
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Sie verbieten nicht die Hassrede, sondern die Rede, die sie hassen. Den Sozialismus erkennt man daran, daß es die Kriminellen verschont und den politischen Gegner kriminalisiert...
Montag, 3. November 2025
Friedrich Merz wiederholt das Gastarbeiter-Märchen in der Türkei

Freitag, 26. September 2025
Was wurde eigentlich aus den MUFl, den Modularen Unterkünften für Flüchtlinge?
Berlin am Limit: Flüchtlingsunterkünfte voll, Wohnungslosigkeit auf Rekordkurs
Einst galten sie als flexible Antwort auf die Flüchtlingskrise – heute stehen die Modularen Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) im Zentrum neuer Streitigkeiten.

Als 2015 die Flüchtlingszahlen stiegen, versprach der Berliner Senat schnelle Lösungen: Modulare Unterkünfte, kurz MUF, sollten nicht nur Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf bieten, sondern später auch dem regulären Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. Die Idee war bestechend: schnelle Bauweise, flexible Nutzung, langfristiger Mehrwert.
Zehn Jahre später wirkt die Bilanz ernüchternd. Laut einer Anfrage des Berliner BSW-Abgeordneten Alexander King wurden von 53 ursprünglich geplanten Standorten zwar 36 realisiert. Doch sieben Projekte sind ganz gestrichen, zehn dümpeln weiter in der Planungsphase. Und während die Aktenordner dicker werden, platzen die vorhandenen Unterkünfte längst aus allen Nähten.
Die nüchternen Zahlen der Sozialsenatsverwaltung, die der Berliner Zeitung vorliegen, lesen sich wie ein Bericht aus einem Paralleluniversum: In Charlottenburg-Wilmersdorf, Quedlinburger Straße, leben 560 Menschen – bei null freien Plätzen. In Marzahn-Hellersdorf, Wittenberger Straße, sind alle 416 Betten belegt. Ähnlich sieht es in Neukölln, „An den Buckower Feldern“, aus: Vollbelegung. Nur an wenigen Standorten gibt es Restplätze, und deren Anzahl bewegt sich im einstelligen Bereich.
Gleichzeitig stecken die Neubauprojekte fest. In Friedrichshain-Kreuzberg etwa wird die MUF an der Alten Jakobstraße nach aktuellem Stand nicht vor Ende 2028 fertig, in Lichtenberg an der Köpenicker Allee sieht man gar das Jahr 2030 als Zielmarke. An anderen Orten ist die Prognose noch vager: „Derzeit nicht einschätzbar“, heißt es über eine mögliche Fertigstellung.
King fragt: Was geschieht nach Ablauf der MUF-Verträge?
Besonders heikel ist für Alexander King jetzt vor allem die Frage, was nach Ablauf der Mietverträge mit den MUFs geschehen soll. Ursprünglich klang es für den Berliner Chef der Sahra-Wagenknecht-Partei so, als würden die Gebäude später unter anderem auch Menschen zugutekommen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind.
Doch davon sei inzwischen keine Rede mehr, beklagt King. Der Senat antwortet auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten lediglich, es gebe „keine Festlegung“, die eine bevorzugte Vergabe an Wohnungslose vorsieht.
Vorwurf: Abkehr von einem politischen Versprechen
Für Alexander King ist das mehr als eine verwaltungstechnische Fußnote – es ist eine stille Abkehr von einem politischen Versprechen. „Die Zahl der Wohnungslosen und der von Wohnungslosigkeit Bedrohten steigt in Berlin dramatisch an. Konkrete Abhilfe tut Not“, mahnt er. Die Nachnutzung der MUFs sei „mal angedacht“ gewesen, doch offenbar habe sich der Senat davon verabschiedet, so der Berliner Politiker.
Der Befund des BSW-Mannes ist doppelt ernüchternd: Erstens könne ohnehin von „Nachnutzung“ keine Rede sein, weil die meisten Unterkünfte voll seien und weitere gerade erst in Bau gingen. Zweitens habe die Verwaltung klargestellt, dass vor allem die bisherigen Bewohner Vorrang haben sollen. „Was ja an sich verständlich ist“, räumt King ein, „aber andere soziale Interessen wie die Behausung von Wohnungslosen spielen damit faktisch keine Rolle.“
Senat verweist auf landeseigene Wohnungsbaugesellschaften
Offiziell verweist die Senatsverwaltung auf die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Sie sollen nach Ende der Mietverträge entscheiden, wie die Häuser weiter genutzt werden. Einige MUFs müssen baulich angepasst oder rechtlich umgewidmet werden, bevor sie regulär vermietet werden dürfen.
Doch selbst dort, wo dies möglich wäre, soll in erster Linie der bestehende Bewohnerkreis – Flüchtlinge – den Zuschlag bekommen. In der Antwort aus der Senatssozialverwaltung heißt es: „Gleichwohl liegt es im Interesse des Senats, dass die in den MUF-Standorten wohnenden Menschen mit Fluchtgeschichte im Falle der Beendigung des Mietvertrags mit dem LAF übernommen werden“. Und weiter: Die Entscheidung, an welchen Personenkreis ein MUF-Standort vermietet würde, treffe letztendlich das Landeseigene Wohnungsunternehmen (LWU), „das den Standort errichtet hat“.
King nennt es „schade“, dass damit die wachsende Zahl der Wohnungslosen so aus dem Blick gerät. Tatsächlich sprechen die Statistiken eine deutliche Sprache: Die Zahl der Menschen ohne feste Bleibe ist in Berlin in den vergangenen Jahren stark gestiegen, Hilfsorganisationen warnen vor einer dramatischen Zuspitzung im kommenden Winter. Allein im Januar dieses Jahres stieg die Zahl der wohnungslosen Menschen auf über 53.000 Menschen, was einen dramatischen Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren darstellt. Zum Winter hin sieht es nicht besser aus.
Obdachlosigkeit wird nicht bis 2030 überwunden sein
Und auch das erklärte Ziel des Senats, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden, scheint nicht erreicht zu werden. Die tatsächliche Entwicklung weist in die entgegengesetzte Richtung: Nach einer Prognose der Senatsverwaltung für Soziales wird die Zahl der in Berlin staatlich untergebrachten Wohnungslosen von derzeit rund 54.000 (Anfang dieses Jahres) bis Ende 2029 auf nahezu 86.000 ansteigen.
Hinzu kommen voraussichtlich weitere rund 30.000 Flüchtlinge. Auch sie müssen in der Stadt untergebracht werden – zumal das Ankunftszentrum Tegel ab 2026 nicht mehr als Massenunterkunft zur Verfügung steht. Neu ankommende Menschen sollen dann direkt auf die Bezirke verteilt werden.
Erschienen in der Berliner Zeitung



