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Samstag, 1. März 2025

Was erlauben Selenskyj?

von Thomas Heck

Gestern konnte der staunenden Normal-Bürger Geopolitik live erleben. Und das ohne die störende Einordnung durch Elmar Theveßen, Ulf Röller oder anderer "Experten" bei ARD und ZDF. Nie zuvor wurde einem Staatschef einer anderen Nation öffentlich dermaßen die Leviten gelesen, wie Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj. Und nur einer konnte jene welcher sein, der dies coram publico hätte abziehen können: Donald John Trump, der 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und sein Vizepräsident James David Vance.

Was war passiert? Nach Sichtweise der Tagesschau hatte es das hat es noch nie gegeben: Ein US-Präsident beschimpft im Oval Office vor laufenden Fernsehkameras den Präsidenten eines anderen Landes und wirft ihn im Anschluss aus dem Weißen Haus.

"Sie riskieren den dritten Weltkrieg. Und was Sie tun, ist sehr respektlos gegenüber diesem Land", hatte Donald Trump auf dem Höhepunkt des Streits gerufen. "Ihr Land ist in großen Schwierigkeiten", rief Trump weiter, ließ Wolodymyr Selenskyj nicht mehr zu Wort kommen und fügte hinzu, die Ukraine könne diesen Krieg nicht gewinnen.

Bei Tagesschau und Heute-Journal wurde selektiv berichtet, wie üblich mit der Intention, den ungeliebten US-Präsidenten ins schlechte Licht zu rücken. Wer sich die ganze Pressekonferenz ansieht, erkennt: Selenskyj hatte gestern versucht, Trump öffentlich bloßzustellen, was ein großer Fehler war. Er zeigte ihm Bilder verwundeter ukrainischer Soldaten, um den moralischen Druck zu erhöhen. Hinter verschlossenen Türen wäre das in Ordnung gewesen. Selenskyj aber tat es vor der versammelten Presse, weil er diese gegen Trump aufbringen wollte. Der ukrainische Präsident hat aber offenbar nicht begriffen, dass die Zeiten der links-woken Medienlogik vorbei sind, in denen sich selbst konservative Staatschefs den medialen Empörungswellen beugten.

Schauen Sie sich ganz unten die gesamte Pressekonferenz an. Für mich kommt die Eskalation nach 40 Minuten und geht eindeutig on Selenskyj aus, inklusive ukrainischer Entgleisung in Richtung JD Vance. Der ukranischen Botschafterin in Washington entgleisten ob des diplomatischen Fauxpas ihres Chefs sämtliche Gesichtszüge. Und dann geht es gar nicht mehr um die Frage, wer recht hat, sondern auch um den Punkt, wie man sich als Gast im Oval Office zu benehmen hat. Mit Joe Biden hätte Silenskyj vielleicht noch so reden können. Bei Trump und JD Vance eben nicht.



Selenskyj hätte einen Deal für die Seltenen Erden haben können. Ein Deal, der der Ukraine nicht nur auf dauerhaft die nötige militärische Unterstützung der USA hätte finanzieren können. Der Deal hätte auch gegenüber Putin manifestieren können, welche Interessen die USA in der Ukraine haben und weitere territoriale Begehrlichkeiten Russland gedämpft.

Doch er wollte mehr, wie er bei der Pressekonferenz immer wieder betonte: Mit Russland könne man keinen Waffenstillstand verhandeln, ohne Sicherheitsgarantien zu bekommen, weil Putin sich an Abkommen in der Vergangenheit nicht gehalten habe. Und die kostenfreie Milliardenunterstützung aus Europa hatte vielleicht auch weitere Begehrlichkeiten geweckt.

Trump ist kein Präsident, der Sicherheitsgarantien gibt für den hypothetischen Fall, dass Putin angreift. Ein Dealmaker wie Trump räumt nicht schon indirekt im Deal dem Gegenüber die Möglichkeit ein, sich nicht an den Deal zu halten. Man kann das für falsch halten, aber immerhin ist Trump der einzige Politiker auf der ganzen Welt, der zurzeit in der Lage ist, in Kontakt mit Putin und mit Selenskyj zu treten und Verhandlungen zu führen. 

Viele stören sich jetzt daran, dass Selenskyj von Trump und von einem Journalisten auf seine Kleidung angesprochen wurde. Dass Selenskyj seit dem Krieg nie Anzug trug, sondern immer nur seine militärischen olivfarbenen Outfits, war Teil seiner Inszenierung, die lange Zeit vor allem in Europa gut ankam. Auf den dazugehörigen Presskonferenzen wurden immer dieselben Worthülsen gesagt ("Wir stehen an der Seite der Ukraine", "Es darf nicht über die Köpfe der Ukraine hinweg entschieden werden") und dann neue Waffenlieferungen verkündet. Es war schon immer und in zunehmendem Maße eine Show, die dabei half, einen Krieg zu perpetuieren, den die Ukraine leider niemals wird gewinnen können. 

Nun hat sich der Wind gedreht. Die Amerikaner haben einen Präsidenten gewählt, von dem sie sich erhoffen, dass er den Ukraine-Krieg beendet. Schon aus Respekt vor dem Wählerwillen der Amerikaner müsste Selenkyj das akzeptieren und könnte sich auf die neue Regierung einschwingen. Zum Beispiel, indem er den Deal über Seltene Erden unterzeichnet hätte, der die USA in seinem eigenen Land verankert und das Sicherheitsinteresse beider Länder synchronisiert hätte. Dass Selenskyj diese Chance wahrscheinlich vertan hat, lässt sich vor allem vor seinem eigenen Volk schwer rechtfertigen.

Erschienen auf X bei 
@Pauline__Voss

 


 

Sonntag, 9. Oktober 2022

Wie wahrscheinlich ist ein Atomkrieg in Europa?

von Gérard Bökenkamp...

Putin hat indirekt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Wie glaubhaft ist diese Kampfansage? Spielen wir die denkbaren Szenarien einer nuklearen Eskalation einmal durch.

Putin hat indirekt mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht und erklärt, dass er nicht blufft. Doch hier wird die Sache schon kompliziert. Jemand, der nicht blufft, kann den anderen, der glaubt, dass er blufft, nicht davon überzeugen, dass er nicht blufft, indem er sagt, dass er nicht blufft, denn das würde man wohl von jemandem, der blufft, erwarten. Die einzige Möglichkeit Putins, dem Westen sicher zu beweisen, dass seine Drohung, Atomwaffen einzusetzen, kein Bluff ist, wäre, Atomwaffen einzusetzen. Die einzige Möglichkeit des Westens, herauszufinden, ob es ein Bluff ist oder nicht, ist es, es darauf ankommen zu lassen. Wenn sich die militärische Lage dramatisch zuspitzt, es zum Beispiel zu einem breiten Zusammenbruch der Russischen Front kommt, wird die Frage „Bluff oder nicht Bluff“ zur Schicksalsfrage.



Die Gefahr der nuklearen Eskalation wird in der breiteren Öffentlichkeit nicht erfasst, weil eine falsche Vorstellung davon herrscht, wie es zu einem Atomkrieg kommen könnte. Das Bild vom roten Knopf, den der russische und der amerikanische Präsident besitzen, die mit dem Druck auf denselben das Ende der Welt einleiten würden, geht in die Irre. Das Szenario ist ein anderes, nämlich das einer schrittweisen Eskalation, die deshalb sehr viel gefährlicher ist, weil sie eine Spirale in Gang setzt, in der jede weitere Drehung mit einem größeren Risiko verbunden ist, ohne dass sich eine Seite für die Eskalation voll verantwortlich fühlt. Die Grenzen zwischen dem Bluff und der tatsächlichen Absicht verschwimmen, und was als Bluff gemeint war, kann zur Realität werden.

Verstehen muss man dabei Folgendes: Die Dynamik beginnt nicht erst, wenn der Kreml die ersten taktischen Atomwaffen einsetzt, sondern bereits vorher, wenn er die Trägersysteme dieser taktischen Atomwaffen in Stellung bringt, denn dann steht das Weiße Haus direkt unter Zugzwang. Die USA wissen durch Satelliten und Spionage praktisch in Echtzeit, wo sich diese Trägersysteme befinden und wohin sie sich bewegen. Die Russen wissen, dass die Amerikaner es wissen und die Amerikaner wissen, dass die Russen das wissen. Das heißt, sobald sich die Trägersysteme bewegen, senden die Russen damit ein Signal an die USA. Diese Botschaft lautete: auf die Ukrainer einzuwirken, ihre Offensive abzublasen, weil andererseits Russlands taktische Atomwaffen zum Einsatz kommen.
 
Die Frage wäre: Wer zieht zuerst seinen Colt?

Wäre das ein Bluff und die USA würden diesen Druck auf die Ukrainer ausüben, würde diese Strategie aufgehen und die USA müssten befürchten, dass der Kreml sich später wieder dieser Methode bedient. Also könnten sie es stattdessen darauf ankommen lassen und darauf setzen, dass die Russen die in Bewegung gesetzten taktischen Atomwaffen nicht zum Einsatz bringen. Wenn das der Fall ist, wäre Putins Bluff aufgeflogen und es wäre nicht mehr zu leugnen, dass er blank dasteht. Das hätte weitreichende Folgen, denn von nun an würde jede Drohung ins Leere laufen und die nukleare Rüstung des Kremls wäre als zahnloser Tiger enttarnt. So gut sich das für westliche Ohren anhören mag, so ist dies doch mit einem gravierenden Problem verbunden. Gerade aus diesem Grund stünde Putin extrem unter Druck, die Waffen, die einzusetzen er angedroht hat, tatsächlich einzusetzen.

Die Lage wird noch komplizierter. Wir haben es mit Eskalationsstufen zu tun, bei denen die Annahmen über spätere Stufen die früheren Stufen beeinflussen. Weil sich auch die USA dieses Dilemmas bewusst sind, liegt die Überlegung nahe, dass Putin sich gezwungen sehen könnte, die taktischen Atomwaffen tatsächlich einzusetzen. Das setzt die USA unter Druck, die Ukraine vor so einem Schlag zu bewahren und nicht abzuwarten, bis der erste Atomsprengkopf auf ukrainischem Boden einschlägt. Der frühere Kommandeur der Verteidigungskräfte des Vereinigten Königreichs und der NATO für biologische, chemische und nukleare Waffen Hamish Bretton Gordon erklärte dem Sender CNN, er gehe davon aus, Biden habe Putin deutlich gemacht: „Wenn du deine taktischen Atomwaffen bewegst, wird die NATO sie mit präzise gesteuerten Langstreckenraketen zerstören.“

Die USA wären in der Lage, mit einem konventionellen Präventivschlag die Trägersysteme der taktischen Atomwaffen auszuschalten und den Atomschlag des Kremls unmöglich zu machen. Die Frage wäre: Wer zieht zuerst seinen Colt? Selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Biden-Regierung sich dafür nicht entscheiden würde, hat die pure Möglichkeit Rückwirkungen auf die Handlungsweise der Russen. Da sie mit einem solchen konventionellen Schlag gegen ihre taktischen Atomwaffen rechnen müssen, müssten sie möglichst schnell und möglichst massiv zuschlagen, weil sie nur einmal die Gelegenheit haben, ihr taktisches Arsenal abzuschießen. Das wissen wiederum auch die Amerikaner, die damit ebenfalls stark unter Zugzwang stehen, die taktischen Atomwaffen schnell auszuschalten.

Wie würde Biden reagieren?

Es spricht einiges dafür, dass die Ukrainer davon ausgehen, dass die USA sie auf diese Weise gegen Angriffe mit taktischen Atomwaffen schützen und deshalb so kaltblütig agieren können. Putin könnte nun wiederum darauf abzielen, die Garantien der USA als Bluff zu enttarnen, indem er seine taktischen Atomwaffen gezielt in Stellung bringt. Wenn er das tut, die USA aber keine Anstalten machen, etwas dagegen zu unternehmen, kann das die Nervosität auf ukrainischer Seite erhöhen und damit das Drohpotenzial Moskaus gegen die Ukraine. Das wird den Druck der Ukraine auf Biden erhöhen, die taktischen Atomwaffen der Russen mit einem Präventivschlag aus dem Spiel zu nehmen. Das kann allerdings eine Falle sein und genau das, was der Kreml erreichen möchte. Die USA würden mit einem Schlag als Aggressor dastehen, die russische Bevölkerung würde sich hinter ihrer Führung sammeln, und große Teile der Weltgemeinschaft würden die USA verurteilen.

Das heißt, sobald sich die russischen Trägersysteme in Bewegung setzen, bleibt dem 79-jährigen Biden nur eine sehr kurze Zeitspanne, zu entscheiden, ob er das Risiko eingehen will, dass die Russen nicht bluffen und den nuklearen Enthauptungsschlag gegen die Ukraine durchführen oder selbst konventionell gegen die Trägersysteme zuschlagen will. Der Druck auf ihn wird enorm sein, und wie sich der alte Mann in dieser Situation entscheidet, ist eine offene Frage. Wenn er sich dafür entscheidet, die russischen Trägersysteme mit konventionellen Waffen auszuschalten, wäre das faktisch die Kriegserklärung der USA an Russland. Das Problem bei einem Präventivschlag ist, dass man am Ende Schwierigkeiten hat, zu beweisen, dass man dem Angreifer tatsächlich zuvorgekommen ist.

Mit dem Angriff auf russisches Territorium hätte Putin politisch freie Hand, würde aber vor dem Problem stehen, konventionell der NATO nicht das Wasser reichen zu können. Das einzige Waffenarsenal, das den Russen nach der Zerstörung taktischer Atomwaffen für den Gegenschlag bleiben würde, wären strategische Atomwaffen, die nach weitgehender Meinung nicht ausgeschaltet werden können. Der Kreml würde wahrscheinlich nicht die USA direkt angreifen, sondern auf die nächste höhere Eskalationsstufe gehen. Das wäre ein Angriff mit strategischen Atomwaffen auf Militärbasen in NATO-Staaten, die selbst über keine Atomwaffen verfügen, also Länder wie Deutschland, Polen oder Italien. Betroffen davon wären in der Bundesrepublik wahrscheinlich Süddeutschland und das Rhein-Main-Gebiet.
 
Atommächte: Selbstmord aus Bündnistreue?

Die NATO stünde dann vor der Frage, ob sie mit einem Atomschlag auf russisches Gebiet antworten sollte. In diesem Fall müssten allerdings die Atommächte USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich damit rechnen, dass sie selbst als weiterern Gegenschlag das Ziel russischer Atomwaffen wären. Die Frage steht im Raum, ob Biden, Macron und Truss ihre Atomwaffen auf russische Ziele abschießen würden, obwohl sie damit Putins Raketen wiederum direkt auf sich lenken würden. Spätestens dann wäre für alle Entscheidungsträger der Punkt erreicht, an dem sie sich entscheiden müssen, ob sie aus Solidarität mit ihren NATO-Verbündeten Selbstmord begehen wollen. Dies wäre die letzte Möglichkeit, die Eskalation zu beenden und den Konflikt beizulegen, zwar über einem zerstörten Zentraleuropa, aber immerhin ohne den Untergang der Menschheit und der eigenen Nation.

Allein, dass nicht sicher ist, welche von beiden Varianten eintreffen würde, macht die Varianten davor wahrscheinlicher. Denn für beide Seiten, die westlichen Atommächte und Russland, bleibt bis zum Schluss ein letztes Rettungsboot. Genau dieses Rettungsboot macht das Szenario wahrscheinlicher. Das ist ein altes Dilemma aus der Zeit des Kalten Krieges. Die Interessen der Atomwaffenstaaten sind andere als der Länder, die über keine Atomwaffen verfügen. Die Abschreckung der NATO beruht auf dem Versprechen, dass die Atommächte bereit sind, mit den Nicht-Atomwaffen-Staaten gemeinsam unterzugehen. Wenn es ernsthafte Zweifel an dieser Solidarität bis in den Tod gibt, sprich, Moskau sie für einen „Bluff“ hält, funktioniert der nukleare Schutzschirm für die Nicht-Atomstaaten nicht mehr.

Man mag sich fragen, warum es sich lohnt, sich überhaupt mit solchen Horrorszenarien zu befassen, die das unwahrscheinliche Worst-Case-Szenario darstellen. Weil diese Eskalationsszenarien verständlich machen, warum sich Akteure aktuell so verhalten, wie sie sich verhalten. Die Sorge, die Bundeskanzlern von Konrad Adenauer über Helmut Schmidt und Helmut Kohl bis zu unserem heutigen, schlaflose Nächte bereitete, war die düstere Vision, dass sich im Konfliktfall Washington und Moskau erst über den Trümmern eines zerstörten Deutschland einigen könnten. Früh genug, um nicht sich selbst und die ganze Welt zu vernichten, aber zu spät, um die nukleare Eskalation auf dem europäischen Kontinent zu verhindern. Das mag erklären, warum sich Scholz aus Gründen bei der Unterstützung der ukrainischen Offensive im Osten nicht gerade überenthusiastisch zeigt.



Freitag, 12. August 2022

Gerhard Schröder verklagt Bundestag...

von Thomas Heck...

Nachdem die Partei einen Parteiausschluß Gerhard Schröders aus der SPD aufgrund seines Verhaltens und seiner verräterischen Nähe zu Putin abgelehnt hatte, dass es also in Ordnung sei, als ehemaliger Bundeskanzler mit einem Kriegsverbrecher, der Blut an den Händen hat das Bett zu teilen, wehrt sich Schröder nunmehr gegen den Entzug seiner Sonderrechte. Er will sein Büro weitergeben, um Putins Lobbyarbeit weiter in die Hauptstadt tragen zu können. Dreist.


Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Schröder verlangt, dass ihm wieder ein Altkanzler-Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, wie sein Hannoveraner Rechtsanwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur am Freitag mitteilte.

Er hat in Schröders Auftrag eine entsprechende Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer der dpa vorliegenden Erklärung der Anwaltskanzlei.

Es werde „behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. „nachwirkenden Dienstpflichten“ nicht mehr wahr“. Es werde „aber nicht festgelegt, was „nachwirkende Dienstpflichten“ überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Procedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt“, heißt es in der Erklärung weiter.

Dem ganzen Vorgang stehe „auf die Stirn geschrieben, dass andere Gründe, als die anhand der „neuen Regeln“ vorgegebenen, für die Entscheidung des Haushaltsausschusses maßgeblich waren“. Solche Entscheidungen erinnerten „im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Entstehung eher an einen absolutistischen Fürstenstaat“ und dürften in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Bestand haben, erklärten Schröders Anwälte.

Große Nähe zu Wladimir Putin

Der Altkanzler steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet.

Vielmehr solle die „Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen“, heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8.300 Euro erhält Schröder auch nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Entscheidung im Mai als „folgerichtig“ begrüßt. Im Umfeld des Beschlusses hatte sich das Europäische Parlament mit großer Mehrheit für Sanktionen gegen Schröder ausgesprochen. Erst am Montag hatte die Schiedskommission der SPD in Schröders Heimatstadt Hannover einen Parteiausschluss des Altkanzlers abgelehnt.

Schröders Hannoveraner Anwalt gilt als einer der renommiertesten Strafrechtler Deutschlands. Er vertrat unter anderem auch den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff.




Sonntag, 22. Mai 2022

Kraft und Zuversicht für Putins Soldaten

von Hubertus Knabe...

Das Kapitulationsmuseum in Berlin soll an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erinnern. Doch ein Vorstand des Trägervereins betreibt Propaganda für Putins Feldzug gegen die Ukraine. Die zuständigen Ministerinnen Annalena Baerbock und Caudia Roth wollen daran nichts ändern.

Fragwürdiger Trägerverein - Historischer Panzer vor dem Kapitulationsmuseum in Berlin-Karlshorst


Russlands Verteidigungsministerium sitzt im Aufsichtsrat eines deutschen Museums. Was auf den ersten Blick wie ein böser Traum anmutet, ist Realität beim Kapitulationsmuseum in Berlin. Außer dem Ministerium von Sergej Schoigu sind dort auch die Ressorts von Außenminister Sergej Lawrow und von Kulturministerin Olga Ljubimowa vertreten. Das Zentralmuseum der russischen Streitkräfte in Moskau ist sogar Teil des zweiköpfigen Vorstands.

Was lange Zeit als „Dialog“ gerühmt wurde, ist durch Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine zu einem handfesten Problem geworden. Denn das Museum im Berliner Stadtteil Karlshorst, das an die Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Mai 1945 erinnert, wird von einem Verein getragen, in dem gleich mehrere Fürsprecher des russischen Präsidenten vertreten sind. Von den 17 Mitgliedsinstitutionen stammen sechs aus Russland; eine weitere entsendet Russlands engster Verbündeter Belarus.

Der 1994 gegründete Verein, intern Kuratorium genannt, hat laut Satzung die Befugnisse eines Aufsichtsrates. Er bestimmt die Richtlinien der Museumsarbeit, beschließt den Wirtschaftsplan und entscheidet über Einstellung und Entlassung des Direktors. Auch Änderungen am sogenannten Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Deutschen Historischen Museum muss er zustimmen. Der Vorstand, der den Verein vertritt, besitzt ein Weisungsrecht gegenüber dem Direktor, der wiederum die Vorgaben der Mitgliederversammlung umzusetzen hat.

Weisungsrecht gegenüber dem Direktor – Mehrfachraketenwerfer BM-13 im Garten des Kapitulationsmuseums


Putin-Bewunderer im Vorstand

Die russischen Vereinsmitglieder kommen aus Institutionen, die aktiv am Krieg gegen die Ukraine mitwirken. Verteidigungsminister Minister Schoigu und Außenminister Lawrow spielen sogar eine Schlüsselrolle. Der langjährige Kulturminister Wladimir Medinski gilt als Vordenker des russischen Neo-Imperialismus. Nach der Krim-Annexion hatte er Putin als „absolutes Genie der modernen Realpolitik“ bezeichnet. Vor zwei Jahren wechselte er als dessen Berater in den Kreml, jetzt leitet er die russische Delegation bei den Verhandlungen mit der Ukraine.

Für das Moskauer Streitkräftemuseum sitzt deren Vizedirektor Wladimir Lukin im Vorstand des Vereins. Der stellvertretende Vereinsvorsitzende leitete einst selber das Museum in Karlshorst. Zu seiner Zeit war es noch eine sowjetische Einrichtung und hieß „Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg“. Wahrscheinlich hat Putin, der bis 1990 für den KGB in Dresden stationiert war, ihn damals schon kennengelernt.

Lukin gehört zu den erklärten Bewunderern des russischen Präsidenten. Im Juni 2020 konnte man im russischen Fernsehen sehen, wie er Putin und Schoigu durch sein 35 Säle umfassendes Streitkräftemuseum führte. Anlass war die Eröffnung des sogenannten Haupttempels des Verteidigungsministeriums, einer bombastischen Kathedrale mitten auf dem Museumsgelände. Der Kirchenbau wurde international bekannt, weil die Mosaike an den Wänden auch Josef Stalin, Putin und Schoigu zeigten. Dem verantwortlichen Bischof zufolge sollten Letztere damit für ihre Rolle bei der Krim-Annexion gewürdigt werden. Erst nach massiver Kritik wurden die Mosaike wieder abgenommen. Putin habe die Würdigung für „verfrüht“ gehalten, erklärte der Bischof danach.

Bewunderer des Präsidenten – Berliner Museumsvorstand Wladimir Lukin (l.) beim Rundgang mit Putin und Schoigu (r.)


Bei dem Rundgang durch das Museum kam auch ein Aufsatz zur Sprache, der gerade unter Putins Namen erschienen war. Der russische Präsident bestritt darin jede Mitschuld der Sowjetunion am Kriegsausbruch, die Historiker wegen des Hitler-Stalin-Paktes und des anschließenden Einmarsches der Roten Armee in das östliche Polen für erwiesen halten. Stattdessen beschuldigte er Polen, selber mitverantwortlich für den Krieg gewesen zu sein, weil es sich nach dem Münchner Abkommen an der Aufteilung der Tschechoslowakei beteiligt hätte. „Die darauffolgende Tragödie Polens liegt voll und ganz auf dem Gewissen der damaligen polnischen Führung,“ schrieb Putin unter anderem. Darüber hinaus behauptete er, dass die Annexion des Baltikums „auf vertraglicher Basis, mit Zustimmung der gewählten Behörden“ erfolgt wäre.

Bei dem Rundgang durch das Moskauer Museum versicherte der Vorstand des Berliner Trägervereins dem russischen Präsidenten, dass dessen Artikel „so wunderbar geschrieben“ sei. Er habe ihn „mit einer solchen historischen Begeisterung gelesen“, so Lukin. „Normalerweise wird dies nicht geschrieben“, lautete ein weiteres Kompliment. Das Gespräch wurde nicht nur im Fernsehen gezeigt, sondern auch von vielen anderen russischen Medien gemeldet – als vermeintlich wissenschaftliche Bestätigung von Putins Thesen.

Dass das Moskauer Streitkräftemuseum kein Museum im herkömmlichen Sinne ist, konnte man auch an einer anderen Szene des Besuches sehen. Das russische Fernsehen zeigte, wie Hunderte Soldaten auf dem sogenannten Exerzierplatz stramm standen, um einer pathetischen Ansprache Putins zu lauschen. Wie sehr das dem Verteidigungsministerium unterstehende Museum dem russischen Militär als Propagandakulisse dient, war erst kürzlich wieder zu beobachten, als Schüler der Schule Nr. 2044 dort den sogenannten Kadettenschwur ablegten. Auf der Museumswebsite sieht man, wie sie in Uniform vor Armeeoffizieren stramm stehen. Ein vielleicht zwölfjähriger Junge liest feierlich den Schwur vor, in dem es unter anderem heißt: „Treu und selbstlos diene ich meinem Vaterland! Ich schwöre, ein ehrlicher und loyaler Genosse zu sein.“

„Treu und selbstlos diene ich meinem Vaterland“ – Kadettenschwur im Moskauer Streitkräftemuseum am 8. April 2022


Propaganda für den Ukraine-Krieg

Seit dem Ukraine-Krieg beteiligt sich das Moskauer Museum noch viel mehr an Putins Propaganda. Am 18. März wirkte es zum Beispiel an den offiziellen Feiern zur Krim-Annexion mit. Während Putin auf einer Großkundgebung in einem Moskauer Stadion erklärte, es gebe „keine größere Liebe, als seine Seele für seine Freunde hinzugeben“, organisierte das Museum „zu Ehren des Tages der Wiedervereinigung der Krim mit Russland“ einen sogenannten offenen Unterricht für Moskauer Kadetten. Den „historischen Ereignissen auf der Halbinsel, die das Schicksal unseres Landes entscheidend beeinflusst haben,“ sei dabei große Aufmerksamkeit geschenkt worden, heißt es auf der Website des Museums.

Fünf Tage später fand in dem Museum eine Veranstaltung statt, bei der Kinder dem Verteidigungsministerium 5000 Briefe an russische Soldaten übergaben, die „ihre Pflicht in der Ukraine erfüllen,“ wie es auf der Museumswebsite heißt. Die Botschaften seien dort zuvor in der Bibliothek erstellt worden. Bei der feierlichen Übergabe erklärte die Vizepräsidentin der Duma, Anna Kusnezowa, die auf den Sanktionslisten der USA und der EU steht, dass sich „mit Beginn der Operation das ganze Land der Unterstützung unseres Militärs“ angeschlossen habe. Trotz anderer Unterstützungsaktionen wie Autokorsos oder Demonstrationen habe „das Schreiben warmer Worte seine Relevanz nicht verloren.“ Ein weiterer Redner betonte, die Briefe gäben den Soldaten „Kraft und Zuversicht, dass ihre Handlungen fair und korrekt“ seien. Nur sie könnten „das Problem des Friedens und der Sicherheit nicht nur in der Ukraine und im Donbass, sondern auch in Russland und bei seinen Verbündeten lösen“.

Am 23. April übergaben Kinder erneut Briefe und Zeichnungen für russische Soldaten. Auf der Website des Museums sieht man, wie sie ihre patriotischen Botschaften in einen olivgrünen Briefkasten mit der Aufschrift „Feldpostamt“ (полевая почта) einwerfen. Bei der Veranstaltung habe ein Mädchen ihren Brief „an die Verteidiger des Vaterlandes“ auch vorgelesen. Darin habe es geheißen: „Vielen Dank für Ihren Heroismus, Ihre Tapferkeit und Ihren Mut. Die Qualitäten, die all den Teilnehmern an dieser schwierigen Operation innewohnen, sind endlos. Vielen Dank für alles, was Sie tun. Gesundheit für Sie und Kraft!“

„Vielen Dank für Ihren Heroismus“ – Kinder beim „Feldpostamt“ im Moskauer Streitkräftemuseum am 23. April 2022


Auch die Feiern zum Ende des Zweiten Weltkrieges vor 77 Jahren nutzte das Streitkräftemuseum zur Unterstützung des Ukraine-Krieges. So gingen sämtliche Einnahmen aus dem Ticketverkauf am 8. Mai an eine Wohltätigkeitsstiftung namens „Zaschita“ (Verteidigung), die den im Nachbarland eingesetzten russischen Soldaten helfen soll. Am folgenden Tag, der eintrittsfrei war, fertigten Kinder ein weiteres Mal Postkarten für die „Teilnehmer der militärischen Spezialoperation“ an. „Nicht nur Kinder, sondern auch ihre Eltern nahmen gerne an der Aktion teil,“ heißt es auf der Museumswebsite.

Lieb gewonnene Kollegen

Auf der Internetseite des Berliner Museums erfährt man von all dem nichts. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde dort nur eine Erklärung mit dem Titel „Dialog bewahren“ veröffentlicht. Darin hieß es: „Wir wollen weiterhin vertrauensvoll mit den Museen in Belarus, der Russischen Föderation und der Ukraine zusammenarbeiten, deren Ausstellungen wir übernehmen und bei denen wir ausstellen. Den Gesprächsfaden zu den liebgewonnen Kolleg:innen in Moskau, Minsk und Kiew, St. Petersburg, Wolgograd und vielen weiteren Städten in Osteuropa wollen wir nicht abreißen lassen.“ Dass der einzige ukrainische Vertreter im Verein schon seit der Krim-Annexion nicht mehr zu den Sitzungen kommt, stand nicht in der Erklärung.

Fragt man die für das Berliner Museum Verantwortlichen, was sie zur Kriegspropaganda ihres russischen Vereinsvorstandes sagen, erhält man ausweichende Antworten. Das Auswärtige Amt verweist auf die Kulturstaatsministerin, die wiederum lässt die Frage unbeantwortet. Der Direktor des Berliner Museums, Jörg Morré, teilt mit: „Allgemein sind derartige, grundverschiedene Sichtweisen nicht unüblich in der interkulturellen Zusammenarbeit. Das Museum Karlshorst würde die von Ihnen genannten Aufforderungen niemals auf seiner Website veröffentlichen.“

„Grundverschiedene Sichtweisen nicht unüblich“ – Website des Kapitulationsmuseums in Berlin-Karshorst


Die Frage, wie es das Auswärtige Amt und die Beauftragte für Kultur und Medien bewerten, dass das Berliner Museum den Krieg gegen die Ukraine nicht verurteile, sorgt hingegen für unerwartete Aktivitäten. Die Pressestelle von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) behauptet zunächst, die Einrichtung habe sich „gleich am ersten Tag des Krieges gegen den russischen Angriff gestellt“. Als Begründung führt sie an, dass statt der sonst üblichen vier Fahnen „nur die ukrainische Fahne vor dem Museum aufgezogen“ worden sei. Wenig später stellt das Museum plötzlich doch noch eine Erklärung auf seine Website, in der es den russischen Angriff verurteilt – angeblich „erneut aufs Schärfste“. Die Pressestelle von Annalena Baerbock (Grüne) antwortet erst nach drei Tagen und verweist dann auf dieses Statement.

Auch sonst läuft die Kommunikation mit den Verantwortlichen eher zäh. Museumsdirektor Morré lehnt es ab, die Vereinssatzung zu übersenden und die Höhe des Budgets zu nennen, „weil das nicht öffentlich zu diskutieren ist“. Es bedarf mehrerer Nachfragen, bis die Pressestelle der Kulturstaatsministerin schließlich die erbetenen Angaben übermittelt: 1,5 Millionen Euro lässt sich der Bund das Berliner Museum jährlich kosten, Russland bezahlt nichts.

Die entscheidende Frage, ob die Bundesregierung die Trägerschaft des Museums ändern will, verneint Roths Pressestelle. Es gebe derzeit „keine konkreten Veränderungspläne“. Die Sitzungen des Vereins seien allerdings „bis auf weiteres“ ausgesetzt, weil die Bundesregierung keine direkten Kontakte mehr zu staatlichen Vertretern der Russischen Föderation und Belarus unterhalte. Laut Baerbocks Pressereferat setzt sich die Bundesregierung jedoch dafür ein, dass das Museum „auch angesichts des aktuellen Krieges seine historisch-politische Bildungsarbeit fortsetzt.“

„Keine konkreten Veränderungspläne“ – Kulturstaatsministerin Roth bei einem Wahlkampfauftritt am 13. Mai 2022


Wie das funktionieren soll, ist unklar. Die Mitglieder des Vereins müssen nämlich mindestens einmal im Jahr zusammenkommen. Dass die Beziehungen zu Russland bis zum Jahresende wieder ins Lot kommen, ist unwahrscheinlich. Unter Umständen drohen den russischen Vereinsmitgliedern in Deutschland sogar strafrechtliche Konsequenzen wegen Unterstützung des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Ohne die Abgesandten Russland und Belarus kann der Verein aber keine Beschlüsse fassen, weil dafür mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sein müssen. Darauf angesprochen, teilt Roths Pressestelle mit: „Für die im Verlauf des Jahres abzuhaltende Sitzung wird zu gegebener Zeit eine Lösung gefunden werden.“

Der Vorstand eines Berliner Museums kann also weiterhin Propaganda für Putins Krieg gegen die Ukraine machen. Immerhin haben die Nachfragen bewirkt, dass das Museum plötzlich einer langjährigen ukrainischen Forderung nachgekommen ist und sich Ende April umbenannt hat: Statt „Deutsch-Russisches Museum“ soll es künftig „Museum Berlin-Karlshorst“ heißen. Der alte Namensschriftzug vor dem Gebäude wurde bereits beseitigt. Jetzt steht dort: „Ort der Kapitulation“ – ein Name mit durchaus doppelsinniger Bedeutung.




Sonntag, 8. Mai 2022

Schwarzer kritisiert Selenskyj – „Hört nicht auf zu provozieren“

von Thomas Heck...

Der offene Brief von Alice Schwarzer und anderen Pseudo-Intellektuellen schon lässt einen ob der dreisten Empathielosigkeit sprachlos zurück. Während ukrainische Zivilisten das nächste Massaker russischer Truppen fürchten müssen, fordert Schwarzer "nuancierte Töne", das bedeute nicht, man fühle nicht mit den Opfern, "ganz im Gegenteil"... die Opfer sind Schwarzer und den selbsternannten Friedensengeln schlichtweg egal. Oder auf deutsch: Ukrainer, stellt Euch nicht so an, kapituliert endlich, damit wir Deutsche wieder ruhig schlafen können. Und die massakrierten Zivilisten? Hey, sorry, aber hier geht es um höheres. Es geht um den Frieden... solche Leute haben Auschwitz mit verantwortet, hätten den Juden im Warschauer Ghetto keine Waffen geliefert. Ich weiß nicht, wie verkommen man noch werden kann. Bei Alice Schwarzer & Co geht noch was.


Alice Schwarzer hält die Politik des ukrainischen Präsidenten für fragwürdig, und eine Reise des Bundeskanzlers nach Kiew am 9. Mai wäre für sie eine „Provokation ohne Gleichen“. Sie wünscht sich vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gemäßigtere Töne. „Ich bedauere, dass Selenskyj nicht aufhört zu provozieren“, sagte sie am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in München bei der Vorstellung des Dokumentarfilms „Alice Schwarzer“.

Würde Bundeskanzler Olaf Scholz der Einladung Selenskyjs folgen und am 9. Mai nach Kiew reisen, wäre das eine „Provokation ohne Gleichen“. An dem Tag feiert Russland den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

Schwarzer steht seit Tagen wegen eines offenen Briefes an Scholz in den Schlagzeilen, in dem sie sich aus Furcht vor einer Ausweitung des Krieges mit anderen Intellektuellen gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausspricht.

„Ich würde mir doch ein bisschen nuanciertere Töne auch aus der Ukraine wünschen“, sagte Schwarzer und betonte: Wenn man die offizielle Politik des Präsidenten „zum Teil fragwürdig“ fände, bedeute das nicht, dass man nicht mit dem Land fühle oder die Opfer ignoriere – „ganz im Gegenteil“.

Mit dem offenen Brief in der Zeitschrift „Emma“, den auch Martin Walser, Juli Zeh und Gerhard Polt unterzeichnet haben, sei die Debatte über das Pro und Contra der Waffenlieferungen hierzulande voll entbrannt. Denn die Hälfte der Menschen in Deutschland sehe die Lieferung schwerer Waffen laut Umfragen kritisch. 

„Unser offener Brief hat den Pfropfen aus der Flasche gehauen. Dadurch ist jetzt die Debatte einfach voll losgegangen und das ist gut. Denn über so lebenswichtige Fragen muss man reden.“ Den Brief haben mittlerweile rund 250.000 Menschen unterschrieben. „Es gibt wenig in meinem Leben, was so viel Sinn gemacht hat, wie das Initiieren dieses offenen Briefes.“



Wenn man auf wirkliche Putin- und Russlandkenner hört, darunter u.a. Michael Chodorkowski, der einzige Oligarch, der früh gegen Putins Korruption aufbegehrte und dafür 10 Jahre im Gefängnis saß, dann ist Putins NATO Narrativ nur vorgeschoben. Putin weiß genau, dass von dem Verteidigungsbündnis NATO keine Gefahr ausgeht. Wenn überhaupt, dann ist Amerika der ideologischer Gegner mit Interesse, Russland zu schwächen. Aber auch Amerika wird keinen aktiven direkten Konflikt mit Russland suchen.

Die tatsächliche Motivation für Putin ist für seinen Angriff auf die Ukraine ist, nicht zulassen zu können, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft zu Russland einen liberal-demokratisch, sich immer mehr nach Westen ausrichtenden Staat gibt. Das wäre eine zu große Versuchung für das noch immer stark unterdrückte, nicht wirklich frei lebende, wirtschaftlich knapsende russische Volk. Das ganze NATO Gerede ist reiner Vorwand - nach außen wie nach innen in Russland.

Vor diesem Hintergrund würde ein NATO-Beitritt Finnlands and Schweden sicherlich in Putins Narrativ hineinspielen („Seht her, ihr Russen, die Bedrohung kommt immer näher“.) Aber spätestens seit Putins Überfall auf die Ukraine weiß die Welt, dass die russische Armee in ihrem aktuellen Zustand ein Papiertiger ist, der konventionell geführte militärische Konflikte wenn überhaupt nur durch Abnutzungs- und Vernichtungsstrategien nicht aber durch Schlagkraft und Geschick gewinnen kann. Militärexperten sind sich einig, dass Russland konventionell der NATO unterlegen ist. Russland kann sein Bedeohungspotenzial allein durch sein nukleares Arsenal aufrecht erhalten. Und da gilt, und das weiß Putin natürlich auch, „wer den Knopf als erster drückt, stirbt als zweiter“.

Solange der Ukrainekrieg läuft, hätte Russland nicht genügend Soldaten und Material, um noch eine weitere Front in Finnland aufzumachen. Denn in diesem Fall, wäre es sofort ein Konflikt mit der NATO und von anderem Kaliber als in der Ukraine.

D.h., „militärische Spezialoperationen“, wie Putin es gern nennt, sind bei Finnland nicht möglich. Jede Aggression mündete sofort in NATO-Intervention und damit schnell in einen 3. Weltkrieg.

Und daher kann man dann nur hoffen, dass die nukleare Abschreckung weiterhin funktioniert und selbst einen hochaggressiven aber nicht verrückten Putin von selbstmörderischen Akten abhält bzw. dass es in seinem Umfeld noch ausreichend vernünftige ihr Leben liebende Funktionäre gibt, die solche Akte zu verhindern wüssten.

Die freie westliche Welt hat durch ihre Schwäche der Vergangenheit und das ewige gewähren lassen von Putin ihn zu seinen Aggressionen eingeladen. Ich hoffe, dass die Zeit des Wegsehens und des um des eigenen wirtschaftlichen Vorteils wegen Gewährenlassens jetzt vorbei ist, und die demokratischen Nationen der Welt die Bedrohung Putin jetzt endlich ernst nehmen und sich entsprechend aufstellen und verhalten.


Montag, 2. Mai 2022

Olaf Scholz und der Kreml...

Olaf Scholz und der Kreml
Zwischen Distanz und Nähe - Wladimir Putin und Olaf Scholz bei einem Treffen am 15. Februar 2022 im Kreml (1)

Die Ampelkoalition hat beschlossen, der Ukraine zur Verteidigung schwere Waffen zu liefern – neun Wochen nach Beginn der russischen Invasion. Verhindert hatte die Lieferungen Bundeskanzler Olaf Scholz. Wie bei vielen SPD-Politikern hat das auch mit seiner politischen Vergangenheit zu tun.

Von Hubertus Knabe

Die Liste hochrangiger Politiker, die die Ukraine in den letzten Wochen besucht haben, ist lang. Sie reicht von UN-Generalsekretär Antonio Guterres über EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bis zum britischen Regierungschef  Boris Johnson. Sie alle wollten ihre Solidarität mit einem Land demonstrieren, das am 24. Februar von einer erdrückenden Übermacht russischer Truppen überfallen wurde. Nur einer hat es bisher abgelehnt, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufzusuchen: Bundeskanzler Olaf Scholz, Regierungschef der größten Wirtschaftsmacht Europas.

Warum sich Scholz so zögerlich verhält und bis in die vergangene Woche verhinderte, dass Deutschland der Ukraine wirkungsvollere Waffen zur Selbstverteidigung liefert, lässt viele Beobachter rätseln. Doch wie bei vielen SPD-Politikern dürfe die Erklärung dafür auch in Scholz politischer Vergangenheit und den damals erworbenen Orientierungen liegen. Zu Beginn seiner politischen Karriere war er nämlich nicht nur überzeugter Marxist, sondern auch Exponent jener sogenannten Friedensbewegung, die die NATO und die USA als unverantwortliche Kriegstreiber betrachtete. In sicherheitspolitischen Fragen stellte er sich offen auf die Seite des Kremls.

Überzeugter Gegner der NATO

Als Scholz 1982 Vizechef der Jungsozialisten wurde, standen sich Moskau und der Westen ähnlich unversöhnlich gegenüber wie heute. Im Dezember 1979 waren sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschiert und der Kreml hatte Hunderte nukleare Mittelstreckenraketen neu auf Westeuropa gerichtet. Während die NATO, initiiert von Schmidt, mit der Stationierung eigener US-Raketen dagegenhielt, geißelte Scholz in Aufsätzen und Reden die „aggressiv-imperialistische NATO-Strategie“und deren „rechte“ Unterstützer in der SPD.

„Aggressiv-imperialistische NATO-Strategie“ – Olaf Scholz bei einer Demonstration gegen NATO-Raketen ca. 1982 (2)

Scholz kämpfte dabei nicht nur auf heimischen Boden gegen die NATO. Er verbündete sich in diesem Kampf vielmehr auch mit hohen Ostblock-Funktionären. Wie erst kürzlich bekannt wurde, reiste er zu diesem Zweck seit 1983 regelmäßig in die DDR – zwischen September 1983 und Juni 1988 insgesamt neunmal. Die DDR-Grenzorgane wurden dabei stets angewiesen, ihn vom Zwangsumtausch zu befreien und ihm eine „besonders  bevorzugte, höfliche Abfertigung“ zuteilwerden zu lassen.

Dokumente aus dem Bundesarchiv zeigen, dass sich Scholz damals weit stärker mit der Politik des Kremls identifizierte als mit der der USA oder der Bundesregierung. Nachlesen kann man das zum Beispiel in den Unterlagen über eine Reise des Juso-Bundesvorstandes im Januar 1984. Schon im Vorfeld hatten die Funktionäre des DDR-Jugendverbandes FDJ vermerkt, dass Scholz zur marxistisch orientierten Stamokap-Gruppe gehöre, die oft stärker bereit sei, „mit Kommunisten zusammenzuarbeiten.“ Tatsächlich profilierte sich Scholz damals im SPD-Jugendverband als inoffizieller Sprecher der Minderheit radikaler Marxisten, der in Reden und Aufsätzen gegen die Mehrheit der „Reformisten“ wetterte.

Die Juso-Delegation wurde damals vom zweitwichtigsten Funktionär der DDR, dem ZK-Sekretär für Sicherheit Egon Krenz empfangen. In der DDR-Nachrichtensendung „Aktuelle Kamera“ konnte man sehen, wie Scholz – seinerzeit noch mit rotem Wuschelkopf – Krenz gegenüber saß. In dem fast zweitstündigen Gespräch versicherten die Jusos, dass sie „1984 noch aktiver als bisher die Aktion der Friedensbewegung gegen die Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles in Westeuropa unterstützen“ wollten. Zudem vertraten sie die Ansicht, dass die Sowjetunion „den USA noch viel mehr Atomraketen vor die Haustür stellen“ müsste. Anders als Krenz kürzlich behauptete, forderten sie auch nicht die Freilassung der inhaftierten Bürgerrechtlerinnen Bärbel Bohley und Ulrike Poppe, sondern gaben sich laut einem Bericht „mit der Erklärung des Genossen Krenz zufrieden, dass in der DDR keiner für seine Gesinnung inhaftiert werde.“

„Noch viel mehr Atomraketen vor die Haustür“ – Olaf Scholz (2.v.r.) beim ZK-Sekretär für Sicherheit Egon Krenz 1984 (3)

Bei einem Empfang in der Vertretung der Bundesrepublik würdigte der Chef der Jusos, Rudolf Hartung, den Aufenthalt „als den bisher erfolgreichsten in den Beziehungen zwischen FDJ und Jungsozialisten.“ Als Scholz dabei gefragt wurde, was die Jusos denn zur Stationierung sowjetischer Raketen in der DDR sagten, antwortete dieser sybillinisch: Es gebe zwar einen Beschluss der SPD gegen die Stationierung amerikanischer Raketen – aber keinen gegen die sowjetischer Raketen, die er eindeutig für einen „Akt der Nachrüstung“ halte. In einer gemeinsamen Presseerklärung forderten FDJ und Jusos am letzten Besuchstag „den sofortigen Stationierungsstopp und den Abzug der bisher aufgestellten US-Erstschlagwaffen“.

„Völlige Übereinstimmung“ mit der FDJ

Im Oktober 1986 war Scholz erneut beim Zentralrat der FDJ. Auch diesmal wurden die Jungsozialisten von Krenz empfangenEinem Bericht zufolge wurden mit Scholz „auch die meisten Fragen zur Abschlussvereinbarung durchgesprochen“. Die Jusos hatten sich darin erstmals die Forderung der DDR zu eigen gemacht, Ostdeutschland wie einen ausländischen Staat zu behandeln – entgegen dem Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz.

Jusos und FDJ vereinbarten zudem, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden, der auch Scholz angehörte. Im Dezember 1986 reiste er deshalb erneut nach Ost-Berlin. Die FDJ vermeldete anschließend, „dass wir im Grundsatz völlige Übereinstimmung erzielen konnten.“ Die Jusos hätten einem Vorschlag der FDJ zugestimmt, gemeinsam für atom- und chemiewaffenfreie Zonen in Mitteleuropa einzutreten. Auch andere westeuropäische Jugendverbände sollten nun für diese Forderung gewonnen werden. Da der Großteil des sowjetischen Waffenarsenals davon nicht betroffen war, wäre eine Umsetzung in erster Linie zu Lasten der NATO gegangen.

In erster Linie zu Lasten der NATO – FDJ-Demonstration gegen die „imperialistische Hochrüstung“ 1981 in Halle (4)

Das Sekretariat des SED-Zentralkomitee segnete die Pläne der FDJ im Januar 1987 ab. Bereits im Februar stellten die Jusos mit den Abgesandten aus der DDR ihre „Übereinkunft“ in Bonn vor. Weil der Weltfrieden heute „gefährdet wie nie zuvor“ sei, so hieß es darin, brauche es eine „neue Phase der Entspannungspolitik“. Insbesondere das Vorhaben des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, einen Abwehrschirm gegen sowjetische Interkontinentalraketen aufzubauen, wurde kritisiert. Scholz, der das Papier mit schwungvollen Lettern unterschrieben hatte, erklärte den FDJ-Vertretern bei dieser Gelegenheit, sein Ziel sei „die Formierung der SPD zu einer linken Massenpartei, die fähig ist, die politischen Machtstrukturen in der BRD zu verschieben.“

„Formierung der SPD zu einer linken Massenpartei“ – Übereinkunft zwischen Jusos und FDJ vom Februar 1987

Scholz weilte nun regelmäßig in der DDR. Im März 1987 nahm er an einem Internationalen Friedensseminar der FDJ in Ost-Berlin teil. Laut Ablaufplan sollten er oder ein anderer Juso-Vertreter dabei auch SED-Chef Erich Honecker vorgestellt werden. Wie das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ berichtete, nahm Scholz damals auch an einer Pressekonferenz teil, auf der er die Initiative von Jusos und FDJ als „Beispiele für die Machbarkeit konkreter Friedenspolitik“ hervorhob. Etwa zur selben Zeit mokierte er sich über das Bekenntnis zur NATO im Entwurf eines neuen SPD-Grundsatzprogramms und betonte: „Der Frieden ist bedroht durch eine neue globale Strategie der USA.“

Im September 1987 beteiligte sich Scholz an einer offiziellen FDJ-Demonstration in der DDR. Auf einem Foto in deren Zentralorgan „Junge Welt“ sieht man, wie er in der ersten Reihe neben FDJ-Chef Eberhard Aurich durch Wittenberg läuft. Vor dem Rathaus hielt er anschließend eine Rede, die im DDR-Radio übertragen wurde. Zwei Monate später wirkte er an einem Seminar mit, das dem Zweck diente, die Forderungen von Jusos und FDJ auch vor Vertretern internationaler Jugendorganisationen zu propagieren. Untergebracht wurden die westlichen Gäste im Hotel „International“ in Magdeburg, nachdem das Reisebüro der DDR bereits vergebene Zimmer für sie hatte freiräumen müssen. Der Zentralrat der FDJ dankte anschließend dem Staatssicherheitsdienst und weiteren DDR-Ministerien „für die sorgfältige und umsichtige politische Unterstützung“.

Dank an den Staatssicherheitsdienst – Olaf Scholz (am Mikrofon) bei einer FDJ-Kundgebung im September 1987 (5)

Die Stasi begann in dieser Zeit, verstärkt gegen die aufkeimende Opposition in der DDR vorzugehen. Mitte Januar 1988 wurden über 100 Bürgerrechtler verhaftet und teilweise ausgebürgert. Der damalige Juso-Vorsitzende schrieb zwar nach einiger Zeit einen mahnenden Brief an Aurich, veröffentlichte diesen aber nicht, wie die FDJ-Führung aufmerksam registrierte; nur der Bundesausschuss gab eine öffentliche Erklärung ab. Als sich der kommunistische Jugendverband trotzdem über diese „Einmischungsversuche“ beschwerte, betonte Scholz die „moderate Behandlung der jüngsten Ereignisse in der DDR durch die Jusos“. Zugleich bekräftigte er seinen Wunsch, die Beziehungen zur FDJ weiterzuentwickeln – „möglichst ohne konjunkturelle Belastungen.“

1988 zog die FDJ Bilanz. „Die Jusos wurden Partner der FDJ im Friedenskampf,“ heißt es in einer als Vertrauliche Verschlusssache eingestuften Analyse. Auch mit anderen kommunistischen Jugendverbänden des Ostblocks würden diese zusammenarbeiten. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass Scholz auch Vizepräsident des Weltverbandes sozialistischer Jugendorganisationen IUSY sei. Tatsächlich wurden, wie aus mehreren Dokumenten hervorgeht, die Forderungen von FDJ und Jusos zur Zufriedenheit der SED nicht nur in Deutschland, sondern auch international verbreitet und unterstützt. Unter „Schlussfolgerungen“ hieß es in der Analyse: „Es ist so auf die Jusos einzuwirken, dass sie die von ihnen mitgetragenen Friedensvorschläge der Sowjetunion, der DDR und der anderen sozialistischen Staaten in ihrem Bündnisbereich in der BRD und in der Internationalen Union der Sozialistischen Jugend verankern und stabil vertreten.“

Die „wahren Feinde des Friedens“ in den USA

Im Mai 1988 war Scholz ein weiteres Mal in der DDR. Diesmal nahm er an einem Seminar der FDJ über „Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Zusammenarbeit junger Kommunisten und junger Sozialdemokraten“ bei der Friedenssicherung teil. „Das Auftreten der Delegation“, heißt es in einem anschließend gefertigten Bericht, „war geprägt vom offensichtlichen Willen, den erreichten Stand der Beziehungen zur FDJ konstruktiv fortzusetzen.“ „Auffällig“ nannten es die FDJ-Funktionäre, dass die innere Situation in der DDR keine große Rolle gespielt hätte. An der „Buhmann-Diskussion gegen die DDR“ hätten sich die Jusos nicht beteiligt. Die „Friedensoffensive der sozialistischen Länder“ hätte laut Jusos vielmehr zu einem „Aufbrechen des antikommunistischen Feindbildes“ in der Bundesrepublik geführt. Die „wahren Feinde des Friedens“ befänden sich im „Militär-Industrie-Komplex der USA“ und in der „Stahlhelm-Fraktion“ von CDU/CSU.

„Aufbrechen des antikommunistischen Feindbildes“ – FDJ-Information über ein Seminar mit Olaf Scholz 1988

Bei dem Seminar erklärte Scholz auch seine Bereitschaft, an einem „Internationalen Treffen für kernwaffenfreie Zonen“ in Ost-Berlin teilzunehmen. Bei der Veranstaltung setzte sich die hochmilitarisierte DDR im Juni 1988 vor mehr als tausend Teilnehmern aus 113 Ländern als Friedensstaat in Szene. Scholz wurde diesmal schon fast wie ein Staatsgast behandelt, denn ein ZK-Mitarbeiter holte ihn persönlich mit dem Auto am Grenzübergang ab. Den Unterlagen zufolge war dies Scholz‘ letzte Reise in die DDR.

Das alles ist über 30 Jahre her. Nicht nur äußerlich hat sich Scholz seitdem erheblich verändert. Gleich geblieben ist hingegen das Großmachtdenken im Kreml, das den umliegenden Staaten das Recht auf Selbstbestimmung abspricht – und die Bereitschaft vieler Sozialdemokraten, die daraus folgende Politik zu akzeptieren. Wie kein anderer steht dafür der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder, der Aufsichtsratschef zweier russischer Staatskonzerne ist und am 30. Juni in den Aufsichtsrat von Gazprom einziehen soll.

Er war es, der als Juso-Vorsitzender 1980 die Zusammenarbeit mit der FDJ begann.

Erschienen auf hubertus-knabe.de ...