Samstag, 4. Februar 2023

Neulich Im Lehrerzimmer...

von Mirjam Lübke...

Eine Bekleidungsvorschrift, die nur ein Geschlecht betrifft, sollte in unserer "geschlechtergerechten" Zeit eigentlich das Misstrauen der Hüter der Moral erregen. Gerade Frauen wird derzeit ein "Safe Space" nach dem anderen abspenstig gemacht: Auf unseren Toiletten sollen wir Transfrauen akzeptieren, ebenso in der Umkleidekabine. Sogar die heißgeliebte Frauenquote ist nicht mehr sicher vor Männern, die sich spontan als weiblich definieren. Nun ist es der amerikanischen Feministin Judith Butler schon vor längerem gelungen, das muslimische Kopftuch als eine Art Safe Space umzudeuten, das Frauen vor Sexismus schützen soll - und diese Definition wird auch von deutschen Feministinnen gern übernommen. Auch das sollte uns misstrauisch machen: Ein Safe Space, der für Transaktivisten uninteressant ist, genießt keinen hohen Stellenwert. Nur bei den Sikh bedecken auch Männer ihr Haar - bei Muslimen wird die Pflicht nur Frauen aufgebrummt.


In der Debatte um den Widerstand der Frauen im Iran zeigt sich erneut, wie die Kopftuchfrage unsere links-grünen Parteikriegerinnen ins Schwimmen bringt. Den Zwang, ein Kopftuch tragen zu müssen, finden sie zwar nicht in Ordnung, aber es gelingt ihnen nicht, es als Zeichen der Unterdrückung an sich anzuerkennen, das wäre schließlich Islamophobie. Im Windschatten der Diskussion hat nun das Bundesverfassungsgericht das Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt, was als als Sieg der Toleranz gefeiert wird. Wie kann ein religiöses Symbol gleichzeitig für beides stehen?
 
Feministinnen, die sich für das Kopftuch einsetzen, betonen immer wieder, wie viele "kluge und selbstbewusste" stoffbedeckte Musliminnen sie kennen und lenken damit vom eigentlichen Thema ab. Die "dumme Muslima" ist ein Pappkamerad, niemand behauptet, dass Frauen mit Kopftuch nicht denken könnten. Es sind schließlich gerade junge Akademikerinnen, die das Neutralitätsgebot in Schulen und Gerichten zugunsten ihres Kopftuches kippen wollen. Auch Intelligenz schützt nicht davor, das Herz an eine Ideologie zu hängen, welche rückschrittlich oder gar gefährlich ist. Sie macht es sogar leichter, zweifelhafte Inhalte zu verbreiten, wenn die Überbringerin es versteht, sich gut auszudrücken und kritischen Fragen elegant auszuweichen. Die muslimischen Lobbygruppen wissen, was sie tun, wenn sie diese jungen Frauen ins Rennen schicken. "Ach schau, was sie für eine tolle Ausbildung hat! So schlimm kann es mit der Unterdrückung der Frauen im Islam nicht sein!" Intelligente Menschen haben schon die übelsten politischen Systeme gestützt und gerechtfertigt - oder waren Lenin, Che Guevara und Heidegger dumm? Auch Montgomery, Lauterbach und Drosten sind nach üblichen Kriterien gemessen hochintelligent, was sie nicht davor bewahrt hat, sich während der Corona-Zeit unsäglich zu verhalten.
 
Ebenso wenig ist die Freiwilligkeit des Kopftuchtragens ein Argument. Es gibt wahrscheinlich keine Statistik darüber, wie viele erzwungen verhüllte Frauen auf jede freiwillige Trägerin kommen. Sei es, weil die Familie Druck ausübt oder es im Viertel so Tradition ist, der man sich nicht entziehen kann, ohne gesellschaftliche Sanktionen fürchten zu müssen. Aber selbst wenn alle Frauen freiwillig ihren Kopf bedecken ändert das am Grundprinzip des Kopftuches nichts, das der Frau die Verantwortung dafür zuweist, ob sie sexuell belästigt werden darf oder nicht. Allein das sollte Feministinnen laut aufschreien lassen, die doch sonst - vollkommen zurecht - fordern, dass "Nein auch nein heißt", also eine Frau ihre sexuelle Selbstbestimmung auch dann nicht verliert, wenn sie leicht bekleidet in der Öffentlichkeit unterwegs ist. Das ist eine hart erkämpfte Einsicht, die durch die Idee hinter dem Kopftuch vom Tisch gefegt wird. Im übrigen gilt auch hier: Freiwilligkeit macht nichts moralisch hochwertiger - Menschen lassen sich freiwillig die Zunge spalten oder melden sich zu den iranischen Sittenwächtern - auch Frauen. Bevor es einen Aufschrei gibt: Es geht mir nicht darum, die juristische Schwere dieser Taten zu vergleichen, aber auch Diktaturen rekrutieren für die schmutzigsten Aktionen oft Freiwillige - das macht die Sache nur noch schlimmer. Menschen sind offenbar bereit, auch die grausamsten Dinge freiwillig zu tun. Frauen machen da keine Ausnahme, wenn sie sich etwas davon versprechen, etwa eine Machtposition.
 
Soll man das Kopftuch nun generell verbieten, um die Debatte radikal abzuwürgen? Verbote haben wir in Deutschland doch nun wirklich schon genug, und nach dem Willen von Grünen werden es täglich mehr. Allerdings haben wir auch bereits ein Übermaß von Ideologie in unseren Schulen und Universitäten. Deshalb sollte eine Frau, die sich für das Kopftuch entscheidet, auch die Konsequenzen dieser Entscheidung tragen müssen, denn damit stellt sie die Scharia über das Grundgesetz und die nötige Neutralität im Umgang mit Schülern. Ebenso verhält es sich bei Richterinnen und Staatsanwältinnen in Zivil- und Strafprozessen. Das ergibt sich schon aus dem Gebot der Gleichbehandlung. Das lässt keine Extrawürste zu - auch wenn sie im Moment opportun erscheinen.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen