Die Untersuchung beinhaltete eine ausgiebige Sammlung der Daten von operationellen Systemen, der Bodentruppen und der Befehlskette. Dies beinhaltete Debriefings der Einsatztruppen, Einsatzbefehle, Material von Beobachtungssystemen (von einer Drohne wurde bereits berichtet, Anm. d. Red.) und Funkverkehr. Zusätzlich wurde der Vorfall am Boden rekonstruiert, also nachgestellt.
Die Untersuchung wurde durchgeführt von einem Team, das aus der Befehlskette herausgelöst war und direkt dem Chef des Stabes Generalleutnant Eyal Zamir unterstand.
Anmerkung: Nach meinem Eindruck entspricht das dem typischen, „westlichen“ Vorgehen bei solchen Untersuchungen. Die Nachstellung „in the field“ finde ich beeindruckend.
Die Untersuchungen zeigt, dass der Einsatz in einer „feindlichen und gefährlichen“ Gefechtszone stattfand. Hintergrund des Vorfalls ist die Herausforderung der IDF, medizinische Teams zu respektieren und zu schützen, aber ebenso der wiederholten Nutzung ziviler Infrastruktur durch die Hamas zu begegnen, einschließlich des Transportes von Terroristen und Waffen in Krankenwagen.
Die Untersuchung fand keine Anzeichen für Hinrichtungen oder dass irgendeiner der Getöteten während oder nach dem Vorfall gefesselt wurde. Solche Behauptungen seien „blood libels“ (etwa: „Blut-Anschwärzungen“, Anm. d. Red.) und Falschbehauptungen gegen Soldaten der IDF.
Anmerkung: Die Behauptung der Fesselung geht einzig auf einen behandelnden Arzt zurück, der an einem (!) Handgelenk eine Schnur gesehen haben will. Nach meiner Kenntnis hat auch keine andere palästinensische Organisation diese Behauptung aufgestellt, sie wurde lediglich im britischen Guardian zitiert.
In der Nacht des Vorfalls am 23.03.25 führten die Truppen einen wichtigen („vital“) Einsatz gegen Terroristen durch.
Während dieses Einsatzes sind mehrere Fahrzeuge und Krankenwagen an der Einheit vorbeigefahren, ohne dass es zu Zwischenfällen kam, da die Einheit diese nicht als Bedrohung ansah. Darüber hinaus wurden zwei Fußgänger festgehalten und anschließend wieder gehen gelassen. Dies zeige, dass die Einheit nicht wahllos auf alles geschossen hätte, sondern lediglich aufmerksam gegenüber Bedrohungen war.
Es kam zu drei Ereignissen, bei denen geschossen wurde. Beim ersten Ereignis feuerten die Soldaten auf ein Fahrzeug, das als Fahrzeug der Hamas identifiziert wurde. Dem folgend waren die Soldaten in höchster Alarmbereitschaft.
Anmerkung: Ich gehe davon aus, dabei handelte es sich um den geheimnisvollen „Wagen 1“, der in dem von der New York Times veröffentlichten Video zu sehen ist.
Das zweite Ereignis fand etwa eine Stunde später statt. Dabei eröffneten die Soldaten das Feuer auf einen Feuerwehrwagen und Krankenwagen, die „sehr nah“ an sie herankamen. Was diese als „unmittelbare und konkrete Bedrohung“ ansahen. Unterstützende Luftüberwachung (die gemeldete Drohne, siehe oben, Anm. d. Red.) hatte zuvor fünf Fahrzeuge gemeldet, die sich schnell den Soldaten näherten, in ihrer Nähe hielten und Menschen aus den Fahrzeugen sprangen. Der stellvertretende Bataillonskommandeur bewertete diese Fahrzeuge als durch Hamas-Kräfte geführt, die gekommen waren, um die Insassen des ersten Fahrzeugs zu unterstützen. In dieser Einschätzung ließ er das Feuer eröffnen. Fünfzehn Palästinenser wurden getötet. Sechs der getöteten wurden später als Mitglieder der Hamas identifiziert.
Anmerkung: Der Zivilschutz ist offizieller Teil der Hamas, also auch das Feuerwehrfahrzeug. Die Mitarbeiter des Zivilschutzes werden daher als Mitglieder der Hamas eingestuft. Das ist kriegsrechtlich legitim, sagt aber nichts darüber aus, ob geschossen werden darf. Dafür gelten andere Maßstäbe. Grundsätzlich darf man auch nicht auf unbewaffnete Mitglieder der Hamas schießen. Das behauptet die IDF jedoch auch nicht, sie nennt das nicht als Rechtfertigung.
Aufgrund schlechter nächtlicher Sichtverhältnisse erkannte der stellvertretende Bataillonskommandeur die Fahrzeuge nicht als Krankenwagen. Erst als die Fahrzeuge später untersucht wurden, wurde erkannt, dass es sich tatsächlich um medizinische Teams handelte.
Der dritte Vorfall ereignete sich etwa 15 Minuten später, als die Soldaten auf ein palästinensisches Fahrzeug der UN feuerten. Aufgrund von Einsatzirrtümern und im Bruch der Vorschriften. Der Kommandeur meldete den Vorfall und die Untersuchung ergab später zusätzliche Informationen.
In der Morgendämmerung wurde entschieden, die Getöteten zu sammeln und die Fahrzeuge von der Straße zu räumen, um „zivile Evakuierungen“ vorzubereiten.
Anmerkungen: Ich weiß nicht, was mit „zivile Evakuierungen vorzubereiten“ gemeint sein soll. Es wird nicht näher erklärt. Die Autos mit einem Bulldozer von der Straße zu schieben ist allerdings durchaus gängige Praxis. Die Fahrzeuge wurden dabei zerstört, die IDF bezeichnet dies selber als „crushing“. Anders als einige Meldungen es behaupteten, wurden sie jedoch nicht vergraben. Sondern lediglich teilweise vom losen Sand bedeckt. Das ist auf den Aufnahmen von Mitarbeitern der UN während der Bergung gut zu sehen.
Diese Aktionen wurden von Befehlshabenden angeordnet. (Also anderen als dem erwähnten stellvertretende Bataillonskommandeur, so etwas machen Kampfeinheiten im Einsatz nicht selber, Anm. d. Red.)
Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass das Sammeln und Bedecken der Leichen angesichts der Umstände vernünftig war. Die Zerstörung der Fahrzeuge war jedoch war falsch.
Anmerkung: Man hätte sie einfach von der Straße fahren oder schieben können. Da die IDF das so deutlich formuliert, sieht sie es genauso.
„In general, there was no attempt to conceal the event, which was discussed with international organizations and the UN, including coordination for the removal of bodies.“
„Generell gab es keinen Versuch, den Vorfall zu vertuschen. Er wurde mit internationalen Organisationen und der UNO abgesprochen, auch die Koordinierung der Bergung der Leichen wurde vereinbart.“
Anmerkung: Exakt das ergibt sich auch aus den Veröffentlichungen der UN, die ich
im ersten Bericht chronologisch aufgearbeitet habe. Woher diese Behauptung stammt, die wiederum von einigen Medien übernommen wurde, kann ich nicht sagen. Vermutlich haben einige sich das aus den Veröffentlichungen des Roten Halbmondes so zurechtgelegt.
Die Untersuchung ergab, dass in den ersten beiden Fällen ein einsatzbedingtes Missverstehen („operational misunderstanding“) durch die Soldaten vorlag, die sich in einer akuten Gefahr glaubten. Der dritte Fall beinhaltet einen Bruch der Vorschriften.
Der Chef des Stabes betonte den Einsatz für den Kampf gegen die Hamas fortzuführen, während man an den Werten, der Disziplin und den Befehlen festhält. Er bekräftigte, dass das Golani Aufklärungsbataillon ein professionelles und hochqualitatives Bataillon ist, das seit eineinhalb Jahren ausgezeichnet operiert. Dennoch zeige die Untersuchung professionelle Fehler, den Bruch von Befehlen und einen Fehler, den Vorfall umfänglich zu melden.
Anmerkung: Und hier kommt die erste Aussage des Pressesprechers Oberstleutnant Nadav Shoshani in Spiel, die Fahrzeuge seien nicht beleuchtet gewesen. Auf dem veröffentlichten Video sah man, dass sie voll beleuchtet waren.
Der Stabschef akzeptierte den Vorschlag des Kommandeurs für den südlichen Distrikt, der folgendes vorsieht: Der Kommandeur der 14, Brigade erhält eine Rüge, die in seine Personalakte aufgenommen wird, aufgrund seiner Verantwortlichkeit für den Vorfall, inklusive des Gefechtes und dem Management danach.
Der stellvertretende Bataillonskommandeur wird seines Postens enthoben. Wegen seiner Rolle bei dem Vorfall und weil er während des Debriefings einen falschen und unvollständigen Bericht abgegeben hat.
„Die Kommandeure betonten, dass der stellvertretende Kommandeur des Golani-Aufklärungsbataillons ein hoch angesehener Offizier sei, dessen Militärdienst und persönliche Geschichte von Kampfgeist, Freiwilligkeit und großem Engagement zeugen. Nach dem 7. Oktober kehrte er aus dem Ausland zurück, um als Reservist zu dienen. Er setzte seinen Einsatz in Gaza fort, bis er im Kampf verletzt wurde, und kehrte nach seiner Genesung in den Dienst zurück. In den vergangenen sechs Monaten diente er als stellvertretender Kommandeur des Bataillons und war im aktiven Reservedienst.
Die israelischen Streitkräfte bedauern den Schaden, der unbeteiligten Zivilisten zugefügt wurde. Der Untersuchungsprozess ist auch Teil der laufenden Bemühungen, aus operativen Vorfällen zu lernen und die Wahrscheinlichkeit ähnlicher Vorfälle in Zukunft zu verringern. Bestehende Protokolle wurden präzisiert und verschärft. Dabei wird die Notwendigkeit erhöhter Vorsicht bei Einsätzen in der Nähe von Rettungskräften und medizinischem Personal, selbst in intensiven Kampfgebieten, betont.“