von Thomas Heck...
Sätze für die Ewigkeit, doch keiner hört das laute Lachen draußen im Lande. Angela Merkel sei "das beste Personalangebot, das die Politik den Bürgern in dieser schwierigen Weltlage machen kann", sagt unser Fraktionsvorsitzender Volker Kauder und bezeichnet die Bundeskanzlerin als "wirklich tough". Im Interview mit dem Nachrichtenmagazin der Focus skizziert Kauder aber auch, wofür die Politik der Unionsfraktion noch immer steht: für ungehemmten Zuzug von Flüchtlinge, für Unsicherheit auf deutschen Strassen, für massenhaften sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung von Frauen, für die Verschwendung von Steuergeldern für griechische Schulden, für steigende Energiekosten durch eine verfehlte Energiepolitik, für Verfassungsbruch und Gesetzesverstöße durch höchste Regierungskreise. Lesen Sie das ganze Interview, auch wenn es wehtut:
Herr Kauder, Sie drücken sich doch gern kernig aus. Um es mit Ihren Worten zu sagen: Haben Sie „Bock“ auf diesen Bundestagswahlkampf?
Volker Kauder: Ja, natürlich. Ich freue mich auf den Wahlkampf. Das Interesse der Bürger für Politik ist doch nie so groß wie in Wahlkampfzeiten.
Mit dem Hype um Martin Schulz hat sich die Lage für Sie dramatisch verändert. Hätten Sie vor vier Wochen gedacht, dass die SPD der Union richtig gefährlich werden kann?
Kauder: Ich sehe das mit aller Gelassenheit.
Gelassenenheit? Wolfgang Schäuble vergleicht den SPD-Kanzlerkandidaten schon mit Donald Trump.
Kauder: Mit Vergleichen bin ich vorsichtig. Man sollte Menschen immer nach ihren Äußerungen und ihrem Verhalten beurteilen. Das gilt natürlich gerade für einen Kandidaten, der ja das mächtigste Amt im Staat anstrebt. Es ist in allen Demokratien der Welt üblich, dass Bewerber für Spitzenämter genau unter die Lupe genommen werden. Das geschieht nun auch bei Herrn Schulz. Dass die SPD gleich von Schlammschlacht spricht, zeigt nur, dass sie dieser üblichen Überprüfung der Person und seiner Aussagen nervös entgegensieht. Kein Wunder: Es gibt ja auch viele zweifelhafte Aussagen des Kandidaten bereits aus der Vergangenheit. Ein Mann wie Herr Schulz, der im Grunde seines Herzens in Europa Schulden vergemeinschaften will, vertritt nicht die Interessen Deutschlands. Er will, dass wir die Schulden anderer bezahlen – das ist untragbar, auch wenn man für Europa ist. Jemand, der auch in Europa nicht zuerst die Interessen Deutschlands vertritt, kann nicht deutscher Bundeskanzler werden.
Angela Merkel schien lange unbesiegbar. Das ist vorbei, oder?
Kauder: Ich habe noch nie jemanden für unbesiegbar gehalten. Selbst Siegfried wurde besiegt. Aber: Ich glaube, dass Angela Merkel die Wahl gewinnt. Denn sie ist diejenige, die am besten in der Lage ist, deutsche Interessen in Europa und der übrigen Welt entschlossen und erfolgreich zu vertreten.
Siegfried hatte seine schwache Stelle am Rücken. Wo ist Angela Merkels Schwachpunkt?
Kauder: Ich sehe keinen.
Aber Sie würden sich schon trauen, Angela Merkel zu sagen, wenn Sie den Eindruck hätten, dass es für sie nicht mehr reicht? In der Schlussphase Helmut Kohls hat sich – außer Wolfgang Schäuble – keiner getraut, ihm zu sagen, dass seine Zeit vorbei ist.
Kauder: Die Lage ist völlig anders als 1998 bei Helmut Kohl. Angela Merkel erfreut sich weiter hoher Zustimmung. Sie ist das beste Personalangebot, das die Politik den Bürgern in dieser schwierigen Weltlage machen kann. Wenn jemand wirklich tough ist, dann ist das ja wohl Angela Merkel.
Nach dem Versöhnungstreffen von CDU und CSU in München strahlten Merkel und Seehofer pure Tristesse aus. Die Szene war der Renner der Heute-Show. Kann die Union es so schaffen?
Kauder: Wir wollten ehrlich sein. Nach unruhigen Monaten waren wir alle froh, dass wir die Reihen in der Union nun geschlossen hatten und unsere Kanzlerkandidatin nominieren konnten. Es gab keinen Anlass, gleich in Freudentaumel auszubrechen.
Den Delegierten der Union bei der Bundesversammlung haben Sie ins Gewissen geredet: „Je selbstbewusster, aufgeräumter, zuversichtlicher wir uns den Menschen zeigen, umso größer sind unsere Chancen.“ Will die Union ab sofort mit Fröhlichkeit punkten?
Kauder: Ich habe eine erprobte Lebensweisheit wiedergegeben: Trauerklöße mag niemand.
Die CSU nennt den SPD-Kanzlerkandidaten „Schwafelschulz“. Nehmen Sie den Herausforderer nicht ernst?
Kauder: Wir unterschätzen keinen Konkurrenten. Das ist wie im Fußball-Pokal: Wenn ein Profi-Klub einen Amateurverein nicht ernst nimmt, kommt es oft zu Überraschungen. Aber auch eine weitere Weisheit aus dem Sport gilt: In erster Linie muss man immer seine eigene Leistung bringen. Die Beobachtung des Gegners ist wichtig, aber nicht das Entscheidende. Wir müssen die Menschen von uns überzeugen! Dafür, dass der Gegner es nicht richtig kann, haben die Menschen ein feines Gespür.
Schulz hat die SPD in den Umfragen steil nach oben gebracht. Er hat eine wahre Euphoriewelle ausgelöst.
Kauder: Ok. Dann noch mal zum Kandidaten… Seit fast zwei Wochen ist von Herrn Schulz nichts zu hören. Die Kanzlerin ist pausenlos unterwegs, um weitere Antworten auf die Flüchtlingsbewegung aus Afrika zu finden. Herr Schulz schweigt. Die Kanzlerin verhandelt mit den Ländern, damit abgelehnte Asylbewerber vermehrt abgeschoben werden können. Herr Schulz schaut zu. Der Kandidat, so scheint es, ist momentan eher abgetaucht und will sich lieber aus der Gestaltung der aktuellen Politik raushalten. Das ist nicht sehr überzeugend, aber auch kein Wunder für einen Mann ohne jede praktische Regierungserfahrung. Sein Wahlprogramm soll erst im Juni kommen; bis dahin sagt er bestenfalls nur Unverbindliches. Das hält nicht. Sie werden es sehen.
Die Union hat auch noch kein Programm vorgelegt.
Kauder: Wir beschreiben schon, in welche Richtung es gehen soll. Wir sagen den Menschen schon klipp und klar, dass die Welt in Unruhe ist – schauen wir auf die USA, Russland und Europa. Es sind Entwicklungen, die das Leben jedes Einzelnen bei uns dramatisch verändern können. Wir müssen die Stärke unserer Wirtschaft bewahren, denn davon hängt unser Wohlstand ab. Der Veränderungsdruck ist gerade in der Automobilindustrie spürbar. Viele Menschen bangen um ihre Arbeitsplätze, siehe erneut Opel. Das sind die überragenden Themen, die für Deutschlands Zukunft entscheidend sind.
Können Sie konkreter sagen, was die Union vorhat?
Kauder: In dieser Phase dürfen wir die Belastbarkeit der Wirtschaft nicht testen – im Sinne der Menschen und des Landes. Die Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Also: Keine Vermögensteuer, keine Erhöhungen bei den Einkommen- und Unternehmenssteuern. Und: Wir wollen den „Soli“ schrittweise abbauen und planen Steuersenkungen von insgesamt 15 Milliarden Euro. Davon sollen vor allem normale Arbeitnehmer und Menschen mit niedrigen Einkommen profitieren. Das ist ein Beitrag zur Gerechtigkeit und zum Stützen der Konjunktur.
Und weiter?
Kauder: Es ist uns ein besonderes Anliegen, junge Familien stärker zu entlasten. Sie sind unsere Zukunft. Steuersenkungen helfen ihnen oft wenig, weil viele junge Familien ohnehin kaum Steuern zahlen. Wir müssen andere Maßnahmen ergreifen. Das ist mit Wolfgang Schäuble schon so abgestimmt.
Was macht Sie so sicher, dass Schäuble Finanzminister bleibt?
Kauder: Mit dem amtierenden Finanzminister habe ich die aktuelle Lage besprochen. Dass Wolfgang Schäuble in einer neuen Regierung wieder eine führende Rolle haben wird, halte ich für sehr wahrscheinlich. Und das ist auch gut für unser Land.
Während die SPD zusammenrückt, bleibt der interne Streit doch ihre Achillesferse. Hält der Friede zwischen CDU und CSU?
Kauder: Ja.
Horst Seehofer erweckt den Eindruck, als verfolge er mit Trump und Putin eine eigene Agenda.
Kauder: Die CSU ist eine eigenständige Partei mit bundespolitischem Anspruch. Sie hat sich schon zu Zeiten von Franz Josef Strauß außenpolitisch betätigt. Das ist ein normaler Vorgang.
Ist es auch normal, wenn Seehofer die Sanktionen gegen Russland in Frage stellt?
Kauder: Die Sanktionen sind sinnvoll, so lange die Auflagen von Minsk nicht erfüllt sind. Man darf dem Druck Moskaus nicht nachgeben.
Und wenn Seehofer sagt, dass er in eine Koalition erst gar nicht einsteigt, wenn die Obergrenze für Flüchtlinge nicht garantiert wird, ist das nur bajuwarische Folklore?
Kauder: Nein. Aber nicht alles, was man ernsthaft verfolgt, kann man später in einer Regierung durchsetzen. Lassen Sie uns abwarten. Ein Tipp: Sie könnten Seiten Ihres Magazins damit füllen, die Gemeinsamkeiten von CDU und CSU aufzuzählen.
Wie wollen Sie „Ihre Wähler“ gegen Schulz mobilisieren? Taugt Rot-Rot-Grün da noch als Feindbild?
Kauder: Rot-Rot-Grün ist nicht mehr das Feindbild wie in früheren Jahren. Aber es gibt den berühmten Satz des früheren Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter „Schaut auf diese Stadt“. Er meinte Berlin, das Symbol der freien Welt, das von den Russen umzingelt war. Der schöne Satz bekommt nun eine tragische Wendung: Wir brauchen nicht über Rot-Rot-Grün zu spekulieren, sondern können einfach nach Berlin blicken: Schaut auf diese Stadt, dann wisst ihr was euch blüht, wenn Rot-Rot-Grün kommt.
Und was blüht dann?
Kauder: Keine Videoüberwachung, keine Abschiebungen, kein Ausbau von Gefängnissen – das gefährdet die Sicherheit der Bevölkerung. So sieht rot-rot-grüne Politik konkret aus. Die Wirtschaft kommt zuletzt. Ob Arbeitsplätze entstehen oder nicht, hat keine Priorität. So wie Berlin regiert wird, ist das noch einmal die Steigerung des Versagens in Nordrhein-Westfalen.
Keine Partei sagt eindeutig, welchen Koalitionspartner sie sich nach der Wahl vorstellen kann. Wie wär’s mit einem Ranking nach dem Motto: „Lieblingspartner FDP, zweiter Anwärter SPD, Notpartner Grüne“? Dann wüssten die Wähler, woran sie sind.
Kauder: Von solchen Rankings halte ich gar nichts. Ich weiß doch nicht, wie sich die Stimmen verteilen und wer nachher überhaupt koalieren will.
Horst Seehofer sagt, mit den Grünen geht es gar nicht. Geht es vielleicht notfalls doch?
Kauder: Wir müssen es schaffen, dass wir die Regierung wie bisher so erfolgreich weiter führen. Danach schauen wir in aller Ruhe, was geht.
Jenseits der Flüchtlingsfrage gibt es ja noch andere Integrationsprobleme. Ministerpräsident Binali Yildirim will am Samstag in Oberhausen vor türkischen Staatsbürgern für das Präsidialsystem werben. Zeigt sich daran, dass einige bei Menschen mit türkischen Wurzeln noch nicht bei uns angekommen sind?
Kauder: Es ist in einer Demokratie zulässig, dass Menschen von außen kommen und über ihre Anliegen berichten. Ob das aber hilfreich für die Integration der hier lebenden Menschen ist, ist eine andere Frage.
Es schadet der Integration?
Kauder: Ausländische Staatsmänner und –frauen sollten es unterlassen, in einem anderen Staat doppelte Loyalitäten zu fördern. In Deutschland lebende Menschen dürfen nicht darin irritiert werden, dass der Staat, in dem sie wohnen, und dessen Repräsentanten für sie entscheidend sind. Wenn Menschen mit türkischen Wurzeln nach wie vor in dem Glauben bestärkt werden, dass sie Politikern aus der Türkei verpflichtet sind, dann ist das ein Hindernis für ihre Integration.
Kommen wir zur Außenpolitik: Sie haben früher die Hoffnung geäußert, dass Donald Trump im Präsidentenamt neue Einsichten gewinnt. Sehen Sie bisher irgendwelche Fortschritte?
Kauder: Ich hatte die Hoffnung, dass das Amt den Menschen prägt und nicht nur der Mensch das Amt. Jetzt bin ich in meiner Bewertung hin und her gerissen. Präsident Trump hat seine skeptische Haltung zur Nato offenbar korrigiert. Auch scheint er die Ein-China-Politik nicht mehr grundsätzlich in Frage zu stellen. Russland gegenüber ist nun doch kein absoluter Kurswechsel zu erkennen. Was die Wirtschaftspolitik angeht, müssen wir uns wohl große Sorgen machen. Wir müssen mit Trump und seinen Leuten darüber reden, dass Abschottungspolitik weder Amerika noch uns nutzt.
Wenn Trump Strafzölle auf ausländische Güter androht, sollten man das mit gleicher Münze heimzahlen?
Kauder: Wenn Abschottungspolitik erfolgreich wäre, müsste Nordkorea das wirtschaftlich erfolgreichste Land der Welt sein. Ich wünsche mir kein Aufschaukeln bei den Zöllen. Aber: Wenn Trump den ersten Zug macht, müssen wir vermutlich den zweiten tun.
Also: Wenn Trump Strafzölle erhebt, tun wir es auch?
Kauder: Ja. Europa muss sich vorbehalten, mit gleichen Mitteln zu antworten.
Sehen Sie noch eine Zukunft für Griechenland im Euro? Schäuble hat Zweifel.
Kauder: Im CDU-Bundesvorstand hat Wolfgang Schäuble noch einmal die Lage skizziert. Wir erleben die x-te Neuauflage des zähen Tauziehens zwischen Griechenland und seinen Gläubigern. Es ist enttäuschend, dass Griechenland offenbar höchstens die Hälfte seiner Zusagen eingelöst hat. Das erweckt den Eindruck, dass die Regierung in Athen die Auflagen der Geldgeber nicht kümmert. Sie sollte sich nicht täuschen: Wir bestehen auf den Zusagen. Und der Internationale Währungsfonds (IWF) muss an Bord bleiben. Sonst können wir keine weiteren Hilfen genehmigen. Wir bleiben hier hart, auch wenn Kandidat Schulz hier schon andere Töne anschlägt.
Derselbe IWF sagt seit langem, dass Griechenland ohne Schuldenschnitt keine Zukunft hat. In dem Punkt vertrauen Sie dem IWF offenbar nicht ...
Kauder: Der IWF hat bislang nicht abschließend gesagt, dass ein weiterer Schuldenschnitt die unabdingbare Voraussetzung ist.
Sie erzählen oft, dass die Leute an ihren Wahlständen ein Gespür für politische Stimmungen haben und Wahlergebnisse treffsicher vorhersagen. Signalisiert Ihr „Wahlkreis-Orakel“, dass es für Angela Merkel eng wird?
Kauder: Das „Wahlkreis-Orakel“ kann ich noch nicht zitieren, weil ich einige Tage nicht dort war. Viele glauben, dass es nicht so leicht wird wie 2013. Aber die sagen auch: „Bei den ganzen Herausforderungen, die vor uns liegen, weiß Angela Merkel, was sie tut.“ Von einer Wechselstimmung, die der ein oder andere herbeiredet, spüre ich überhaupt nichts. Ich bin sehr zuversichtlich.