Zeitschrift. Nach dem Flop der Aktie hatte das Wirtschaftsmagazin sein Pendant zu den Hitler-Tagebüchern des Stern. Die Frauenzeitschrift Brigitte wurde mit der durchgesetzten Emanzipation gegenstandslos und weibliche Schönheit verdächtig, das Heft nur noch tantenhaft. Auch Zeitschriften altern, unbarmherzig. GEO zeigt schöne Bilder; goutiert von pensionierten Erdkundelehrern, die Anregung für die nächste Studienreise suchen. Aber die Jungen finden die angesagten Spots des Globus auf Instagram.

Papier statt digital – eine Formel ohne Ergebnis

Ja, das Internet. Gruner+Jahr hat es total verschlafen. Während Konkurrenz-Verlage wie Springer und Burda rechtzeitig auf digitale Medien setzten, verschnarchte die letzte G+J-Geschäftsführerin Julia Jäkel den Umstieg. Total, komplett und ohne Gnade. Die Konkurrenten Burda aus München und Springer aus Berlin schlagen sich um ein Vielfaches besser; mit eigenen Internet-Produkten und -Medien oder elektronischen Ausgaben der bestehenden Medien. Jäkel ließ sich zwar gern als Erfolgsmanagerin feiern und verpasste darob die Neue Zeit, berauscht von ihren eigenen Bildern. Das führt zu dem absurden Ergebnis, dass in den sozialen Medien selbst das Winzig-Unternehmen TE an Wirkung und Reichweite den Stern abgehängt hat. Schöne Bilder drucken reicht nicht mehr.

Einst waren die Chefredakteure, die Großen ihres Gewerbes, wie Werner Funk, so hochgebildet wie bärbeißig gefürchtet oder grenz-genial wie Capital-Herausgeber Johannes Gross. Auf sie folgten schwache Persönlichkeiten. Johannes Gross wurde von der Stern-Redaktion ebenso abgelehnt wie Herbert Riehl-Heyse. Die letzten Namen muss man sich nicht merken; Geschöpfe der Verlagsbürokratie, die sich mit harmlosen Figuren umgab. Bei G+J-Festen traf man früher Johannes Gross, Mario Adorf oder Peter Scholl-Latour; die prägenden Köpfe; Wolf Schneider prägte eine Generation von Journalisten in der Henri-Nannen-Journalistenschule. Geld schien keine Rolle zu spielen. Nach einem seiner legendären Champagner-Gelage in Köln notierte Johannes Gross auf der Spesenabrechnung: „Ich gebe Ihr Geld aus, damit Sie mehr verdienen“.

Das ärgerte die Manager aus Gütersloh. Bertelsmann war anders groß geworden, sparsamer. Schrittweise übernahmen die Controller Kontrolle und Mehrheit an Gruner+Jahr, bekanntlich siegen am Ende immer die Controller, ehe sie untergehen. Eine ihrer typischen Fehlentscheidungen: die Financial Times Deutschland (FTD), die letzte große Gründung von G+J. Das Blatt wurde später mit den Redaktionen von Capital, Börse-Online und Impulse zusammengelegt. Dass aus einer Gulaschkanone nur Gulasch kommt und nicht ein vielfältiges Menü, wollte den Kostenfüchsen nicht einleuchten. Auch Capital zehntelte seine Auflage, Impulse verschwand wie Börse-Online durch Verkauf, die FTD war nicht zu retten. Das Rezept hat nicht funktioniert – ein Grund, es in viel größerem Maßstab zu wiederholen.

Die weltgrößte Gulaschkanone

Denn zuletzt, ein Triumph des Controlling über Journalismus, übernahm Bertelsmann-Chef Thomas Rabe auch die Verantwortung für G+J und wollte die Zeitschriften, so er sie nicht abwickelt, mit RTL fusionieren. Da sind große Worte wohlfeil, schönstes Management-Kauderwelsch ohne Inhalt. Vom Masterplan, von Synergieeffekten, von ‚Cross-Media-Champions‘, von einem ‚Meilenstein in der Stärkung von Bertelsmann’ ist da die Rede. Den früheren GEO-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede wundert es nicht, dass „Bauer sucht Frau“ nicht mit „Art“ zusammenpasst. Und Bohlen nicht mit „Geo Epoche“. Es habe wohl bei RTL jede Menge Gipfeltreffen auf der Suche nach den versprochenen Potenzialen zu einer Gemeinsamkeit gegeben. „Ergebnis: Ratlosigkeit“, konstatiert Gaede.

Von der Gulaschkanone hat Rabe nichts gelernt, sie nur viel größer gemacht und das Produkt endgültig ungenießbar.

Auch Zeitschriften wollen gepflegt sein. Zwischen Journalisten und Verlagsleuten besteht notorische Spannung – die einen wollten Geld ausgeben für ihre Leidenschaft, den Journalismus. Die anderen wollen Geld verdienen, meist ohne Verständnis für die Leidenschaft von Journalisten. Im besten Fall führt es zu einem ständig produktiven Streit. Denn ohne Moos ist auch im Journalismus nichts los. Im schlechtesten Fall, wenn Journalisten wie Verlagsleute versagen und der Markt Antworten erfordert, ist der Untergang unausweichlich. Wie bei Gruner+Jahr. Ach ja, und während die Zeitschriftenleute jammern, geht auch RTL in die Grütze. Auch dort werden 300 Mitarbeiter in die Wüste geschickt. Auch RTL hat ja jeden Charme verloren. Eine Abnudelmaschine ist zwar preiswert, aber wer will schon Gulasch im TV?


Dienstag, 7. Februar 2023

Exklusiv: Fast jede zweite Faeser-Dienstreise führte nach Hessen

von Pauline Schwarz...

Nancy Faeser will Ministerpräsidentin von Hessen werden. Jetzt ist sie in einen Dienstreisen-Skandal verwickelt! Denn: Unsere Recherchen zeigen, dass Faeser schon seit einem Jahr (!) aus ihrem Amt als Innenministerin heraus ihren Wahlkampf mit unverhältnismäßig vielen Dienstreisen nach Hessen ankurbelt – und diesen Fakt vor Gericht verschweigen wollte.

Nancy Faeser: Hat sie Dienstreisen für den Wahlkampf missbraucht?


Nancy Faeser will gleichzeitig ihr Amt als Bundesinnenministerin fortführen und Wahlkampf für den Posten als hessische Ministerpräsidentin machen. Unsere Recherche zeigt nun: Faeser hat bereits in einem Jahr Amtszeit absurd viele Dienstreisen nach Hessen unternommen – fast jede zweite führte nach Hessen, alles auf Steuerzahlerkosten. Häufig an Tagen, an denen ganz zufälligerweise auch SPD-Veranstaltungen in der Nähe des Reiseziels stattfanden – oder die SPD-Veranstaltungen sogar das Reiseziel waren. Faeser versuchte, den Skandal zu verschleiern und ließ das Bundesinnenministerium (BMI) gegen unsere Recherche ankämpfen.

Dienstreisen nach Hessen fünffach überrepräsentiert

Am 31. Oktober 2022 haben wir „um die Zusendung einer Liste aller Dienstreisen der Bundesinnenministerin Nancy Faeser in Deutschland seit Dienstantritt“ gebeten. Diese einfache Anfrage löste einen Rechtsstreit mit dem Bundesinnenministerium aus. Eine Antwort erhielten wir nicht, eine erste Liste schickte das Ministerium erst im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung – diese war jedoch offenkundig unvollständig, wie eine einfache Recherche in den sozialen Netzwerken zeigte.

Was hatte Faeser also zu verbergen?

Insgesamt liegen uns nun alle 50 öffentlichen, nicht unter Geheimhaltung fallende, Dienstreisen vor. Von diesen 50 Dienstreisen von Nancy Faeser gingen 21 nach Hessen und 29 in alle anderen Bundesländer zusammen. Hessen ist damit deutlich überrepräsentiert: Die hessische Heimat von Frau Faeser ist, gemessen an der Bevölkerungszahl, mit 21 Dienstreisen fünffach überrepräsentiert.

Im Vergleich: NRW ist das einwohnerreichste Bundesland Deutschlands, dort leben Stand Juli 2022 mehr als 18 Millionen Menschen. In Hessen, das nur den fünften Platz im Einwohner-Ranking Deutschlands bekleidet, leben Stand Juni 2022 etwa 6,37 Millionen Menschen. Trotzdem hat die Innenministerin nur sieben Reisen nach NRW unternommen – sieben im Vergleich zu 21 Reisen nach Hessen. Und dass, obwohl in NRW mehr Behörden ansässig sind, die in den Zuständigkeitsbereich der Innenministerin fallen – zum Beispiel das Bundesverwaltungsamt und der Bundesverfassungsschutz in Köln oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn.

Von den insgesamt 21 Dienstreisen nach Hessen führten außerdem nur zwei Besuche direkt zu Behörden – Faeser besucht am 23. Mai 2022 das BKA in Wiesbaden und am 15. Juli 2022 die Bundesbereitschaftspolizei in Fuldatal.

Faeser war 21 Mal in Hessen – aber nicht ein einziges Mal in Bremen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und dem Saarland.

Das BMI gab vor Gericht nur 33 Dienstreisen heraus

Um an die zuvor genannten Informationen zu gelangen, mussten wir gerichtlich gegen das BMI vorgehen. Wir stellten deshalb einen Antrag auf einstweilige Anordnung(Eilantrag) beim Berliner Verwaltungsgericht. Das BMI nahm zu dem Antrag vor Gericht Stellung und händigte uns darin eine Liste mit insgesamt 33 Dienstreisen aus – genau hieß es: „Die Antragsgegnerin übermittelt in Anlage 2 eine Liste von Dienstreisen der Ministerin, soweit nicht Sicherheitsaspekte einer Auskunft entgegenstehen. Sie hält damit das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin für erledigt.”

Weil das BMI unser Begehren für erledigt hielt, impliziert die Aussage, dass die Liste vollständig ist – abgesehen von Terminen, die aus Sicherheitsgründen nicht herausgegeben werden können. Doch die Liste war alles andere als vollständig, womit das BMI vor den Augen des Gerichts bzw. der zuständigen Richter eine falsche Aussage tätigte.

Nach einer kurzen Recherche in den sozialen Medien zeigte sich, dass es noch 16 weitere öffentliche Dienstreisen gab – die allesamt von der Innenministerin persönlich oder dem BMI auf Facebook, Twitter oder Instagram veröffentlicht wurden – demnach können ihrer Nennung wohl kaum Sicherheitsbedenken entgegenstehen. Es drängte sich vielmehr der Verdacht auf, dass man uns die Reisen zunächst aus anderen Gründen verheimlichen wollte. Etwa, weil von den 16 Dienstreisen, die uns das BMI vor Gericht verschwieg und später in einer weiteren Presseanfrage als dienstliche Termine bestätigte, 13 nach Hessen führten.

13 verheimlichte Hessen-Reisen – mit auffallendem SPD-Bezug

Einige der 13 verheimlichten Hessen-Reisen haben zudem auffallend starken SPD- bzw. Wahlkampf-Bezug.

Am 16. September 2022 besuchte Nancy Faeser zum Beispiel den Bundesstützpunkt des deutschen Schützenbundes in Wiesbaden – laut BMI eine Dienstreise. Der Besuch taucht auf der Seite des Landesverbandes der SPD Hessen aber unter dem Titel „Hessentag der Landesvorsitzenden Nancy Faeser” auf. Nicht einmal die SPD scheint diese Reise also als Dienstreise der Innenministerin, sondern als Parteireise anzusehen. Außerdem: Am selben Tag besuchte Faeser die Firmen Brita in Taunusstein und die Molkerei Schwälbchen in Bad Schwalbach – wie das Schwälbchen selbst stolz mitteilte: in Anwesenheit des Schwalbacher SPD-Bürgermeisters Markus Oberndörfer und des SPD-Landtagsabgeordneten Marius Weiß. Kein dienstlicher Termin, wie uns das BMI auf Anfrage bestätigte. Und dann traf Faeser auch noch den SPD-Oberbürgermeister von Wiesbaden, Gert-Uwe Mende.

Und es geht noch weiter: Auch Frau Faesers Besuch im Polizeioldtimer Museum in Marburg am Wochenende des 4. / 5. November 2022 wird von der SPD unter der Überschrift „Hessentag der Landesvorsitzenden Nancy Faeser” geführt. Alte Polizeiautos klingen erstmal nach der Zuständigkeit einer Innenministerin, doch Frau Faeser traf sich im Anschluss auch noch zu einer Diskussion mit der Juso-Landesvorsitzenden & stellvertretenden Vorsitzenden der SPD Marburg, Sophie Frühwald, und Marburger Genossen im Bürgerhaus Wehrda. Gleichzeitig war Frau Faeser an diesem Wochenende, am Hessentag, zu Besuch beim THW in Alsfeld – eine „dienstlicher Termin“. Was jedoch kein dienstlicher Termin war: Der angeschlossene Besuch der May Eyth-Schule gemeinsam mit der SPD Vogelsberg, dem Landrat Manfred Görig und MdB Felix Döring (beide SPD).

Es gibt noch viele weitere auffällige Dienstreisen der Innenministerin, die man an dieser Stelle nennen könnte. Sie alle ergeben ein recht eindeutiges Bild davon, dass unsere Bundesinnenministerin nicht erst seit gestern Wahlkampf in Hessen macht – vielmehr scheint es so, als hätte Frau Faeser ihr Amt für Wahlkampfauftritte genutzt, auf Kosten des Steuerzahlers.

Thorsten Frei, Erster parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, fordert Nancy Faeser auf, die Vorwürfe auszuräumen: „Frau Faeser sollte ihr Haus nicht in Misskredit bringen und muss unverzüglich den Verdacht ausräumen, staatliche Mittel für ihren persönlichen Wahlkampf zu missbrauchen. Es zeigt sich einmal mehr, dass es höchst gefährlich ist, sich ausgerechnet in dieser Zeit nicht auf ihre eigentliche Aufgabe zu konzentrieren. Angesichts der dramatischen Folgen des russischen Angriffskrieges, der hohen Flüchtlingszahlen und der angespannten Sicherheitslage in Deutschland haben die Bürger einen Anspruch auf eine Vollzeitministerin.“

Stefan Müller, Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag: „Frau Faeser ist offenbar schon länger keine Vollzeitministerin mehr: Seit Monaten macht sie Wahlkampf in Hessen und verliert unser Land dabei aus den Augen. Die Kommunen können die immer weiter steigende Migration nicht mehr bewältigen. Während Frau Faeser also munter in Hessen Wahlkampf macht, steht bis heute nicht fest, wann und wie ein Migrationsgipfel stattfinden soll. Als Teilzeitministerin wird Nancy Faeser zum Sicherheitsrisiko für Deutschland.“

Auf Anfrage, ob einzelne oder alle Dienstreisen nach Hessen der Vorbereitung des Wahlkampfs dienten, hieß es aus Faesers Ministerium: „Sämtliche Dienstreisen nimmt die Bundesinnenministerin im Rahmen ihres Amtes vor. Parteipolitische Termine sind keine Dienstreisen.“




Bundesinnenministerin Nancy Faeser steht als Spitzenkandidatin der SPD für die hessische Landtagswahl am 8. Oktober bereit.


„Unanständiger“ Vorteil: Faeser erklärt Twitter-Account des Ministeriums für „privat“

Ministerin Faeser ist nun auch SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen. Auf Twitter hat sie dafür kurzerhand ihren Account umgewidmet.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser könnte mit der Umwidmung ihres Twitter-Accounts gegen die Verfassung und das Parteiengesetz verstoßen haben. Diese Meinung vertreten unter anderem Oppositionspolitiker und Juristen wie der Kölner Rechtsanwalt Dr. Christian Conrad.

Am Donnerstag der Vorwoche, 2. Februar, hatte Faeser verkündet, parallel zu ihrem Ministeramt auch die SPD-Spitzenkandidatur für die Landtagswahlen in Hessen zu übernehmen. Zurück in die Landespolitik will die Landesvorsitzende der hessischen SPD aber nur als Ministerpräsidentin. Diese bedingte Rückkehrbereitschaft politisch zu bewerten, ist Sache des hessischen Wählers. Allerdings wirft das damit zusammenhängende Gebaren der Minister offenbar auch juristische Fragen auf.

Faeser fügt Amtsbezeichnung politische Funktion hinzu

Am Donnerstag hatte Faeser nicht nur offiziell ihre Spitzenkandidatur für die Hessenwahl angekündigt. Sie hat diesen Anlass zudem genutzt, um ihren bis dahin amtlich als Bundesinnenministerin genutzten Twitter-Account kurzerhand zu „privatisieren“ – unter Mitnahme aller bis dahin 142.707 Follower.

Dazu erklärte sie:

Ich bin mit voller Kraft Bundesinnenministerin. Künftig werde ich hier aber auch über meine Arbeit als SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen informieren, daher wird dieser Kanal nicht mehr von meinem Ministerium betreut.“

In weiterer Folge änderte sie ihr Profilbild und fügte der Amtsbezeichnung „Bundesministerien des Innern und für Heimat“ die Funktionsbezeichnung als „Landesvorsitzende SPD Hessen“ hinzu. Das Impressum lautete nicht mehr auf das Bundesinnenministerium als Amt, sondern auf die Parteiseite „nancy-faeser.de“.

Follower des Ministeriums kurzerhand „mitgenommen“

Faeser ging offenbar davon aus, damit ihrer bis zum Herbst wahrgenommenen Doppelrolle in angemessener Weise gerecht geworden zu sein. Stattdessen stieß sie mit dem Schritt jedoch auf heftige Kritik. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler warf ihr eine Zweckentfremdung ihrer Follower vor, die ihren Account mit einer anderen Erwartungshaltung abonniert hätten:

Menschen sind Ihnen gefolgt, weil Sie hier als Innenministerin kommuniziert haben. Mit einem Profilbildwechsel und der Bio-Änderung sind Sie nicht plötzlich die SPD-Spitzenkandidatin aus Hessen. Es gibt so etwas wie Demut vor dem Amt, auch im Netz.“

Ihr Fraktionskollege Matthias Hauer erklärte es für „unanständig“, eine vom Ministerium aufgebaute und lange Zeit administrierte Seite zur privaten parteipolitischen Wahlkampfseite umzuwidmen. Dies gelte umso mehr, als sie mit einem für diesen Zweck neu eröffneten Account erst wieder Reichweite hätte aufbauen müssen. Stattdessen habe sie fast 130.000 Follower, die seit Dezember 2021 dem Ministerium gefolgt seien, einfach kurzerhand mitgenommen.

Amt darf nicht für parteipolitische Zwecke ausgenutzt werden

Rechtsanwalt Conrad, der auch Herausgeber eines Standardwerks zum öffentlichen Äußerungsrecht ist, sieht das Vorgehen Faesers auch juristisch als problematisch. In der „Legal Tribune Online“ (LTO) schreibt er in einer Analyse, dass es zwar in der Natur der Sache liege, dass ein Minister in vielfältiger „Rolle“ in der Öffentlichkeit auftreten könne.

Allerdings habe ein Accountname, der auf eine Amtsbezeichnung laute, nach gefestigter Rechtsprechung einen hoheitlichen Charakter. Daraus folge, es müsse sichergestellt sein, dass der Rückgriff auf Mittel, die mit dem Regierungsamt verbunden seien, keinen Vorteil gegenüber dem politischen Wettbewerber verschaffe.

Faesers Account mag demnach zwar ursprünglich privat gegründet worden sein, mit der Erklärung, dass „dieser Kanal nicht mehr vom Ministerium betreut“ werde, sei explizit deutlich geworden, dass es zuletzt ein amtlicher Account gewesen sei.

Faeser könnte Hessens SPD durch unzulässige Spende in Schwierigkeiten gebracht haben

Staatsorgane dürften ihren amtlichen Account jedoch nicht für parteipolitische Zwecke nutzen. Auch dürfen sie sich nicht mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern identifizieren oder solche unter Einsatz staatlicher Mittel unterstützen oder bekämpfen. Andernfalls liege ein unzulässiger Eingriff in die Willensbildung der Bürger und in den politischen Wettbewerb vor.

Conrad sieht diesen Grundsatz durch die Übertragung eines vormals amtlichen Accounts zu Wahlkampfzwecken an einen Wahlkampfwerber verletzt. Im Übrigen ergäben sich auch Probleme des Daten- und Persönlichkeitsschutzes, sofern der Account zum Nachrichtenverkehr genutzt worden sei.

Hessens SPD könnte sogar eine Rückzahlungspflicht in dreifacher Höhe aufgrund eines geldwerten Vorteils durch eine unzulässige Parteispende drohen. Dies sei denkbar, weil die Übertragung des Accounts mit einem automatischen Zuwachs von rund 130.000 Followern verbunden war. Dies könne als nach Paragraf 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG unzulässige Spende eines Ministeriums an eine Partei oder Politikerin gelten. Derartige unzulässige Spenden müssten nach der Regelung des Paragraf 25 Abs. 4 PartG unverzüglich an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weitergeleitet werden.

Olaf Scholz zeigt sich als Vorbild

Conrad empfiehlt Faeser, den Account stillzulegen und zwecks Archivierung an das Ministerium zurückzuübertragen. Politische Mitbewerber könnten dies andernfalls sogar mit Erfolgsaussicht einklagen. Faeser solle sich stattdessen einen eigenen privaten Account zu Wahlkampfzwecken zulegen – und erforderlichenfalls Geld zum Aufbau von Reichweite investieren. Eine Vielzahl von Followern des Bundesinnenministeriums dürfte an hessischer Landespolitik ohnehin kein Interesse haben.

Als Vorbild könne ihr dabei ihr Parteikollege und Bundeskanzler Olaf Scholz dienen. Dieser unterhalte seit Mai 2009 einen Politikeraccount. Einen amtlichen Account des unter seiner Leitung stehenden Bundeskanzleramts gibt es dazu seit Februar 2022.