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Mittwoch, 13. August 2025

Die dumme Sau des Tages...

NIUS gewinnt vor Gericht gegen Antifa-Fotografen Hardy Krüger – hier lesen Sie, was wir alles über ihn behaupten dürfen

Der Antrag des "Fotojournalisten" Hardy Krüger auf einstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenportal NIUS wurde vom Gericht vollständig abgewiesen.



von Jan A. Karon

In einem wegweisenden Urteil hat das Landgericht Berlin II den Antrag des dezidiert linken Fotojournalisten Hardy Krüger auf eine einstweilige Verfügung gegen das Nachrichtenportal NIUS vollständig abgewiesen. Krüger, der sich selbst als leidenschaftlicher Beobachter der rechten politischen Szene wähnt, fühlte sich durch einen NIUS-Artikel in seiner Berufsehre verletzt und warf dem Medium vor, ihn fälschlich als Denunzianten darzustellen. Das Gericht hingegen urteilte zugunsten von NIUS: Die Berichterstattung sei ein legitimer Beitrag zum „geistigen Meinungskampf“ über mediale Praktiken und überwiege das Persönlichkeitsrecht des Klägers.

„Öffentlicher Pranger“

Der Streit dreht sich um einen NIUS-Artikel vom 16. Juni 2025 mit dem Titel „Wie Antifa-Fotografen die Teilnehmer eines privaten Sommerfests ablichteten“. Darin beschrieb NIUS, wie Krüger und andere Fotografen beim Sommerfest der konservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ in Berlin-Wilmersdorf auftraten: Bei 30 Grad Hitze positionierten sie sich mit Teleobjektiven und fotografierten nahezu alle der rund 500 eintreffenden Gäste. Die private Veranstaltung besuchten ­– neben Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, AfD-Chef Tino Chrupalla und Staatsrechtler Ulrich Vosgerau ­– auch Hunderte unbekannte Privatpersonen, mitunter sogar mit ihren Kindern. Die Bilder wurden kurz darauf online gestellt.

NIUS stellte Krüger als Teil eines „Systems des bewussten Outings“ dar, in dem linke Aktivisten unter dem Deckmantel des Journalismus Personen mit konservativen oder rechten Ansichten an den „öffentlichen Pranger“ stellten – eine Praxis, die immer wieder zu beruflichen Nachteilen, Cancel-Versuchen und sogar Gewalt führen kann.

Ein Urteil im Sinne der Pressefreiheit

Krüger, der unter dem Label „Presseservice Rathenow“ arbeitet und Fotos von Demonstrationen an zahlreiche Medienhäuser verkauft hat, sah in der Berichterstattung eine unzulässige Identifizierung und Denunziation seiner Person. Er forderte die Unterlassung der Wort- und Bildberichte und argumentierte, NIUS bezichtige ihn fälschlich, Fotos an Arbeitgeber oder Schulen weiterzuleiten. Zudem berief er sich auf sein Persönlichkeitsrecht nach Artikel 2 und 1 des Grundgesetzes. In einer eidesstattlichen Versicherung bestritt er, politisch motiviert zu handeln, und betonte, er dokumentiere lediglich öffentliche Ereignisse.

Doch das Gericht folgte dieser Sichtweise nicht. In dem Urteil der 27. Zivilkammer vom 12. August, welches NIUS vorliegt und ohne mündliche Verhandlung erging, wies es den Antrag als unbegründet zurück und lud Krüger die Kosten des Verfahrens auf.



Das Gericht betonte in seiner Begründung die Abwägung zwischen Krügers Persönlichkeitsrecht und der Meinungs- und Pressefreiheit von NIUS nach Artikel 5 GG. „Der Antragsteller kann zunächst nicht die Unterlassung einer identifizierenden Berichterstattung über seine Person durch den streitgegenständlichen Artikel verlangen“, heißt es im Urteil. Die Berichterstattung betreffe zwar Krügers „Berufsehre und soziale Anerkennung“, da sie „geeignet ist, Zweifel an seiner Integrität bei der Ausübung seines Berufs zu begründen“. Dennoch sei sie nicht rechtswidrig: „Bei umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles gebührt dem Persönlichkeitsschutz des Antragstellers kein Vorrang vor dem Berichtsinteresse der Antragsgegnerin. Die vorzunehmende Gesamtabwägung [...] fällt vorliegend zu Gunsten der Antragsgegnerin aus, da es sich bei den angegriffenen Äußerungen im Wesentlichen um zulässige Werturteile und wahre Tatsachenbehauptungen handelt.“

Gericht attestiert NIUS „hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte“

Ausführlich begründete das Gericht, warum NIUS’ Darstellung als Meinungsäußerung geschützt ist: „Die streitgegenständliche Berichterstattung ist entscheidend durch Elemente des Dafürhaltens und Meinens geprägt.“ Sämtliche dieser Äußerungen enthielten zwar eine subjektive Wertung, die mit tatsächlichen Bestandteilen der Äußerungen untrennbar verbunden seien und sich deshalb insgesamt als Meinungsäußerungen darstellen. Für diese gebe es „hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte“, da Krüger „nicht in Abrede stellt, das streitgegenständliche Sommerfest beobachtet und dabei nicht nur prominente, sondern auch zahlreiche einer breiten Öffentlichkeit unbekannte Teilnehmer und zum Teil sogar Kinder mit einer mit einem Teleobjektiv ausgestatteten Kamera fotografisch festgehalten sowie seine Fotos sodann der Öffentlichkeit online zugänglich gemacht zu haben.“ Dies, so die Richter, reiche aus, um die These von NIUS – Personen mit „liberalen, libertären, konservativen und rechten Ansichten“ würden einem „öffentlichen Pranger“ ausgesetzt – nicht als „willkürlich ‚aus der Luft gegriffen‘“ zu werten.

Das Gericht wies auch Krügers Vorwurf zurück, NIUS unterstelle ihm direkte Denunziation: „Der vom Antragsteller behauptete Eindruck, er selbst würde die von ihm gefertigten Lichtbilder denunziatorisch gegen Teilnehmer politisch ‚rechter‘ Veranstaltungen einsetzen, wird durch die streitgegenständliche Berichterstattung nicht hervorgerufen.“ Stattdessen habe NIUS lediglich wahre Vorgänge berichtet und Schlussfolgerungen den Lesern überlassen – eine „Kernaufgabe einer freien und unabhängigen Presse“. Selbst wenn die Äußerung mehrdeutig sei, habe NIUS klargestellt, dass Dritte, nicht Krüger selbst, Fotos weiterleiteten.

„Der gesamten Berichterstattung kommt ein erheblicher Informationswert zu“

Besonders hebt das Urteil den öffentlichen Wert der NIUS-Recherche hervor: „Zu Gunsten der Zulässigkeit der angegriffenen Äußerungen fällt zudem erheblich ins Gewicht, dass der Artikel einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage liefert, weshalb eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede spricht.“

Die These von einem „medialen System des ‚bewussten Outings‘ abweichender Meinungen“ sei von „hohem öffentlichen Interesse“. NIUS habe zudem die Anknüpfungstatsachen offengelegt, was den Eingriff mildere: „Es steht dem Leser daher frei, diese selbst zu bewerten und zu einer anderen Meinung zu kommen.“

Antifa-Fotografen lichteten die Teilnehmer eines privaten Sommerfests ab.



Auch die Veröffentlichung von Fotos Krügers – darunter solche vor kommunistischen Symbolen wie einer Lenin-Statue – sei zulässig, da sie Bildnisse „aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ darstellten. „Der gesamten Berichterstattung kommt [...] ein erheblicher Informationswert zu“, urteilte das Gericht. Krügers Handeln in der Öffentlichkeit, wo er „mit einer intensiven (Gegen-)Beobachtung durch die Presse rechnen musste“, überwiege sein Schutzinteresse. Es führe nicht zu „Stigmatisierung, Ausgrenzung oder Prangerwirkung“, sondern diene der Veranschaulichung.

Der Antifa-Fotograf neben einer Statue des Massenmörders Wladimir Iljitsch Lenin



Ein abgerockter Briefkasten und eine ladungsfähige Adresse mit Antifa-Bezug

Zudem dürfte das Urteil weitere Fragen hinsichtlich einer Verschleierungstaktik von sogenannten Antifa-Fotografen aufwerfen. In der Stellungnahme vor Gericht hatte NIUS argumentiert, Krügers Adresse – eine c/o-Anschrift bei einem Verein in Rathenow, die sich als Physiotherapiepraxis entpuppte – sei eine „Verschleierungstaktik“, um Vollstreckungen zu erschweren. Das Gericht ließ diese Frage offen, verwies aber mit Blick auf die fadenscheinige Adresse darauf, dass der Antrag bereits unbegründet sei.

In der Goethestraße 40, der Adresse, die der Antifa-Fotograf Krüger als Impressum für seinen Presseservice Rathenow aufweist, sitzt ein Physiotherapeut. Daneben hängt ein heruntergerockter Briefkasten an einem Gartentor, wie Bilder zeigen, die NIUS vorliegen. Dort teilt sich Krüger wohl die Adresse mit der Antifa Westhavelland, dem Freibeuter e.V. und dem Café „Handgemenge“, das sich bereits mit der Linksextremistin Lina E. solidarisierte.

Krüger weist in Rathenow den Freibeuter e.V. als seine Anschrift im Impressum aus. An der Goethestraße 40 soll auch das Lina E.-Soli-Café „Handgemenge“ und die Antifa Westhavelland sitzen.



Man könnte angesichts dieses Briefkastens auf die Idee kommen, dass der freie Journalist womöglich nicht die objektivste Quelle ist – und mit seiner Fotopraxis eher Feindmarkierung von Rechten denn ein aufrichtiges Informationsinteresse im Sinn hat.



Dienstag, 12. August 2025

Wie Propaganda Sprache verzerrt – Sechs aktuelle Beispiele

Propaganda beginnt mit der Instrumentalisierung von Sprache.
Und die Beginnt damit, dass Begriffe abseits ihrer tatsächlichen Definition eingesetzt werden. Um die Empfänger emotional zu manipulieren. Psychologische Stichworte sind Framing und Priming.

Ich halte es persönlich, auch aufgrund meiner Vorbildung, für wichtig, bereits auf dieser untersten Ebene der Propaganda entgegenzutreten.
Die Medien versagen hier jedoch kläglich. Aus vielen, auch eigennützigen Motiven.

Sechs Beispiele von Sprache und Definitionen, die es im Kontext des Gazakrieges inzwischen geschafft haben, an ihrem tatsächlichen Bedeutungsinhalt vorbei in der Umgangssprache verfestigt zu werden:

Vertreibung

Nach allen Definitionen, auch nach dem Kriegsvölkerrecht, muss Vertreibung immer zwei Bedingungen erfüllen: Sie muss dauerhaft sein und sie muss aus der Region erfolgen, meist über Staatsgrenzen hinweg.

Im ersten Fall bedeutet das, das man erst beurteilen kann, ob Palästinenser „vertrieben“ werden, wenn Israel entsprechende Mechanismen installiert.
Im zweiten Fall bedeutet das, dass Gaza-Palästinenser innerhalb des Gazastreifens nicht „vertrieben“ werden können. Denn der Gazastreifen ist so groß wie Schwedt an der Oder.

Genozid

Die oberste Definition von „Genozid“ oder „Völkermord“ ist die Konvention der UN von 1948. Sie beschreibt fünf Merkmale, an denen ein Völkermord zu erkennen ist.

Davor setzt sie jedoch eine Bedingung, die zumeist übergangen wird. Nämlich die Absicht, eine Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. Der Jurist spricht hier vom „Dolus specialis“.

„Teilweise“ bedeutet, dass die Anzahl der Opfer fast egal ist. Die Absicht ist entscheidend.
Diese Absicht muss, wie bei jedem Verbrechen, nachgewiesen werden. Dafür reichen Äußerungen einzelner Politiker nicht aus, wenn sie nicht in eine planvolle Handlung umgesetzt werden.

Im Gazakrieg fehlt es an dieser planvollen Umsetzung. Israel hätte das längst tun können, seit Jahrzehnten. Stattdessen sehen wir jedoch Maßnahmen, welche die Zivilbevölkerung schützen. Beispielsweise Impfkampagnen, Wasserversorgung, „Anklopfen“, Millionen SMS und Anrufe, um vor Luftschlägen vorzuwarnen, usw.

Krieg und Genozid sind zwei Instanzen, die unabhängig voneinander existent sein können und getrennt werden können und müssen. Das Töten von Menschen in einem Krieg, auch von Zivilisten, ist nicht zwangsläufig ein Völkermord.

Kriegsverbrechen

Kriegsverbrechen sind Verbrechen, die in einem Krieg gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Beispielsweise das Erschießen von Zivilisten.
Davon zu unterscheiden sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Eine einfache Eselsbrücke dazu ist, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch ohne Kriegsgeschehen erfolgen können.
Lassen Israelische Politiker beispielsweise den Gazastreifen abriegeln, sind das keine eventuelle Kriegsverbrechen, sondern eventuelle Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

In jedem Krieg werden auch Kriegsverbrechen begangen. Von allen Seiten.
Beispielsweise ist annähernd jede kriegerische Handlung, welche die Palästinenser durchführen, ein Kriegsverbrechen. Weil die Kombattanten sich nicht kenntlich machen, weil sie sich unter Zivilisten verstecken, usw.
Der Internationale Gerichtshof sieht sich hier aber nicht zuständig, da Palästina kein vollwertiges Mitglied der UN ist und viele Abkommen nicht unterzeichnet hat. Was bedeutet, dass er ausschließlich gegen Israel vorgehen kann. Er ist also nachweislich einseitig.

Journalisten

Journalisten genießen keinen besonderen Schutz.
Sie werden im Völkerrecht genau einmal erwähnt, und zwar im Artikel 79 des Zusatzprotokolls I der Genfer Konventionen. Und dort steht lediglich, dass Journalisten als Zivilisten gelten.

Aus eigennützigen Interessen wird das von Journalisten gerne so dargestellt, als seien sie eine besonders geschützte Gruppe. Das sind sie nicht. Hier findet eine Manipulation statt.

Das geht so weit, dass auch AI Anwendungen (Grok, ChatGPT, etc.) zunächst antworten, dass Journalisten besonders geschützt seien. Erst auf Nachfrage wird bestätigt, dass sie lediglich den gleichen Status haben, wie alle anderen Zivilisten auch.
Es gibt nicht einmal einen internationalen Rechtsanspruch, als Journalist anerkannt zu werden.

Das bedeutet, dass auch Journalisten zu Kollateralschäden werden können, ohne dass ein Kriegsverbrechen oder auch nur eine Absicht vorliegt.

Die Medien-Lobby kommuniziert getötete Journalisten grundsätzlich als Journalisten, was den Eindruck erweckt, sie seien getötet worden, weil sie Journalisten sind. Tatsächlich ist es für die Medien weltw

eit jedoch völlig unmöglich bei Journalisten im Gazastreifen zu prüfen, ob sie mit der Hamas verflochten oder gar Teil der Hamas sind. Dazu gibt es inzwischen viele Beispiele von „Journalisten“, welche mit internationalen Medien und Agenturen zusammengearbeitet haben, bei denen sich später eine Verbindung zur Hamas oder zum Dschihad herausstellte.

Gezieltes Töten von Zivilisten

In jedem Krieg werden auch Zivilisten getötet. Das kann viele Ursachen haben.

Gezielt“ werden Zivilisten nur in einem einzigen Fall getötet: Wenn demjenigen, der sie tötet, vorher bewusst ist, dass er auf Zivilisten zielt und sie trotzdem tötet. Schießt ein Soldat zurück und trifft dabei einen Zivilisten, ist das ebenso wenig ein Kriegsverbrechen, wie der Schuss eines Panzers auf ein Haus, wenn der Schütze nicht weiß, dass sich darin noch Zivilisten befinden.

Ein Kriegsverbrechen kann darüber hinaus sein, wenn jemand auf feindliche Kombattanten zielt, und dabei zivile Opfer in Kauf nimmt, „die in keinem Verhältnis zum insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen.“ (Art. 51 Abs. 5(b) ZP I, Genfer Konventionen)
Was das konkrete Verhältnis ist, muss also ein Gericht bewerten. Vereinfacht gesagt erlaubt die Tötung eines Generals oder Vernichtung eines Raketenwerfers mehr Kollateralschäden als ein feindlicher Schütze.

Domizid

Als „Domizid“ wird die systematische und großflächige Zerstörung von zivilem Wohnraum und Infrastruktur bezeichnet. Dies kann die Bedingungen für einen Völkermord erfüllen.

Wird die Infrastruktur jedoch nach und nach in mehreren Angriffen zerstört, beispielsweise weil sich in den Gebäuden Kombattanten verschanzen oder weil militärische Bunkereingänge in zivilen Häusern (Kriegsverbrechen!) gesprengt werden, wird die Bedingungen „systematsich“ nicht mehr erfüllt.

Medienversagen

Ich betone: Das sind nicht meine Regeln und das ist nicht das, was ich gut oder erstrebenswert finde.
Das sind die Regeln, so wie die meisten („westlichen“) Soldaten sie lernen.

Um das Vorgehen Israels beurteilen zu können, wäre es also zwingend notwendig, sich damit zu befassen. Nicht zwangsläufig wie ein Jurist, aber zumindest wie ein Soldat.

Das derzeitige Medienversagen besteht darin, dass Journalisten sich zum Gazakrieg äußern, ohne diese Kompetenzen zu haben. Und dass sie der Propaganda auch dort eine Stimme geben, ohne gezielt und scharf nachzufragen.

Man kann über Moral diskutieren. Dann muss man das aber als solches Kennzeichnen und kommunizieren. Nicht als Tatsachenbehauptung.
Krieg hat jedoch keine Moral. Das ist eine Instanz, die in einem Krieg nicht stattfindet.

Auch die Aussage, das Vorgehen einer Kriegspartei sei unmenschlich, ist ein Oxymoron, das jenen, die so etwas äußern, vermutlich gar nicht bewusst ist.
Als wenn zehntausende Tote „menschlicher“ wären, nur weil sie konform mit dem Kriegsvölkerrecht getötet wurden.

Erschienen auf steady.page

Montag, 21. Juli 2025

Weidel-Interview vor Störkulisse: Mit dieser miesen Inszenierung hat sich die ARD journalistisch beerdigt

von Wilma Fricken

Hatte Schwierigkeiten, sich Gehör zu verschaffen: Alice Weidel beim heutigen ARD-„Interview“ 



Das heute um 18 Uhr ausgestrahlte ARD-“Sommerinterview” mit AfD-Chefin Alice Weidel sollte eigentlich ein politisches Gespräch von Gewicht werden. Stattdessen geriet es zu einem offenbar planvollen Desaster, das weniger über die AfD als über den erbärmlichen geistig-moralischen Zustand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aussagt: Lautstarke Proteste linksradikaler Aktivisten, angeführt vom „Zentrum für Politische Schönheit“ mit ihrem „Adenauer SRP+“-Bus, machten das Gespräch nahezu unverständlich. Trillerpfeifen, Hupen und Sprechchöre wie „Scheiß AfD“ dröhnten über die Spree, während Weidel so tapfer wie verzweifelt versuchte, die wie üblich tendenziösen und voreingenommen Fragen von Moderator Markus Preiß zu beantworten.

Die Krönung dieser Zumutung: Die ARD ließ zu, dass eine kleine Gruppe von 25 Aktivisten das Gespräch sabotierte – ohne jegliche Konsequenzen. Die Berliner Polizei beendete die “unangemeldete Aktion”, nahm jedoch niemanden fest. Das „Zentrum für Politische Schönheit“ feierte die Störung anschließend als „bestes Sommerinterview mit Faschisten“. Schon früh machte die Senderleitung überdeutlich, auf welcher Seite sie hier stand: Statt professionell zu reagieren und das Interview bei Aufkommen der ersten Störchoräle ins Studio zu verlegen (eine Maßnahme, die in Anbetracht der zu erwartenden Krawalle ohnehin angebracht gewesen wäre), gab sie dem Chaos seinen Lauf – “ein Tiefpunkt des öffentlich-rechtlichen Journalismus”, wie “Focus”-Co-Chefredakteur Thomas Tuma treffend anmerkte.

Niederträchtiges Spektakel

Tuma schrieb außerdem, dieses Fanal habe “mit Journalismus nur noch so viel zu tun wie eine Kirmes, bei der sich ein eigens eingeladener Gast plötzlich als Hau-den-Lukas-Objekt für die Dorfschläger wiederfindet”. Und: Diese halbe Stunde werde “noch lange nachhallen als Beispiel, wie Journalismus eben nicht geht”. Bereits um 15 Uhr war das niederträchtige Spektakel live in der ARD-Mediathek zu sehen – und obwohl die Ausstrahlung erst für 18 Uhr angekündigt war und somit noch Gelegenheit für einen Ortswechsel bestanden hätte (etwas, das bei Merz, Klingbeil oder linken und grünen Interviewpartner eine Selbstverständlichkeit gewesen wäre!), ließ man, offenkundig mit hämischer Genugtuung, die blamable Show inklusive “Soundtrack” der versammelten hörbaren Linksfaschisten laufen.

Mittendrin statt nur dabei. Das Erste war direkt eingebunden.



Nicht einmal eine (in der heutigen digitalen Zeit sogar KI-automatisiert problemlos mögliche) Nachbearbeitung der Tonspur unter Ausblendung der imbezilen Hassgesänge für die 18-Uhr-Hauptausstrahlung zog man offenbar auch nur in Betracht. So wurde das Interview in voller “Hintergrundlautstärke” ausgestrahlt, wohl um sicherzustellen, dass auch die Filterschranke der Hörgeräte des ARD-Durchschnittspublikums vor den heimischen Mattscheiben durchdrungen wird. Nein: Wer dieses Debakel sah und hörte, kann nur zu dem Eindruck kommen, dass die ARD diesen Eklat definitiv wollte und womöglich sogar provozierte, wenn nicht gar mitinszenierte.

Zonen-Überlebender Sudel-Markus Preiß...



Preiß: “Es ist ja sehr laut”

Das vermutet auch Erika Steinbach, die auf X kommentiert: “Das war mit Sicherheit hinter den Kulissen arrangiert. Ansonsten hätte man das Interview in die Räume verlegen können. Das wollte man nicht. Man hat wohl gehofft, dass Alice Weidel das Interview abbricht. Die Freude hat sie denen aber nicht gemacht.” Überhaupt wirkt die Bezeichnung „Live-Interview“ wie Hohn – denn ein echtes Gespräch war ja gewolltermaßen kaum möglich. Weidel musste sich vorbeugen, um Preiß’ Fragen zu verstehen, während dieser die Störungen mit einem süffisanten „Es ist ja sehr laut“ abtat. Schlimmer noch: Statt die Situation zu deeskalieren, füllte die ARD die Sendezeit mit Einspielfilmen, die einseitige Kritik an der AfD zusammentrugen. Nach dem Interview folgte eine Selbstdarstellung des Senders: Preiß wurde gefeiert, Weidel betont negativ dargestellt.

Dieser neuerliche Umgang des Staatsfunks mit der Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, deren Wähler sein eigenes Zwangsgebührenbudget zu rund einem Viertel mitfinanzieren, macht deutlich, wie überfällig und alternativlos die ersatzlose Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Dieser Propagandaapparat hat nicht nur mit Journalismus rein nichts mehr zu tun, er entwürdigt auch seine ehrbare Tradition – und seine schwindenden und/oder wegsterbenden Zuschauer gleich mit. So wie hier wird die Opposition nicht einmal in Russland vorgeführt. Plumpe Verächtlichmachung und Kampagnentum liegen allerdings ganz auf dem Niveau einer maximal verhetzten, bildungsfernen Gegen-Nazi-Gesellschaft von Neurotikern und Hobbymoralisten. Gekreische statt Diskurs, Nazi-Keule statt fundierter Kritik – und Interviews als Tribunal.



Was der mit Milliarden ausgestattete öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht vermochte, nämlich die Störgeräusche in der Nachbearbeitung herauszufiltern, Zeit war dafür genug, andere schafften das...


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Dienstag, 8. Juli 2025

Luftschlag gegen Strand-Café: Hintergründe, Erklärungen, Medienversagen


Ein Verletzter wird auf einem Stuhl aus dem Al Baqa getragen

Stellen wir uns einen Krimi vor, wie Agatha Christie ihn geschrieben hätte. Ein mutmaßliches Verbrechen, ein Ermittler, ein eingeschränkter Personenkreis, ein paar Tote, viele Fragen.
Würden unsere Nachrichtenmedien diesen Krimi schreiben, würden sie sich ausschließlich damit beschäftigen, wie es den Verletzten geht und welche Gesetze womöglich gebrochen wurden. Nichts zum Motiv, nichts zur Tatwaffe, nichts zum Hergang des Verbrechens oder ob es überhaupt eins war.


Gar nichts. Das Buch endet damit.

Ich möchte am Beispiel des Luftschlags auf das Strand-Café zeigen, wie unterschiedlich die Perspektiven sind. Um deutlich zu machen, wie durch Inkompetenz ein falsches Bild des Gazakrieges verkauft wird. Und selbst diejenigen, die sich einfach nur offen informieren wollen, eben nicht informiert werden.
Desinformation.

Daher werde ich, entgegen der Dramaturgie, zunächst erklären, was tatsächlich passiert ist. Und erst danach werde ich darauf eingehen, was wie berichtet wurde.
Ich finde wichtig, es detailliert zu sezieren. Um zu zeigen, was die Medien alles nicht berichten.

Der Luftschlag

Am 30. Juli 2025, dem vergangenen Montag, haben die IDF einen Luftschlag gegen das Al Baqa Café Restaurant am Strand von Gaza-Stadt geflogen. Am helllichten Tag, was für eine solche Operation zunächst ungewöhnlich ist.

Deshalb gingen schnell die ersten Handy Videos online, vor allem auf X.
Nach einigen Stunden tröpfelten die ersten Zahlen von Verletzten und Toten rein. Die Zahlen gingen von 20 bis über 70. Selbstverständlich ohne Kombattanten auszuweisen.

Blick der Badegäste unmittelbar nach dem Luftschlag

Keine dieser Zahlen war unabhängig geprüft. Diese Zahlen waren nicht einmal die offiziellen Zahlen der Hamas bzw. der Palästinenser. Es waren Zahlen, die auf Aussagen ungenannter Mitarbeiter im Gesundheitsdienst beruhten. Die ihrerseits zumeist von der Hamas bezahlt werden.

Aus Erfahrung hatte ich sofort eine ungefähre Vorstellung. Als die ersten Pressefotos in den Stock-Anbietern zu sehen waren, war ich mir sicher. Das war ein zielgenauer Angriff der IDF. Man spricht auch von einem Hochwertziel oder einem Punktziel.
Nicht das Café war Ziel des Angriffs, sondern ein Ziel im oder beim Café. Ein Auto, eine Person. Deshalb auch ein solcher Luftschlag bei Tageslicht. Kriegsvölkerrechtlich ein enormer Unterschied.

Screenshot einer Auswahl bei einem Stock-Anbieter für Pressebilder.

Foto: Screenshot einer Auswahl bei einem Stock-Anbieter für Pressebilder.

Hätten die IDF einfach das Café plattmachen wollen, hätte sie das gekonnt. Sie hätten zwei bis vier 2000-Pfünder in die Gebäude setzen können, und es wäre nicht viel übriggeblieben. Und damit meine ich Mondlandschaft. Umso mehr, weil es nur ein Strand-Café in Leichtbauweise war.

Merksatz: Wenn nur eine einzelne Bombe fällt, hatte diese eine Bombe einen bestimmten Zweck.

Auf den Fotos der Stock-Agenturen war aber zu sehen, dass die gemauerte Fassade noch stand. Dass im Gebäude keine Brandspuren zu erkennen waren, dass alle Schäden von der Wucht und von Splittern herrührten.
Es war zu erkennen, dass ein großer Teil des Komplexes eher einem Zelt geglichen hatte. Stoffdächer hingen herab, Alustangen standen verbogen herum.

Auf einem Foto, das ich gekauft und schon auf Facebook Fanpage und dem X-Account veröffentlicht habe, sah man die Einschlagstelle, den Krater. Das Bild bestätigte ebenfalls meine Einschätzung.

Der Einschlag neben dem Café, ein Mann steht zum Größenvergleich dahinter.

Foto: Der Einschlag - Kaum sechs Meter, kaum mannshoch.

Die Bombe

Am Mittwoch dem 02. 07.2025 berichtete der britische Guardian unter dem Titel „Israelisches Militär verwendete 500-Pfund-Bombe für Schlag gegen Gaza-Café, enthüllen die Splitter“ („Israeli military used 500lb bomb in strike on Gaza cafe, fragments reveal“).

Sceenshot des Guardian-Beitrags

Sceenshot des Guardian-Beitrags

Unter anderem berichtet der Guardian, dass Fragmente durch den Guardian fotografiert worden seien. Eine übliche Aneignung, die genannte Enas Tantesh ist freier Journalistin (18) und war auch schon Gegenstand der Berichterstattung u.a. in: Voice of America (VOA), NZZ, VOA Africa, China National News, North Korea Times (!), afghanistannews, China News und New Delhi News. Kein westlicher, unmittelbarer Mitarbeiter des Guardians hält sich im Gazastreifen auf.

Des Weiteren wird berichtet, dass die Splitter von Bomben-Experten als Reste einer Mk-82 identifiziert worden seien. Wer diese Experten waren, berichtet der Guardian nicht. Es ist dennoch glaubwürdig.
Noch vor diesem eigentlichen Kern der Story werden „Experten des internationalen Rechts“ zitiert - ebenfalls ungenannt - die gesagt hätten, dass der Einsatz einer solchen Bombe fast sicher ein Kriegsverbrechen darstellt. Unabhängig davon, ob man von der Anwesenheit ungeschützter Zivilisten, „darunter Kinder, Frauen und Alte“, gewusst habe.

Diese Aussage ist schlicht Unfug. Abgesehen davon, dass das Recht keinen Unterschied zwischen Männern und „Kindern, Frauen und Alten“ macht. Das ist eine moralische Bewertung, keine juristische.
Das Kriegsvölkerrecht verbietet „exzessive oder unproportionale“ Gewalt gegen Zivilisten. Und um die einschätzen zu können, muss der Entscheidungsträger wissen, was mögliche Kollateralschäden sein könnten.
Wenn das wirklich Experten waren, die mit dem Guardian gesprochen haben, haben sie das sicher nicht so formuliert.

Aus genau diesem Grund ist ein Verfahren gegen die Entscheidungsträger der Bundeswehr bei dem Luftschlag gegen Tanker bei Kundus 2009 eingestellt worden. Weil sie keine genauen Informationen hatten und gute Gründe von Kombattanten auszugehen.
Dabei wurden übrigens zwei (!) fast identische Bomben eingesetzt, wie nun auf das Café.

Dumme und schlaue Bomben

Selbst mit meiner Nacherzählung des Guardians müssen Laien bereits den Eindruck haben, die IDF hätten ohne Rücksicht eine große Bombe in ein ziviles Café gesetzt.
Lassen Sie mich das einordnen.

Die von den ungenannten Experten identifizierte MK-82 (gesprochen „Mark“, was bei Bomben soviel wie „Version“ bedeutet) ist die zweitkleinste „Eisenbombe“, welche Israel und sogar die gesamte NATO überhaupt haben.
Israel selber hat eine kleinere solcher Bomben, die MLGB, und eine ähnliche, die aber andere Spezifikationen aufweist (Fastlight). Die größte dieser Bomben in Israels Arsenal ist achtmal so groß.

Angegeben werden solche Bomben in britischen Pfund. Der Grund dafür ist militärisch, da jedes Flugzeug nur eine bestimmte Last tragen kann, weshalb das Gesamtgewicht entscheidend ist.
Die „500-Pfund-Bombe“ aus der Guardian-Schlagzeile wiegt also eigentlich 230kg und hat einen Gefechtskopf von 89kg. Aber das macht sich nicht gut in Schlagzeilen.

Die Mk-82 ist allerdings eine dumme Bombe.
Es ist eine ungelenkte Freifall-Bombe. Und sowas braucht man eigentlich nur noch für Flächenbombardements. Trotzdem gehört sie bis heute zu den am häufigsten verwendeten Bomben.

Es gibt Nachrüstsätze, vor allem die JDAM.
Mit diesen Nachrüstsätzen werden „Flügel“ an die Bombe angebracht, sowie ein anderer Kopf. Es gibt verschiedene Versionen, je nach Bombe und Rüstsatz. Unter anderem die Paveway I – III, die auch Israel verwendet. Dadurch werden aus den dummen Bomben sehr schlaue Bomben. Denn Sie bekommen eine Laser-Zieleinrichtung.

Gegenüberstellung der Mk-82 Bombe und der Paveway mit der Bombe im Kern.

Grafik: Gegenüberstellung der Mk-82 Bombe und der Paveway mit der Bombe als Basis.

Warum die Experten des Guardian das nicht erwähnt haben, oder ob der verantwortliche Redakteur Jason Burke in Jerusalem das einfach weggelassen hat, wird immer ein Geheimnis bleiben.

Das Kartell

Das Prinzip ist leicht zu verstehen.
Jemand zielt mit einem Laser auf einen Punkt und die Bombe fliegt genau in diesen Punkt. Mit einer enormen Präzision, auch auf fahrende Ziele. Ich habe von Versionen mit einem Radius von höchstens 30cm gelesen. Das ist die Länge eines Schullineals.

In der simpelsten Operation wird ein Trupp Spezialisten geschickt. KRK, Kampfschwimmer, Navy Seals, Delta Force, jeder hat in Filmen diese Namen schon gehört. In Israel wären das beispielsweise die Schajetet 13 oder Brigade Oz.
Diese schleichen sich unentdeckt an ein Ziel an, vielleicht auf zwei Kilometer, zielen mit dem Laser, ein Flugzeug setzt die Bombe ab und die geht genau auf den Laser. Der am Boden natürlich nicht zu sehen ist.

Deutsche Kampfschwimmer tauchen mit den Waffen im Anschlag aus dem Wasser auf.

Foto: Deutsche Kampfschwimmer tauchen mit den Waffen im Anschlag aus dem Wasser auf.

Die Hauptfigur der Reihe Jack Ryan wurde in dem Blockbuster „Das Kartell“ von Harrison Ford gespielt. In diesem Film ist genau ein solcher Einsatz wichtiger Teil der Handlung. Der Film stammt von 1994, ist also über 30 Jahre alt.
Die Buchvorlage „Schattenkrieg“ stammt gar von 1989 und wurde geschrieben von Tom Clancy. Der u.a. auch „Jagd auf Roter Oktober“ verfasste und als erster Journalist auf ein Atom-U-Boot durfte, um ein Sachbuch darüber zu schreiben. (Was ich damals verschlungen habe, eine kleine Sensation.)
In den Köpfen der Nachrichtenredaktionen scheint diese Möglichkeit nach wie vor nicht angekommen zu sein.

DVD Hülle des Films Das Kartell.

Grafik: Das Kartell

Allerdings wäre es natürlich schwierig, ein Team von Kampfschwimmern an einem sonnigen Tag an einem Badestrand auf ein Café zielen zu lassen. Möglich, aber schwierig.
Heutzutage wird so etwas mit Helikoptern, anderen Flugzeugen oder Drohnen gelöst.

Und das erklärt dann nicht nur den kleinen Krater, der von vielen Medien als groß bezeichnet wurde. Sondern es erklärt auch, warum die Bombe offenbar südlich von dem Café eingeschlagen ist und nicht im Hauptgebäude. Das Gebäude unmittelbar nördlich von dem Café, also vom Krater aus auf der anderen Seite, scheint unbeschädigt geblieben zu sein. Ich habe ein aktuelles Sattelitenbild abgeglichen, das ich nicht veröffentlichen darf.
Auf palästinensischen Fotos sieht man nie, was noch intakt ist. Die wissen, was sie zu fotografieren haben.

Das Ziel

Es gibt zwei Hochburgen der Hamas. Auch wenn der Begriff von Medien Inflationär verwendet wird.
Das ist einmal Chan Yunis im Süden, aus dem Yahya Sinwar und seine Brüder - alles wichtige Leute innerhalb der Hamas - stammten. Und das ist Dschabaliya, ein als Flüchtlingslager gegründeter Vorort nördlich von Gaza-Stadt. Dort begann die erste Intifada.

Und das ist der Bereich, der noch vor der Bodenoffensive durch Israel massiv bombardiert wurde. Die Bombardements sind auf Sattelitenbildern deutlich zu erkennen, während andere Viertel nach wie vor intakt erscheinen. Die meisten Bilder der Zerstörung, die in Medien zu sehen waren, stammen aus diesem Viertel.

Nach beiden Orten sind Bataillone der Qassam-Brigaden, der offiziellen Streitkräfte der Hamas, benannt.

Sattelitenbild von Dschabaliya, der Zerstörung ist deutlich zu erkennen. Die Häuserblocks darüber (westlich) sind weitestgehend unzerstört.

Foro: Sattelitenbild von Dschabaliya, der Zerstörung ist deutlich zu erkennen. Die Häuserblocks darüber (westlich) sind weitestgehend unzerstört.

Ayman Atiya Mansour war Kommandeur des Dschabaliya-Bataillons. Und damit auch der Kommandeur der Hamas im gesamten Norden.
Er wurde, zusammen mit seinem Sohn Atiya, im Juni 2023 erschossen. Also vor dem Krieg.

Ayman Mansour in einem Pressebild in Uniform mit einem Strumgewehr, lächelnd in einem typischen Hamas-Bunker.

Die Geschichte ist skurril, könnte aber aus der realitätsnahen Netflix-Serie Fauda stammen.
Mansours Verwandter Eid Muhammad Mansour betätigte sich als Waffenschmuggler für die Hamas. Familiengeschäfte. Er wurde beschuldigt, mit den Israelis zu kooperieren. Daraufhin soll er die beiden erschossen und sich zum Schluss die Waffe an den eigenen Kopf gesetzt haben. Vielleicht wissend, was ihn erwartet.
Das ist zumindest die Version, die das Hamas-Innenministerium veröffentlicht hat. Allerdings sind Kooperation mit den Israelis und Homosexualität standarisierte Beschuldigungen um unliebsame Mitstreiter aus dem Weg zu räumen. Es gibt einige Beispiele.

Bereits am Dienstag, 01.07.2025, also einen Tag nach dem Luftschlag, war aus palästinensischen Kreisen zu hören, dass das Ziel des Luftschlages auf das Café Hisham Ayman Mansour war. Ein anderer Sohn des bisherigen Kommandeurs, der auch aktiv am 10/7 teilgenommen hat. Er soll hochrangiger Kommandeur im Familiengeschäft gewesen sein, vielleicht sogar den Posten seines Vaters übernommen haben.
Inzwischen gilt das als gesichert.

Hisham Mansour (rechts) mit seinem Vater Ayman Atiya Mansour.

Foto: Hisham Mansour (rechts) mit seinem Vater Ayman Atiya Mansour.

Am gleichen Tag grassierte bereits das Gerücht, dass Hisham Mansour in dem Café war, um dort Mitglieder und Affiliierte zu bezahlen. Behalten wir das für einen Moment im Hinterkopf.

Was vermutlich passiert ist

Ich gebe eine alternative Version. Was ich mir so denke, was passiert ist.

Aus verdeckten Quellen hat der für den Gazastreifen zuständige Nachrichtendienst Schin Bet erfahren, dass der Kommandeur der Hamas Hisham Mansour sich frei bewegt. Vielleicht haben Sie ihn „getrackt“, vielleicht durch Kollaborateure zufällig entdeckt, vielleicht wussten sie durch ein abgehörtes Telefonat, dass er sich mit jemandem im Café treffen will.

Eine Beobachtungsdrohne wurde gestartet und das Ziel wurde visuell bestätigt. Die Drohne, sicher nur eine kleine Beobachtungsdrohne, verfolgte das Ziel.
Daraufhin stieg eine weitere Drohne mit einem Laser auf. Beispielsweise ein Heron, wie die Bundeswehr sie auch bestellt hat. Ein kleines Flugzeug, das in großer Höhe sehr langsam fliegen und lange in der Luft bleiben kann.

Eine Heron Drohne, wie die Bundeswehr sie jetzt bekommt.

Foto: Eine Heron Drohne, wie die Bundeswehr sie jetzt bekommt.

Als klar wurde, wo sich das Ziel hinbewegt oder sein würde, wurde ein Flugzeug mit einer lasergelenkten Bombe gestartet. Zur Sicherheit wurde eine Bombe gewählt und keine übliche Panzerabwehrrakete wie die Spike, um das Ziel auch sicher zu erwischen. Vielleicht weil man noch nicht wusste, wohin es sich bewegen würde. In jedem Fall wird es handfeste Gründe für die Verwendung genau dieses Musters gegeben haben.

Hisham Mansour hält an dem Café, parkt vielleicht. Vielleicht trifft er sich im Fahrzeug mit anderen. Vielleicht steigt er aus.
Das Ziel wird bestätigt, der Entscheidungsträger in einem Bunker in Israel gibt Feuer frei, die Drohne, gesteuert von einem Luftwaffenstützpunkt in der Negev, schaltet den Laser auf, das Flugzeug startet die Paveway und so wurde aus Hisham ein Ex-Hisham.

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An einer solchen Operation sind hunderte Menschen beteiligt. Spezialisten, darunter Nachrichtendienstler, Piloten und Drohnenpiloten. Das ist keine lapidare Bombardierung eines bekannten Ziels, das man auf jeder Karte findet. Das hätte man sicher nachts erledigt.

Und plötzlich ergibt sich ein völlig anderes Bild als das, was von den Medien kommuniziert wurde. Keine willkürliche Bombardierung von Zivilisten, sondern das präzise Ausschalten eines Hochwertzieles. Das zu Kollateralschäden geführt hat, weil das Ziel sich unter Zivilisten versteckt hat. Ein Geheimdienst-Thriller von Tom Clancy, kein halbfertiger Krimi von Agatha Christie.

Das ist nur eine Vorstellung. Auch wir haben schon in den 90ern ähnliche Einsätze geübt.
Wieder überlasse ich es den geneigten Lesern zu entscheiden, was sie für wahrscheinlicher halten.
Ich weise aber darauf hin, dass ich bisher keine einzige Information der IDF verwendet habe. Lediglich offene Quellen, die jedem Nachrichtenredakteur auch zur Verfügung stehen.
Die IDF haben sich bisher nicht geäußert.

Verzerrte Narrative

Diese Form der Berichterstattung hat System. Ob bewusst oder nicht, ob absichtlich oder nicht. Meiner Meinung nach eine Mischung aus vielen Gründen, vor allem das System Agenturmedien und Kompetenzlosigkeit. Israelfeindlichkeit und Antisemitismus mögen vereinzelt eine Rolle spielen, letztendlich weiß ich es nicht.
Zwei Beispiele:

Mohammed Deif

Eines der sehr wenigen zeitnahen Fotos, die von Deif bekannt wurden. Mit einem Bündel Dollars in der Hand.

Foto: Eines der sehr wenigen zeitnahen Fotos, die von Deif bekannt wurden. Mit einem Bündel Dollars in der Hand.

Im Juli 2024 wurde Mohammed Deif ausgeknipst.
„Deif“ bedeutet eigentlich „der Gast“. Den Namen hatte Mohammed Masri daher, dass er seit 1995 abgetaucht war. Er hat nomadisch immer wieder für einige Tage bei irgendwelchen Familien Unterschlupf gefunden.

Die Medien berichteten, Israel habe die humanitäre Zone al-Mawasi bombardiert. Das war Kern des Narrativs. Zumal Israel lange gewartet hat, die Eliminierung der Nummer 2 der Hamas zu bestätigen.
Ich konnte den Ort aufgrund einiger Informationen lokalisieren. Es handelte sich um ein durch Mauern umschlossenes Anwesen mit einem kleinen Gebäude im Hinterhof, in dem wohl einer der Tunneleingänge lag, in dem Deif sich versteckte.

Das Gelände lag tatsächlich am Rand von al-Mawasi. Doch selbst wenn es einen völkerrechtlichen Schutzstatus gegeben hatte, erlosch dieser, als Deif sich darunter versteckte.

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Da er und seine Mitstreiter durch Bunkerbrecher getötet wurden, deren Wucht nach oben weggeht, habe ich die angegebenen Opferzahlen schnell für absurd geraten. Ein von Al Jazeera veröffentlichtes Video, auf dem Menschen auf der Hauptverkehrsstraße lagen, halte ich für gestellt.

Fotos: Aus meiner Auswertung, Screenshots des IDF-Videos

Fotos: Aus meiner Auswertung, Screenshots des IDF-Videos

Deshalb haben die IDF auch ein Drohnenvideo der Einschläge veröffentlicht. Anhand dessen ich Bild für Bild zeigen konnte, dass nicht einmal die Zelte in 30 Metern Entfernung auch nur weggeschubst wurden. Geschweige denn, dass auf der besagten Hauptstraße Menschen getötet worden sein können, obwohl die aufgereihten Marktstände noch standen.

Krankenhaus bombardiert

Im Mai dieses Jahres berichteten die Medien, dass das Europäische Krankenhaus bombardiert wurde.
Bekannt wurde das Bild des in einen Bombentrichter abgerutschten Busses.

Tatsächlich konnte ich anhand der Medienbilder nur zwei Einschläge bzw. Angriffspunkte lokalisieren.
Einen vor einem Gebäude und einen außerhalb des Krankenhausgeländes. Beide mittig auf der Straße, vermutlich um keine Gebäude zu zerstören.
Anhand der Bilder war sofort ersichtlich, dass es sich um Bunkerbrecher gehandelt hatte. Es musste also ein Ziel unter dem Krankenhaus anvisiert worden sein.

Alleine auf X haben über 170.000 Nutzer meine Auswertung gesehen. Ich hatte dazu aufgerufen, mir Bilder von beschädigten Krankenhausgebäuden zu schicken oder zu posten. Es kam keines. Die Palästinenser hätten so etwas sicher freudig verteilt.
Das Krankenhaus ist übrigens bis heute im Betrieb.

Eine von mir gefertigtee Grafik war fast deckungsgleich mit der später veröffentlichten Grafik der IDF. Lediglich der mutmaßliche Tunnelverlauf war komplexer.
Als die IDF im Rahmen der Operation „Gideons Chariots“ das Krankenhaus dann einnahm und in den Bunker gelangte, fand sie die Leichen von Mohammed Sinwar und anderen. Der hochrangige Kommandeur und Bruder des bereits getöteten Yahya Sinwar war wohl recht elendig auf seiner Matratze erstickt.

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Grafik: Die Einschläge auf einem Satellitenbild, korrespondierend zu den Pressebildern.

Die Liste solcher verzerrten Berichte ist lang. Sehr lang. Sie geht weit über das Al-Ahli Krankenhaus hinaus. Bei dem weltweit alle Medien von einem israelischen Luftschlag auf das Krankenhaus am 17.10.2023 mit 500 Toten berichtet hatten.

Die nächtliche Pressekonferenz mit aufgereiten Toten, Links der Hamas-Offizier.

Foto: Die nächtliche Pressekonferenz mit aufgereiten Toten, Links der Hamas-Offizier.

Bis sich nur kurze Zeit später herausstellte, dass es sich um eine verirrte Rakete des Islamischen Dschihad in Palästina gehandelt hatte, die auf dem Parkplatz hinter dem Krankenhaus runtergegangen ist. Und damit schwerlich ein Zehntel der Opfer gefordert haben kann, die von der Hamas in einer nächtlichen Pressekonferenz mit Ärzten in aufgebarten Leichen, überwacht durch einen Hamas-Offizier (damals noch in Uniform), verkündet wurden.

Bild

Grafik: Relationen des Einschlags und der Krankenhausgebäude.

Auch das konnte ich durch öffentlich zugängliche Stock-Bilder darlegen. Also hätte jeder Nachrichtenredakteur es auch gekonnt.

  • Ein angebliches bombardiertes Zelt Geflüchteter, dass sich als brennender Unterschlupf herausstellt, in dem massiv und auf Videos hörbar Munition explodiert. (Cook off)

  • Ein Zelt in einem Flüchtlingslager, das weit von Flüchtlingen entfernt stand und in dem sich Hamas-Kommandeure trafen.

  • Eine angeblich bombardierte UNRWA-Schule, in der zielgenau ein Klassenraum, ein mutmaßlicher Kommandopunkt, herausgefräst wurde. Während im angrenzenden Innenhof danach noch die Wäsche sauber auf der Leine hing.

Die Liste ist lang. Sehr lang.

Die taz

Auf X hatte ich eine kleine Maulfechterei mit dem Linguisten Prof. Dr. Vogel.
Es ging um Aussagen, die er traf. Die er durch einen Artikel der taz vom 01.07.2025 stützte, mit dem Titel „Überall um mich herum lagen Leichen“.

Screenshot des Beitrags

Die verantwortliche Redakteurin ist Lisa Schneider. Sie ist bei der taz Redakteurin gleich für ganz Nahost, Westasien und Nordafrika.
In ihrem Werdegang war sie auch für über ein Jahr Volunteer bei Amnesty International.

Co-Redakteurin ist die Gaza-Palästinenserin Malak Tantesh. In der taz hat sie vier Beiträge mit zu verantworten, drei davon mit Lisa Schneider. Sie ist recht umtriebig und verkauft auch Inhalte an den Spiegel, den Guardian und einige andere. Vielleicht auch über Agenturen, so genau weiß man das ja nie.
Alle diese Beiträge sind aus der Rubrik „Stimmenfang in Gaza“, alle berichten über das Leid der Palästinenser. Ich habe keinen Artikel gefunden, in dem sich über Politik oder Militär, geschweige denn über die Hamas geäußert hat.
Im Juni titelt die NZZ einen Beitrag von Tantesh „»Es sind Todesfallen« sagen Palästinenser über die neuen Hilfszentren.“ Natürlich geht es um die GHF.

Und wem der Name nun vertraut vorkommt: Malak Tantesh ist die ein Jahr ältere Schwester von Enas Tantesh, die dem Guardian das Foto der Bombe verkauft hat.

Bild

Screenshot: Die beiden Tanesh-Schwestern auf einem Bild bei Instagram.

Man muss also davon ausgehen, dass Tantesh aus dem Gazastreifen Material liefert und die „westlichen“ Redakteure daraus eine Story stricken, ohne selber vor Ort gewesen zu sein. Was durch die Art des Erzählens verschleiert wird und vielen Leserinnen und Lesern gar nicht so bewusst sein dürfte. Hörensagen.
Ob Tantesh Verbindungen zur Hamas hat… Wer weiß das schon?

In diesem Beitrag der taz fällt u.a. folgender Satz:
„Auch die Journalistin Bayan Abu Sultan, der auf X fast 120.000 Menschen folgen, ist unter den Betroffenen – sie überlebte verletzt.“

Die Frau Sultan ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Die sicher einen eigenen Beitrag wert wäre.

Frau Sultan

Bekannte geworden ist Bayan Abu Sultan vor allem durch ein Foto, das durch viele Medien und vor allem auf Social Media herumging. Es stammt aus der gleichen Reihe wie andere Bilder, weshalb ich mir ebenfalls die Rechte gesichert habe.

Foto: Bayan Abu Sultan unmittelbar nach dem Luftschlag auf das Café

Foto: Bayan Abu Sultan unmittelbar nach dem Luftschlag auf das Café

Frau Sultan hat an einer Uni in Gaza studiert. Massenkommunikation und Medien übrigens. Die von der Hamas geführten Universitäten haben viele solcher angehenden „Journalisten“ produziert.
Von 2019 bis 2021 hat Frau Sultan dann bei JAWWAL gearbeitet, einem Telekommunikationsanbieter. Als „Sales Officer“, was alles sein kann, von einem Manager im Vertrieb bis zu einer Verkäuferin in einem Handy Shop.

Als Journalistin gibt sie an, für AFMN zu arbeiten.
Was tatsächlich etwas Recherche gekostet hat. Denn AFMN ist das Al Fida’l Media Network. Eine winzige Internetseite mit kaum zwei Dutzend Video-Beiträgen. Das ausschließlich mit „Freiwilligen“ arbeitet, also Unbezahlten, und sich selber als „The Resistance Report“ („Der Widerstands-Bericht“) bezeichnet.

Dort hat Sultan eine Handvoll Videos veröffentlicht, u.a. mit der Behauptung, die IDF würden gezielt Behinderte angreifen. Und einem richtungsweisenden Investigativ-Report über das Überleben von Nutzvieh während des Krieges. Vor allem Ziegen.

Amüsant: In einer ihrer Moderationen trägt sie eine Weste mit der Aufschrift „Presse“. Also nicht das international übliche „Press“, sondern wirklich das deutsche „Presse“.

Sultan mit der deustchen Presse-Weste

Screenshot: Sultan mit der deutschen Presse-Weste

Darüber hinaus konnte ich keine Veröffentlichungen der „Journalistin“ Sultan auf anderen Plattformen finden. Außer ihren eigenen.

Auf Instagram berichtet sie in Storys über ihr Leben in Gaza-Stadt. Auf einem Foto posiert sie wie eine Mode-Influencerin neben einem umgedrehten, roten Dreieck. Eine Chiffre für Hamas, die auf Videos so ihre Gegner markiert.

Bild

Screenshot des Bildes auf Instagram

Auf ihrem X-Account postet Sultan auf Englisch und Arabisch. Und es lohnt sich, die arabischen Postings zu übersetzen.
Anlässlich einer Geiselübergabe fragt sie beispielsweise, ob man die Hamas verdamme. Über 100 Nutzer feiern die Hamas in den Kommentaren. In einer Umfrage fragt sie Ende Oktober 2024, ob „wir“ (Palästinenser) mehr unser Land lieben oder die Israelis hassen. Mit einigen Prozentpunkten Vorsprung für den Hass, bei über 1000 Stimmen.

Am 07.10.2023 wünschte sie allen einen glücklichen 7. Oktober. Drei Tage später riet sie dazu, wenn man ermattet sei (vermutlich von den israelischen Luftangriffen) solle man sich nochmal die Videos vom 7. Oktober ansehen.

Sie unterhält übrigens einen zweiten Account, der mit ihrem Namen eher zu finden ist. Dort finden sich jedoch nur sieben Postings. Eine absichtlich eingebaute Hürde.

Screenshot des Postings zu den Videos

Screenshot des Postings zu den Videos.

Das ist die Frau, die die taz-Redakteurin Lisa Schneider als „bekannte Journalistin“ beschreibt. Frau Schneider war wohl nicht willens, einfach mal selber zu suchen und zu scrollen.
Die Realität zeigt wohl eher eine lupenreine Hamas-Influencerin, die Israel die Vernichtung wünscht. Mehrfach offen bekundet.

Und nur als Amuse Gueule nebenbei:
Ich hatte mir den Spaß erlaubt, die Uhr zu suchen, die Sultan auf dem Bild trägt. Fündig wurde ich bei dem Modell Rolex Datejust 31, allerdings mit einem anderen Armband aus der Reihe. Für läppische 13.900 Euro.
Natürlich kann man darüber streiten, ob es sich um ein Plagiat handelt. Aber alleine der Ansatz, dass eine Hamas-Anhängerin und „Journalistin“ in einem Krieg auch nur mit einem Rolex-Imitat herumläuft, lässt tief blicken.

Das Bild von Sultan mit der Uhr im Abgebhot und Kommentaren aus ihrem Account.

Grafik von der Facebook Fanpage und dem X-Account

Es wurden auch Videos von Sultan veröffentlicht, die von einigen so interpretiert wurden, dass sie gerade geschminkt wird, um für die Propaganda als Opfer durch das Café zu laufen. Ich halte es für Aufnahmen, die tatsächlich nach dem Luftschlag aufgenommen wurden. Sultan hat Pflaster auf einem Arm, was beim Schminken keinerlei Sinn ergeben würde. Zudem ist das Blut deutlich sichtbar eingetrocknet.
Blutmenge und Schwere der Verletzung sind nicht immer kongruent.

Screenshot der Postings.

Das Kriegs-Café

Einen letzten Punkt möchte ich kurz ansprechen, der von den Medien vollkommen ignoriert wird. Obwohl er doch so offensichtlich ist.

Medien berichteten häufig, dass das Al Baqa Café und Restaurant ein Treffpunkt von Journalisten war, die das dortige Internet nutzten. Ohne dass auch nur ein einziger Journalist einmal fragt, warum es dort überhaupt ein laufendes Café gibt.

Alle Lebensmittel, bis auf sehr wenige Ausnahmen wie Tomaten, wenige Ziegenmilch-Produkte oder Kräuter, kommen derzeit von außen in den Gazastreifen. Es sind Hilfslieferungen. Geschenke.
Der Gazastreifen hat auch vor dem Krieg nicht genug produziert um sich selber versorgen zu können. Was nichts Außergewöhnliches ist, Großbritannien kann das auch nicht. Die Briten verdienen das Geld über Dienstleistungen und Banken und bestellen sich dann halt Tomaten und Salat in Spanien. Aber der Gazastreifen hat auch das nicht. Er produziert nichts, er exportiert nichts.

Würde man die Gaza-Palästinenser in die Eigenverantwortung entlassen, käme es sicher in kürzester Zeit zu Unruhen. Da sie zwar Shopping Malls gebaut haben, aber sich nicht ernähren können. Ähnliches gilt übrigens für das Westjordanland. Der größte Arbeitgeber ist das Palästinenserhilfswerk UNRWA, eine Hilfsorganisation der UN, keine Firma.

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Spendet jemand, beispielsweise für die Hungerkatastrophen im Jemen oder Sudan, erwartet er zu Recht, dass seine Hilfe auch tatsächlich bei den Hungernden ankommt.
Gut, die Hilfslieferungen der UN sind nur sehr mittelbar von Spenden abhängig, sie werden vor allem durch die Beiträge der Mitgliedsstaaten finanziert. Aber die Hilfslieferungen anderer Organisationen, wie der World Central Kitchen, werden vor allem durch Spenden finanziert. Und durch die Koordination der UN verteilt.

Im Gegensatz zur GHF, die grundsätzlich als „umstritten“ von den Medien geframed wird und nur Lebensmittel in Größen verteilt, die man auch hierzulande in Supermärkten findet, verteilt die UN beispielsweise Mehl und Reis in 50kg-Säcken. Da drängt sich die Frage auf, was jemand, der ausgebombt in einem Zelt in Chan Yunis sitzt, mit einem 50kg-Sack Mehl soll.

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Foto: Junge Männer tragen unbehelligt 50kg-Säcke an einer Ausgabestelle der UN weg, einer mit einer UN-Weste (World Food Programme).

Zudem stand in mehreren Mitteilungen der Hilfsorganisationen zu lesen, dass u.a. Bäckereien beliefert werden. Das kann durchaus Sinn machen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Aber an eben dieser Wirtschaft verdient die Hamas mit. Was schlicht ignoriert und negiert wird.
Den Aufdruck, dass die Lebensmittel nicht zum Verkauf sind, hätte man sich auch sparen können.

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Foto: Ein Junger Mann trägt von einer Ausgabestelle der UN einen 50kg Sack Mehl weg, der beschritftet ist mit “NOT FOR SALE”.

Auf einem älteren Sattelitenbild (01.12.2024) ist auch zu sehen, dass das Al Baqa schon einmal angegriffen wurde. Unbestätigten Informationen nach bereits 2023.

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Foto: Sattelitenbild vom 01.12.2024, das Al Baqa markiert.

Es wurde am 27.07.24 wiedereröffnet. Dafür gibt es sogar Rezensionen. Die erwähnen, dass die obere Etage noch renoviert werde.

Screenshot TikTok zur Wiedereröffnung, 27.07.2024

Und nicht ein einziger Journalist kommt auf die Idee, das zu hinterfragen.

  • Nicht einer denkt darüber nach, warum ein schon einmal angegriffenes Café an der Strandpromenade offenbar genug abwirft, um schnell renoviert und wiedereröffnet zu werden.

  • Nicht einer fragt, warum dort Badegäste unter Sonnenschirmen und beim Planschen im Wasser den Tag genießen, während die UN und andere täglich das Lied der bevorstehenden Hungerkatastrophe singen.

  • Nicht einer fragt, woher das Mehl und der Kaffee stammen, die im Al Baqa angeboten wurden. Und das von Journalisten regelmäßig frequentiert wurden. Die mit genau den Journalisten hierzulande zusammenarbeiten, die das hinterfragen müssten.

Mehr noch, es wird so kommuniziert, als sei da ein Journalisten-Treffpunkt angegriffen worden. Einen Treffpunkt, den es eigentlich gar nicht geben dürfte.

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Foto: Unmittelbar nach dem Luftangriff. Splitter, die Fassade steht noch. Planschende Badegäste in Sicht.

Noch absurder kann es eigentlich nicht mehr werden.

Ob das Gerücht nun stimmt, dass der getötete Hayam Mansour dort Geld auszahlen wollte, oder nicht: Es wirft einen Schatten. Sowohl auf die Funktionsweise der Gesellschaft im Gazastreifen, als auch auf die Berichterstattung der Journalisten, hüben wie drüben.

Man muss nur die Informationen haben, um sich solche Fragen überhaupt einmal zu stellen. Weshalb es für diejenigen, die sich einfach nur neutral informieren wollen und keine Ahnung von Militär haben, verständlich und verzeihlich ist.
Wenn ich nur eine Art von Pizzalieferanten habe, kann ich auch nicht beurteilen, wie gut oder teuer seine Pizza ist. Es gibt eine Struktur, die im Grunde ein Informationsmonopol ist. Von genau jenen, die danach schreien, Israel solle dort Journalisten in den Gazastreifen lassen. Was die Palästinenser davon halten würden, wird nicht hinterfragt.

Zwei Perspektiven

Keine willkürliche Bombardierung eines Cafés, sondern ein präziser Angriff auf einen Kommandeur der Hamas. Wie sicher jeder mit etwas Kompetenz schon an den ersten Bildern erkennen konnte.

Keine große Bombe, kein großer Krater. Sondern eine lasergelenkte Präzisionswaffe. Die zweitkleinste im Arsenal, die Kollateralschäden minimiert hat.

Keine bekannte Journalistin als Opfer, sondern eine Hamas-Influencerin, die womöglich nicht zufällig vor Ort war.

Keine Auswertung von Experten, sondern Nachfragen durch einen Redakteur, die dann ungenau, verschleiernd und ohne Quellenangabe kommuniziert werden.

Und das ist das, was seit Beginn des Gazakrieges als Nachrichten verkauft werden.


Erschienen auf steady.page