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Samstag, 27. Januar 2018

Zum Holocaustgedenktag... Claudia Roth: Im Dialog mit den Judenhassern...

Warum man mit dem Iran reden muss

von Claudia Roth... 

Man spürt es vor Ort regelrecht körperlich: Im Iran findet aktuell ein Kampf um die künftige Ausrichtung des Landes und dessen Rolle in der Region statt. Dabei geht es um die Frage, ob sich der Iran weiter international isolieren oder ob er bei den Atomverhandlungen eine konstruktive Rolle spielen soll und damit künftig einen Weg in Richtung Öffnung einschlagen kann. Konservative und reformorientierte Kräfte ringen im Vorder- wie im Hintergrund unerbittlich um diese zentralen Fragen, und das spiegelt sich auch im gesellschaftlichen Klima des Landes wider. 


Der Iran ist hinter China das Land, das die meisten Menschen weltweit hinrichtet, in dem politische Aktivisten und Journalisten verfolgt werden, wo es keine freien und fairen Wahlen gibt, in dem Frauen sich immer noch einem Kleiderzwang beugen müssen oder ihnen der Besuch eines Fußballstadions verboten ist.



Aber es gibt nicht den Iran, den iranischen Staat oder die iranische Politik. Auch wenn wir uns in Europa bzw. "im Westen" das Bild vom Iran gerne so einfach machen. Es gibt unterschiedliche Lager und Interessengruppen innerhalb jedes Ministeriums, im Parlament, zwischen den zahlreichen Sicherheitsapparaten, ja sogar innerhalb des Klerus. Diese Lager beäugen sich gegenseitig misstrauisch und sind immer auf dem Sprung, der Gegenseite eine Niederlage zuzufügen. 

Der iranische Machtapparat dreht sich um sich selbst, ist selbstreferenziell und durch die sich widersprechenden Interessen der verschiedenen Machtblöcke gelähmt. Verfolgung von Oppositionellen, die gesteigerte Zahl von Todesurteilen nach der Wahl des reformorientierten Präsidenten Ruhani oder rhetorische Kampfansagen gegen "den Westen" sind immer auch Waffen der reaktionären Kräfte zur Schwächung und Blamage der Moderaten. 

Sanktionsgewinnler wollen Öffnung verhindern 

Die von der internationalen Staatengemeinschaft verhängten Sanktionen gegen das Land sind derzeit das alles überschattende innenpolitische Thema. Die Sanktionen schrumpfen nicht nur die Wirtschaft, sondern sie erschweren auch den akademischen oder kulturellen Austausch, der für die Reformorientierten so wichtig ist. Aber es gibt im Iran auch eine große Gruppe von Sanktionsgewinn(l)ern in einer gut organisierten Schattenwirtschaft, die alles dafür tun, dass sich daran nichts ändert. 

Was sie am allermeisten zu verhindern suchen, ist deswegen eine Einigung bei den Atomverhandlungen im Sommer. Sie fürchten, dass eine reformerische Öffnungspolitik sich bei den Wahlen im März nächsten Jahres auch in eine parlamentarische Mehrheit übersetzen könnte. 

Die reformorientierten Kräfte und die breiten und weltoffenen Schichten in der iranischen Gesellschaft dagegen setzen große Hoffnungen in die halbwegs rational und moderat handelnde Regierung unter Präsident Ruhani und Außenminister Zarif. 

Auch im Westen wollen manche eine Lösung verhindern 

Denn nach dem überraschenden Wahlsieg Ruhanis 2013 gibt es eine kleine Chance, dass sich die Lage im Iran innen- und außenpolitisch entspannt. Es gibt optimistische Stimmen, wonach es im Sommer zu dem langersehnten Abschluss der Atomverhandlungen kommen kann, und damit zu einem Ende der Sanktionen, die jeden im Iran massiv betreffen. Käme es zu einer Öffnung nach außen, könnte das für die Moderaten innenpolitische Spielräume erweitern. Außenpolitisch könnte es helfen, die Lage in Syrien und im Irak zu verbessern, und für Israel würde dies wohl eher mehr als weniger Sicherheit bedeuten. 

Wir müssen uns jedoch nichts vormachen, auch im "Westen" gibt es ideologische Lager, zum Beispiel im US-Kongress, die verhindern wollen, dass der Iran aus seine Rolle als Paria herauskommt. Sie versuchen, jeden Schritt in Richtung von mehr Einbeziehung und Verpflichtung des Landes zu verhindern. Nach meiner letzten Reise in den Iran wurde auch ich von solchen Gruppen als jemand beschimpft, die mit "Judenhassern" redet. Wir erleben also sowohl innerhalb des Irans als auch im sogenannten Westen derzeit einen Kampf um den Erhalt des Status quo versus einen kleinen Hoffnungsschimmer am krisenerfüllten Horizont der Weltpolitik. 

Atomkraft ist kein Tabu 

Ich bin aber überzeugt davon, dass wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Kontakten für einen erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen einsetzen sollten. Die Bundesregierung, die USA und die weiteren Mächte des Sicherheitsrates sind auf dem richtigen Weg, wenn sie mit dem Iran über eine zivile Nutzung der Atomkraft verhandeln. 

Als jemand, die 30 Jahre gegen die Atomkraft gekämpft hat, unterstütze ich diesen Kurs von Bundesaußenminister Steinmeier nicht leichtfertig. Aber wenn der Frieden nicht nur im Nahen Osten, sondern darüber hinaus wieder eine Chance bekommen soll, dann muss man jetzt dahin gehen, wo keine einfachen Lösungen zu erwarten und wo schwierige Gespräche zu führen sind. Nur durch Kritik und Austausch, nur im Dialog kann es zur Bewältigung der Krisen in der Region und zu Veränderungen kommen. 

Gerade die fast hysterischen Reaktionen einiger Konservativer in den iranischen Medien auf meinen Besuch zeigen, dass auf diesem Weg auch im Iran Debatten über die wichtigen Themen angestoßen werden können. Die neu entbrannte Debatte, warum Frauen im Iran nicht in Fußballstadien gehen dürfen oder im Familien- und Sozialrecht benachteiligt werden, gehört dazu. Das zeigt: Reden bringt mehr als Ignorieren. 

Anmerkung der Redaktion: Die ursprüngliche Überschrift 'Warum man mit "Judenhassern" reden muss' wurde von der Autorin als missverständlich empfunden. Wir haben sie deswegen geändert. 

erschienen in der Zeit im Jahre 2015

Frage zum Holocaust-Gedenktag an Claudia Roth: 

"Frau Roth, wir stellen angesichts Ihres Verständnisses für Leute, die Schwule hängen und Ehebrecherinnen steinigen, die Frauen ihrer Rechte berauben und den internationalen Terrorismus unterstützen, eigentlich nur eine einzige Frage: Sie haben Ihr politisches Leben lang die Atomkraft bekämpft. Ausgerechnet beim Iran, dem einzigen Staat, der Israel offen mit Vernichtung droht, plädieren Sie für eine friedliche Nutzung der Atomkraft. Sind Sie eigentlich mental inkompetent oder warum hassen Sie Juden so sehr, dass Sie einen erneuten Holocaust anstreben?"

Samstag, 4. November 2017

Mit den Grünen ist kein Staat zu machen...

von Thomas Heck...

Mit 2 Gruppierungen kann und sollte man nicht verhandeln, weil sie ideologisch verblendet und kaum zu Kompromissen bereit sind. Man redet nicht mit Nazis, man redet aber auch nicht mit Kommunisten. Und besser auch nicht mit den Grünen, denn bei den Jamaika-Verhandlungen zeigt sich die grüne Splitterpartei von ihrer dogmatischsten Seite, ideologisch verblendet mit einem Weltbild, dass gruseln lässt und nimmt so die gesamte Bevölkerung in grüne Gesinnungshaft.

Auch die Verdunkelung konnte den Ärger nicht verbergen. Auf Wunsch der Jamaika-Sondierer hat die Bundestagsverwaltung die großen Fenster an der Nordseite der Gesprächszimmer mit einem Sichtschutz ausgestattet, damit nicht hineingefilmt werden kann. Transparenz sieht anders aus. Dennoch hat die Aktion hat zwar die Übertragung einiger Streitszenen verhindert, aber die giftige Atmosphäre drang trotzdem nach draußen. Die Gesprächsführer der Parteien gehen sich erkennbar auf die Nerven. Die Generalsekretäre, pflichtgemäß um Abwiegelung bemüht, verbreiten positive Stimmung. Sie täuschen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki schildert die Realität zutreffender, wenn er sagt: „Es fehlt ein Grundvertrauen.“ Er meint: „Wir misstrauen einander.“



Emotionaler Auftritt von Claudia Roth

Claudia Roth muss mit einem emotionalen Auftritt in Wahlkampfmanier klargemacht haben, dass die Grünen die in Deutschland zentrale Bedeutung des Themas Flüchtlinge bis heute nicht verstanden haben. Die unkontrollierte Einwanderung hat Millionen Wähler von CDU, CSU und SPD weggetrieben und der AfD mit mehr als 90 Abgeordneten in den Bundestag geholfen und ist darüberhinaus eine Gefährdung der Grundfeste unseres Staates, weil mit den Flüchtlingen auch Judenhass, ein verachtendes Frauenbild, Messergewalt und Terrorismus in unsere Straßen Einzug gehalten hat. Vorfälle im Tagesrhythmus belegen das. Doch das ficht die Iran- und Moslemversteherin Claudia Roth nicht an.

Die Versorgung der Flüchtlinge aller Kategorien kostet zwischen 20 und 30 Milliarden Euro im Jahr. Die Schwankungsbreite von 10 Milliarden Euro belegt die Unsicherheit in den Zahlen, mehr als eine grobe Schätzung kann nicht präsentiert werden, es könnte also auch erheblich mehr werden, zumal eine Obergrenze trotz allem Geseiere faktisch nicht existiert. 600.000 der illegal Eingewanderten leben von den Sozialsystemen, Tendenz steigend. Keiner weiß, wieviele wirklich im Lande leben. Die Zahl der Mehrfachidentitäten ist bis heute unbekannt. Flüchtlinge schaffen Probleme in Gemeinden und Ländern, die selbst der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und seine Mitbürger verzweifeln lassen, aber nicht die Sondierer in ihren Abgeordnetenbüros, die sich vom Volk eh schon innerlich verabschiedet haben.

Claudia Roth und Cem Özdemir als Vertreter des ganzen deutschen Volkes können den Wählern und der CSU nicht auch noch mehr Familiennachzug zumuten, tun es aber trotzdem. Dann scheitert Jamaika. Selbst wenn Angela Merkel auch noch so gerne noch mehr Flüchtlinge über den Familiennachzug ins Land lassen würde. "Wir schaffen das" funktioniert nicht mehr und kommt beim Bürger nicht mehr an. Doch Neuwahlen sind für Merkel gefährlich.

Soli-Diskussion ist Schande für den Rechtsstaat

Dass überhaupt die Jamaika-Parteien über die Abschaffung des Solidaritätszuschlags diskutieren müssen, ist eine Schande für unseren Rechtsstaat. Er hätte schon vorher abgeschafft werden müssen. Das war den Bürgern und Steuerzahlern zugesagt. Vor Jahren schon. Ohne Schwierigkeiten hätte die große Koalition den Soli streichen können, Geld war genug vorhanden. Das Trio Merkel, Gabriel und Schäuble konnte sich nicht hinter den grünen Blockierern im Bundesrat verstecken. Weil die zuletzt 17 Milliarden Euro Soli-Abgabe allein in die Bundeskasse fließen, hat die Länderkammer nichts mitzureden. Nicht mal das hat die Große Koalition geschafft, nicht mal das.

Jetzt dürfen die Grünen bei einer eventuellen künftigen Bundesregierung mitbestimmen und schlagen eine neue Variante des Wortbruchs vor. Sie verlangen, dass der Soli nur für Bezieher unterer und mittlerer Einkommen gestrichen wird und öffnen damit einer neuer Umverteilungspolitik innerhalb der Gesellschaft Tür und Tor. Eine Vermögenssteuer klopft dadurch bereits an der Tür. Gegenüber denjenigen, die seit 1991 mehr Steuern gezahlt haben, soll der Staat seine Zusage nicht einhalten müssen. Auffälliger kann man die Glaubwürdigkeit von Politik nicht beschädigen.

Trittin als überraschendster Kämpfer

Der überraschendste Kämpfer in der grünen Sondierer-Mannschaft ist der Mehrzweck-Experte Jürgen Trittin. Seine Parteifreunde und seine Gegner erleben ihn beim Streit für Umwelt, Außenpolitik und auch Finanzen. Geübt hat er Agitation und Durchsetzungstricks schon als Student in Göttingen. Dort war er maoistisch aktiv und einer der Matadore im Kommunistischen Bund. Als Präsident des Studentenparlaments trainierte er Debatten, was ihm ab 1980 beim Marsch durch die grüne Partei weiterhalf. Als Umweltminister versprach er den Bürgern 2004, die Förderung der erneuerbaren Energien koste einen Durchschnittshaushalt monatlich nicht mehr als eine Kugel Eis. Die Wahrheit von heute: Die EEG-Umlage kostet uns 20 Kugeln Eis, pro Woche. Mit Schlagsahne. Deutschland hat europaweit den höchsten Strompreis. Gefährlicher sozialer Sprengstoff, denn die Altersarmut ist auf einem Höhepunkt und wächst immer weiter.

Die Frage ist, wie geil Frau Merkel auf die Macht ist und wie rücksichtslos. Wird sie, um der Macht willen, auch die absurdeste grüne Positionen übernehmen? Wird sie Deutschland dadurch den Rest geben? Denn an Neuwahlen kann sie nicht interessiert sein, die Umfragen nach den Wahlen würden ihr ein noch desaströseres Wahlergebnis bescheren, als im September.

Und so kommt plötzlich Martin Schulz steil aus der Kurve und bringt Neuwahlen ins Spiel, wohl auch dem Umstand geschuldet, dass seine SPD ein paar Prozentpunkte zugewinnen konnte. Deutschland geht schweren Zeiten entgegen. Ob mit oder ohne Merkel. Denn Merkels Regierungszeit hat schweren Schaden hinterlassen, irreparablen Schaden. Ihre Zeit ist vorbei, hoffentlich bald. Es knirscht allerorten im Gebälk. Da sind die Toten vom Breitscheidplatz noch das geringste Problem.

Sonntag, 29. Oktober 2017

Jamaika: Inkompetenz trifft Unfähigkeit

von Thomas Heck...

Wer erwartet hatte, dass sich Angela Merkel in den Koalitonsverhandlungen zu Jamaika auf Kompromisse in der Begrenzung der Flüchtlingsfrage einlassen würde, hatte die Rechnung schon vorher ohne den Wirt gemacht. Ist doch die einzige Partei, die ernsthaft den Zuzug der Goldstücke begrenzen will, die CSU, die auf einsamen Posten steht. Schon der faule Kompromiss um die Obergrenze von 200.000 offenbarte die Unfähigkeit, an der eigenen Position Fehler zu erkennen. Dennoch sind angeblich 57% der Bevölkerung für die Jamaika-Koalition. Obwohl man Kuhmist nicht polieren kann.



Und mit den anderen Koalitionspartner ist ebenfalls kein Staat zu machen. Die FDP tut alles, um an die Regierung zu kommen. Grundsätze oder nicht verhandelbare Positionen sind bei Lindners FDP wahrlich nicht zu erkennen. Der würde sogar seine Mutter verkaufen, um als Vizekanzler im Rampenlicht zu stehen, eine Wohltat nach jahrelanger Abstinenz der FDP im deutschen Parlament.

In der CDU gibt es selbst nach den Wahldebakeln unter Merkel offensichtlich niemanden, der die Chuzpe hat, mit der Kanzlerin Schluß  zu machen. Und Seehofers CSU denkt wohl mehr an die kommenden Landtagswahlen, die für die CSU den Offenbarungseid bringen werden. So verhandelt auch diese Partei nicht aus der Stärke. Ganz im Gegenteil. Und dennoch wird weiterverhandelt und am Ende wird es Mutti schon richten, irgendein fauler Kompromiss unter Aufgabe jeglicher Grundsätze wird schon gefunden werden. Weil Neuwahlen kann ernsthaft keiner wollen.

Und die Grünen? Im Streit um die Zuwanderungspolitik einer möglichen Jamaika-Koalition hat sich Grünen-Unterhändlerin Claudia Roth wenig kompromissbereit gezeigt. „Es kann wirklich keine Verhandlungsgrundlage sein, wenn die CSU sagt, der Formelkompromiss mit der CDU müsse nun eins zu eins umgesetzt werden“, sagte die Vizepräsidentin des Bundestages den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf das von der Union geforderte Regelwerk zur Begrenzung der Zuwanderung. „So funktionieren Verhandlungen nicht.“

Für die Grünen, so Roth, gehe es „um die Verteidigung des Grundrechts auf Asyl, das keine Obergrenze kennt, um den Schutz der Familie, zu dem dann eben auch die Familienzusammenführung gehört, um legale Zugangswege sowie ein modernes Einwanderungsrecht“. Roth nahm auch „konstruktivere Signale“ bei den Sondierungen wahr, doch seien die Verhandlungspartner „noch sehr weit auseinander“. Die Unterhändlerin appellierte an die beteiligten Parteien, „eine gemeinsame Antwort auf die AfD und den Rechtsruck zu finden, die rechtsstaatlich und menschenrechtlich fundiert ist“.

Nun ist Claudia Roth aber auch nicht für eine gute Kenntnis des Grundgesetztes bekannt, wo sie doch bei Maybritt Illner ertappt wurde, als sie bestritt, dass Asylbewerber sich eben nicht auf Asyl berufen können, wenn sie aus einem EU-Land oder aus einem sicheren Drittstaat kommen und in Deutschland Asyl begehren wollen. Denn den Grünen geht es nicht um die Achtung des Gesetzes oder der Verfassung, den Grünen und Frau Roth geht es um die Flutung Deutschlands mit Flüchtlingen aller Art. Schnittmengen mit Kanzlerin Merkel sind deutlich zu erkennen. Und für den Bundestagsvizepräsident reicht es offensichtlich ebenfalls.





Dienstag, 24. Oktober 2017

Klare Kante mit Claudia und Katrin

von Henryk M. Broder...


„Das hat damit zu tun, dass ich finde, wenn man im Deutschen Bundestag Vizepräsident sein will, dann muss man das Grundgesetz anerkennen, und dazu gehört die Religionsfreiheit. Wer das nicht anerkennt, den kann ich nicht zum Vizepräsidenten wählen“, sagt Katrin Göring-Eckardt, die ihrem Parteifreund Anton Hofreiter immer ähnlicher sieht und inzwischen auch so redet wie er.


Der Mann, den zum Vizepräsidenten des Bundestages zu wählen ihr das Gewissen verbietet, ist der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser. Frau Göring-Eckardts Gewissensbisse gelten aber nur einem Kandidaten der AfD. Bei Parteifreundin Claudia Roth, die sich als Vizepräsidentin zur Wiederwahl stellt, um "klare Kante" zu zeigen, hält das Gewissen von KGE still, denn Frau Roth ist nur bei einer Demo mitgelaufen, auf der „Deutschland, du mieses Stück Scheiße!“ gerufen wurde, was sie natürlich als Vizepräsidentin des Bundestages nicht disqualifiziert. 

Um auf den Kern der Sache zurückzukommen: Was hat Glaser eigentlich gesagt, dass er nun nicht zum Vizepräsidentem des Bundestages gewählt werden kann? Womit hat er sich disqualifiziert? Damit: „Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“


Erschienen auf der Achse des Guten...

Montag, 17. April 2017

Clauda Roth erklärt uns die Welt

von Thomas Heck...

Die Frage, warum die Türken in Deutschland überwiegend für Erdogan gestimmt haben, hat für Claudia Roth, überbezahlte sechste oder siebte stellvertretende Bundestagsvizepräsidentin einen einfachen Grund: Wir Deutschen tragen die Schuld. "Ja, wir haben ein Integrationsproblem. Wir müssen unser Modell eines demokratischen Europas entschiedener gegen diejenigen verteidigen, die es ablehnen. Das muss von uns entschlossener angegangen werden. Wir haben aber eben auch gravierende Fehler gemacht: Deutschland hat sich über viele Jahre nicht offen gezeigt."

Doch lesen Sie selbst...



Grünen-Politikerin Roth führt Erdogans Wahlerfolg unter Deutsch-Türken auf Integrationsprobleme zurück: Deutschland habe sich sehr lange „nicht offen gezeigt“. Sie will das kommunale Wahlrecht für Türken hierzulande. 

Die Welt: Frau Roth, Präsident Erdogan hat unter den Deutsch-Türken, die sich am Referendum beteiligt haben, eine satte Mehrheit von 63 Prozent erzielt. Überrascht Sie das Ergebnis?

Claudia Roth: Zunächst einmal zeigt das Ergebnis der Abstimmung, dass die Türkei nicht Erdogan und Erdogan nicht die Türkei ist. 49 Prozent der Menschen, in Städten wie Istanbul oder Ankara sogar über die Hälfte, haben für die Demokratie gestimmt. In Deutschland müssen wir uns die Zahlen genauer ansehen und das Bild geraderücken: Hier leben 3,5 Millionen Menschen mit türkischer Migrationsgeschichte, von ihnen sind 1,5 Millionen wahlberechtigt. 
Nur die Hälfte hat überhaupt am Referendum teilgenommen. Das heißt, es haben letztlich rund 450.000 Deutsch-Türken für Erdogan gestimmt. Das sind also gerade einmal 13 Prozent der hier lebenden Türkeistämmigen. Trotzdem stellt sich die Frage: Was bringt diese Menschen dazu, für ein System zu stimmen, das sich radikal von unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat unterscheidet?
Die Welt: Haben Sie eine Erklärung? Wie kommt es, dass Bürger, die in Deutschland eine freiheitliche Gesellschaft mit Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit erleben, diese Grundsätze für das Land ihrer Vorfahren ablehnen?
Roth: Leider wenden sich überall in Europa und der Welt gerade Menschen den Populisten und Autokraten zu, auf der Suche nach einfachen Antworten. In diesem Fall hat Erdogans antideutsche Kampagne offenbar gefruchtet: Seine Behauptungen, Menschen türkischer Abstammung seien bei uns nicht willkommen und würden ausgegrenzt, haben Wirkung gezeigt. 
Und tatsächlich sind ja im Umgang mit unseren türkeistämmigen Mitbürgern in den vergangenen Jahrzehnten Fehler gemacht worden, die Verletzungen hinterlassen haben. Ein türkischer Nachname ist auch heute noch eine Hürde beim Zugang zu Wohnung oder Ausbildungsplatz.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne)
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) 
Quelle: picture alliance / Nicolas Armer

Die Welt: Viele haben Angehörige und Freunde in der Türkei. Denen wollen die Ja-Wähler in Deutschland nun ein autokratisches Präsidialsystem bescheren.
Roth: Die Menschen, die mit Ja gestimmt haben, müssen sich auch mal fragen, warum die Zahl der Asylbewerber aus der Türkei seit Monaten massiv zunimmt. Zigtausende Diplomaten, Wissenschaftler, Militärangehörige, Intellektuelle, Künstler und Journalisten kommen nach Europa und nach Deutschland und beantragen hier Asyl. Die Ja-Wähler unterstützen also ein System, das in der Türkei zu neuen Fluchtursachen führt. 
Wir müssen uns schon fragen, warum junge Menschen mit türkischen Wurzeln, die hier zur Schule gegangen sind und vielleicht sogar studiert haben, Erdogan als „ihren Präsidenten“ bezeichnen. Diesen Menschen müssen wir deutlich machen, was Demokratie ausmacht. Wir müssen uns extrem bemühen um diese Menschen, die glauben, dass Erdogans Putsch von oben gut sei für die Türkei. Denn das Gegenteil ist richtig: Der Wahltag war ein schwarzer Tag für die Demokratie in der Türkei.
Die Welt: Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit sind im deutschen Grundgesetz verankert. Müssen wir davon ausgehen, dass die Ja-Wähler unsere Verfassung nicht anerkennen und eine freiheitliche Demokratie ablehnen?
Roth: Eine knappe halbe Million Menschen hier in Deutschland hat einem Präsidialsystem zugestimmt, das mit unserer Rechtsstaatlichkeit und Demokratie wenig zu tun hat. Das gilt aber auch für alle, die der AfD ihre Stimme geben. Denn die AfD hat mit Demokratie genauso wenig zu tun.
Die Welt: Wenn die Vorzüge unserer Verfassung als Grundlage unseres Zusammenlebens nicht anerkennt werden, haben wir ein ernstes Integrationsproblem.
Roth: Ja, wir haben ein Integrationsproblem. Wir müssen unser Modell eines demokratischen Europas entschiedener gegen diejenigen verteidigen, die es ablehnen. Das muss von uns entschlossener angegangen werden. Wir haben aber eben auch gravierende Fehler gemacht: Deutschland hat sich über viele Jahre nicht offen gezeigt. 
Wie oft hat man unser Land als Teil des christlichen Abendlandes dargestellt und damit auch gesagt, dass Muslime nicht dazugehören. Wie oft hat man immer wieder infrage gestellt, ob die Türkei überhaupt zu Europa gehört und ob es den Doppelpass geben soll. Das mussten viele Menschen als ausgrenzend empfinden. Und dann kommt Erdogan und sagt ihnen: Ich gebe euch euren Stolz zurück. Das fällt dann auf fruchtbaren Boden.

Das fordert Özdemir von deutsch-türkischen Ja-Wählern 

Auch viele Deutschtürken haben für das Präsidialsystem gestimmt. Cem Özdemir fordert Konsequenzen. Der Grünen-Chef verlangt: Wer hier glücklich leben will, kann nicht nur mit den Zehenspitzen auf dem Grundgesetzen stehen. 
Quelle: N24 
Die Welt: Also sollen nur die Deutschen schuld sein? Was ist mit der anderen Seite?
Roth: Für sein Abstimmungsverhalten ist zunächst einmal jeder selber verantwortlich. Integrationsoffenheit und Integrationsbereitschaft gehören zusammen. Es gibt viele, die strengen sich sehr an und erfahren trotzdem Zurückweisung. 
Wenn Menschen über Jahre vermittelt bekommen, dass sie irgendwann ohnehin wieder in die Türkei zurückgehen müssen, dann ist es bedauerlich, aber nachvollziehbar, dass diese Menschen nach Jahrzehnten noch immer nicht die deutsche Sprache gelernt haben. Viele informieren sich ausschließlich über türkische Medien und können Deutschland nicht als neue Heimat sehen.
Die Welt: Was ist zu tun?
Roth: Vor allem dürfen wir die Debatte nicht ausschließlich innenpolitisch führen. Ein einst enger Partner der EU verabschiedet sich in Richtung Diktatur. Das ist auch ein schwarzer Tag für Europa. Wir müssen viel stärker den Wert von Demokratie und Rechtsstaat in und mit der EU bewerben. Und zwar nicht nur wegen der Erdogan-Anhänger in unserem Land. Auch so manchem AfD-Anhänger muss der Wert einer freiheitlichen Gesellschaft noch viel stärker klar gemacht werden. Dazu gehört auch, den Wert unabhängiger Medien zu verdeutlichen. 
In der Türkei sitzen 150 kritische Journalisten hinter Gittern – und bei uns gibt es die AfD, die die freie Presse als „Lügenpresse“ diffamiert. Es gibt also insgesamt Nachholbedarf, für den Rechtsstaat in seiner ganzen Kraft und Ausstrahlung zu werben. Dazu gehört übrigens, deutlich zu machen, dass die Kraft unserer Demokratie auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass wir die Todesstrafe ablehnen. Wir sollten die Einbürgerung erleichtern und das kommunale Wahlrecht nicht nur EU-Bürgern zugestehen, sondern auch Menschen mit türkischer Migrationsgeschichte. Das wäre ein Zeichen der Gleichberechtigung.
Die Welt: Das Unverständnis über das Wahlverhalten ist groß. Befürchten Sie Spannungen im Zusammenleben?
Roth: Eine große Mehrheit der Bevölkerung empfindet das Zusammenleben als harmonisch, wie der Deutschlandtrend zeigt. Erdogans unsägliche Kampagne mit inakzeptablen Nazi-Vergleichen hat die Stimmung aufgeheizt. Wir dürfen nicht zulassen, dass jetzt eine antitürkische Stimmung aufkommt. Die Hälfte der Menschen in der Türkei und der Großteil der Türkeistämmigen hier in Deutschland sind für Demokratie. Diese prodemokratischen Kräfte müssen wir jetzt stärken.
Die Welt: Der Wahlkampf hat auch einen Keil in die Gruppe der Deutsch-Türken getrieben. Der Riss zwischen Erdogan-Anhängern und Gegnern geht tief durch Familien. Wie lässt sich die Kluft überwinden?
Roth: Die brutale Spaltung, die Erdogan über die Türkei gebracht hat, darf bei uns nicht um sich greifen. Deswegen brauchen wir jetzt endlich klare Kante für Demokratie und Menschenrechte in unserer Türkei-Politik. Kanzlerin Merkel hat nur laut geschwiegen, als die Opposition in der Türkei radikal kriminalisiert wurde. Immer noch gibt es deutsche Rüstungsexporte in ein Land, das Krieg führt gegen eigene kurdische Bevölkerung. Immer noch machen wir uns mit dem Türkei-Deal erpressbar. Die Bundesregierung muss Erdogan entschieden die Stirn bieten.
Die Welt: Hat das Referendum angesichts der Manipulationsvorwürfe von vielen Seiten überhaupt Bestand?
Roth: Schon jetzt ist klar: Diese Abstimmung war alles andere als frei und fair, mit Oppositionsführern im Gefängnis, einer unterdrückten Presse und massiven Einschüchterungen. Entgegen den gesetzlichen Vorschriften in der Türkei hat Erdogan noch am Wahltag Interviews gegeben und Wahlaufrufe gestartet. Ich bin gespannt, was die Wahlbeobachter dazu sagen. Aber die Hoffnung, dass Erdogan Beeinflussungen oder Manipulationen einräumt, ist wohl leider unbegründet.

Sonntag, 25. Dezember 2016

Terror: Es gibt ein Recht auf Innere Sicherheit

von Henryk M. Broder...
Bangemachen gilt nicht, tönen Politiker nach Anschlägen – als würden Ärzte bei einer Pandemie den Menschen raten, guten Willen zu gesunder Lebensweise zu entwickeln. Durchhalteparolen reichen aber nicht. 
Nach dem Anschlag von Nizza, bei dem 86 Menschen zu Tode kamen und Hunderte verletzt wurden, versicherte die deutsche Kanzlerin dem französischen Volk: „Deutschland steht im Kampf gegen den Terrorismus an der Seite Frankreichs.“ Der französische Premierminister gab seinerseits zu Protokoll: „Die Zeiten haben sich geändert, und wir sollten lernen, mit dem Terrorismus zu leben.“
Der deutsche Bundespräsident verurteilte den Anschlag mit den Worten: „Der 14. Juli, der Tag, an dem Frankreich seinen Nationalfeiertag begeht, steht für die Werte der Französischen Revolution, die auch unsere Werte sind. Ein Angriff auf Frankreich ist deshalb ein Angriff auf die gesamte freie Welt.“
Bereits kurz nach dem Anschlag erhitzte sich die politische Debatte über die Tat und Schlussfolgerungen. CSU-Chef Seehofer sorgte mit Kritik an der Flüchtlingspolitik für Wirbel, obwohl völlig unklar ist, ob der Täter ein Flüchtling ist.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte den Franzosen, was in Nizza passiert war: „Ein Tag, der der Freude und dem Stolz auf die französische Nation gewidmet war, ist tragisch zu Ende gegangen und hat viele Menschen sinnlos in den Tod gerissen. Friedlich feiernde Menschen mussten sterben oder ringen ums Überleben. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und dem ganzen französischen Volk.“
Eine opulente Antwort von Claudia Roth
Am opulentesten fiel die Stellungnahme der grünen Abgeordneten und Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth, aus: „Dieser Terror trifft uns alle. Dieser Terror macht keinen Unterschied, er richtet sich gegen jede Nationalität, jede Religion, jede Hautfarbe, gegen jedes Alter. Dieser Terror will Europa spalten, er will unsere Gesellschaften spalten. Die richtige Antwort auf diese Gewalt kann deswegen nur unser unbedingter Wille zu einem friedlichen Zusammenleben, zu inklusiven und solidarischen Gesellschaften, zur Freiheit, zur Toleranz, zum Respekt und zur Vielfalt sein. Liebe ist stärker als Hass, Hoffnung stärker als Angst.“
Künftige Generationen von Soziologen, Philologen, Psychologen und Kommunikations- und Verhaltensforschern werden alle Hände voll zu tun haben, die Reaktionen auf Terroranschläge zu analysieren.
Anschauungsmaterial gibt es jetzt schon mehr als genug. In Sätzen wie „Dieser Terror will unsere Gesellschaften spalten“ oder „Ein Tag ... ist tragisch zu Ende gegangen und hat viele Menschen sinnlos in den Tod gerissen“ kommt mehr als nur eine tiefe Ratlosigkeit zum Ausdruck, die um die passenden Worte ringt.


Richtige Antworten auf „diese Gewalt“

Es ist auch ein Versuch, der Wirklichkeit zu entkommen, in eine Welt zu flüchten, in der „unser unbedingter Wille zu einem friedlichen Zusammenleben, zu inklusiven und solidarischen Gesellschaften“ die „richtige Antwort“ auf „diese Gewalt“ darstellt.
Es ist, als würden Ärzte angesichts einer Pandemie den Menschen raten, mehr guten Willen zu einer gesunden Lebensweise zu entwickeln. 
In der Nacht von Montag zu Dienstag, als langsam das Ausmaß des Verbrechens vom Berliner Breitscheidplatz klar wurde, hofften und beteten alle Experten und Moderatoren, die sich gegenseitig befragten, es möge doch ein Unfall gewesen sein, verursacht durch Alkohol, Herzinfarkt oder defekte Bremsen.
Das wäre, angesichts von zwölf Toten und 50 Verletzten, schlimm, aber erträglicher gewesen als die Einsicht, dass es ein wohlüberlegter Akt des Terrors war. Wie die Anschläge auf die Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und das Bataclan-Theater in Paris, das Bombenattentat auf den Flughafen in Brüssel und das Promenadenmassaker von Nizza im Juli dieses Jahres.


Politiker haben offenbar keine Angst

Offenbar haben nicht nur die Terroristen einen Masterplan, den sie von Fall zu Fall der jeweiligen Topografie anpassen, auch die Reflexe auf die Terrorakte folgen dem immer gleichen Muster. Bange machen gilt nicht! Nicht mit uns!
Außenminister Steinmeier sagt, er habe „vielfältige Zeichen der Solidarität“ aus aller Welt bekommen, Deutschland könne sich darauf verlassen, „nicht allein dazustehen“, man werde sich das „Leben in Freiheit nicht zerstören lassen ..., durch wen auch immer“, da sei er sich mit dem italienischen Außenminister einig.
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, versichert, man habe alles unter Kontrolle und müsse „keine Angst haben“. Es wäre „fatal, wenn man sich zu Hause einschließt und nicht mehr rausgeht“. Zudem seien Maßnahmen getroffen worden, um den Täter schnell zu finden. Man könne sich „weiterhin gut bewegen in Berlin“.
Bundesjustizminister Heiko Maas erneuert das Versprechen, das er bereits nach der Kölner Silvesternacht gegeben hat: „Wir müssen alles tun, um diesen abscheulichen Anschlag aufzuklären. Der oder die Täter müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaates zur Rechenschaft gezogen werden.“ 
Und die Intensivtäter, die frei herumlaufen?
Solche Absichtserklärungen würden glaubwürdiger klingen, wenn die Erfahrungen der letzten Monate und Jahre nicht vom Gegenteil zeugen würden. Zu viele polizeibekannte „Intensivtäter“ laufen frei herum und begehen weitere Straftaten, während gegen sie „ermittelt“ wird.
„Die ganze Härte des Rechtsstaates“, mit der Heiko Maas droht, ist kein überzeugendes Argument. Und es ist gerade zwei Jahre her, da der Justizminister in einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ behauptete, es gebe kein Grundrecht auf innere Sicherheit, wörtlich: „In unserem Grundgesetz steht ein solches Grundrecht auf innere Sicherheit nicht.“
Was der Justizminister dabei übersah: Zu den Grundrechten, die in Artikel 2 GG garantiert werden, gehört das Recht auf körperliche Unversehrtheit ebenso wie das Recht auf Leben und das Recht auf Freiheit der Person. Und alles zusammen kommt einem Recht auf innere Sicherheit gleich, ohne dass es explizit gesagt werden muss.


In einer gepanzerten Limousine sieht man alles anders

Denn ohne innere Sicherheit gibt es keine körperliche Unversehrtheit, keine Freiheit und kein Leben. Die innere Sicherheit zu garantieren ist die wichtigste Aufgabe des Staates, wichtiger als alle Regeln und Ratschläge, wie die Bürger ihren Müll trennen und welchen Demonstrationen sie fernbleiben sollen.
Ein weiterer Schönheitsfehler bei so markigen Sprüchen wie dem, man müsse „keine Angst“ haben und solle sich nicht „zu Hause einschließen“, liegt darin, dass sie von Leuten verbreitet werden, die mit gepanzerten Limousinen von einem Termin zum nächsten gefahren werden.
Wie der Berliner Regierende Bürgermeister, der vor Kurzem einen neuen Mercedes S 600 Guard im Wert von 325.000 Euro geleast hat. Mit schweren Stahlplatten im Boden und Fenstern aus schusssicherem Glas. Solche Vorkehrungen tragen wesentlich zum Gefühl der Sicherheit bei, weswegen der Regierende Bürgermeister auch gerne behauptet, es gebe keine No-go-Areas in Berlin.


Das Leben hat sich geändert

Spätestens seit dem 11. September 2001 sollte niemand, der ein Schaf von einem Löwen unterscheiden kann, sich der Illusion hingeben, es gebe keinen Grund, Angst zu haben. Auch wenn man dauernd irgendwo lesen kann, die Gefahr, bei einem Autounfall ums Leben zu kommen, sei viel größer als die, bei einem Terroranschlag getötet zu werden.
Jeden Tag müssen Millionen von Menschen peinliche Kontrollen über sich ergehen lassen, nur weil sie mit dem Kauf eines Flugtickets den Generalverdacht genährt haben, eine Flugzeugentführung im Sinn zu führen.
Nichts hat unser Leben so nachhaltig verändert wie die gefühlte Allgegenwart des Terrors nach den Anschlägen von London, Madrid, Paris, Brüssel, Kopenhagen, Ansbach, Toulouse, Würzburg, nur um ein paar Stationen des Schreckens zu nennen.
Da helfen auch keine Durchhalteparolen, die im Bedarfsfall aus dem Satzbaukasten geholt werden. Und die Durchsage, man möge bitte auf herrenlose Gepäckstücke achten und sie der Bahnpolizei melden, ist alles, nur keine vertrauensbildende Maßnahme, die das Reisen schöner macht.


Und wer legt den Terroristen das Handwerk?

Thomas de Maizière sagt immer wieder, es gebe „keine Garantie, in Deutschland vor einem großen Terroranschlag verschont zu werden“; zugleich aber fordert er die Deutschen auf, sich von der „Gefahr von Terroranschlägen ... nicht einschüchtern zu lassen“.
Martin Schulz bläst in das gleiche Horn: „Wir lassen uns (vom Terror) nicht in die Knie zwingen“, und Ursula von der Leyen erklärt, es komme darauf an, „aufzustehen und sich aufrecht dagegen (den Terror) zu wehren“. Es sind verbale Kraftakte ohne jede Verbindlichkeit, wie „Wir schaffen das“ oder „Yes we can“. Und beinah täglich grüßt das Murmeltier. „Wir sollten uns nicht einschüchtern lassen. Gerade hierauf setzt Terror: durch Angst und Schrecken einen Keil in unsere Gesellschaft treiben.“ (Thomas de Maizière).
Wie schön, dass unsere Politiker genau wissen, was die Terroristen wollen. Noch schöner wäre nur, wenn sie wüssten, wie sie ihnen das Handwerk legen können.
Ein Silvester wie im vergangenen Jahr soll es in Köln nicht noch einmal geben. Ein ganzes Paket von Sicherheitsmaßnahmen soll verhindern, dass sich solche Szenen in diesem Jahr wiederholen.
Erschienen in der WELT