Mittwoch, 31. Mai 2017

Früher war alles besser... auch im Freibad...

von Thomas Heck...

Die Freizeitgestaltung im Sommer meiner Kindheit war recht simpel gehalten. Für einen Eintrittspreis von 1,50 DM gab es 2 Becken, ein kleines Becken gefüllt mit dem Pisse aller Kinder der Umgebung des Schwimmbades, das große Becken abgeschmeckt mit dem Urin inkontinenter Rentner. 

Den Ausbruch der Cholera konnte nur durch das stündliche Ergänzen des Pisswassers mit einem Mix aus verschiedenen chemischen Kampfstoffen erfolgreich entgegengetreten werden. Dem Geschmack und dem Geruch tat es keinen Abbruch. Unvergessen waren die Bademeister mit dem Auftreten und dem Charakter eines Aufsehers eines Konzentrationslagers, die mit Argusaugen gelangweilt und ölig tiefgebräunt auf den Wachtürmen stationiert jedwegen Versuch von Spaß im Wasser bereits im Ansatz mit bellenden Kommandos unterdrückten und daher von uns "Kapos" genannt wurden.


Heute ist alles anders. In Berlin sind jetzt im Mai bei Rekordtemperaturen über 30 Grad immer noch 9 der 26 Berliner Freibäder geschlossen. Personalmangel. Und man habe sich mit dem Wetter verschätzt. Auf die dann doch heiße Wetterlage hätte man nicht schnell reagieren können: "Es müssen unter anderem aufwändig Wasserproben genommen werden – und die Laborergebnisse lagen an dem Wochenende noch nicht vor". Früher war hat doch alles besser... auch im Freibad.



Merkel befiel, wir folgen Dir... nicht wirklich...

von Thomas Heck...

Nordkoreanische Verhältnisse mitten in Europa. Ikone des Westens, Führerin der freien Welt, Mutter der Nation. Merkel befiel, wir folgen Dir... Der deutsche Journalismus überschlägt sich förmlich in einem Hurra-Journalismus, den man in Deutschland nur zu Zeiten des Nationalsozialismus oder einer DDR-Diktatur kannte. Der deutsche Journalismus ist geistig in Nordkorea angekommen. Und der Leser reibt sich verwundert die Augen, denn so gänzlich unbeschadet, wie uns die Mainstream-Presse die Auftritte Merkels verkaufen will, hat die dicke Kanzlerin die letzte Woche eben nicht überstanden. Trump sei Dank.


Was sagt die WELT?


In der vergangenen Woche glänzte die Kanzlerin als inoffizielle Führerin der freien Welt. Man kann sich schwer vorstellen, dass die Mehrheit der Deutschen jetzt noch Wechselstimmung spürt. 

Martin Schulz hadert. Ein Kabarettist mit SPD-Parteibuch und ehemaliger Kanzlerkandidat fällt über ihn her, ein gähnend linker Politologe pflaumt ihn in einer Talkshow an, und Umfragen kennen gerade nur eine Richtung: nach unten. Der noch vor Kurzem „Heiliger Martin“ titulierte Chef der Sozialdemokratie wirkt dünnhäutig.

Angesichts der Bilder und Sätze, die gerade von Merkel in der ganzen Welt verbreitet werden, scheint er gar zu schrumpfen. Beim G-7-Gipfel in Taormina drängelten sich die Macher der freien Welt um die Kanzlerin, allen voran die Politpopstars Emmanuel Macron und Justin Trudeau suchten ihre Nähe. Merkel, die routinierteste der Staatschefs, gibt die Chefin.

Die Exegese von Merkels Bierzeltreden übernehmen die großen amerikanischen Medienmarken. Der nicht unproblematische Aufruf für mehr europäisches, aber auch nationales Selbstbewusstsein war sicherlich kein Wahlkampfmanöver (wie bei ihrem leichtfüßigen Vorgänger Schröder), aber er könnte dennoch den Ton setzen für den Endspurt im Wahlkampf.

Ein impuls-pointillistischer Staatsmann wie Trump und eine tantig radikalisierte Theresa May lassen die Show-Asketin Merkel noch heller strahlen. Hinzu kommt die brummende Wirtschaft und der Beifang konjunktureller Hochebenen wie grassierende Vollbeschäftigung und fast hysterische Kauflaune im Inland.



Seelenruhig studiert Merkel die Pfauentänze

Merkels Aura lässt auch einen Trudeau um sie wie um den archimedischen Punkt der liberalen Demokratie balzen. Sie selbst bleibt dabei ruhig. Studiert den Pfauentanz der vermeintlich mächtigen Männer um sie herum in Seelenruhe, wie eine Ornithologin.

Sie hat sie alle erlebt: Bush, Sarkozy, Berlusconi, Hollande, Putin. Sie röntgt deren Schwächen und lässt sie kommen. Bei Schulz hat sie auch gewartet. Der steht nun da und hat seine von ihm oft virtuos genutzte Bühne in Straßburg verloren. Er kann motzen und sentimentalisch mehr Gerechtigkeit fordern. Aber das wirkt lahm.

Wer Merkel in der vergangenen Woche als inoffizielle Führerin der freien Welt studiert hat, kann sich schwer vorstellen, dass die Mehrheit der Deutschen etwas wie Wechselstimmung spürt. Anders als vor drei Landtagswahlen gedacht, tritt die SPD nicht gegen eine „lame duck“ an, sondern gegen eine Ikone des Westens. 

Gut für die SPD: Sie muss zeigen, was sie draufhat. Ein wachstumsfeindlicher Linksdrift wirkt angesichts der von Merkel geforderten Stärke im globalen Wettkampf geradezu albern. Die Kanzlerin will weitermachen. Sie ist endlich da, wo sie stets sein wollte.

Dienstag, 30. Mai 2017

Deutschland rüstet auf... aber nur verbal...

von Thomas Heck...

Deutschland wurde von der USA angezählt, weil wir zu wenig für die Verteidigung ausgeben. Wie ertappte kleine Kinder springt die Regierung nun im Dreieck. Und beweist in ihrer Sprache, welch geistigen Kindes sie wirklich sind. Jeder Tag, der mit einem US-Präsidenten Trump beginnt, der Merkel & Co. nicht mehr ruhig schlafen lässt, ist ein Gewinn für Deutschland, welches in Fragen Sicherheitspolitik noch wird nachlegen müssen und nicht mal die eigenen Grenzen schützen kann.

Die Stellungnahmen der folgenden Gestalten sind jedenfalls nicht die Stellungnahmen einer befreundeten Nation, dass grenzt schon an Kriegsrhetorik. Besonders perfide: Martin Schulz mit dem Tenor "Wollt Ihr den totalen Krieg". Unglaublich.


Montag, 29. Mai 2017

Wer ist hier wirklich isoliert?

von Thomas Heck...

Noch verkünden die deutschen Medien unisono, dass Donald Trump, dass die USA in der Welt isoliert seien. Da warten wir doch zunächst mal ab. Ich bin mir da nicht so sicher. Donald Trump ist bei aller Kritik ein fairer Geschäftsmann, der die Grundsätze des Geschäftswesens, nämlich dass ein Geschäft nur gut ist, wenn es für beide Parteien gut ist, verstanden und verinnerlicht hat. Eine Sichtweise, die für uns Deutsche so vollkommen fremd ist, dass wir diese Binsenweisheiten gar nicht mehr verstehen.

Aus diesem Grunde reiben sich unsere bescheuerten Politiker und unsere noch bescheuerten Journalisten verwundert die Augen. In den Redaktionen, und das merkt man allen politischen Sendungen dieser Tage förmlich an, wird angestrengt nach Wegen gesucht, diesem Emporkömmling Trump die Leviten zu lesen. Bislang ist der Erfolg eher bescheiden, was auch die Beschränkheit der deutschen Politik noch mehr zum Ausdruck bringt, die mehr Probleme schafft denn löst. 


Auch die Unfähigkeit zu erkennen, dass Trump nicht mit normalen Maßstäben zu messen ist. Den kann man nicht für millionenfachen Zustrom von illegalen Einwanderern begeistern, weil Trump, anders als Merkel, eine simple Einnahmen- und Überschussrechnung macht und  schnell entscheidet. Trump hat dann das Thema schon längst abgehakt zu den Akten gelegt, genießt im Weißen Haus seine Cornflakes und wendet sich tags darauf den wirklich wichtigen Themen zu, während in Deutschland noch an Machbarkeitsstudien gefeilt wird, die Kirchen zu Wort kommen müssen und die Folgen für das Klima in den nächsten 20.000 Jahren bewertet werden müssen. 

Trump ist nicht isoliert. Trump macht Geschäfte mit denen, die Geschäfte machen wollen und mit denen ein wechselseitiger Nutzen besteht. So einfach ist das. Merkel dagegen ist meiner Einschätzung nach zunehmend isoliert. In Europa tragen weiß Gott nicht alle Staaten ihren desaströsen Flüchtlingskurs, Merkel und Deutschland ist auch nicht beliebt in Europa, dazu bedarf es keines Menschenopfers in Gestalt einer Sängerin beim European Song Contest, um das jedes Jahr wieder schmerzvoll erfahren zu müssen. Deutschland ist nicht geliebt, Deutschland wird ausgenutzt. Deutschland ist und bleibt der Zahlmeister in Europa und aufgrund des aktuellen Steueraufkommens können wir eigenartigerweise sogar ohne Schwierigkeiten zahlen. 

Doch lassen Sie mal die Wirtschaft nicht so florieren, lassen Sie externe Schocks auftreten. Deutschland ist dann gar nicht mehr so gut aufgestellt, wie es unsere Politik uns verkaufen will. Und das merkt der Bürger heute schon an schwindenden Altersvorsorgevermögen, steigenden Steuersätzen und wachsende Abgaben. Machen wir uns doch nichts vor. Wir leben schon lange von der der Substanz. 

Die Politik weiß das und zeigt anklagend auf den amerikanischen Präsidenten. Unsere Politik will, dass Trump scheitert, sie will, dass Trump isoliert ist, lenkt sie doch so von den kritischen Fragen ab, die hier sowieso keiner stellt.

Ist daher nicht, ganz ehrlich, eher Merkel isoliert? Merkels Aufforderungen an Europa sind schon in der Flüchtlingsfrage ungehört verhallt, die meisten Länder haben sich bislang erfolgreich gegen die quotale Aufnahme illegaler Einwanderer aus der ganzen Welt widersetzt und es bleibt zu hoffen, dass dieser Widerstand gegen Merkel nicht erlahmen wird, auch wenn der Preis sein wird, dass alle vermeintlichen Flüchtlinge in Deutschland bleiben.

Ich lehne mich dennoch entspannt zurück und warte mal die weitere Entwicklung ab. Warten wir doch erstmal ab, wie die Welt in 1 Jahr, in 2 Jahren oder später aussehen wird. Merkel wird scheitern und ich hoffe, ich werde das noch erleben.

Alles Nazis... auch in Cannes...

von Thomas Heck...

Wenn Diana Krüger in Cannes einen Preis als beste Darstellerin abräumt und diesen Preis den Opfern von Terror widmet, ist das an sich löblich. Weniger löblich ist, dass sich der Plot des Films "Aus dem Nichts" vom Regisseur Fatih Akin ausschließlich auf die NSU-Morde bezieht und den Islam mit dem heutigen Terror nicht in Verbindung bringen will. Dabei wäre dieses Thema wichtig gewesen, denn die Toten von heute werden ausschließlich von Muslimen ermordet. Dies setzt den Film den Verdacht aus, Stimmung in bestimmte Richtung zu machen, was, auch gegenüber den Opfern von heute, als schändlich anzusehen ist. Schade.


"Hey!", ruft Katja (Diane Kruger) der Frau zu, die gerade ihr Fahrrad vor dem Büro von Katjas türkischstämmigem Mann abgestellt hat. "Das musst du abschließen, das wird dir hier sonst geklaut." Sie komme gleich zurück, da wäre das nicht nötig, wehrt die Frau ab und verschwindet. 


Wer mit den Verbrechen des NSU vertraut ist - und auf die nimmt Fatih Akin in einer Einblendung zum Schluss explizit Bezug -, den erfasst sofort der Horror. Mit einer Nagelbombe, die mit einem Fahrrad vor einem türkischstämmigen Friseur platziert wurde, verübte der NSU 2004 seinen Anschlag in der Kölner Keupstraße.

Damals starb zum Glück niemand. Für seinen Wettbewerbsfilm "Aus dem Nichts " schreiben Akin und sein Co-Autor Hark Bohm die Geschichte nun um: Die Bombe, die die Frau zündet, tötet Katjas Mann und sechsjährigen Sohn. Auf diese persönliche Ebene heruntergebrochen, verbleibt "Aus dem Nichts" im Privaten und konzentriert sich ganz auf Katjas Kampf - erst für Gerechtigkeit, dann für Vergeltung.

Annäherung an die Hollywood-Strategie

Da ihr Mann Nuri (Numan Acar) wegen Drogenhandels im Gefängnis war, vermutet die Polizei erst eine Tat aus dem Milieu. Wie die Angehörigen der NSU-Opfer wird Katja deshalb bedrängt. Doch im Gegensatz zu Polizei, Verfassungsschutz und Medien, die in der Realität jahrelang einen rassistischen Hintergrund ausschlossen und die Mordserie als "Döner-Morde" verharmlosten, ist Katja sofort klar: "Das waren Nazis!" Bald sieht das auch die Polizei im Film so. Die Frau mit dem Fahrrad wird gefunden und ihr und ihrem Neonazi-Freund der Prozess gemacht.




Warum das so schnell erzählen? Warum den offenen und den strukturellen Rassismus, der die Aufklärung der NSU-Verbrechen unerträglich lang herausgezögert hat, außen vorlassen? Es ist eine von vielen problematischen Entscheidungen, die Akin in "Aus dem Nichts" trifft. Ein ums andere Mal nimmt er dem Stoff seine politische Dimension und Komplexität, nicht zuletzt auch mit der Besetzung von Diane Kruger in ihrer ersten deutschsprachigen Rolle.

Schauspielerisch überzeugt Kruger zwar hier: Sowohl die liebende Mutter als auch die Szenegängerin, die sich einst in einen Knacki verliebt hat, nimmt man ihr ab. Doch warum eine blonde Bio-Deutsche die Light-Version von dem durchleben lassen, was die türkisch- und griechischstämmigen Angehörigen der NSU-Opfer über Jahre hinweg ertragen mussten? Das erinnert zu sehr an die Hollywood-Strategie, sich über eine weiße Figur die Geschichten von people of color zu erschließen.

Womöglich muss man "Aus dem Nichts" besser als einen NSU-Film für ein internationales Publikum verstehen, das deutsche ist schließlich mit dem ARD-Dreiteiler "Mitten in Deutschland: NSU" und den Dokumentarfilmen "Der Kuaför aus der Keupstraße" und "Der NSU-Komplex" durchaus gut versorgt mit filmischen Aufarbeitungen des Skandals.

Gleichzeitig sieht "Aus dem Nichts" wie ein mittelprächtiger "Tatort" aus und erzählt den anschließenden Prozess um den Anschlag ähnlich uninspiriert wie ein TV-Krimi. Im letzten Drittel steht zwar plötzlich die Möglichkeit eines Genrewechsels im Raum: Katja schwelgt in Rachefantasien, wird sie zur Diane Unchained, die die Geschichte in ihrem Sinne umschreibt? Doch wie Akin diesen Teil und damit den Film abbindet, wirft noch einmal ganz andere Fragen danach auf, was er hier wirklich erzählen will.

Die internationalen Kolleginnen und Kollegen, die "Aus dem Nichts" bei der Pressevorführung am Freitagmorgen laut beklatschten, mögen ihn für einen Film über den NSU-Skandal halten. Als Deutsche kann man sich da nicht sicher sein.